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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0



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DER TEUFEL IN MISS JONAS (Erwin C. Dietrich/CH 1976)


"Das könnte dir so passen, du alter, geiler Bock..."

Der Teufel in Miss Jonas ~ CH 1976
Directed By: Erwin C. Dietrich

Die dauergeile Marilyn Jonas (Christa Free) wird von einem Feme-Gericht verurteilt und flugs guillotiniert. Als sie beim Teufel (Herbert Fux) vorspricht, bemerkt dieser, dass Miss Jonas 24 Stunden zu früh vor Ort erschienen ist, darum darf sie nochmal zurück. Emsig nutzt sie die Zeit, um jeden ihrer Liebhaber (Michel Jacot, Jürg Coray, Roman Huber) nochmal durchzunehmen und im dunklen Walde mit einem maskierten Monster-Galan anzubendeln. Auch Hausmädchen Dorthe (Marianne Dupont) mischt frivol beim zeitlich beschnittenen Reigen mit.

So richtig explizite Pornographie war ja des Erwin C. Dietrichs Sache nie, aber er ließ sich ebenso wenig lumpen, wenn es an Schlüpfrigkeit gerade eben noch "zulässig" war. So arbeitete sich Dietrich, unter steter Beachtung der "Zehn-Finger-Regel" (alle zehn bzw. elf Finger müssen zu sehen sein; keiner darf sich irgendwo verstecken, der Koitus ist gestellt) so weit als möglich vor: Breitbeinige Damen aus entlarvender Perspektive abgefilmt, [(stark) behaarte] Vaginas in Großaufnahme, hier und da auch mal ein schlaffer Penis, huch. Im Grunde ist all das natürlich genau so verlogen und gehemmt wie eine Marion Michael im Lendenschurz, aber was soll's. Dietrich hat lange Jahre unverwüstlich sein Ding durchgezogen und es ist ja auch manch Gutes dabei herausgekommen. "Der Teufel in Miss Jonas" zählt allerdings nicht dazu. Als deutschsprachiges Remake des berühmten Damiano-Pornos "The Devil In Miss Jones" hat das Ding zwar seine paar obskuren Momente, nimmt sich en gros jedoch verfickt langweilig aus.
Da ich nicht auf dralle Frauen stehe, kamen die nudistischen Schauwerte für mich sowieso erst mit der verspätet antretenden Marianne Dupont ins Spiel. Christa Free ist auch sonst so gar nicht mein Fall, besonders und erst recht dann nicht, wenn sie sich von ihrem Massagegurt durchschwabbeln lässt. Ferner fragwürdig, wieso ein beleibter, alter Sack wie Jürg Coray für Sexszenen herangezogen werden musste. Der immer wieder gesichtstransparent eingeschobene (und kommentierende) Herbert Fux schließlich saugt auch das letzte Fünkchen Erotik aus der Kurve, womit "Der Teufel In Miss Jonas" seine Mission zu erregen dann vollends vergeigt.
Immer wieder erstaunlich derweil die Synchronprominenz, die sich ehedem auch für solcherlei Schmier zur Verfügung stellte: Beate Hasenau, Thomas Danneberg, Andreas Mannkopff und Gerd "Ernie auf Abwegen" Duwner stammeln einen verquasten Nonsens daher, dass man nurmehr bass staunen kann. Für Dietrich-Apologeten und solche, die es werden wollen, sicherlich verpflichtend, alle anderen mögen getrost verzichten.

3/10

Erwin C. Dietrich Hölle Traum Sleaze Satan


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THE UNBEARABLE LIGHTNESS OF BEING (Philip Kaufman/USA 1988)


"Take off your clothes."

The Unbearable Lightness Of Being (Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins) ~ USA 1988
Directed By: Philip Kaufman

Zur Zeit des Prager Frühlings lernt der renommierte Hirnchirurg Tomas (Daniel Day-Lewis), ein wilder Filou, die sanfte Kellnerin Tereza (Juliette Binoche) kennen und lieben. Zusammen mit der lebenslustigen Künstlerin Sabina (Lena Olin), mit der Tomas schon seit langem ein rein sexuelles Verhältnis pflegt, das Tereza trotz ihrer baldigen Heirat mit Tomas weiterhin widerwillig duldet, erlebt das Paar Höhen und Tiefen ihrer Beziehung. Angewidert von der Systemtreue des Altherren-Parteiflügels verfasst Tomas ein Pamphlet, in dem er die Kommunisten mit dem durch die Erkenntnis der Wahrheit gestraften König Ödipus vergleicht und das ein liberales Blatt veröffentlicht. Kurz vor dem Einmarsch der Hardliner-Kommunisten und Dubčeks Rücktritt im August desselben Jahres setzt sich Sabina nach Genf ab; Tomas und Tereza folgen ihr. Terezas Ängste und Unsicherheiten angesichts Tomas' nach wie vor sehr freigiebigem Lebensstil treiben sie jedoch nach einiger Zeit allein zurück in das mittlerweile trist anmutende Prag. Tomas, der Tereza bald vermisst, folgt ihr nach und soll einen Widerruf seiner dereinst verfassten Schrift unterzeichnen. Als er sich weigert, erhält er Berufsverbot und muss sich als Fensterputzer durchschlagen, heißt die "Degradierung" zum einfachen Arbeiter jedoch umweglos willkommen. Schließlich gehen er und Tereza aufs Land, wo sie bei dem Bauern Pavel (Pavel Landowský), einem früheren Patienten von Tomas, unterkommen und noch einmal glückliche Tage erleben. Ein gemeinsamer Autounfall setzt ihrer beider Leben ein Ende. Die mittlerweile in die USA emigrierte Sabina erhält Nachricht von Tod ihrer Freunde und ist zutiefst erschüttert.

An meinen erstmaligen Kontakt mit Kunderas Jahrhundertroman erinnere ich mich noch gut: Das war noch vor der Verfilmung, irgendwann Mitte der Achtziger, als "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins" gerade der heißeste Belletristik-Scheiß all around war und meine vier Jahre ältere Cousine das Buch (leihweise, wenn ich mich recht erinnere) las - zur größten Empörung meiner erzspießigen Tante (von der ich später zumindest die Berufswahl übernahm), die dahinter für Teenager höchst ungeeignete Pornographie witterte und dementsprechend wetterte. Es gab dann bei einem sommerlichen Grillfest bei den Verwandten eine hitzige Tischdiskussion, der ich höchst gespannt lauschte. Bis ich selbst zu Kunderas Buch griff, war ich bereits mit literarischen Schmutzfinken wie Miller und Bukowski vertraut; der Tscheche konnte mir also in dieser Hinsicht nichts mehr anhaben. Erst jetzt begriff ich, wie im Prizip herrlich symptomatisch der einstige Disput zwischen Cousine und Tante war; meine Cousine war die Prager Jeunesse im lüsternen Reformtaumel, meine Tante die Sowjets beim Okkupieren ihres gefährdeten Geistes. Fehlte nur noch der Panzer unter ihrem Arsch.
Die von dem für epische bzw. geschichtsträchtige Stoffe perfekt geeigneten Produzenten Saul Zaentz vorbereitete und von Phil Kaufman inszenierte Adaption hält mit Kunderas peitschender Schreibe nicht ganz Schritt, ist aber ein höchst delektables Hollywoood-Epos voller Grandeur und Brillanz, dessen berauschende, tatsächlich niemals ins Anzügliche abfriftende Bilder über die gesamte Distanz des Films vereinnahmen; ganz so, wie es schwierige Liebesgeschichten vor historischen Zäsuren ja im besten Falle immer tun sollten. In den Szenen um den Einmarsch der Truppen und Panzer des Warschauer Pakts erreicht der Film seinen höchsten Effektivitätsgrad: Authentische Aufnahmen des tschechischen Filmemachers Jan Nemec vermischen sich nahtlos mit von dp Sven Nykvist nachgedrehten Sequenzen um die beiden Protagonisten. Hier gehen Fakt und Fiktion eine fast schon beängstigend "wahre" Symbiose ein. Zum Schluss muss man dann gleich zweimal heftigst schlucken: Erst wird die die Geschicke von Tereza und Tomas stets begleitende, unter Krebs leidende Hündin Karenin eingeschläfert, dann, Karenins Ableben weist bereits darauf hin, "entfliehen" die beiden Helden dem repressiven System auf die einzig optionale Art. Weiß, schwarz, Abblende. Aus.

10/10

Philip Kaufman Milan Kundera Prag Prager Frühling Tschechoslowakei Schweiz Genf Ehe Sittengemälde Widerstand Bohème


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LES AVALEUSES (Jess Franco/F, B 1973)


Zitat entfällt.

Les Avaleuses (Entfesselte Begierde) ~ F/B 1973
Directed By: Jess Franco

Einsam, stumm, depressiv, jahrtausendealt, dauergeil: Die Vampirin Irina Karlstein (Lina Romay) hat's nicht leicht. Auf der schönen Insel Madeira sucht sie sich ihre Opfer, denen sie sämtliche Lebenssäfte bei Fellatio und Cunnilingus aus den Genitalien saugt und sie hernach glücklich, aber tot zurücklässt. Für den Gerichtsmediziner Dr. Roberts (Jess Franco) ein klarer Fall, ebenso wie für den mysteriösen, blinden Parapsychologen Dr. Orloff (Jean-Pierre Bouyxou). Selbst die Liebe zu dem Lyriker Baron Von Rathony (Jack Taylor) vermag Irina nicht auf den rechten Weg zu führen und so ist sie am Ende froh, dass ihre Ahnen sie wieder zurück in die nebulöse Dunkelheit rufen, aus der sie einst emporstieg.

Bilder und Töne in meditativer Einheit - als solcher und nur solcher muss man "Les Avalseuses" begegnen. Der Film ist denkbar purster Franco, schundig, schäbig, imbezil, avantgardistisch und höchst poetisch, er findet wie so häufig wieder (s)eine erstaunliche Nische zwischen Konzeptkunst und unverhohlenem Trash. Francos jüngste Muse und Ehefrau Lina Romay erwies sich ja als überaus zeigefreudig und stets bereit, jede noch so schmutzige Avance ihres Gatten vor der Kamera umzusetzen, so dass sie auch dieses Machwerk zur Gänze trägt. Die Szenen derweil, in denen der Meister selbst oder der noch hölzernere Bouyxou vor der Kamera zu agieren haben, präsentieren unglaubliches Schmierentheater hinter kaum fassbarem, ominösem Dialog (für dessen Einsprechung sich in der deutschen Vertonung selbst ein Erik Schumann nicht zu schade war). Aber das ist eben, wie hinreichend erwähnt, die höchsteigene Signatur dieses zu Lebzeiten nimmermüden Kino-Dynamos (oder, wie Schifferle ihn so schön nennt, 'Cinemanen').

5/10

Vampire Portugal Madeira Insel Sucht Jess Franco Europloitation


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MALIZIA (Salvatore Samperi/I 1973)


Zitat entfällt.

Malizia ~ I 1973
Directed By: Salvatore Samperi

Unmittelbar nach dem Tode seiner Ehefrau stellt sich die junge Angela (Laura Antonelli) als neues Hausmädchen bei dem wohlhabenden sizilianischen Patrizier Don Ignazio (Turi Ferro) vor. Die ebenso treusorgende wie schöne Frau zieht nicht nur Ignazios ganze Sympathie auf sich, sondern auch die seiner drei Söhne. Besonders der Mittlere, Nino (Alessandro Momo), verguckt sich in Angela und projiziert seine sexuellen Wünsche auf sie. Als Ignazio Anstalten macht, Angela alsseine neue Frau zu nehmen, beginnt Nino ein perfides Spiel.

Eine ganz vorzügliche Komödie, nicht zuletzt durch Vittorio Storaros ausgesucht edle Photographie vielleicht eine der schönsten ihres Jahrzehnts. Samperi nimmt für seine Dekonstruktion klassischer sexueller Rollenverständnisse ausgerechnet den altehrwürdigen sizilianischen Geldadel aufs Korn, den bei allem Sinn fürs Geschäft doch immens konservativ verblendeten Patriarchen, selbst noch immer unter der matriarchalischen Fuchtel seiner altehrwürdigen Mama (Lilla Brignone) stehend, dessen Gottesfurcht mitunter groteske Züge annimmt. Seine drei kecken Söhne haben es da leichter. Besonders Nino, hormonell bedingt just in aphrodisierter Blüte stehend und sein dicker, rothaariger Kumpel Porcello (superwitzig: Stefano Amato), hecheln allem hinterher, was keinen Schniepel hat. Dass Samperi allerspätestens zum Ende hin alle falsche Scham ablegt und seine Geschichte zu einem ebenso konsequenten wie wahrscheinlichen Abschluss bringt, zeichnet "Malizia" besonders aus und macht nochmal deutlich, dass ein solcher Film ausschließlich in Europa entstehen konnte.
Allerdings: So gepflegt 'skandalös' das Werk in seiner Finalisierung auch anmutet, dürfte es doch nur unter ebendieser Geschlechterverteilung anerkennenswert sein. Ich gehe jede Wette ein, dass "Malizia" unter umgekehrten Vorzeichen wahlweise nie entstanden oder ansonsten längst als machistischer Lolita-Schund ad acta gelegt wäre. Doch sind dies letztlich müßige Gedankenspiele; einen anderen "Malizia" würde ich auch gar nicht haben wollen.

9/10

Salvatore Samperi Familie Sizilien Coming of Age Teenager Vater & Sohn


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MALABIMBA (Andrea Bianchi/I 1979)


Zitat entfällt.

Malabimba (Komm und mach's mit mir) ~ I 1979
Directed By: Andrea Bianchi

Kein geringerer Geist als der von Lucrezia Borgia persönlich fährt (nach zweiter Wahl, wie man ergänzend erwähnen muss) in den Körper der aufkeimenden Bimba Karoli (Katell Laennec), Spross des finanziell notleidenden Blaublütigen Andrea Caroli (Enzo Fischiella). Um sich gesundstoßen zu können, lässt jener sich von der Noch-Ehefrau seines infolge eines Schlaganfalls komplett funktionsuntüchtigen Bruders Adolfo (Giuseppe Marocco) in die Kiste zerren, während Bimba nächtens durchs Schloss pilgert und allen beim Bumsen zuschaut oder andere versaute Dingelchen anstellt. Für die wohlgläubige Schwester Sofia (Mariangela Giordano) unhaltbare Zustände, die da ihren üblen Lauf nehmen...

Ein weiteres Highlight von dem nie sonderlich sensitiv salbadernden Anrdrea Bianchi, bei dem der schmalzige Schmier aus allen Rillen der Bahnhofskino-Leinwand respektive des Fernsehgeräts trieft und tropft. Für ein immer noch weiteres "Exorcist"-Rip-Off waren sich die Italiener ja bekanntermaßen nie zu schade und so folgte nach den sogar vergleichsweise feinsinnigen "Chi Sei?" und "L'Anticristo" mit einigem Abstand noch diese Knallschote, die ganz unverfangen die sexuellen Aspekte schweinischer Besessenheit in den Vordergrund stellt und dem ganzen ohnedies unheiligen Gebahren einen gehörigen Batzen lustiger Vögelei auf die Krone setzt. Selbstredend macht auch die Münchener Synchronfassung, die durchweg an die eines (damals ja auch noch stets prominent vertonten) Pornos erinnert, keinerlei Gefangene. Durch ein paar relativ nachlässig eingefügte HC-Inserts geht die Gleichung dann sogar auf und es ergießt sich eine gehörige Brause multipler Fiesimatenten über den geneigten Zuschauer, der zartbesaiteten Mitbetrachtern auch und insesondere heute (noch) die Schamesröte ins Gesicht treiben sollte. Megamäßig, I say.

6/10

Andrea Bianchi Adel Familie Besessenheit Europloitation Sleaze


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LA VIA DELLA PROSTITUZIONE (Joe D'Amato/I 1978)


Zitat entfällt.

La Via Della Prostituzione (Sklavenmarkt der weißen Mädchen) ~ I 1978
Directed By: Joe D'Amato

Die knallharte, abgefeimte und jeder Form freier Liebe zugetane Enthüllungsjournalistin Emanuelle (Laura Gemser) plant eine Reportage über die Irrwege illegaler Prostitution. Nach einigen erotischen Abenteuern in Kenia geht es zurück in die Staaten, wo sie sich auf die Spur des Mädchenhändlers Francis Harley (Gabriele Tinti) begibt, der ihr bereits in Nairobi aufgefallen war. Emanuelle tarnt sich als mittelloses Hippie-Mädchen und wird an den Puff der Madame Claude (Gota Gobert) in San Diego weitervermittelt. Wer Madame Claude a den Karren wird, wird wahlweise in irgendwelche Drittweltländer verschleppt oder einer Lobotomie unterzogen - ein gefährliches Pflaster für Emanuelle.

Nach zwei nicht ganz "offiziellen" Beiträgen zur Reihe ("Emanuelle Nera No. 2" mit "Ausnahme"-Schauspielerin Shulamith Lasri und "Suor Emanuelle", in der Laura Gemser eine geile Nonne spielt), lieferte Urvater Joe D'Amato mit "La Via Della Prostituzione" den dritten echten Film um die flotte Reporterin ab, die sich in allen möglichen Teilen der Welt (vorzugsweise aber in Afrika) austobt und neben regelmäßig aufsehenerregenden Schreibanlässen immer auch ordentlich was zu bumsen auftut. Ob Männlein oder Weiblein, jung und attraktiv oder alt und faltig ist dabei Nebensache, Hauptsache, die Chemie funzt - und sie funzt so gut wie immer! Gerade das machte ja auch Laura Gemsers unerreichte, spezifische Erotik aus - selbst bei der nackten Massage eines überreifen Senioren wirkt sie noch höchst vergnügt. Kein noch so niederer Sexualpartner schien dieser milchkaffeebraunen Göttin je unangemessen, im Gegenteil: Anders als im luxuriösen Ambiente einer Sylvia Kristel brauchte man hier also nicht groß zu träumen - Laura Gemser musste man nur wo treffen und die zu erwartende Nummer schien in festen Tüchern. Wie sie am Ende dieses Films eine ganze, ungewaschene Fischkutterbesatzung zum Drüberrutschen einlädt, das hat einfach Chuzpe. Abgesehen von der tatsächlich perfekt gegossenen Gemser hat es natürlich noch Nico Fidencos wie gewohnt coolen Score und D'Amatos fachmännisch inszenierte Voyeurismen. Dazu ist das ganze Ding noch überaus ulkig und als Zeuge goldener Bahnhofskinotage sowieso nur toll.

6/10

Joe DAmato Europloitation Journalismus Afrika Kenia New York San Diego


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SADOMANIA - HÖLLE DER LUST (Jess Franco/E, BRD 1981)


"Der Typ hat mehr Flöhe als unsereins Filzläuse."

Sadomania - Hölle der Lust ~ E/BRD 1981
Directed By: Jess Franco

Während ihrer Flitterwochentour verfahren sich Michael (Ángel Caballero) und seine frisch Angetraute Olga (Uta Koepke) und landen auf dem Gelände der 'Hacienda Blanca', einem lateinamerikanischen Frauenknast, dessen Chefin Magda (Ajita Wilson) allerlei Schindluder mit den Insassinnen treibt. Weil die blonde Olga exakt in ihr Beuteschema passt, behält Magda sie unter fadenscheinigen Anschuldigungen dort und jagt Michael zum Teufel. Olga lernt bald den Gefängnisalltag kennen, zu dem unentwegte Barbusigkeit (auch bei den Wärterinnen), lesbische Spiele unter den Insassinnen, Folter, Menschenjagden, Liebesdienste an der Chefin und permanente Besuche des hiesigen Gouverneurs Mendoza (Robert Foster) gehören, der probiert, seine Impotenz mittels teils abartigster, paraphiler Aktionen zu umgehen. Die arme Tara (Ursula Buchfellner) geht drauf, nachdem sie an den schwulen Zuhälter Lucas (Jess Franco) verschachert und misshandelt wurde, die taffe Mercedes (Andrea Guzon) allerdings hält durch. Michael bleibt derweil jedoch nicht untätig und macht sich an die Befreiung seiner Holden.

Der mittlere Film der Uschi/Franco-Trilogie, zwischen den nicht minder monumentalen "El Caníbal" und "Linda" heruntergekurbelt und wie diese beiden unter produziernder Beteiligung der LISA entstanden. Ein aberwitzig-schmieriges Stück ist dem guten Jess da mal wieder aus der Kamera geplumpst, mit selbst unterlegter Musik, die takteweise auch aus anderen seiner Kompositionen bekannt ist. Bezeichnend vor allem das grandiose Frauenbild, das "Sadomania" transportiert und von dem wir Kerle uns allesamt wünschten, es entspräche auch nur zu zehn Prozent der Realität: Alle Weiber sehen gut aus, wollen permanent Sex und sagen immer das Gegenteil von dem, was sie meinen. Jeder kriegt jede rum, immer schnell und garantiert, und seien es selbst (der damals wohlgenährte) Franco himself, der unverwüstliche Otto W. Retzer oder gar ein Schäferhund. Es wird besprungen, was nicht niet- und nagelfest ist, und jede Absage an den oder die potenzielle VerfüherIn verwandelt sich nach fünf Sekunden in zügellose Wollust. Von einer auch nur ansatzweise stringenten Story kann keine Rede sein; vermutlich wurde das Drehbuch, sofern überhaupt vorhanden, jeweils morgens beim Kaffee im Hotel Luxor, Alicante weitergestrickt. Wie dem auch sei, Uschi Buchfellner spielt mit, nahezu permanent entkleidet, was schonmal das vordringliche Betrachtungsargument bildet. Ansonsten gilt dasselbe wie für die meisten Francos: Love it or leave it be.

5/10

Jess Franco Sleaze Trash Gefängnis Paraphilie WIP Lisa-Film Europloitation


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EL CANÍBAL (Jess Franco/E, F, BRD 1980)


Zitat entfällt.

El Caníbal (Jungfrau unter Kannibalen) ~ E/F/BRD 1980
Directed By: Jess Franco

Der kommende Hollywood-Star Laura Crawford (Ursula Buchfellner) weilt in Manila, um sich dort die neueste haute couture vorführen zu lassen. Flugs wird sie von einem Dunkelmann-Quartett (Antonio de Cabo, Werner, Pochath, Gisela Hahn, Melo Costa) kassiert und auf eine der entlegenen Inseln entführt. Sechs Millionen Dollar Lösegeld soll Lauras Sponsor hinblättern und betraut den welterfahrenen Abenteurer Peter Weston (Al Cliver) mit dieser Aufgabe. Dummerweise haust auf der Insel, auf der sich die Gangster einquartiert haben, ein Eingeborenenstamm, der dem Kannibalengott Bocco (Betrand Altmann) huldigt. Dieser fordert regelmäßig nackte Jungfrauen, die er begrabbeln und deren Herzen er in Windeseile verzehren kann. Der umtriebige Weston muss also mit den Ganoven und mit Bocco fertig werden.

Ein Festival der Anschlussfehler - dass Franco bei seinem quantitativ immer wieder unglaublich anmutenden Ausstoß hier und da g'schlampert hat, ist nichts Neues, im Falle "El Caníbal" jedoch bedarf es schon einer ganz besonderen Toleranz seitens des Publikums, seinem Machwerk zu folgen, geschweige denn, selbiges zu würdigen. Gründe dafür sind zahlreich vorhanden: Die Strandpromenade von Benidorm soll uns als Manila verkauft werden und der allabendliche Gästestamm der Disco um die Ecke als Kannibalenvolk. Zwei Einstellungen in ein und derselben Szene sind zu unterschiedlichen Tageszeiten und unter völlig anderen Lichtverhältnissen gegeneinandermontiert worden, gewisse Textilien sind in einem Moment noch an ihrem Platz, um im nächsten Moment wie von Zauberhand zu verschwinden und dann wahlweise wieder aufzutauchen. Chef-Gangster Thomas (de Cabo) fuchtelt bedrohlich mit seiner Lufdtruck-Pistole herum und Werner Pochaths "grauselige" Enthauptung wird durch ein Palmenblatt simuliert, das man auf seinem Hals drapiert hat. Unser Jess - eben doch der erste, inoffizielle 'Dogma'-Filmer! Immerhin - der fleischbewusste Kostgänger bekommt eine Menge hübscher Damen aus so ziemich jedem möglichen Blickwinkel kredenzt; allen voran natürlich die schöne (M)Uschi Bu(s)chfellner (nein, ich habe mit Kalauern nix am Hut) und die noch schönere Aline Mess. Da war aber dann doch ganz schön wat los an der steinigen Costa Blanca.

5/10

Jess Franco Europloitation Sleaze Philippinen Kannibalismus Splatter Trash Lisa-Film


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SINGAPORE SLING (Nikos Nikolaidis/GR 1990)


"Now I can smoke."

Singapore Sling ~ GR 1990
Directed By: Nikos Nikolaidis

Ein Privatschnüffler verfolgt die Spur eines verschwundenen Mädchens namens Laura bis hin zu einem feudalen Haus in Seenähe, das von Mutter (Michele Valley) und Tochter (Meredyth Harold) bewohnt wird. Die beiden Frauen, die hier in der Abgelegenheit Serienmord, Paraphilie, Rollenspiele und andere Merkwürdigkeiten in vielen Facetten durchspielen, nehmen den angeschossenen und teils bewegungsunfähigen Detektiv gefangen und taufen ihn aufgrund eines Cocktailrezepts in seiner Tasche 'Singapore Sling'. Der Mann wird zum mehr oder weniger willfährigen Opfer der Perversionen der zwei Frauen, bis er schließlich selbst den Verstand zu verlieren droht.

Ein hochpoetisches Gedicht von einem Film, bedingungslos konsequent in seiner zwischen oberflächlicher und verschlammter Schönheit delirierenden Ästhetik. Man kann den Blick kaum abwenden von all dem Ungeheuerlichen, was Nikolaidis seinem - durchaus elitär anvisierten - Publikum in "Singapore Sling" auftischt. Von grenzpornographischen Bildern über die gegenseitige Besprenkelung mit diversen Körperflüssigkeiten, die Auslebung multipler Fetische bis hin zu harten Gewalteruptionen reicht die Palette seiner Visualitäten. Ein Statement, möglicherweise eine künstlerische Sublimierung tiefverwurzelter, unausgelebter Obsessionen. So schön und zeigefreudig sich die Protagonistin Meredyth Harold auch gibt, Nikolaidis zeigt den Voyeuren unter seinen Zuschauern immer wieder die rote Karte, indem er stimulierend beginnende Szenen durch matschige Hemmungslosigkeiten enterotisiert.
Dabei ist "Singapore Sling" natürlich erst in zweiter Instanz ein transgressives, herausforderndes Kunstwerk, primär bietet er ein Panoptikum von Nikolaidis' umfassender Einflussbasis: Angefangen bei Premingers "Laura", von dem "Singapore Sling" ein Semi-Remake darstellt, über Swing, Chandler, Wyler, Losey, Pasolini, Hopper und Hooper reicht die Skala der vielen Zitatwurzeln, die der auteur hierin abgrast: Eine kompromisslose Fundgrube für offenherzige Filmliebhaber.

9/10

Nikos Nikolaidis film noir neo noir Hommage Transgression Groteske Madness Nacht hardboiled





Filmtagebuch von...

Funxton

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