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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0



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EXODUS: GODS AND KINGS (Ridley Scott/USA, UK, E 2014)


"Who are you?" - "I am."

Exodus: Gods And Kings (Exodus: Götter und Könige) ~ USA/UK/E 2014
Directed By: Ridley Scott

Ägypten, vor 3300 Jahren: Nachdem der alte Pharao Seti (John Turturro) das Zeitliche gesegnet hat, übernimmt sein Sohn Ramses (Joel Edgerton) die Regentschaft. Setis Ziehsohn Moses (Christian Bale), den der Verblichene lieber als seinen Nachfolger gesehen hätte, erfährt indes von dem alten Nun (Ben Kingsley), dass er, anders als er zeitlebens geglaubt hat, kein Ägypter ist, sondern ein Waisenkind aus den Reihen der versklavten Herbräer. Ramses verbannt Moses daraufhin kurzerhand aus seinem Reich. Jenseits der Grenzen findet der Verstoßene eine Frau (María Valverde) und erhält seine göttliche Bestimmung. Er soll zurück nach Ägypten gehen und sein Volk in die Freiheit führen. Da der Pharao sich zunächst quer stellt und jede von Moses' überbrachten Forderungen mit noch drakonischerer Behandlung der Hebräer beantwortet, lässt Gott zehn Plagen auf die Ägypter herab. Ramses lässt die Hebräer ziehen, will die Schmach jedoch nicht auf sich sitzen lassen. Moses' Flucht durch das geteilte Rote Meer endet für die ihn unerbittlich verfolgenden Ägypter in einer letzten Katastrophe.

Gewidmet seinem Bruder Tony, der sich ob dessen möglicherweise im Grabe umdreht: In seiner vierten, sich historischen Monumentalwerks annehmender Arbeit (sein großes Debüt "The Duellists" sowie "1492: Conquest Of Paradise" außen vorgelassen), wird Ridley Scott nun also auch noch biblisch. Auch, wenn "Exodus: Gods And Kings", soviel gleich vorweg, DeMilles "The Ten Commandments" in keiner Weise das Wasser reichen kann, so verbindet ihn mit diesem doch vor allem eines: Die Geschichte des Exodus der Hebräer aus Ägypten ist und bleibt purster Bibel-Camp, egal, wie seriös auch der Ansatz sein mag, den ganzen Schmarren möglichst authentisch und vielleicht auch hier und da noch mit physikalischen Erklärungsansätzen für die eine oder andere Plage aufzupeppen. "Gladiator" war ein kraftvoller Actionfilm, "Kingdom Of Heaven" und "Robin Hood" markierten zumindest historisch interessantes Schau-Kino. "Exodus" nun muss jedwede Attribuierungen dieser Art leider entbehren; er erzählt schlicht einen unsympathischen Bibelabschnitt rund um unsympathische Leute. Und wie arrangiert er dies? Folgerichtig auf unsympathische Weise. Christian Bale als zottiger Stammesführer ist noch okay, ein paar Altstars wie Kingsley oder Sigourney Weaver sind immerhin schickes Beiwerk. Eine chargierende Krampe wie Joel Edgerton jedoch ausgerechnet als den hybrischen Ramses zu besetzen, wo doch jeder noch Yul Brynner im Kopf hat, das ist eine von mehreren Todsünden, auf die Scott aus welchen Gründen auch immer, nicht verzichten mochte. Weitere sind der augenscheinliche Verzicht auf Pomp und Pracht: Wo bei DeMille in VistaVision alles golden glänzte, Massen von Statisten dirigiert wurden, die Spezialeffektkunst einen neuen Zenit erreichte und der Himmel über Ägypten knallig blau leuchtete, da ist es bei Scott bloß permanent bewölkt und versandet. Noch nichtmal schön (im Sinne von: ästhetisch) anzuschauen ist sein Film. Immerhin: Dass der Nil sich blutrot färbt, weil Monsterkrokodile auf alles losgehen, was darin kreucht und fleucht (nebst ganzen Schiffsbesatzungen) ist eine urkomische Interpretation, dass Ewen Bremner (Spud aus "Trainspotting") als geschwätziger Frühwissenschaftler dem Pharao auf die Nüsse geht und dann hingerichtet wird, ein seltsam eklektisch-witziges Element. Na ja, und ich gebe zu, dass ich mich allen obigen Gejammers zum Trotze vortrefflich unterhalten habe. Es passiert eben viel in dieser Antik-Soap. Nur ernstnehmen kann man Scotts Jüngsten bei aller (aufrichtigen) Liebe zu dem immer häufiger taumelnden Altmeister leider überhaupt nicht.
Der Gute wird auf seine alten Jahre noch zum ausgewiesenen Zelluloid-Käser. Aber da steht er ja nicht allein.
Immerhin noch eine Hauch weniger albern als "Noah".

6/10

Ridley Scott Bibel Israel Ägypten Camp period piece


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THE FOUR FEATHERS (Zoltan Korda/UK 1939)


"Why worry? Be a coward and be happy."

The Four Feathers (Vier Federn) ~ UK 1939
Directed By: Zoltan Korda

Unmittelbar vor seiner Abordnung in das unter dem aufständischen Mahdi brodelnde Nordostafrika quittiert der junge Offizier Harry Faversham (John Clements) seinen Dienst, teils aufgrund seiner pazifistischen Überzeugung, teils aus Unsicherheit betreffs seines regelkorrekten Verhaltens im Einsatz. Seine drei besten Soldatenfreunde und auch seine Braut Ethne (June Duprez) quittieren Harrys Entscheidung mit ernüchterter Enttäuschung und lassen ihm als Zeichen ihrer Verhöhnung vier Federn zukommen. Harry, der diese Schmach nicht erträgt, schifft sich insgeheim doch noch Richtung Nil ein und gibt sich vor Ort als geächteter Eingeborener aus. In dieser Rolle erhält Harry die Möglichkeit, seinem im Einsatz erblindeten Freund Durrance (John Richardson) zunächst unerkannt das Leben zu retten und dem später in Khartoum einrückenden Sirdar Kitchener entscheidende Rückendeckung bescheren. Harry kehrt als Held nach England zurück.

Zoltan Kordas prachtvollster Film bereicherte das internationale Kino-Superjahr 1939 um eine weitere Attraktion: Gewaltige Statistenaufmärsche in schönstem Drei-Streifen-Technicolor, aufwändige On-Location-Drehs und eine von wildem Herzschmerz geprägte Geschichte um eine buchstäblich heldenhafte Rehabilation präsentierte eindrucksvoll, das mit großem Abenteuer- und Monumentalkino nicht nur aus Hollywood zu rechnen war. A.E.W. Masons Vorlage trieb Regisseure diverser Kinoepochen um und wurde insgesamt nicht weniger als sechsmal adaptiert. Kordas Fassung gilt als die schönste und sehenswerteste darunter und wenngleich ich sonst nur die beiden jüngsten Verfilmungen kenne, bin ich geneigt, dem zuzustimmen. Um diese mittlerweile ja doch recht anachronistische Fabel um einen schlafenden Krieger im Pazifistenpelz glaubhaft darbieten zu können, bedarf es einem hohen Maß an Flamboyanz und emotionaler Auslieferung durch den Regisseur, wie sie heute, das zeigt etwa Shekhar Kapurs Version von 2002, kaum mehr zu aktivieren ist. Korda indes vermochte Harry Favershams widerwillige "Mannwerdung" noch mit adäquatem Herzblut und voller ehrlicher Inbrunst anzupreisen.

9/10

Zoltan Korda Kolonialismus Ägypten Sudan Khartoum Mahdi-Aufstand Militär Freundschaft A.E.W. Mason


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LA FABULEUSE AVENTURE DE MARCO POLO (Denys de La Patellière, Noël Howard/F, I, YU, AF, EG 1965)


Zitat entfällt.

La Fabuleuse Aventure De Marco Polo (Im Reich des Kublai Khan) ~ F/I/YU/AF/EG 1965
Directed By: Denys de La Patellière/Noël Howard

Im Jahre 1271 brechen die beiden venezianischen Juwelenhändler und Brüder Nicolo (Massimo Girotti) und Matteo Polo (Mica Orlovic) mitsamt Nicolos jungem Sohn Marco (Horst Buchholz) zu ihrer bereits zweiten Reise über den Landweg nach China auf, um dem dort amtierenden Großherrscher Kublai Khan (Anthony Quinn) eine Friedensbotschaft von Papst Gregor X (Guido Alberti) zu überbringen. Auf dem bald vier Jahre währenden Weg in den Fernen Osten erwarten Marco Polo viele Abenteuer, darunter die Freundschaft mit dem Wüstenscheich Alla Hou (Omar Sharif), eine Gefangennahme durch den geheimnisvollen, maskierten "Alten vom Berge" (Akim Tamiroff), ein Zwischenstopp in der Karawanenkreuzungsstadt Samarqand, die Entführung von Onkel und Vater durch mongolische Krieger und schließlich das Treffen mit dem weisen Khan, der just eine Waffenrebellion durch seinen eigenen Sohn (Robert Hossein) niederschlagen muss.

Internationale Großproduktion, ebenso bunt wie einfältig, schillernd besetzt und als konkurrierender Gegenentwurf zu den Monumentalepen dieser Jahre aus Hollywood konzipiert. Dem überaus ökonomisch arbeitenden Produzenten Raoul Lévy, der unkreditiert auch Teile des Films inszenierte, war es zu verdanken, dass die Produktionskosten für einen Film dieser Größenordnung überschaubar blieben. So prunkt "La Fabuleuse Aventure De Marco Polo" mit seinen Weltstars, zu denen neben den Genannten noch Orson Welles und Elsa Martinelli zählten, verschweigt jedoch wie so häufig in derlei Fällen die teils minimale screentime der Darsteller und die Tatsache, dass mit Ausnahme des handlungstragend eingesetzten Hotte Buchholz, der jeweils die Ehre hat, kaum jemals zwei prominente Darsteller zeitgleich auf der Leinwand zu sehen sind. Entsprechend knapp bemessen waren die Engagements. Dass der Film zudem teils ungeheuer bruchstückhaft, zerfranst und infolge dessen häufig unfreiwillig komisch daherkommt, ist den vielen, unabhängig voneinander arbeitenden Autoren zuzuschreiben. Selbst die Hauptdarsteller genossen die Kompetenz, mitunter ihre eigenen Dialogzeilen verfassen zu können, was die inkonzise bis unfertig wirkende Episodenhaftigkeit des Ganzen bedingt. Speziell der Subplot um Akim Tamiroff als der namenlose 'Alte vom Berge', der als orientalischer Bösewicht mit pathologischen Neigungen auch jeden Film von Harry Alan Towers hätte anreichern mögen, sorgte bei mir für eine kuriose Mischung aus Stirnrunzeln und Erheiterung. Wilde Zeiten waren das damals für Marco Polo.

6/10

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NOAH (Darren Aronofsky/USA 2014)


"Now you're a man."

Noah ~ USA 2014
Directed By: Darren Aronofsky

In grauer Vorzeit: Der dem allmächtigen "Schöpfer" hörige Noah (Russell Crowe) erhält eines Tages eine wegweisende Vision. Ein gewaltiger Regen wird die gesamte Welt überfluten und es ist an ihm, Noah, die Unschuldigen, nämlich die Tiere, in Sicherheit zu bringen. Zu diesem Zwecke soll er ein gewaltiges Schiff bauen, eine Arche, auf der je zwei Exemplare jeder Art Platz finden. Auch Noah und seine Familie dürfen als Erbauer und letzte Human-Vertreter darauf mitfahren. Mithilfe der "Wächter", steinerner Riesen, in deren Innerem sich die himmlischen Heerscharen des Schöpfers verbergen, gelingt Noah der Bau der Arche und auch das Zurückschlagen der anrückenden Horden des Tubal-Kain (Ray Winstone), der dereinst Noahs Vater (Marton Czokas) erschlug. Der Tyrann selbst allerdings kann sich in die Arche einschleichen und sich dort mithilfe von Noahs rachsüchtigem Mittleren Ham (Logan Lerman) verstecken. Derweil ist Noahs zumal unfruchtbare Adoptivtochter Ila (Emma Watson) schwanger. Dies steht jedoch dem Masterplan zur vollständigen Tilgung der Menschheit entgegen. Noah muss eine Entscheidung treffen...

Die Bibel ist ja ein duftes Märchenbuch, wenngleich über weite Passagen ziemlich mies geschrieben und mit allzu vielen Namen unübersichtlich aufgepimpt. Dennoch gab und gibt sie Fernseh- und insbesondere Hollywood-Studios immer wieder Anlass zu Demonstrationen von production values und vor allem zu solchen wahnhaften Vulgärglaubens. In das klassische Segment ebenjener Art Bibel-Adaption fällt auch Darren Aronofskys jüngster Film, dem ja in Kürze noch einige Konkurrenz-Produktionen folgen werden. Bibel ist anno 2014 wieder in. Was liefert nun der vorliegende, betont allegorisch arrangierte Gattungsvertreter? Edeltrash? Ziemlich sicher. Das Exempel eines in Ehren gescheiterten Großprojekts? Ganz bestimmt. Aronofsky gilt ja gemeinhin als ambitioniert zu werke gehender Filmemacher mit höchst spezifischer Note. "Noah" entwickelt erwartungsgemäß mancherlei Parallelen zu Aronofskys bisher unzugänglichstem Werk "The Fountain", das sich ebenfalls als philosophische Flexion verstand und sich verstärkt mit existenzialistischen Topoi auseinandersetzte. Ebenso wie im erwähnten The Fountain" geht es auch in "Noah" um Persistenz. Die der Menschheit selbst nämlich. Fragen über Fragen werden aufgeworfen wie die nach der grundsätzlichen Existenzberechtigung einer vernunftbegabten Spezies in einem an sich idealen natürlichen Gefüge. Ob die Welt nicht vielleicht besser ohne uns drehte, da sich mit dem Einschleichen geistiger Gewandtheit zugleich auch all unsere negativen Attribute potenzierten: maßloser Raubbau an allem, Krieg, Neid, Hass, Gier. Angesichts einer sich weiter drehenden Erde, auf der Dinge geschehen, wie sie aktuell omnipräsent sind, wirft "Noah" gleich noch die dräuende Frage nach dem möglichen Wert einer ultimativen Euthanasie auf, wie sie die biblische Sintflut ja dereinst vollzog: Gänzlich erholen könne sich unsere kranke, faulende Welt nurmehr ohne uns.
Natürlich ist das finale Fazit ein im humanistischen Sinne positives: durch das, was uns wesenhaft auszeichnet, durch Herz, Seele und die Fähigkeit, Barmherzigkeit zu entwickeln, verdienen auch wir weiterhin unsere Chancen; regelmäßige göttliche Warnschüsse vor den Bug allerdings und natürlich inbegriffen.
Dazwischen immer wieder beeindruckend gestaltete, aronofskysche Bilderfluten: von der Schöpfungsgeschichte über die sich forttragende Botschaft des Schöpfers an die Tiere, zur Arche zu kommen; vom Sündenfall bis hin zu Noahs Epiphanien. Ein wenig als drug movie nimmt sich "Noah" somit auch aus, in Kombination mit einer frappierend an die Tolkien-Adaptionen erinnernden Fantasy-Ästhetik allerdings als kein weltbewegendes. Manchmal, da ist er sogar direkt albern.

6/10

Darren Aronofsky Bibel Familie 3-D


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CROMWELL (Ken Hughes/UK 1970)


"Every man who wages war believes God is on his side. I'll warrant God should often wonder who is on his."

Cromwell ~ UK 1970
Directed By: Ken Hughes

1642 plant der Gutsherr Oliver Cromwell (Richard Harris) bereits die Abreise nach Amerika, als der eherne Parlamentarier Ireton (Michael Jayston) ihn bei seinem rebellischen Ehrgeiz packt: Die Politik König Charles I. (Alec Guinness) würde einzig zugunsten von Geld und Gut geführt, derweil die arme Landbevölkerung unter Willkür und Knechtschaft zu leiden hätte. Cromwell findet bald heraus, dass diese Vorwürfe nicht unbegründet sind und dass sämtliche Vermittlungsversuche zwischen Unter- und Königshaus scheitern. Als Charles das Parlament auflöst, kommt es zum Bürgerkrieg und, nach der fortwährenden Weigerung des Königs zum Kompromiss, zu dessen Absetzung und Exekutierung. Für einige Jahre wird England zu einer Republik mit Cromwell als sogenanntem "Lord Protector".

Geschichtsstündlein in epischer narrativer und formaler Breite sind bei mir stets gern gesehen, auch, wenn sie hier und da ungenau ausfallen, raffen, "übersehen" oder gar klittern. "Cromwell" ist von vornherein angelegt als Heldenepos, das den nicht selten rücksichtslos vorgehenden Usurpator (heute spräche man von einer "Militärdiktatur") als Pionier und Helden der Demokratie feiert. Von den späteren, teils von Rachsucht geprägten Feldzügen gegen Iren und Schotten sowie seinem harten Vorgehen gegen Katholiken berichtet Hughes wohlweislich nichts und überlässt es dem wie so häufig zielstrebig aufspielenden Harris, aus der Titelfigur einen gerechten, hellsichtigen Zweifler zu machen, der häufig mit sich selbst hadern muss ob harter Entscheidungen. Nichtsdestotrotz sind die Schlachtenaufzüge von erster Grandeur und sollten jeden Liebhaber monumentaler Bewegtbilder reizen. Zudem begegnen dem Zuschauer in "Cromwell" viele große britische Köpfe aus jener Zeit, darunter auch diverse primär dem Phantastikfreund geläufige: Charles Gray, Robert Morley, Patrick Wymark, Patrick Magee, Ian McCulloch, Geoffrey Keen und Frank Finlay geben sich die auserlesene Ehre. Guter Stoff.

8/10

Ken Hughes Historie period piece England Biopic


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PONZIO PILATO (Gian Paolo Callegari, Irving Rapper/I, F 1962)


Zitat entfällt.

Pontio Pilato (Pontius Pilatus - Statthalter des Grauens) ~ I/F 1962
Directed By: Gian Paolo Callegari/Irving Rapper

Pontius Pilatus (Jean Marais), vormals Statthalter von Judäa und Günstling des lvormaligen Cäsaren Tiberius, muss sich vor Kaiser Caligula (Charles Borromel) bezüglich der Hinrichtung Jesu Christi (John Drew Barrymore) rechtfertigen, besonders im Hinblick auf die Inschrift "Jesus von Nazareth - König der Juden". Pilatus lässt seine Zeit in Palästina Revue passieren und bekennt sich daraufhin und vor dem römischen Senat zum Gott der Christen.

Wo Pontius Pilates, äh, -tus in Film und Buch sonst gern als böser Laffe und/oder Symbol imperialistischer Willkür (s. den völlig unpassenden deutschen Untertitel) vorgestellt wird, darf Jean Marais ihn ausnahmsweise einmal als kreuzgerechten Eroberer und Reformierer der tradiert-verkniesten jiddischen Glaubensgemeinschaft geben. Kaum im Heiligen Land angekommen, verübt die judäische Volksfront ein Attentat auf ihn, was der freundliche Herr lediglich mit Milde quittiert. Er ordnet den Bau eines Aquädukts zur Bewässerung der ausgedörrten Tiefebenen an, was dem lokalen Hohen Rat unter Vorsitz von Caiaphas (Basil Rathbone) überhaupt nicht behagt - immerhin wird dafür die gute Tempelsteuer verprasst. Dann spalkt noch zwielichtes Volk vom geldgeilen Aaron El Mesin (Roger Tréville) über den verbrecherischen Barabbas (Livio Lorenzon) bis hin zum verräterischen Judas (John Drew Barrymore) durch die Gegend; wie der Film versichert, allesamt wesentlich schuldiger am schlussendlichen Kreuzigungstod des Messias den Pilatus, der, oho, aha, seine Hände in Unschuld wäscht.
Ich möchte nicht so weit gehen, diesen Film als 'antisemitisch' zu bezeichnen, dafür sind seine Anklänge an biblische Vorlagen dann wohl doch zu manifest. Es ist für ein Sandalenepos dieser Größenordnung allerdings schon bemerkenswert mit welch unerschütterlichem Selbstverständnis hier um Akzeptanz von unfreiwilliger "Entwicklungshilfe" in Form imperativer Strömungen geworben wird. Immerhin mal was anderes als das ewig messianische Hollywood-Bibel-Gedöns.

6/10

Gian Paolo Callegari Irving Rapper Massimo Dallamano Antike Israel Naher Osten Rom Historie period piece


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WATERLOO (Sergei Bondartschuk/I, CCCP 1970)


"On the field of battle his hat is worth fifty thousand men; but he is not a gentleman."

Waterloo ~ I/CCCP 1970
Directed By: Sergei Bondartschuk

Nachdem Napoleon (Rod Steiger) im März 1815 aus seinem Exil auf Elba nach Frankreich zurückgekehrt ist, stellt er sich gegen die alliierte Streitmacht unter Wellington (Christopher Plummer) und Blücher (Sergo Zakariadze). Nachdem er deren beiden Armeen bei Charleroi voneinander abschneiden kann, tritt er am 16. Mai beim belgischen Waterloo gegen Wellington an. Die Schlacht nimmt diverse Wendungen, als jedoch in letzter Minute die Preußen zu Wellingtons Unterstützung eintreffen, wird Napoleons Streitmacht nachhaltig und vernichtend geschlagen.

Ein von Dino De Laurentiis produziertes Prestigestück, ein Brückenschlag zwischen Ost und West und eine Demonstration des Machbaren. Mit einer Akribie und Akuratesse, die man ansonsten von Visconti oder Kubrick kennt, frönt der sich aufgrund seiner "Krieg und Frieden"-Adaption für den Stoff empfehlende Bondartschuk einer unglaublichen Detailverliebtheit, die sich von der historischen Ausstattung über die obligatorische Ballszene bis hin zum Titel- und Kernstück des Films, der etwa sechzig Prozent der Spielzeit in Anspruch nehmenden Schlacht zwischen Napoleon und Wellington, fortsetzt. Diverse Totalen, Schwenks und aerial shots, von denen spätere Filme wie "The Road Warrior" unmittelbar zehren konnten, untermalen voller unverhohlenem Stolz den wahnwitzigen Material- und Statistenaufmarsch des Films. Ein bravoureskes Vorzeigestück unter den cineastischen Schlachtengemälden des ersten Jahrhunderts Film. Ohne (vermeidbare) Schnitzer allerdings kommt auch dieses nicht aus: Bondartschuk zeigt allenthalben vorausreitende Offiziere in Nahaufnahmen, die jedoch sichtlich auf sich mechanisch auf und ab bewegenden Attrapen sitzen, was völlig albern aussieht. Wie und warum der Film sich bei allem sonstigen Exactement solche Ausfälle erlaubte, bleibt wohl ein ewiges Geheimnis. Hinzu kommt noch eine völlig verlogene, am ende nochmal repetierte Sequenz, in der ein britischer Soldat einen Schlachtfeldkoller bekommt und lauthals den Unsinn des gegenseitigen Tötens beklagt: Inmitten dieses mithin von seiner martialischen Ästhetik berauschten Films ein peinlicher Faux-pas.

8/10

Sergei Bondarchuk period piece Historie Belgien Frankreich Napoleon


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ALEXANDER THE GREAT (Robert Rossen/USA, E 1956)


"Wonders are many, but none is more wonderful than man himself."

Alexander The Great (Alexander der Große) ~ USA/E 1956
Directed By: Robert Rossen

Alexander (Richard Burton), Sohn des Philip von Mazedonien (Fredric March) und seiner Gattin Olympias (Danielle Darrieux), wächst im Bewusstsein auf, dereinst als gottgleicher Eroberer über die Erde zu wandeln. Und tatsächlich vollbringt er nach der Vorarbeit durch seinen Vater eine Einigung nahezu aller griechischen Stämme und startet einen beispiellosen Eroberungsfeldzug, den ihn und seine wachsende Armee zunächst nach Persien und dann immer weiter östlich führt. Dennoch gibt es immer wieder hausinterne Konflikte, sowohl mit und zwischen seinen Eltern als auch mit Freunden und Untergebenen. Sein unmäßiger Lebenswandel sorgt schließlich dafür, dass Alexander in Babylon eines frühen Todes stirbt.

Ein in seinem großkotzigen Scheitern durchaus sehenswerter Film, von Robert Rossen fast im Alleingang hergestellt. Teils merkwürdig montiert versucht sich "Alexander The Great" an einem Streifzug durch die Biographie der Titelfigur, wählt zu deren Porträtierung recht willkürliche Fakten und ergeht sich dabei in einer eigenartigen, zerfallenden Komposition, die am Ende beinahe unverständlich wirkt. Im Gegensatz zur zeitgenössischen Konkurrenz wurde Rossens Film von der Produktion offenbar sehr stiefmütterlich behandelt. Es fehlt ihm an visueller Kraft und ausstatterischem Pomp; die wenigen Schlachtenszenen [im Besonderen eine gegen den Perserkönig Dareios (Harry Andrews)], die recht vielversprechend initiiert werden, verlaufen auf enttäuschende Weise buchstäblich im Sande. Der schmalschultrige Richard Burton, wie sich später erweisen wird, ein hervorragender Darsteller von Selbstzweiflern und verletzlichen Intellektuellen, jedoch keineswegs von charismatischen Feldherren, findet sich aufgrund dieser Tatsache bemerkenswert fehlbesetzt. Witzigerweise wurden für diverse Großaufnahmen seines Körpers sichtlich besser trainierte body doubles eingesetzt. Das sagt vieles aus; wenn nicht gar alles.

5/10

Robert Rossen Griechenland Antike Persien Historie period piece Biopic


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WAR AND PEACE (King Vidor/USA, I 1956)


"I have sinned, Lord, but I have several excellent excuses."

War And Peace (Krieg und Frieden) ~ USA 1956
Directed By: King Vidor

Moskau zu Beginn des 19. Jahrhunderts: Während Napoleon (Herbert Lom) dabei ist, seinen sich später als katastrophaler Fehlschlag erweisenden Russlandfeldzug vorzubereiten, ahnt die altehrwürdige Aristokratie noch nichts von den künftigen Enbehrungen. Der linkische Pierre Besúchow (Henry Fonda), ein ebenso pazifistischer wie leichtlebiger Intellektueller, heimlich in Natáscha (Audrey Hepburn), die jüngste Tochter des Grafen Rostów (Barry Jones) verliebt. Diese jedoch erlebt ihre romantische Erweckung erst später, als sie während eines Jagdausfluges zufällig Pierres alten Freund, den verwitweten Offizier Andrej Bolkónski (Mel Ferrer) kennenlernt. Andrejs standesbedachter Vater (Wilfred Lawson), ist gegen eine überhastete Heirat und erwartet, dass Andrej zunächst ein Jahr im diplomatischen Außendienst tätig wird. Tatsächlich lässt sich Natáscha während dieser Zeit von dem verruchten Anatól Kurágin (Vittorio Gassman) freien, wovon Andrej im Feld erfährt und Natáscha daraufhin verlässt. Die Schlacht von Borodino fordert derweil viele Opfer, darunter auch Andrej, der schwer verletzt wird. Die Rostóws müssen bald darauf ihr innenstädtisches Haus verlassen und aufs Land flüchten. Natáscha begegnet Andrej wieder, der ihr verzeiht und sich von ihr pflegen lässt, jedoch nicht mehr lang am Leben bleibt. Pierre gerät in französische Gefangenschaft, aus der er ausgerechnet von seinem alten Rivalen Dólochow (Helmut Dantine) befreit werden kann. In der Ruine des rostówschen Anwesens begegnen sich Pierre und Natáscha schließlich wieder, bereit, endlich ein gemeinsames Leben zu beginnen.

Weniger eine adäquate Tolstoi-Adaption als vielmehr ein grandioses Kräftemessen von Hollywod und Cinecittà. Nur die Besten und Größten ihrer Zunft vereinten sich hinter und vor der Kamera für dieses ausgemachte Prestige-Projekt: Carlo Ponti und Dino De Laurentiis wagten eine einzigartige Produzentenehe, die Paramount sprang für den internationalen Verleih ein, Stab und Besetzung vereinten jeweils internationale Fachgrößen mit ausgemachter Hollywood-Grandezza an der Spitze. Als Selznick und die MGM, die sich ebenfalls mit dem Gedanken trugen, Tolstois opus magnum glamourös aufzubereiten, erfuhren, dass die damals auf ihrem Karrierehöhepunkt befindliche Audrey Hepburn für die weibliche Hauptrolle unter Vertrag stand, gaben sie angeblich schleunigst klein bei.
Sechs Millionen Dollar wurden für den Film verpulvert und davon ist, wie es so schön heißt, jeder einzelne Cent sichtbar. Erlesene Ausstattungsgegenstände, Interieurs und Kostüme, gewaltige Statistenaufmärsche, Ball- und Schlachtenszenen von ausgemachtem Pomp: primär und besonders ist "War And Peace" eine opulentes Festmahl fürs Auge, das seine romantischen (Sub-)Kontingente wohlweislich ganz obenanstellt, um aus dem personenreichen Gesellschaftsstück einen Schmachtfetzen von internationaler Erfolgsgarantie zu formen. Mit vollstem Erfolg; Audrey Hepburn, tatsächlich bezaubernd wie eh und je, trägt das Epos auf federleichte Weise, die traurigen Krieger Ferrer und Fonda, sich ihrer untergeordneten Funktion durchaus bewusst scheinend, dienen ihr vornehmlich als Stichwortgeber und ist sie einmal nicht leinwandpräsent, so sehnt man sich gleich ihre nächste Szene herbei. Weitere Rollengeschenke finden sich - natürlich - für Herbert Lom, der einen fabelhaften Napoleon vorstellt, Oscar Homolka als weisen russischen Feldmarschall und Wilfrid Lawson als misanthropisch angehauchten Knauseradligen. Vielleicht in all seiner überstürzten Selbstpräsentation etwas zu naiv, ist "War And Peace" in der Hauptsache etwas für Apologeten des leicht größenwahnsinnigen, monumentalen Silver-Age-Hollywood. Diese allerdings dürften sich immer wieder aufs Neue verlieben.

9/10

King Vidor Leo Tolstoi Historie period piece Russland Moskau Napoleon Napoleonische Kriege Familie Jack Cardiff





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