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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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FLOSSIE (Mac Ahlberg/S 1974)


Zitat entfällt.

Flossie (Die Keusche mit den feuchten Lippen) ~ S 1974
Directed By: Mac Ahlberg

Der Geschäftsmann Jack (Jack Frank) stößt in Stockholm auf Eva (Kim Frank) und ihre Freundin Flossie (Marie Forså), die umgehend zur Sache kommen: Jacks Männlichkeit ist gefragt, wobei er bis zu Flossies Penetration noch einige erotische Geschichten hören und erzählen sowie durchleben muss.

Hübsch schmieriger kleiner Softporno aus Skandinavien, eine "Jugend-" Sünde des später relativ erfolgreichen Hollywood-dp Ahlberg mit dem Charme nikotinvergilbter alter Photographien, die man verbotenerweise ganz hinten in Onkel Jupps unterster Schreibtischschublade entdeckt hat. Sehenswert sind ihre Filme ja grundsätzlich wegen der hübschen, eine heutzutage weithin verloren gegangene Natürlichkeit ausstrahlenden Marie Forså, die anderen Kolleginnen zudem voraus hat, dass ihre offenherzigen Selbstpräsentationen ihr niemals unangenehm zu sein scheinen. Nun weiß ich nicht, ob die Version des Films, die ich gesehen habe, unzensiert ist, aber es gibt sicherlich Schlüpfrigeres aus dieser Zeit und Region. Somit als voyeuristisches Objekt einserseits halbwegs gediegen, andererseits aber auch etwas, nun ja, "unbefriedigend".

4/10

Mac Ahlberg Schweden Stockholm Internat


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VANESSA (Hubert Frank/BRD 1977)


"Das Klima hier drückt dir die Schenkel auseinander, da kannst du gar nichts gegen tun."

Vanessa ~ BRD 1977
Directed By: Hubert Frank

Die Klosterschülerin Vanessa (Olivia Pascal) muss nach Hong Kong aufbrechen, um die Erbschaft ihres verstorbenen Onkels, bestehend aus einer riesigen Reisplantage und einer Puffkette in Kowloon anzutreten. Nicht ganz unkompliziert, denn Plantagenverwalter Adrian (Günther Clemens) ficht das Erbe an und alle, mit denen Vanessa zu tun bekommt, sind dauerspitz wie Nachbars Lumpi.

Ein Versuch von Karl Spiehs, der erfolgreichen französischen "Emanuelle"-Reihe einen deutschen Epigonen nachzuschieben, die bewährte Mixtur aus ostasiatischer Exotik und schwitzender Protagonistinnenunschuld inbegriffen. In der Tat beweisen Hubert Frank und sein Kameraauge Franz X. Lederle ein untrügliches Gespür für knackige junge Frauenleiber, allen voran natürlich den Olivia Pascals, die eigentlich Olivia Gerlitzki heißt und die zu diesem Zeitpunkt in einer gegelrechten Welle von Softsex-Filmen ihre physischen Vorzüge zur Geltung brachte. Ihre Art der Erotik war ja eine recht spezielle, bestand sie doch darin, sich einerseits freizügig zu geben, sich andererseits jedoch fürchterlich zu zieren, wenn ein Galan wunderlicherweise auf ihre Avancen einging. Man verspürte dann das unabwendbare Bedürfnis, sie selbst durch die Leinwand mal flugs zu ohrfeigen. Ja, so war das.
Zwischen den glücklicherweise reichlich vorhandenen Nacktszenen verbreitet Franks Streifen mit seiner Rosamunde-Pilcher-Geschichte erwartungsgemäß darbende Langeweile, scheint seine Alibi-Füllsel interessanterweise jedoch nicht als solche wahrnehmen zu wollen. Immerhin wertet der wie immer sehenswerte Anton Diffring "Vanessa" durch sein relaxtes Spiel entschieden auf.

4/10

Hubert Frank Hong Kong Coming of Age Voodoo Lisa-Film


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DVÆRGEN (Vidal Raski/DK, USA 1973)


"I need another teddy bear."

Dværgen (Das Haus der verlorenen Mädchen) ~ USA/DK 1973
Directed By: Vidal Raski

Der ehemalige Revuestar Lila Lash (Clara Keller) und ihr zwergenwüchsiger, deformierter Sohn Olaf (Torben Bille) betreiben eine heruntergekommene Pension in East London. Niemand weiß, was sich unter ihrem Dach abspielt: Auf dem Söller gibt es nämlich einen verschlossenen Raum mit drei nackten, forciert heroinsüchtig gemachten Sexsklavinnen (Jeanette Marsden, Lisbeth Olsen, Jane Cutter), die ihrer pervers veranlagten Freier harren. Um den Laden auf Trab zu halten, muss Olaf immer wieder neuen Stoff besorgen, den er von einem Spielwarenhändler (Werner Hedman) erhält. Als das Ehepärchen Mary (Anne Sparrow) und Peter (Tony Eades) in die Pension einzieht, droht der Laden aufzufliegen. Zeit für Lila und Olaf, den Gatten in die Wüse und das Frauchen auf den Dachboden zu schicken...

Ein ebenso poetischer wie widerlicher kleiner Exploiter, der eigentlich weitaus mehr Unheil verspricht als seine doch recht ambitionierte Umsetzung letztlich zu halten vermag. Bis auf zwei ziemlich unmotiviert eingeflochtene HC-Sequenzen gibt es dann eigentlich auch wenig bis nichts, was das Auge beleidigen könnte - es sei denn, man empfindet die Denunziation körperbehinderter Menschen als Untergang des Abendlandes. Torben Bille, der den titelgebenden Zwerg mit einer Extraportion Widerwärtigkeit personifiziert, dürfte allerdings kaum zu seiner lustvollen Parade gezwungen worden sein, insofern ist soweit alles in Butter. Klar ist "Dværgen" oberflächlich betrachtet zu großen Teilen doof und spekulativ, wenn die ihrem früheren Ruhm nachtrauernde, besoffene Lila Lash jedoch ihre Gesangsnummern vollzieht, dann ist das eine nicht nur klare, sondern vor allem gelungene Verbeugung vor den Hag-Horror-Filmen der vorvergangenen Dekade. Außerdem muss man das verlotterte Ambiente des Films bloß als abseitig humoristisch wahrnehmen, was insbeondere unter Verwendung der originären Münchener Synchronfassung mit Wolfgang Hesse als Zwerg und Marianne Wischmann als Lila Lash gar niccht so schwer fällt, und schon hat man rund um Einwegspritzen, Peitschenhiebe, Vergewaltigung und zweckentfremdete Gehstöcke eine Menge zu staunen und zu lachen.

6/10

Vidal Raski Exploitation Trash London Heroin


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GRIECHISCHE FEIGEN (Siggi Götz/BRD 1976)


"Was guckst'n so blöd?"

Griechische Feigen ~ BRD 1976
Directed By: Siggi Götz

Anstatt wie mit ihren Eltern ausgemacht nach München zu fliegen, bleibt die neunzehnjährige Patricia (Betty Vergès) einfach in Griechenland und veranstaltet vor Ort eine planlose, freizügige Entdeckungsreise. Diese führt sie vor allem durch die Triebwelt maskuliner Begattungsmanöver aller Couleur, führt ihr aber ein ums andere Mal auch ihre eigene Unreife vor Augen. Am Ende erkennt sie, dass man am besten bei dem Mann bleibt, den man wirklich liebt.

Diese von einer Dame namens Patrizia Piccardi (mutmaßlich ein Pseudonym) gescriptete "Coming-of-Age"-Story ist recht untypisch für die LISA-Disco-Komödie jener Tage, da in ihr auf hohle Witzchen weithin verzichtet wird und man stattdessen einen weiblichen Simplicissimus hinaus in die Inselwelt der Ägäis entsendet, um dort das zu lernen, was die Menschheit eigentlich bereits seit ihrem Anbeginn wissen sollte. Gewissermaßen torpediert die Münchner LISA damit ihren äußeren Anspruch, Freizügigkeit und libertinären Lebensstil in frivoler Art und Weise zu kultivieren: Ihre sexuellen Abenteuer und Gelüste lassen die als so selbstbestimmt charakterisierte und ebenso auftretende Patricia nämlich ein ums andere Mal erscheinen wie ein dummes, kleines Rotzbalg, das am Ende dann sowieso nur reumütig zu seinem Liebsten zurückkehren kann. Jener Tom (Claus Richt) kann einem trotz Patricias überaus wohlgeformter Physis andererseits nur leid tun - er wird noch eine harte Zeit mit der rebellischen Antibourgeoise erleben. Vielleicht bekommt sie dann auch endlich mal, wonach sie unterbewusst ohnehin permanent zu verlangen scheint - links und rechts ein paar um die Löffel, gern auch um die hinteren.

5/10

Siggi Götz Griechenland Disco-Komödie Coming of Age Lisa-Film


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LINDA (BRD/E 1981)


"Na los, auf zur Meisterschaft im Stabhochwichsen!"

Linda (Die nackten Superhexen vom Rio Amore) ~ BRD/E 1981
Directed By: Jess Franco

Weil sie mit Ron (Antonio Mayans), dem Hausstecher der ebenso bösartig wie nymphoman veranlagten Bordellchefin Sheila (Raquel Evans) in die Kiste steigt, ereilt die deutsche Hotelangestellte Betsy Norman (Ursula Buchfellner) eine perfide Racheintrige: Unter hypnotisierende Dämpfe gesetzt, muss Betsy künftig in Sheilas Edelpuff "Rio Amore" die ausgefallenen Wünsche zahlungskräftiger Gentlemen erfüllen. Ausgerechnet während dieser unglücklichen Entwicklungen kommt Betsys kleine Schwester Linda (Katja Bienert), wohlbehütete Klosterschülerin, zu Besuch und wundert sich, dass Betsy nirgends anzutreffen ist. Sie findet jedoch Trost in den Armen des wackeren Einheimischen Juan.

Ein weiteres Franco-Arrangement für die LISA-Film, diesmal mit Rolf-Eden-Freundin Uschi Buchfellner, einer netten (und vor allem nett anzuschauenden) Dame, wenngleich eine exemplarische Schauspiel-Nulpe, und der damals vierzehnjährigen Katja Bienert in der Auslage, bezüglich der, im Gegensatz zu Eva Ionesco und Lara Wendel, heute nur deshalb kein Hahn mehr kräht, weil sie entkleidetermaßen mit zwölf schon aussah wie andere Mädels mit dreiundzwanzig.
Garniert mit dem ultraschmierigen Dialog einer Hardcore-Produktion (eingesprochen allerdings von der vordersten Münchener Synchrongarde, darunter Elmar Wepper, Dagmar Heller, Uschi Wolff und Michael Habeck) zu mittelkeuschem Softsex sind dabei die üblichen Zutaten des besonders für seine zeitgenössischen Disco-Komödien beliebten Produzenten Karl Spiehs. Für die humorigen Zwischeinlagen verantwortlich ist eine in gestelztem Wienerisch (allerdings mit der Stimme von Eva Kinsky) parlierende Bea Fiedler, der die mit Abstand dümmsten Sprüche des gesamten Films zukommen. Getragen wird das Ganze noch zusätzlich von Francos sleaziger Improvisationskunst, die selbst ausgewiesenem Trash wie diesem zumindest ehedem noch stets eine gewisse Ambitioniertheit abzuringen angetan war. Die Musik, insbesondere der Titelsong, kommt einem nicht von ungefähr bekannt vor - sie entstammen dem zwei Jahre älteren "Die Schulmädchen vom Treffpunkt Zoo". Wobei emsiges Liedgut-Recycling natürlich striktestens zur Arbeitsphilosophie bei LISA gehörte. Macht absolut Laune, das Ding.

6/10

Jess Franco Spanien Bordell Lisa-Film Sexploitation Sleaze


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CALIGOLA (Tinto Brass/I, USA 1979)


"If only all of Rome had just one neck..."

Caligola ~ I/USA 1979
Directed By: Tinto Brass

Rom im Jahre 37: Caligula (Malcom McDowell), Enkel des amtierenden Kaisers Tiberius (Peter O'Toole), lässt seinen Großvater von seinem Berater Macro (Guido Mannari) ermorden und sich selbst zum Imperator krönen: Der Beginn einer vierjährigen Schreckensherrschaft, die nach diversen Regierungsskandalen und Bloßstellungen des Senats schließlich von einem lange schwelenden Prätorianer-Aufstand beendet wird.

"Caligola" stellte seinerzeit die erste Möglichkeit für das Feuilleton dar, guten Gewissens einen Film mit pornographischem content besprechen zu dürfen, was natürlich prompt mit der zu erwartenden Ablehnung und mit oberflächlichem Widerwillen quittiert wurde. Blödsinn. Selbst in der nachträglich von "Penthouse"-Kopf Bob Guccione und seinen Schergen umgeschnittenen und modifizierten Fassung, die dann zu Brass' Leidwesen zur allgemein bekannten avancierte, markiert "Caligola" das einzigartige Fanal eines Wahnsinnsprojekts, das mit seiner ebenso kunstvollen wie provozierenden Bildsprache von vornherein als Kulturaffront begriffen werden musste. "Caligola" ist letzten Endes zu einer monströsen Kino-Hydra mutiert, als das zerrissene Werk vierer Egomanen mit jeweils völlig unterschiedlichen Vorstellungen des abschließenden Resultats. Der Scriptautor Gore Vidal hatte den Film als satirische Studie um Cäsarenwahn und Korrumpiertheit im Angesichte totaler Macht konzipiert, Tinto Brass wollte dann daraus eines seiner voluminösen Erotikepen formen, die Produzenten Guccione und Franco Rosselini zerstritten sich und waren zu keiner weiteren Zusammenarbeit bereit; schließlich ließ Guccione nach Beendigung der Dreharbeiten die Filmrollen ohne Brass' Einverständnis in die USA fliegen, um dort die in aller Welt gezeigte Schnittfassung zu besorgen. Der vorliegende Film mag mit Brass' Intentionen nicht mehr viel zu tun haben und es ist bedauerlich, dass Kernsequenzen wie eine Senatsrede, die Caligula von seinem Hengst Incitatus halten ließ, nicht nur weggefallen, sondern anscheinend verschollen sind. Dennoch erscheint mir der Film trotz seiner nachträglich von Guccione und Giancarlo Lui eingefügten Hardcore-Elemente stimmig und erstaunlich wohlkomponiert. Um die Darstellung eines irrsinnigen Charakters halbwegs nachvollziehbar arrangieren zu können, sollten gewisse Ungewöhnlichkeiten zum Maß gemacht werden und ebendies ist hier eben der Fall. "Caligola", sich in Blut und Sperma suhlend, beeindruckt und begeistert mich sogar in dieser Form als einer der wenigen Filme, denen ich das Prädikat 'absolutistisch' zukommen lassen würde. Ein einzigartiges Werk vor allem, und, das ist das Schönste, unter Garantie vor geistloser Neuanordnung gefeit.

9/10

Tinto Brass Rom Römisches Reich Historie period piece Madness Skandalfilm Splatter Parabel


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DOUBLE EXPOSURE (William Byron Hillman/USA 1983)


"Tell me about your mother."

Double Exposure (Psycho-Killer) ~ USA 1983
Directed By: William Byron Hillman

Der Berufsphotograph und Frauenheld Adrian Wilde (Michael Callan) wird von seltsamen, gewalttätige Träumen verfolgt, in denen er auf grausame Weise Menschen ermordet. Da parallel dazu ein realer Serienkiller Los Angeles unsicher macht, beginnt Adrian an seinem Verstand zu zweifeln: Handelt es sich bei seinen Geisteserlebnissen wirklich nur um Ausgburten seines Unterbewusstseins oder ist er selbst gar der gesuchte Mörder? Sein Psychiater Dr. Curtis (Seymour Cassel) glaubt die Antwort zu kennen...

Ein eigenwilliger Beitrag zum Serienkiller-/Slasher-Genre, der wohl allein der Tatsache, dass er auf der Liste der nach §131 StGB beschlagnahmten Filme erscheint, verdankt, hierzulande überhaupt noch Menschen für sich zu interessieren und das gute Stück dann und wann aus der Versenkung emporhieven zu lassen. Im Prinzip ist das Faktum, dass ein solcher Film, und dies ist ausnahmsweise als durchweg objektive Einschätzung aus meinem Munde bzw. meiner Hand zu werten, heute problemlos unzensiert spätestens im 22-Uhr-Programm der Öffentlich-Rechtlichen ausgestrahlt werden würde, wesentlich diskussionswürdiger als der Film selbst, doch dies würde ja nun seiner ureigenen Position als B-Thriller nicht gerecht. "Double Exposure" lässt sich zunächst mit etwas Mühe als psychoanalytisch gefärbte Charakterstudie eines Serientäters lesen, wobei die Versuche, dessen Motivation auf eine gestörte Mutter-Sohn-Beziehung zurückzuführen, in dramaturgischer Hinsicht ziemlich hilflos daherkommen. Wesentlich interessanter gestaltet sich da die Darstellung der Geschwister-Beziehung: Adrian hat nämlich einen zweieiigen Zwillingsbruder, seines Zeichens Stuntman, der bei einem Unfall beide linksseitige Gliedmaßen einbüßen musste. Seltsamerweise gelingt es beiden, ganz unabhängig von irgendwelchen Handicaps, eher unattraktiven Brüdern permanent, schöne Frauen zu becircen, was manchen Rückschluss auf die nordamerikanische, männliche Selbstwahrnehmung sowie intergeschlechtliche Betrachtungsweisen in den frühen Achtzigern zulässt. Hier genügte nach maskuliner Auffassung in gewissen Kreisen offenbar ein hinreichend schmieriges Auftreten, um Erfolg bei den Damen zu haben - möglicherweise entsprach dies ja sogar der Realität.
Dann wirken die Kurzauftritte renommierter bzw. gesichsbekannter Darsteller in diesem kleinen Film fast schon befremdlich: Neben dem erwähnten Cassavetes-Spezi Seymour Cassel, der sich eigentlich nie für etwas zu schade war, was die Haushaltskasse auffüllte, kann man noch Pamela Hensley, Cleavon Little und Robert Tessier begutachten. Eben ein recht eigenartiges Werk, aber gerade deswegen (und weil es grundsätzlich ein schöner Sport ist, sich jedweden 131er-Film zu beschaffen und/oder anzuschauen) unter Vorbehalt empfehlenswert.

6/10

William Byron Hillman Los Angeles Serienmord Zwillinge Brüder Slasher Psychiatrie Independent


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LA ORCA (Eriprando Visconti/I 1976)


Zitat entfällt.

La Orca ~ I 1976
Directed By: Eriprando Visconti

Die Industriellentochter Alice (Rena Niehaus) wird von einer Gruppe Kleingangster entführt und in einem abgelegenen Altbau gefangengehalten. Die von einer grauen Eminenz im Hintergrund organisierten, beteiligten Männer kennen sich weder, noch pflegen sie eine Kommunikation, die das Allernötigste übersteigt. Da der junge und naive Michele (Michele Placido) der Einzige ist, der keinerlei anderweitigen Verpflichtungen nachgehen muss, obliegt ihm die Aufgabe, ruind um die Uhr bei Alice zu bleiben und sie zu bewachen. Bald schon vergisst Michele sich angesichts der dräuenden Umstände und glaubt, dass seine Annäherungsversuche bei Alice auf fruchtbaren Boden stoßen. Ein verhängnisvoller Irrtum.

Der Luchino-Neffe Eriprando Visconti spielt in "La Orca" geschickt mit Rollenerwartungen und Figurenzeichnungen. Neben einer eher beiläufig entworfenen Bestandsaufnahme des zeitgenössischen Italien, in dem die Roten Brigaden wüteten und Entführungsfälle wohlhabender Familienmitglieder faktisch an der Tagesordnung waren, richtet er sein Augenmerk auf die abbildhaft-symbolische Beziehung zwischen Alice und Michele, die sich von Anfang an als Katz-und-Maus-Spiel geriert. Während Michele mehr oder weniger bewusst als Identifikationscharakter eines vorrangig voyeuristisch-libidinös gesteuerten, männlichen Publikums dient und mit seinen sexuellen Nötigungen und Missbrauchsavancen auch noch auf eine Goldader zu stoßen scheint, brodelt in der die Situation aufgrund von Intellekt und Geschlecht bald insgeheim beherrschenden Alice von Anfang an der bloße Freiheitswille. Dass infolge dieser wohlfeil kaschierten Ausgangssituation die Arbeiterklasse am Ende einmal mehr von der Oberschicht dominiert und unmerklich gesteuert wurde, liegt, das macht Visconti dem Publikum am Ende noch einmal ganz klar deutlich, in der - wenngleich ungerechten - Natur der Dinge. In the end, we all lose.

7/10

Eriprando Visconti Kidnapping


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LE FOTO DI GIOIA (Lamberto Bava/I 1987)


Zitat entfällt.

Le Foto Di Gioia (Das unheimliche Auge) ~ I 1987
Directed By: Lamberto Bava

Gioia (Serena Grandi), Ex-Erotik-Starlet und heuer Publizistin eines renommierten Nacktmagazins, sieht sich plötzlich von einem wahnsinnigen Killer verfolgt. Nachdem dieser zunächst zwei ihrer Models mittels "kreativer" Wege beiseite geschafft hat, stellt er auch ihrem persönlichen Freundeskreis nach.

Durchschnitts-Giallo, der von einigen netten visuellen Ideen lebt wie der, die subjektive Perspektive des in den Klimax-Momenten seines Zuschlagens delirierenden Killers jeweils als surreale Realitätsverzerrungen darzustellen. So verwandeln sich unter Rot- und Blaufiltern die Häupter seiner Opfer etwa in riesige Augäpfel oder Insektenköpfe. Ein sich als starke Bremsvorrichtung erweisendes Problem des Films ist derweil seine lustlos bis dilettantisch agierende Besetzung. Ein Fan von Milchkuh und Brass-Muse Serena Grandi war ich zugegebenermaßen sowieso noch nie, doch auch die ohnehin nie ganz unproblematische Daria Nicolodi und der hier mal wirklich extrem redundante George Eastman versagen gänzlich, von dem den behinderten und gleichsam perversen Nachbarn spielenden Karl Zinny gar nicht zu reden. So kann sich "Le Foto Di Giuia" nicht immer sicher davor schützen, ins gepflegt Nervige abzudriften, trotz Bava Jrs. intensiver Bemühungen, genau dem präventiv zu begegnen.

4/10

Lamberto Bava Giallo Serienmord Slasher Rom


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UNA SULL'ALTRA (Lucio Fulci/I, F, E 1969)


Zitat entfällt.

Una Sull'Altra (Nackt über Leichen) ~ I/F/E 1969
Directed By: Lucio Fulci

Nachdem seine asthmakranke Frau Susan (Marisa Mell) wegen einer falsch dosierten Beruhigungsmittelgabe gestorben ist, widmet sich der etwas naive Arzt George Dumurrier (Jean Sorel), der zusammen mit seinem Bruder Henry (Alberto De Mendoza) eine mittelmäßig gehende Klinik bei San Francisco bewirtschaftet, ganz seiner Freundin Jane (Elsa Martinelli). Als George überraschend erfährt, dass seine Frau eine stattliche Lebensversicherung abgeschlossen hat, deren Begünstigter er ist, gerät er zugleich in das Visier der Ermittler. Zudem taucht eine Striptänzerin namens Monica Weston (Marisa Mell) auf, die große Ähnlichkeit mit Susan aufweist. Als deren Leiche exhumiert wird und man feststellt, dass sie vorsätzlich vergiftet wurde, wird George wegen Mordes verurteilt und wandert in den Todestrakt von San Quentin. Kann Jane noch rechtzeitig seine Unschuld beweisen?

Stilvoll gemachter Erotikkrimi, der noch die frühe, andere Seite von Fulci zeigt, die mit seinen späteren harten Horror-Eskapaden bis auf eine markant-eigenwillige Federführung kaum etwas gemein hat. Noch einige Jahre vor De Palma zollt der Italiener der Wiedergänger- und Nekrophilie-Thematik, die Hitchcock mit "Vertigo" etabliert hatte, seinen persönlichen Respekt und schnürt ein schickes Sleaze-Päckchen mit einem starken Score von Riz Ortolani sowie einem ausgeprägten Geschmack für schöne Frauen, nominell Elsa Martinelli und Marisa Mell. Seine etwas eklektizistische, nicht immer entschlossen wirkende Bearbeitung, die mal mit split screens wie denen in "The Thomas Crown Affair" hantiert, sowie jene schätzenswerte, hier besonders stark ausgeprägte, dezidiert europäische Perspektive auf die nordamerikanische Urbanität aufweist, sieht man dem Film nur allzu gern nach, bleibt er doch jederzeit spannend und versteht es, den Zuschauer durch seine undurchsichtige Geschichte durchweg zu affizieren. Nett.

7/10

Lucio Fulci San Francisco Todesstrafe femme fatale neo noir Verschwörung Sleaze





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Funxton

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