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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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TIAN XIA DI YI QUAN (Cheng Chang Ho/HK 1972)


Zitat entfällt.

Tian Xia Di Yi Quan (Zhao - Der Unbesiegbare) ~ Hong Kong 1972
Directed By: Cheng Chang Ho

Der Boxkämpfer Chi-Hao Chao (Lo Lieh) soll als Repräsentant der Kampfsportschule des Meisters Hsin-Pei Sun (Mien Fang Mien) an einem Turnier teilnehmen, dessen Sieger vor allem für das Renommee seiner jeweiligen Schule von enormem Wert ist. Zunächst wird Chi-Hao auf Herz und Nieren geprüft, erweist sich dann jedoch als einzig wahrer Vertreter für Hsin-Pei, ganz zum Leidwesen von Chi-Haos eifersüchtigem Konkurrenten Han-Lung (James Nam), der Chi-Hao an die Erzgegner aus der Schule des rücksichtslosen Tung-Shun Meng (Tien Feng) verrät. Man überfällt Chi-Hao, bricht ihm seine Finger und Hände. Dennoch rappelt der zunächst Verzweifelte sich wieder hoch und lernt autodidaktisch die Technik der "Eisernen Faust", die ihn praktisch unbesiegbar macht.

"Tian Xia Di Yi Quan" war einer der ersten HK-Filme, die auch in okzidentalen Breiten enorme kommerzielle Erfolge verbuchen konnten und dem Kino der Shaw Brothers zu ihrem globalen Siegeszug verhalfen. Dazu trugen vornehmlich einige besonders einprägsame Szenen bei, wie die, in der der Verräter Han Lung den Lohn für seine Charakterschwäche erntet: Er wird von Mengs Sohn (Chan Shen) geblendet, indem dieser ihm kurzerhand die Augäpfel aus dem Schädel pflückt. Als Chi-Hao später die "Iron-Palm"-Technik erlernt, fangen bei inniger Konzentration seine Hände orangefarben zu glühen klan und es erklingt das hektische "Ironside"-Thema. Gerade diese kleinen, aber unvergesslichen Leitmotive dürften es sein, die Hos Film gegenüber der zeitgenössischen Konkurrenz insbesondere durch Bruce Lee einen festen Platz im klassischen Martial-Arts-Genre verschafft haben. Von der edlen Motivation des jungfräulich-unbefleckten und moralisch durch nichts korrumpierbaren Titelhelden Lo Lieh war man derweil im unter der Schirmherrschaft des Spaghetti-Western und New Hollywood stehenden Westen vermutlich eher ungerührt. So ist "Tian Xia Di Yi Quan" von einem einnehmend naiven ethischen Überbau geprägt, der ihn auch heute noch besonders für jüngere Zuschauer zu einem nachhaltigen Erlebnis machen dürfte.

8/10

Shaw Bros. Hong Kong China Martial Arts Cheng Chang Ho Rache


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THE SUM OF ALL FEARS (Phil Alden Robinson/USA, D 2002)


"This can't be happening."

The Sum Of All Fears (Der Anschlag) ~ USA/D 2002
Directed By: Phil Alden Robinson

Eine im Jom-Kippur-Krieg verlustig gegangene Atombombe wird von ein paar syrischen Bauern ausgegraben und für einen Minimalbetrag an den Waffenhändler Olson (Colm Feore) verschebelt. Dieser verkauft sie an ein wohlhabendes Netzwerk von Neonazis unter der Führung des fanatischen Dressler (Alan Bates) weiter, der damit einen verspäteten Weltkrieg zwischen Russland und den USA auslösen will. Tatsächlich scheint Dresslers Plan aufzugehen: Die Bombe wird, getarnt als Zigarettenautomat, unter dem Football-Stadion von Baltimore getarnt und während eines Spiels gezündet. Der dort anwesende US-Präsident Fowler (James Cromwell) kann durch die Intervention des jungen CIA-Analysten Jack Ryan (Ben Affleck) in letzter Sekunde vor dem Anschlag in Sicherheit gebracht werden, doch halb Baltimore liegt in Schutt und Asche. Da der neue russische Präsident Nemerov (Ciarán Hinds) wegen eines just angeordneten Militärschlags gegen Tschetschenien ohnehin unter höchster kritischer Begutachtung durch die USA steht, lastet man ihm den Anschlag an. Ein von einem von Dresslers Partnern durchgeführter Angriff auf einen Flugzeugträger der Navy scheint letzte Zweifel zu beseitigen: Auf beiden Seriten werden die Bomben scharf gemacht. Nur Ryan durchschaut die Hintergründe. Kann er den Dritten Weltkrieg rechtzeitig verhindern?

Ein unzweideutiges Bekenntnis zur political fiction sowie zum suggestiven 007-Charakter moderner Agententhriller und somit der bis dato beste Jack-Ryan-Film, ganz unabhängig davon, dass der charismatische Harrison Ford keine Lust mehr auf die Rolle hatte und Ryans Rolle in dem ganzen Spektakel stark zurückgestutzt und auf den jungen Ben Affleck zugeschnitten werden musste. Ryan ist hier urplötzlich wieder in seinen Anfangstagen bei der CIA, lernt gerade erst seine zukünftige Frau Cathy (Bridget Moynahan) kennen und hat noch einen anderen Boss namens Cabot (Morgan Freeman als nicht ganz ebenbürtiges James-Earl-Jones-Substitut). Darüberhinaus gibt es ein Wiedersehen mit John Clark, der diesmal nicht von Willem Dafoe, sondern von Liev Schreiber gegeben wird. Ansonsten stark von der Story des kurz nach dem Kalten Krieg veröffentlichten Romans abweichend wird hier kurzerhand ein neu aufflammendes Misstrauen zwischen den Weltmächten heraufbeschworen; der Russe ist und bleibt eben undurchsichtig und das Nuklearwaffenpotenzial reicht nach wie vor locker aus, um sich gegenseitig auf den Mond zu schießen. Im Roman sind islamische Terroristen für die Verschwörung zuständig, was im Falle einer Einszueins-Übertragung so kurz nach 2001 natürlich eine recht "geschmacklose" Filmdramaturgie bedingt hätte. So haben wird es jetzt mit wahnsinnigen Neonazis zu tun, ein universelles und angedenk einer international erfolgreichen Rezeption vor allem dankbares Feindbild. Der Film ist anders als die ursprünglichen drei Ryan-Filme also ohne eine betonte Realitätsanbindung zu verstehen und bringt sich damit vor allem um den Ballast des tierischen Ernstes. Eine Atompilz über Maryland, das ist schon ein starkes Stück. Hier aber haben wir ihn, live und in graugelber Farbe. Daraus erwächst zum Finale hin der spannendste Film des letzten Jahrzehnts, ein ungeheurer Nägelkauer, und das bei ohnehin völlig gewissem Ausgang. Als Regiearbeit Phil Alden Robinsons ist "The Sum Of All Fears" in dramaturgischer Hinsicht ein kleines Meisterk, makellos und fesselnd. Mag sein, dass die Geschichte mich persönlich anspricht, weil die Befürchtung, aktiv Zeuge eines Nuklearkriegs zu werden, eine meiner frühkindlichen Urängste widerspiegelt. Doch auch sonst fällt mir aus den letzten zehn Jahren kein anderer Film ein, der die Schweißtreiberei beim Publikum mit solch akribischer Perfektion verfolgt.

9/10

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CLEAR AND PRESENT DANGER (Phillip Noyce/USA 1994)


"The world is gray, Jack!"

Clear And Present Dangerous (Das Kartell) ~ USA 1994
Directed By: Phillip Noyce

Als sich herausstellt, dass der auf seiner Yacht mitsamt seiner Familie erschossen aufgefundene Freund des US-Präsidenten Bennett (Donald Moffatt) nicht nur unheilige Verbindungen zu dem kolumbianischen Drogenkönig Escobedo (Miguel Sandoval) hatte, sondern auch von diesem hingerichtet wurde, gibt der höchste Mann im Staate rachsüchtigerweise den inoffiziellen Befehl zu einer militärischen, gegen die Drogenkartelle in Kolumbien geführten Operation namens 'Reciprocity'. Der kurzerhand zum stellvertretenden CIA-Chef ernannte Jack Ryan (Harrison Ford) bekommt davon zunächst nichts mit. Dafür wird der altgediente Profikiller John Clark (Willem Dafoe) angeheuert, der ein paar Marines mit ins Feld nimmt. Als Escobedos schurkische rechte Hand Cortez (Joaquim de Almeida), der sich seit Längerem mit einer Übernahme des Unternehmens seines Chefs trägt, mit Bennetts Berater Cutter (Harris Yulin) eine Art "Regulierungsplan" aushandelt, werden die im Feld befindlichen Söldner kurzerhand im Stich gelassen. Als Ryan davon Wind bekommt, hilft er Clark bei der Befreiung seiner Männer und bei einem Schlag gegen Cortez. Zurück in Amerika stellt er den Präsidenten zur Rede.

Flaggenpathos, America, the Beautiful, der Präsident, ein windiges Arschloch. Dass selbst höchstgestellte Staatsmänner niemals Dreck am Stecken haben, konnte man 1994 längst keinem mehr weismachen und so hatte der bis hierher unerschütterlich systemgläubige Jack Ryan diesmal gegen seinen härtesten Gegner, den US-Präsidenten in Person nämlich, anzutreten. Zwar ist sich Bennett gewisser staatsmännischer Kniffe bewusst, zeigt sich jedoch als nicht weitsichtig genug, die Konsequenzen für vorschnelle, emotionale Eintscheidungen abzusehen und sägt somit munter an dem moralisch ohnehin schwer vorbelasteten Amtsast, auf dem er hockt. Gegen den windigen Bennett sind sogar die Drogengangster aus Kolumbien im Prinzip Waisenknaben, denn die stehen wenigstens zu dem, was sie tun. So hat Ryan diesmal eine ganze Latte unliebsamer Personen mit legalen und illegalen Mitteln zu bekämpfen. Erstmals tritt hier der in Clancys Romanuniversum stets präsente Killer John Clark auf, einer, der schmutzige Jobs nicht deshalb erledigt, weil er sie gern tut, sondern weil er es gut kann. So wird er als heimlicher Held und sympathischer Charakter angelegt, der Ryan mehr als einmal den Hintern rettet. Von allen bisherigen Ryan-Filmen sieht "Clear And Present Danger" am Besten aus. Seine knackigen, bunten Bilder vom sonnendurchfluteten Kolumbien sind eine Augenweide und es gibt grandios inszenierte feuergefechte und Explosionen. Auch sonst gewinnt der Film gegenüber seinen Vorgängern deutlich an Profil. Ryans nach wie vor naives Weltbild wird abgelöst durch einen wesentlich komplexeren Blick auf die Dinge, Helden und Schurken lassen sich nunmehr nicht immer klar voneinander trennen.
Als Actionthriller für die Neunziger ist "Clear And Present Danger" großartig.

8/10

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PATRIOT GAMES (Phillip Noyce/USA 1992)


"I want back in!"

Patriot Games (Die Stunde der Patrioten) ~ USA 1992
Directed By: Phillip Noyce

Jack Ryan (Harrison Ford) hat sich mittlerweile aus der CIA verabschiedet und hält nun Vorträge und Seminare in der Militärausbildung ab. Bei einer Reise nach London wird er zufällig Zeuge, wie der IRA-Terrorist Sean Miller (Sean Bean) auf offener Straße ein Familienmitglied (James Fox) der Windsors kidnappen will. Ryan verhindert den Anschlag und tötet dabei Millers ihn begleitenden, jüngeren Bruder (Karl Hayden). Miller schwört Rache, setzt sich mit einigen Kameraden (u.a. Patrick Bertgin, Polly Walker) vom gemäßigten Teil der IRA ab und startet, nachdem er bei einem Gefangenentransport fliehen kann, einen Privatfeldzug gegen Ryan und seine Familie (Anne Archer, Thora Birch). Der einzige Weg, um den zunehmend irrsinnig handelnden Miller aufzuhalten, führt für Ryan geradewegs zurück zur CIA...

In einer deutlich erdiger angelegten, wenngleich wiederum eindimensional abgespulten Action-Politthriller-Melange überführt der Australier Phillip Noyce Jack Ryan in seine nächste Film-Inkarnation - rund zwanzig Jahre älter aber mit einem nur geflissentlich älteren Töchterchen als im "Vorgängerfilm" beginnt Ryan hier noch nichtmal mehr als etwas unbeholfener Agent, sondern als steifer Bücherwurm, der in Ohnmacht fällt, wenn er im Nahkampf angeschossen wird und dicke Krokodilstränen am Krankenbett seiner Kleinen vergiest. Mann, ist der Mann männmenschlich! Dennoch: Als Miller seinen Liebsten an den Kragen will, greift Ryan zu entschlossener Kompromisslosigkeit. Er hetzt eine ganze Abteilung von CIA-Mitarbeitern gegen Miller und seine terroristische, längst von allen Idealen abgewichene Splittergruppe und wird schließlich via Satellitenübertragung Zeuge, wie die SAS ein libysches Terroristencamp, in dem Ryan seine Gegner vermutet, ausradiert. Hier erreicht "Patriot Games" ein nicht nur bei Ryan Gänsehaut erzeugendes, dem Film ansonsten eigentlich gar nicht zukommendes, kritisches Reflexionsniveau über moderne Kriegsführung und Militärmanagement. "Patriot Games" ist anders als "Red October", aber zumindest auch geflissentlich aufregender: Er versteht es, den Zuschauer emotional deutlich zwingender zu involvieren, macht Ryans persönliche Sache zugleich zu der des Publikums und hält Selbiges damit gut bei der Stange. Der recht brutale Showdown sorgt dann endgültig für eine deutliche Emanzipation dieses Films gegenüber McTiernans: Jack Ryan schlägt zu!

7/10

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THE HUNT FOR RED OCTOBER (John McTiernan/USA 1990)


"Wars have begun that way, Mr. Ambassador!"

The Hunt For Red October (Jagd auf Roter Oktober) ~ USA 1990
Directed By: John McTiernan

Im Jahre 1984 wird der junge CIA-Analyst John 'Jack' Ryan (Alec Baldwin) Hals über Kopf zu einer Krisensitzung nach D.C. beordert, als eines seiner "Studienobjekte", der sowjetische Kapitän Ramius (Sean Connery) sich mit dem von ihm kommandierten U-Boot "Roter Oktober" von der Flotte absetzt und sich durch den Nordatlantik Richtung Amerika vorarbeitet. Während die ihn bereits mit großen Flottenteilen verfolgenden Russen verlauten lassen, der noch nicht lange verwitwete Ramius habe einen Nervenzusammenbruch erlitten, sei nun völlig außer Kontrolle und habe dem Kreml in einem Brief mitgeteilt, dass er die Ostküste der USA bombardieren wolle, hält Ryan all das für ein Ablenkugsmanöver. Er ist überzeugt, dass Ramius mitsamt seinem Führungsstab und der Roter Oktober überlaufen will. Ryan riskiert Kopf und Kragen, um seine Theorie zu beweisen und Ramius vor der Paranoia seiner Landsleute zu retten.

Im ansonsten nicht sonderlich informativen, retrospektiven Making-Of der DVD sagt Alec Baldwin einen interessanten Satz: "Wenn man um 90 in der Business Class reiste", so Baldwin, "konnte man beobachten, dass acht von zehn der mitfliegenden Anzugträger einen Clancy-Roman in der Hand hatten". Pointierter kann man die Leserschaft des Gottvaters des trivialen Techno-Thrillers wohl kaum subsumieren. Männlich, betucht, gepflegt, konservativ. Vermutlich weiß dazu und, im Zweifelsfall, Republikaner.
"The Hunt For Red October" erschien 1984 und führte den CIA-Sesselpuper Jack Ryan als Heldenfigur ein, die mittlerweile durch rund dreizehn Romane Clancys spukt, es in deren Parallelrealität bereits zum amerikanischen Präsidenten gebracht hat und dessen Sohnemann ihn protagonistisch mittlerweile als deutlich kreglerer Jungspund abgelöst hat. Im Gegensatz zur reibungslosen Chronolgie der Bücher hatte es Ryan bezüglich der hollywoodschen Kontinuität der Drehbuch-Dinge nicht eben leicht und wurde binnen vier Kinoabenteuern einmal deutlich älter gemacht und später dann wiederum ordentlich verjüngt. In McTiernans Film, einer starbesetzten Kalter-Kriegs-Fabel, die mit ihrer globalpolitischen Schilderung trotz entsprechender Hinweise auf eine sich zurückdatierenden Erzählzeit etwas spät dran war, spielt Alec Baldwin als Jack Ryan eher die zweite Geige. Der von einem weißgraumelierten Sean Connery gespielte, litauische Seewolf Marko Ramius steht als genialischer Gefechtsstratege und Experte in Sachen maritime Schlachten deutlich im Vordergrund und hat denn auch diverse Gelegenheit, seine wohlüberlegten, Schachzügen ähnelnden tricks und Finten auszuspielen. Amerikaner und Russen werden genarrt, es geht schließlich um den Ritt geradewegs durch die Barrieren des Eisernen Vorhangs. Zwar kommt es dabei zu einigen Kollateralschäden, die entsprechenden Opfer sind aber garantiert allesamt selbst dran schuld. Im Gegensatz zu der physischen Action seiner beiden vorzüglichen Genreklassiker "Predator" und "Die Hard" war McTiernan hier auf die mittelbare Darstellung von Zweikampf und Duell angewiesen, was der Zugkraft seines Films nicht immer bekommt. Irgendwie scheinen sich die Emotionen hinter dicken Stahlwänden und Millionen Tonnen Wasser leichter abkühlen zu können, der klaustrophobischen, submarinen Enge der paradoxerweise trotzend. Möglicherweise liegt es auch schlicht an der zwangsläufigen Statik der Figuren, die eben nicht viel mehr tun können als schwitzen und Befehle bellen. Insgesamt ein recht spannend vorgetragener Film, wenngleich auch ein recht biederer.

7/10

John McTiernan Jack Ryan Tom Clancy U-Boot Kalter Krieg period piece CIA Atombombe


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ANGEL TOWN (Eric Karson/USA 1990)


"They may have taken your legs, but they couldn't take your heart!"

Angel Town ~ USA 1990
Directed By: Eric Karson

Der aus schwierigen Verhältnissen stammende, mehrfache Kickbox-Weltmeister Jacques (Olivier Gruner) kommt nach L.A., um dort Maschinenbau zu studieren. Da das Semester bereits begonnen hat, bekommt er nurmehr ein Zimmer in East L.A., im Haus einer Chicano-Familie, die allenthalben von der örtlichen Gang drangsaliert wird. Da Jacques ordentlich austeilen kann, wird er bald zum Beschützer der Familie, wobei sein alter Freund Henry (Peter Kwong) ihm zur Hilfe kommt. Der Gangboss Chuwey (James Carrera) versteht jedoch keinen Spaß und greift zu immer blutigeren Methoden, um seine Vormachtsstellung im Viertel zu untermauern.

"Angel Town" bildete den Versuch, mit Olivier Gruner einen zweiten Van Damme im amerikanischen Actionfilm-Biz unterzubringen. Der aus Paris stammende Gruner, dem Vernehmen nach auch im wahren Leben ein mit allen Wassern gewaschener Tausendsassa, der scheinbar alles einmal ausprobieren muss, hatte im Prinzip nur sich selbst zu spielen und konnte somit gleich die Hauptrolle ausfüllen. Als sichtlich limitiertem Darsteller ist ihm die Erleichterung förmlich anzumerken, wenn in einer Einstellung kein differenziertes Mienen- sondern Muskelspiel gefragt ist und es einmal mehr ordentlich Keile gibt. Die Story ist, man merkt es schon, denkbar simpel zusammengezimmert. "Angel Town" bildet eine weitere "Shane"-Abwandlung des semimystisch verklärten Fremden, der kommt, sieht, siegt und danach zu neuen Heldentaten aufbrechen kann. Ungewöhnlich ist bestenfalls der Handlungsort East L.A., der nach Hoppers "Colors" mit einer gewissen Brisanz genossen wurde und hier als vollkommen undifferenziert dargestellter Schauplatz für eine tradierte Heldengeschichte herzuhalten hat. Karson kann sich derweil, wie eigentlich immer in seinen Filmen, nicht zum eindeutigen Bekenntnis zur kompromisslosen visuellen Gewalt durchringen. Jacques bricht zwar Beine, aber keine Genicke. Umso befremdlicher der Showdown, in dem der permanent von der Gang bedrohte Martin (Frank Aragon) quasi seine Unabhängigkeit zugestanden bekommt, indem er den Leader Chuwey totschlägt. "Das Gesetz der Gosse; nur gut, dass unsereiner damit nichts weiter zu tun hat als einen Film hier und da," scheint es als unsichtbare Schrifttafel die end credits einzuleiten. Um ehrlich zu sein, ist es wenig verwunderlich, dass man von Gruner nurmehr wenig hört.

4/10

Eric Karson Martial Arts Los Angeles East L.A. Slum Shane-Variation Independent Ethnics Belagerung


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BATMAN: MASK OF THE PHANTASM (Eric Radomski, Bruce W. Timm/USA 1993)


"Sal Valestra, your Angel of Death awaits."

Batman: Mask Of The Phantasm (Batman und das Phantom) ~ USA 1993
Directed By: Eric Radomski/Bruce W. Timm

Als Batman sieht sich Bruce Wayne mit einem neuen, tödlichen Gegner konfrontiert, dem "Phantom". Dieses schickt mehrere alternde Mobster ins Jenseits, bevor Batman sein wahres Geheimnis lüften kann. Parallel dazu taucht nach vielen Jahren Bruces alte Liebe Andrea Beaumont wieder in Gotham auf und verdreht ihm erneut den Kopf.

Parallel zur damals bei Fans wie bei Neueinsteigern wie eine Bombe einschlagenden Animated-TV-Serie gab es dieses ersten abendfüllenden Trickfilm fürs Kino. Meisterlich in Umsetzung und Stil, mit multiplen künstlerischen Einflüssen von Will Eisner bis Jugendstil und Art Déco und voll von gepflegt-unaufdringlichen Reverenzen an die Comichistorie Batmans, bildete "Mask Of The Phantasm" wiederum nicht nur für eingefleischte Liebhaber etwas ganz Besonderes. Er emanzipierte zugleich die Protagonisten des Animated-Universums als Neuinstallationen in ihrer eigenen Welt, das waghalsige Kunststück vollführend, zugleich den Charakter der Vorlagenfigur zu transportieren als ihn auch in einen gänzlich neuen stilistischen Kontext zu setzen. In Comictermini würde man dies als eine "Elsewords"- bzw. "What if...?"-Geschichte bezeichnen, eine Story also, die bekannte Figuren in ein ungewöhnliches Szenario verpflanzt, das aufgrund seiner narrativen Radikalität zumeist nur für ein singuläres Abenteuer taugte. Dass Bruce Wayne einst eine Geliebte gehabt haben soll, die ihn zunächst von seinem determinierten Vigilantenpfad abhielt, um ihn dann gezwungenermaßen sitzen zu lassen, ist eine schöne und durchaus Sinn stiftende, aber eben "erfundene" Fußnote in der Charakter-Biographie. Ähnliches gilt für den Joker, dessen erst kurz zuvor von Alan Moore in "The Killing Joke" festgesetzte origin die Autoren schlicht ignorieren. Alles kleine Faux-pas, mit denen man leben kann - weil der Film sie aufgrund seiner Geschlossenheit rasch vergessen macht.

8/10

Batman Comic Serienmord Rache Duell Amour fou Mafia


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NEW KIDS NITRO (Steffen Haars, Flip Van der Kuil/NL 2011)


Zitat entfällt.

New Kids Nitro ~ NL 2011
Directed By: Steffen Haars/Flip Van der Kuil

Der Maaskantjer Superasi Richard (Huub Smit) und seine Kumpels geraten stets aufs Neue in Streitigkeiten mit dem aus der Nachbarstadt Schijndel stammenden Dave (Guido Pollemans) und dessen Truppe. Während die Streitigkeiten sich immer mehr hochschaukeln, schlägt in Friesland ein Meteor ein, der sämtliche Leute dort in Zombies verwandelt. Leider bekommt Richard, der keine Nachrichten sieht, davon nichts mit, denn als Dave anfängt, seine Mutter (Juul Vrijdag) zu bedrohen, schickt er sie just zum Urlaub nach Ameland. Bald erfolgt der zu erwartende Hilferuf via Handy und die New Kids eiern, sogar mit Daves Hilfe, nach Friesland, um dort den Kampf gegen die Untoten aufzunehmen.

Mit großer Fabulierfreude und dem Mut zur narrativen Transzendierung (den erzählerischen Rahmen bieten zwei sich den Film im Kino anschauende "New Kids"-Fans, die nicht minder unterbelichtet sind als ihre Kultobjekte) schreiten die selbst als zwei Fünftel der New Kids auftretenden Steffen Haars und Flip Van der Kuil dazu, unser Heldenquintett diesmal nicht nur gegen die nicht minder verblödeten Prolls aus Schijndel antreten zu lassen (zur weiteren Darstellung eherner niederländischer Territorialansprüche taucht allenthalben noch eine dritte Clique aus Woensel auf, die die Jungs aus Maaskantje und Schijndel in ihrem Duellierungswahn jedoch nicht ernst nehmen), sondern auch gegen eine Zombie-Übermacht an der Nordseeküste. Wie für jedes Problem findet sich natürlich auch hier flugs eine Patentlösung. Ein Rennen zwischen dem Autoprofi Rikkert (Wesley van Gaalen) auf Manta GT und einem Zombieopa (Jasper de Groot) auf Ford Capri regelt die Sache gütlich: Die Zombies werden in einen Viehtransport verladen und auf die Reise geschickt. Wohin, das interessiert keinen, und ist auch egal. Eine Menge lustiger, guter, schmutziger Spaß also mal wieder mit den New Kids, die diesmal mit besonderer Vorliebe die lieben Kleinen attackieren oder sich im Wechsel mit den köstlich frittierten Imbissspezialitäten von Gerris Vater an der schlampigen Deborah (Juliette van Ardenne) laben, die sich trotz Hochschwangerschaft unentwegt Bier reinhaut. Vorzüglich.

8/10

New Kids Steffen Haars Flip Van der Kuil Sequel Niederlande Zombies Meteor Satire Groteske


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NEW KIDS TURBO (Steffen Haars, Flip Van der Kuil/NL 2010)


"Godverdomme."

New Kids Turbo ~ NL 2010
Directed By: Steffen Haars/Flip Van der Kuil

Der blonde Vokuhilaträger und Mantafahrer Richard (Huub Smit), stolzer Einwohner des beschaulichen Städtchens Maaskantje, staunt nicht schlecht, als er und seine Kumpels im Zuge der Wirtschaftskrise aus ihren Jobs gefeuert werden und künftig von der Stütze leben sollen. Aber warum nicht - Geld kriegen ohne dafür was tun zu müssen ist doch geil. Nur dumm, dass die Penunze nach ein paar Bier- und Chipseinkäufen schon aufgebraucht ist. Eine harsche Attacke auf den zuständigen Beamten bringt die Jungs auch nicht weiter, im Gegenteil: Jetzt gibt's gar nichts mehr vom Staat, stattdessen kassiert man Handy, Auto, Strom - und somit jedwede Existenzgrundlage. Unterstützt von einem TV-Dokumentationsteam und der öffentlichen Meinung hilft da nurmehr anarchische Gegenwehr: Man klaut, was man braucht. Das lässt sich das holländische Verteidigungsministerium jedoch nicht gefallen; das entfesselte Maaskantje wird zum geplanten Ziel eines Raketenangriffs, dem jedoch das Nachbarstädtchen Schijndel zum Opfer fällt. Kurzerhand besorgen die New Kids sich ein ganzes Arsenal Wehrmachtswaffen aus dem Zweite Weltkrieg und treten den Kampf gegen die Regierungstruppen an.

Von meinem lieben Freund Oliver Nöding, seit Jüngstem erklärter Fan des vorliegenden Epos, fand ich mich gestern mit der notwendigen Behutsamkeit in den höchst bizarren Mikrokosmos der "New Kids" eingeführt, die bis dato weitestgehend an mir vorüberoszilliert waren, vornehmlich wohl, weil mir das reichlich obsolete Erscheinungsbild des Quintetts stets suspekt erschien. "Für Manta-Witze", so in etwa mein durch rein optische Eindrücke evozierter Gedankengang, "ist die Zeit doch wohl längst abgelaufen". Weit gefehlt: Diese fünf Herren (wobei, die New Kids als "Herren" zu titulieren käme einer unverschämten Beleidung eines jeden echten Herrn gleich), waschechte Repräsentanten des westeuropäischen Bildungs-Sub-Sub-Prekariats, markieren tatsächlich so etwas wie einen bärbeißigen Kommentar zur Ellbogenökonomie unserer Zeit. Mithilfe ihrer weitestgehend ausgehöhlten Verstandesblitze reagieren die New Kids auf die urplötzlich anberaumte monetäre Bevormundung des Staates und nehmen sich einfach so, was sie brauchen - ohne zu fragen und mit Fressepolieren. Die sozialkritisch-satirische Dimension dieses pseudopolitischen Existenzstatements ist sicherlich prinzipiell unangreifbar - im Gegensatz möglicherweise zu den garantiert grellen, geschmacklosen und zu geiferndem Gröhlen geeigneten Parawitzen, die das Ganze flankieren und die böse Zungen als "eigentlich doch vollkommen unnötig" verdammen mögen. Niemand in unserer schönen neuen Kapitalismuswelt, am Allerwenigsten die ohnehin Schutzlosen wie kleine Kinder, Schwangere, Behinderte und ethnische Randgruppen, ist sicher vor dem scharf verschossenen Denunzierungsfeuer von Haars und Van der Kuil. Stattdessen eröffnen sie dem allseits beliebten Reservoir politischer Unkorrektheit sogar ganz neue Welten und versäumen es dabei nicht, bei aller rezeptorischen Übersteuerung zum Nachdenken anzuregen.

8/10

New Kids Niederlande Flip Van der Kuil Groteske Satire Steffen Haars


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CAST A GIANT SHADOW (Melville Shavelson/USA 1966)


"I'm so damn tired of being proud of you."

Cast A Giant Shadow (Der Schatten des Giganten) ~ USA 1966
Directed By: Melville Shavelson

1946 kommt der während des Zweiten Weltkrieges an der Invasion der Alliierten beteiligte US-Offizier David Marcus (Kirk Douglas) als Militärberater nach Palästina. Für den jüdischstämmigen Kriegshelden zählt seine ethnische Identität nicht viel - außerdem empfindet er die planlose militärische Situation der Israelis vor Ort als katastrophal. Dennoch schafft er es aller Widerstände zum Trotze, die politischen Splittergruppen zu einen und eine gewisse Kampfausbildung zum Standard zu machen. Schließlich wird er der erste General des neuen Staates Israel und leistet wichtige Schützenhilfe bei der Befreiung Jerusalems.

Anders als der thematisch anverwandte, jedoch deutlich ambitionierter wirkende "Exodus" sieht sich "Cast A Giant Shadow" als reines Action- und Starvehikel, dessen politische Botschaft irgendwo im Explosionsrauch verweht. Von ernstzunehmender politischer Vehemenz kann aber ohnehin kaum die Rede sein. In einigen Rückblenden wird David Marcus bereits als kerniger amerikanischer Held mit klarer Vision gezeichnet sowie als ein Mann, der seine private Erfüllung vornehmlich in der Kriegsführung findet. Seine Frau (Angie Dickinson) wähnt sich daheim vernachlässigt, derweil Marcus amourösen Fremdabenteuern im Wechsel mit dem kombattanten Clinch auf der anderen Seite des Globus nicht abgeneigt ist.
Für den wie immer siegesgewiss grinsenden Kirk Douglas war der Film sowohl Herzensangelegenheit als auch überschwängliche Star-Auto-PR. In Gastrollen treten Frank Sinatra, Yul Brynner und John Wayne auf, der sich als mit seiner Performance als dickschädliger General Randolph inoffiziell für Douglas' vorjährige Appearance im Wayne-Vehikel "In Harm's Way" revanchierte. Später traten beide Akteure dann nochmal in gleichberechtigten Parts in Burt Kennedys "The War Wagon" auf. Senta Berger als Marcus' israelische Geliebte lässt angesichts der sie umgebenden Starpower sehr selbstbewusst durchscheinen, welch atemberaubende Schönheit sie ist. Ansonsten ist "Cast A Giant Shadow" allerdings nicht vieler weiterer Worte wert. Man kann ihn wohl gleichermaßen als abenteuerlichen Kriegsfilm vor historisch nicht ganz alltäglichem Hintergrund schätzen oder ihn als imperialistische Männerfantasie verdammen. Beides geht, nichts muss. Ich mag ja solche bunten Breitwand-Trivialismen, "aber des wissen's eh" (in memoriam Kasi).

7/10

Naher Osten Israel Nahost-Konflikt period piece Historie Biopic WWII Ethnics Kolonialismus





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Funxton

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