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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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BUCK ROGERS IN THE 25TH CENTURY (Daniel Haller/USA 1979)


"Di-Biddi-Biddi-Biddi."

Buck Rogers In The 25th Century (Buck Rogers) ~ USA 1979
Directed By: Daniel Haller

Nach einem unfreiwilligen, fünfhundert Jahre andauernden Kälteschlaf erwacht der im Jahre 1987 gestartete Astronaut Buck Rogers (Gil Gerard) im 25. Jahrhundert, nachdem einige intrigante Draconianer sein Schiff im All aufgefangen haben. Zurück auf der Erde verdächtigt man ihn der Gegenspionage. Buck steht also zwischen den Fronten und hat in dem Computerhirn Dr. "Theo" Theopolis und der Robot-Drohne Twiki seine einzigen Freunde. Da Buck seinerseits längst herausgefunden hat, dass die Draconianer das geplante Handelsabkommen mit den Terranern nur als Vorwand für eine Invasion benutzen, entschließt er sich zum Guerilla-Gegenangriff...

Buck Rogers ist neben Flash Gordon der zweite große SciFi-Pulpheld der dreißiger Jahre, der immerhin sogar mit swechs Jahren Vorsprung das Licht der Schmierblättchenwelt erblickte. Wie Flash Gordon und Tarzan wurde auch Buck Rogers von dem damaligen Muskel-Heros und Schwimmstar Larry "Buster" Crabbe in einem Movie-Serial gegeben.
Der vorliegende Pilotfilm der gleichnamigen kleinen Fernsehserie aus dem Stalle Glen A. Larsons ist einer meiner Kindheitsschätze, den ich zu Grundschulzeiten mindestens einmal die Woche gesehen habe. Die unübersehbaren Parallelen zu "Battlestar Galactica" fand ich sogar damals schon aufgenfällig, doch das nur nebenbei. Über meinen lieben Forenfreund Außenseiter bin ich nun jedenfalls in den Genuss gekommen, den Film nach geschätzten zwanzig Jahren endlich wieder mit seiner Originalsynchronisation sehen zu können, die ihm seinerzeit für den hiesigen Kinoeinsatz in Berlin angepasst wurde. Die spätere Münchner TV-Synchro fällt im Direktvergleich fast zum Davonlaufen fade aus.
So ein Wiedersehen nach großzügiger Pause verläuft ja nun manchmal auch eher unerfreulich, da sich zwar nicht der Film, aber die Rezeptionsgewohnheiten und Wahrnehmungsschwellen des Rezipienten u.U. stark verändert haben. Jetzt fiel mir beispielsweise erstmals auf, wie bieder TV-like Hallers Film, den ich als Kind stets als einen supertollen "Star-Wars"-Nachzügler erachtet habe, doch eigentlich ist, was zunächst etwas befremdlich anmutete. Rasch jedoch fanden sich die alten Rezeptoren nostalgie-feinjustiert und der sich einstellende Spaß war wieder ganz der alte, wenn auch unter leicht anderen Vorzeichen Gil Gerards völlig bekokste Performance, der herrlich steife Twiki, der schwule Computer Theo, die auf ihre Weise jeweils hocherotischen Erin Gray und Pamela Hensley, der große, dünne Henry Silva, postnukleare Mutanten, eine dufte Ballszene mit heißem Zukunfts-Discofox; vor allem aber der unvergessliche, wunderschöne Song "Suspension" mitsamt schick abgekupferten Bond-Titeln.
"Buck Rogers" mag vielleicht kein leuchtender Genrestern sein, hat aber noch immer hübsch viel zu bieten und zu teilen.

7/10

Pulp Buck Rogers Daniel Haller Zukunft Apokalypse Aliens Glen A. Larson TV-Film Serien-Pilot Invasion


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ENDGAME - BRONX LOTTA FINALE (Joe D'Amato/I 1983)


Zitat entfällt.

Endgame - Bronx Lotta Finale (Endgame - Das letzte Spiel mit dem Tod) ~ I 1983
Directed By: Joe D'Amato

Die postapokalyptische Welt im Jahre 2055: Ron Shannon (Al Cliver), ungekrönter König des TV-Spektakels "Manhunt", wird von einer Gruppe unterirdisch lebender, mit telepathischen Kräften ausgestatteter Mutanten angeheuert, sie an der "herrschenden Clique" vorbei und aus der Stadt zu schleusen und zu einem geheimen Treffpunkt zu bringen, wo ihre Genossen sie abholen werden. Zusammen mit einigen anderen, kurzerhand rekrutierten Recken, geht Shannon seine gefahrvolle Mission an...

Da jeder etwas auf sich haltende italienische Genreregisseur in der ersten Hälfte der Achtziger mindestens einen Endzeitfilm vorzuweisen hatte, blieb sich auch der alte Lustmolch Aristide Massacesi aka Joe D'Amato nichts schuldig: Nach dem bereits ein Jahr zuvor entstandenen "Anno 2020 - I Gladiatori Del Futuro", der ganz nebenbei unverschämterweise bei uns immer noch nicht ungeschnitten erhältlich ist, begab sich D'Amato mit "Endgame" noch ein weiteres Mal in die Wirren des atomaren Armageddon. Es ist immer wieder so liebenswert wie unglaublich, mit welch ungeheurer Kaltschnäuzigkeit sich all die Zampanos des B-Kinos seinerzeit ihre infantilen Geschichten zu Eigen machten und hernach zu selbstsicherem, angeblichem Erwachsenenkino aufblähten. "Endgame" liegt nicht nur eine absolut kindliche Weltkogik zugrunde, er tut auch noch so, als müsste seine gesamte Zuschauerschaft diese mit ihm teilen. Es gibt gute Mutanten und böse Mutanten, bei den guten Mutanten beschränkt sich die Veränderung ihres Erbgutes auf irgendswelche PSI-Kräfte, die bösen sind allesamt hässlich und verrucht. Natürlich muss Shannon nur die guten Mutanten, darunter - klar, wir sind bei D'Amato - auch Laura Gemser, in Sicherheit bringen, denn diese planen mittels absoluter Gedankenkontrolle die Welt irgendwann wieder zum Zwangsfrieden zu verdonnern. Der Film nimmt das alles völlig gelassen hin, präsentiert ein Dialogfeuerwerk von unbekümmerter Debilität und ist sich garantiert für keinen noch so dämlichen Hakenschlag zu schade. Gut so.

5/10

Joe DAmato Apokalypse Exploitation Trash Söldner Mutanten Menschenjagd


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SPLIT SECOND (Tony Maylam/UK 1992)


"We need to get bigger guns. Big fucking guns."

Split Second ~ UK 1992
Directed By: Tony Maylam

Im Jahre 2008 liegt London unter einer undurchdringlichen Smog-Glocke begraben, ist von gewaltigen Slums durchzogen und wird von einer Rattenplage heimgesucht. Der ausgebrannte, als psychotisch geltende Cop Harley Stone (Rutger Hauer) jagt inmitten dieses präapokalyptischen Szenarios einen monströsen Serienkiller, der es vornehmlich auf die Herzen seiner Opfer abgesehen hat und auf seltsame Art mit Stone in Verbindung zu stehen scheint.

Da "Split Second" sich unzweifelhaft als parodistischer Meta-Genrefilm in der Tradition der "2000 AD"-Comics begreift und seinen selbstreflexiven Habitus teils bis an die Slapstick-Grenzen durchexerziert, kann man ihm trotz diverser formaler Unzulänglichkeiten auch kaum böse sein. Rutger Hauer glänzt durch klug austariertes overacting und befindet sich offensichtlich genau im Bilde über das Comedy-Potenzial des Scripts, ebenso wie sein Film-Buddy Dick Durkin/Neil Duncan, der nach und nach sämtliche Spleens seines heimlichen Mentors übernimmt und selbst eine kleine Entdeckung ist. Das Killermonster schließlich lässt sich als mittelmäßiges Giger-Plagiat bezeichnen, ist für den etwas eigenwillig beleuchteten "Split Second" jedoch als letzten Endes ungewöhnlicher MacGuffin ohnehin bloß von untergeordneter Funktion. Die beispielhaft schlechte, deutsche Synchron-Fassung raubt dem Film beinahe seine komplette Anordnung und sollte unbedingt vermieden werden.

6/10

Tony Maylam Zukunft Ratten Monster Buddy Movie Ian Sharp Serienmord London


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DIE SIEBEN MÄNNER DER SUMURU (Jess Franco/BRD, E, USA 1969)


"I hate men."

Die sieben Männer der Sumuru ~ BRD/E/USA 1969
Directed By: Jess Franco

Die teuflische Sumuru (Shirley Eaton) hat die Spengung ihrer Insel überlebt und sich gleich unter dem Zuckerhut eine persönliche Stadt namens 'Femina' errichtet, die ausschließlich von ihr und ihrer durchweg weiblichen Privatarmee bevölkert wird. Die Entführung einer Bankierstochter (Marta Reves) hätte sie jedoch besser bleiben lassen, denn deren Papa (Walter Rilla) hetzt Sumuru den Superschnüffler Jeff Sutton (Richard Wyler) auf den Hals, der noch Jede rumgekriegt hat...

Wie alle verdienten, großen kleinen Gestalten des Kinos bekam auch Sax Rohmers Sado-Maso-Hexe Sumuru ein zeitnahes Sequel spendiert - diesmal von dem stilistisch deutlich ausgewogener arbeitenden Jess Franco inszeniert, der einen besseren und vor allem schöner anzuschauenden Film hingelegt hat als sein Kollege und Vorgänger Lindsay Shonteff. Bei Franco gibt es, naturalmente, nebenbei auch viel t&a's, ein nettes Gespür für Architekturen (Oscar Niemeyer) und urbane Momentaufnahmen sowie stets wechselnde Haarfarben für Sumuru. Dass es am Ende noch die vermutlich mieseste Filmexplosion aller Zeiten zu bejaulen gibt, sei dem "Dschäs" (Erwin C. Dietrich) verziehen, immerhin gewährte er uns vorher noch den einen oder anderen pittoresken Einblick in den Karneval von Rio und eine Momentaufnahme von sich selbst als Gitarrenspieler, der Richard Wyler und Maria Rohm dabei bezeugt, wie sie von einem messerbewährten Clown-Quintett angegriffen werden. Ja, "Die sieben Männer der Sumuru" (international auch bekannt als "The Girl From Rio", "Future Women", "Mothers Of America", und, mein persönlicher Lieblingstitel, "Rio 70") hat schon was; vor allem ordentlich Tinte aufm Füller! Die just erschienene, deutsche DVD lohnt übrigens auch für Besitzer der ohnehin verpflichtenden Blue-Underground-Scheibe, denn sie präsentiert eine gänzlich andere Schnittfassung und die unverzichtbare deutsche Vertonung ("Ich bin doch nicht aus dem Lande Doof!" etc.)

6/10

Jess Franco Harry Alan Towers Sax Rohmer Rio de Janeiro Brasilien Sequel Camp


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THE MILLION EYES OF SU-MURU (Lindsay Shonteff/UK 1967)


"I hate men."

The Million Eyes Of Su-Muru (Sumuru - Die Tochter des Stans) ~ UK 1967
Directed By: Lindsay Shonteff

Die verrückte Supergangsterin und Erz-Emanze Sumuru (Shirley Eaton) will mithilfe ihrer Mädchen-Armee die Welt unterjochen und das Patriarchat durch eine Amazonengesellschaft ersetzen. Dazu plant sie, die Mächtigen des Globus nach und nach zu stürzen. Aktuell steht Boong (Klaus Kinski), der weibstolle Präsident des ostasiatischen Staats Sinonesien auf ihrem Speiseplan. Und ausgerechnet der britische Agent Nick West (George Nader) soll Sumuru helfen, an Boong heranzukommen. Doch da hat sich die Gute mächtig in den Finger geschnitten, denn sie vergisst um Wests geradezu magnetische Verführungsqualitäten...

Albernes Bond-Plagiat, das mit Shirley Eaton immerhin das ikonische, vergoldete Mädchen aus "Goldfinger" eine direkte Verwandtschaft zum großen Vorbild aufweist. Ansonsten kann man dem vorliegenden Film allerdings kaum vorwerfen, sich um jedwede Form gepflegter Eleganz verdient zu machen. Vielmehr war man sich hier - zumindest augenscheinlich - längst um die autoparodistischen Elemente der vielen Agentenheuler dieser Tage bewusst und gab sich diesen dann auch entsprechend gelassen hin. So ist "The Million Eyes Of Su-Muru" auch eher als eines der vielen medialen Camp/Pop-Artefakte seiner Zeit genießbar denn als der formaltechnisch letztlich dilettantische Versuch eines Genrefilms, den er nüchtern betrachtet darstellt. Schmalzsänger Frankie Avalon ("Why"), besetzt als Nick Wests Buddy und Millionenerbe Tommy Carter, diente wohl vornehmlich der Erschließung zusätzlicher weiblicher Publikumsschichten, wobei ich bezweifeln möchte, dass dieser Plan aufgegangen sein mag. Wie so oft in seinen legionären Stuss-Auftritten bildet hier Kinski immer noch den größten Hingucker. Der Rest ist Lärm.

5/10

Lindsay Shonteff Sax Rohmer Harry Alan Towers Bond-Spoof Rom Hong Kong Camp


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CIRCLE OF IRON (Richard Moore/USA 1978)


"It's hard to kill a horse with a flute."

Circle Of Iron (Das Geheimnis des blinden Meisters) ~ USA 1978
Directed By: Richard Moore

Der Kämpfer Cord (Jeff Cooper) begibt sich auf eigene Faust auf die Suche nach dem nahezu unschlagbaren Zetan (Christopher Lee), Hüter eines magischen Buches. Auf seiner Reise hat Cord diverse metaphysische Prüfungen zu meistern und lässt sich von den kryptischen Weisheiten eines blinden Nomaden (David Carradine) leiten.

Nun hat ja nicht der große Zen-Philiosoph Wischiwaschi sondern angeblich niemand Geringeres als Bruce Lee diesen leicht gewöhnungsbedürftigen Haufen Götterspeise ersonnen. Er hatte zu Lebzeiten wohl noch die Rolle(n) Carradines übernehmen wollen und seinen Kumpel James Coburn als Cord im Auge gehabt. Vielleicht wäre der Streifen dann noch witziger geworden, wer weiß.
Als Kids sind wir jedenfalls voll auf "Circle Of Iron", der des Öfteren unter dem ZDF-Label 'Der Phantastische Film' gesendet wurde, abgefahren; warum, das erschließt sich mir heute nur noch in sehr nebulösen Bahnen. Vielleicht haben wir hinter all dem ominösen Geschwätz David Carradines, hinter Jeff Coopers unsäglichem Haarverbrechen oder Eli Wallachs Auftritt als Gelehrter, der per Ölfassaufenthalt seinen Schniedel unbrauchbar machen will, eine infantile Ahnung von Avantgarde ausgemacht. Vielleicht standen wir auch einfach nur auf allen möglichen Scheiß, der im Nachtprogramm o.g. Reihe lief - keine Ahnung. Auf jeden Fall habe ich gestern Zachi Noy in einer Mini-Einstellung entdeckt, die noch nichtmal in der imdb gelistet ist. Ich bin gut. Dieser Film nicht ganz so.

4/10

Richard Moore Suche Zen Martial Arts


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BALADA TRISTA DE TROMPETA (Álex de la Iglesia/E, F 2010)


Zitat entfällt.

Balada Trista de Trompeta (Mad Circus - Eine Geschichte von Liebe und Tod) ~ E/F 2010
Directed By: Álex de la Iglesia

1937 wird ein Zirkusclown (Santiago Segura) unfreiwillig von einer Miliz in die Bürgerkriegswirren hineinbefördert und prompt verhaftet. Sein kleiner Sohn Javier (Jorge Clemente) versucht ihn zu befreien, verursacht bei einer entsprechenden Aktion jedoch den Tod des geliebten Vaters. Als Erwachsener tritt Javier (Carlos Areces) in den frühen Siebzigern einem Zirkus bei - als "trauriger Clown". Prompt verliebt er sich in die schöne Seilartistin Natalia (Carolina Bang), doch diese ist bereits mit dem trunksüchtigen, gewalttätigen Chefclown Sergio (Antonio de la Torre) liiert. Nachdem Sergio Javier und Natalia bei einem harmlosen Tête-à-tête erwischt, bringt er den friedlichen Javier fast um. Dieser dreht daraufhin durch und verstümmelt Sergio zur Unkenntlichkeit, was zugleich das Ende des Zirkus zur Folge hat. Doch die bizarre Dreiecksgeschichte ist damit noch lange nicht zu Ende...

Eine überaus ansehnliche Allegorie über die franquistischen Jahre Spaniens hat de la Iglesia da gefertigt, zugleich eine Hommage an Jodorowskys "Santa Sangre" und natürlich eine der schönsten, wenn nicht gar die schönste Liebesgeschichte im Kino seit der Jahrtausendwende. Natürlich gönnt "Balada Trista" seinem am Ende, nach ungeheuren emotionalen und aktionistischen Turbulenzen zusammengefügten Paar keinen glücklichen Abgang, aber man weiß ja, dass die wahrhaft bezaubernden Romanzen in der Literatur ohnehin stets kurz und heftig sind, bevor sie die Patina der Gewohnheit und Gewöhnlichkeit grau färben kann. Am Schluss bleiben nur Tod und Tränen und die ins Leere laufende Rivalität zweier verlorener Liebesbesessener. Zuvor gibt es freilich noch die Odyssee Javiers durch die franquistischen Wirren zu beobachten, während derer er unter anderem wie ein Wildschwein im Wald hausen und schließlich als (immerhin bissiger) Jagdhund für den Generalissimo en persona herhalten muss. Später dann noch Selbstverstümmelung und Amok; eigentlich gibt es faktisch nichts, was "Balada Trista" nicht aufböte, zumindest nicht nach Sam Fullers altem Kinocredo über die Schlachtfeld-Emotionalität auf der Leinwand.

9/10

Zirkus Álex de la Iglesia Spanien Spanischer Bürgerkrieg Franquismus period piece Parabel Groteske Clowns Madness


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DRIVE (Nicolas Winding Refn/USA 2011)


"There's no good sharks?"

Drive ~ USA 2011
Directed By: Nicolas Winding Refn

Ein Stuntman und nebenberuflicher Fluchtwagenfahrer (Ryan Gosling) übernimmt Verantwortung für eine benachbarte Familie, deren Vater Standard (Oscar Isaac) soeben aus dem Gefängnis entlassen wurde und gleich wieder in den kriminellen Sumpf gerät. Als der Driver erfährt, dass der bei einem Überfall erschossene Standard nur als Strohmann in einem aus dem Ruder geratenen Mafiakrieg fungiert, hält ihn nichts mehr zurück.

"Drive" schreibt sie fort, die wortkargen, urbanen Gangster-Mythen von Jean-Pierre Melville, Walter Hill und Michael Mann, unter passgenauer Nutzung und Ergänzung der mittlerweile bewährten, flächig-transzendenten und traum-haften Bildwelten Nicolas Winding Refns, die sich auch auf US-Terrain gleichsam faszinierend ausnehmen. Wieder einmal wird der Moloch Stadt, besonders das nächtliche Lichtteppich-L.A., zum inoffiziellen Protagonisten eines Gangsterfilms, denn "Drive" kann nur vor großstädtischer Kulisse zu seiner ganz speziellen, hochtourigen Form auflaufen, anderswo wäre er nicht nur uninteressant, sondern wohl geradezu redundant. Der schweig- und einsame Held, eine Art Jeff Costello des neuen Jahrtausends, markiert eine unergründliche Mischung aus pflichtbewusstem Profi und grenzautistischem Proleten, sein Bewusstsein wie alle Refn-Hauptcharaktere in fremden Sphären parkend und bei Bedarf zu einer unaufhaltsamen Killermaschine explodierend. Gosling spielt diese geradezu orakelhafte Figur mit bewundernswerter Gleichmut, irgendwo im Niemandsland zwischen Tranxilium und Ephedrin. Und wie nach jedem von Refns meisterlichen Filmen möchte man am Ende gar nicht raus, sondern am liebsten noch viel länger verweilen in seinem bizarren Universum aus entanonymisierter Zärtlichkeit, Gewalt und Kryptik.

9/10

Nicolas Winding Refn Los Angeles car chase Auto Stuntman Mafia


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THE AVENGERS (Joss Whedon/USA 2012)


"Gentlemen, you're up!"

The Avengers ~ USA 2012
Directed By: Joss Whedon

Der abtrünnige Ase Loki (Tom Hiddleston) schließt eine Alllianz mit dem außerirdischen Volk der Chitauri um die Erde zu unterjochen. S.H.I.E.L.D.-Kopf Nick Fury (Samuel L. Jackson) ruft daraufhin seine bereits beigelegte "Avengers-Initiative" zurück ins Leben: Die größten Superhelden der Welt sollen sich zusammenschließen, um der interstellaren Gefahr zu begegnen. Nachdem die Grundkonstellation bestehend aus Tony Stark/Iron-Man (Robert Downey Jr.), Steve Rogers/Captain America (Chris Evans), Natasha Romanov/Black Widow (Scarlett Johansson) und Bruce Banner/Hulk (Mark Ruffalo) beieinander ist, stoßen später auch noch Lokis Stiefbruder und Donnergott Thor (Chris Hemsworth) sowie der zwischenzeitlich unter Lokis Einfluss stehende Clint Barton/Hawkeye (Jeremy Renner) hinzu. Nach einigen, den individuellen Dickköpfen geschuldeten Zwistigkeiten rafft man sich dann auch zusammen. Zwar kann der Gott der Lügen zunächst festgesetzt werden, später gelingt ihm jedoch der Ausbruch. Mithilfe des Tesserakts, den Loki von S.H.I.E.L.D. stiehlt, startet er inmitten von Manhattan die Invasion der Chitauri. Nun heißt es endlich: "Avengers assemble!"

Hätte man mir als Sechsjährigem gesagt, dass meine heißgeliebten "Rächer" irgendwann in Form eines solchen Spektakels im Kino zu sehen sein würden und mir vielleicht mittels einer magischen Kristallkugel noch einen Trailer des entsprechenden Films vorgeführt, ich hätte mein ganzes Leben auf diesen einen Tag hingefiebert. Damit nicht genug hatte ich gestern meine persönliche 3D-Premiere. Zu meinem höchsten Glück fehlte mir nurmehr ein permanenter Biernachschub, den ich mir verkniff, um die rechts von mir sitzenden Menschen nicht mit andauernden Gängen zu Verkaufstheke und Pissoir zu nerven. Man ist Mensch. Aber gut - so habe ich bei all der Aufregung wenigstens keine Sekunde dieses für mich ergo bereits biographisch betrachtet kostbaren Ereignisses versäumt. Um die 3D-Geschichte kurz zu halten und schnell zum Wesentlichen zu kommen: Ich hätte und werde auch in Zukunft sehr gut auf dieses Event-Gimmick verzichten können. Zwar bringt diese Brille-über-Brille-Geschichte ein paar nette affektive Begleiterscheinungen mit sich, die gewohnte, kernorientierte Perspektive jedoch wurde mir dadurch allzu sehr verwässert, so dass ich mich schon jetzt die Hände bezüglich des zweidimensionalen Wiedersehens in den heimischen vier Wänden reibe.
Was Joss Whedon nun in knapp zweieinhalb großzügig gefassten Stunden auf der Leinwand abfackelt, ist tatsächlich die Erfüllung generationsgeballter feuchter Jungs-Träume. Nach den diversen Solo-Abenteuern der bewussten Marvel-Helden, die ihre Sache allesamt in Ordnung bis gut machten, die jedoch zumindest sekundär in gewisser Weise und mit einer marketingtechnisch bis dato nie dagewesenen Cleverness zugleich zielgenau auf dieses Großereignis hinsteuerten, können die stolzesten, "ruhmreichsten" und vor allem mächtigsten Helden des Marvel-Universums nun endlich ihre Fusion feiern. Dabei werden lose Handlungsfäden und bisherige MacGuffins zu einem erstaunlich homogenen Ganzen verschmolzen und man zollt darüberhinaus jedem einzelnen Charakter, jeder singulären Figur sich hinreichend entfaltenden Tribut: Der bisher praktisch ausschließlich in Cameos zu begutachtende Nick Fury etwa kann nun endlich selbst in Aktion treten, die interessante Figur der Black Widow, neben Elektra Marvels größte Profikillerin, bekommt nach ihrem eher falben, ihr überhaupt nicht gerecht werdenden Auftritt in "Iron-Man 2" endlich Farbe und selbst Clint Barton, der bereits in "Thor" in starker Abweichung von der Vorlage als S.H.I.E.L.D.-Agent präsentiert wurde, darf nun Pfeile verschießen, dass es eine wahre Lust ist. Das Dialogscript gänzt mit einer geschliffenen Sprache, die in ihrer Mischung aus Verve und Fanboy-Orientierung pointiert ist wie kein anderes Blockbuster-Buch, dessen ich in den letzten Jahren gewahr wurde (wobei ich davon zugegebenermaßen auch immer weniger begutachte). Herrliche, veredelnde Cameos gibt es zu bewundern (von Jerzy Skolimowski beispielsweise; Harry Dean Stanton hat ein besonders witziges und der obligatorische Stan Lee konstatiert: "Superhelden in New York? Nun hören sie aber auf!"). Schließlich sind die bombastischen Effekte durchweg prachtvoll anzuschauen, und von wahrhaft atemberaubender Reife und Perfektion, ohne sich jemals der Filmseele überzuordnen. Mit Alan Silvestri hat man einen langedienten Komponisten bemüht, der für diese Art Kinoabenteuer wohl noch immer einen der Besten seiner Zunft abgeben dürfte.
In Zusammenfassung: Es gibt nichts, was an diesem durch die Bank stimmigem, sich selbst und seinen mannigfaltigen Wurzeln durchweg höchste Ehre machendem Super-Film nicht ineinander greift. Dass sich ganz am Ende, während des von einem neuen Soundgarden-Stücks flankierten Abspanns, noch der auf meinem Benutzerbild oben rechts zu bewundernde Herr Thanos die Ehre gibt und auf kommende Attraktionen hinweist, war da nurmehr ein postfinaler, letzter petite mort neben all den vorhergehenden.

10/10

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JUDGE DREDD (Danny Cannon/USA 1995)


"I am the law!"

Judge Dredd ~ USA 1995
Directed By: Danny Cannon

Um der überschäumenden Gewalt im postapokalyptischen, fortgeschrittenen dritten Jahrtausend Herr zu werden, wird die Rechtsprechung in den wenigen noch existenten Mega-Cities stark abgekürzt. Hier haben die 'Judges' das Sagen, eine elitäre Polizei-Einheit, deren Mitglieder sämtliche Gewalten in sich vereinen und nach eigenem Gudünken mit Gesetzesbrechern verfahren können. Der Gefürchtetste und Härteste unter ihnen ist Judge Dredd (Sylvester Stallone). Eine von dem machtgierigen Judge Griffin (Jürgen Prochnow) eingeleitete Verschwörung, an der auch Dredds früherer, kriminell gewordener Freund und Kollege Rico (Armand Assante) beteiligt ist, macht Dredd jedoch zur persona non grata. Von seinem ebenfalls abgesetzten Mentor Judge Fargo (Max von Sydow) erfährt Dredd, dass er nicht nur ein Klon, sondern zudem ein Opfer von Griffins Machenschaften geworden ist. Mithilfe der ihm zugetanen Judge Hershey (Diane Lane) macht sich Dredd auf, alles wieder ins (buchstäblich) rechte Licht zu rücken...

Eiserne Fanboy-Puristen waren und sind von Danny Cannons "Judge Dredd"-Adaption eher wenig angetan. Der in den betont karikaturistisch gefärbten Comics stets unhinterfragt agierende Albtraum-Bulle bekam hier eine Vergangenheit, einen Charakter und vor allem ein Gesicht, nämlich das Sylvester Stallones. Während die obere Hälfte seines Antlitz' üblicherweise stets unter dem berühmten Helm verborgen blieb, wurde sie im Film recht früh und unter bombastischem Geläut hervorgezeigt. Zudem ging es darum, eine von der Strip-Manier der Vorlage losgelöste Spielfilm-Geschichte zu erzählen, die ohne personelle Identifikationsbasis bekanntermaßen leicht problematisch werden kann. So bedeutete "Judge Dredd" in vielerlei Hinsicht eine Abkehr von diversen, ungeschriebenen Comic-Gesetzen.
Doch auch auf der Haben-Seite gibt es Einiges zu vermelden: Was seine Äußerlichkeiten, das ausufernde Produktionsdesign, die rasant inszenierte Action, den vorzüglichen Score und die diversen Gadgets und Roboter anbelangt, ist der Film reinster Zucker und spielt noch heute in der oberen Liga. Ferner ist eine hinreißende Besetzung mit von der Partie, die bis auf eine Ausnahme durchweg Erfreuliches bietet und die auch im Film noch subtil durchschimmernde Faschismus-Satire vorzüglich trägt. Es gibt viele Hommages an bekannte cineastische Vorbilder; Dredds Einführung, in der er einen Bürgeraufstand um James Remar niederringt, bildet etwa eine überdeutliche Reminiszenz an seinen filmischen Ahnherrn Marion Cobretti aus "Cobra"; ferner sind ganze Einstellungen der futuristischen urbanen Topographie unverhohlen von "Blade Runner" übernommen worden. Das gliedert sich alles vorzüglich ins Gesamtkonzept. Wer nun allerdings auf die tödliche Idee gekommen ist, Rob Schneiders "Fergee"-Figur als comic relief in das Script hineinzuschreiben, der gehört noch nachträglich gesteinigt. Nicht nur, dass jedwede Szene mit ihr tödlich unwitzig ist, sie unterminiert geradezu die sonstigen Qualitäten des Films und steht vermutlich als widersprüchlichstes, tatsächlich komplett redundantes Element inmitten des Zelluloid-Gewitters da.

7/10

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