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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE HALLELUJAH TRAIL (John Sturges/USA 1965)


"Protect both rears simultaneously!"

The Hallelujah Trail (Vierzig Wagen westwärts) ~ USA 1965
Directed By: John Sturges

Die Bürger von Denver fürchten, infolge des bevorstehenden langen Winters von ihrer regelmäßigen Schnapszufuhr abgeschnitten zu werden. Also ordert man beim Whiskey-Händler Wallingham (Brian Keith) vierzig Wagen mit Fusel und Champagner. Darauf wird auch die extrem alkoholfeindliche Anstandslady Mrs. Massingale (Lee Remick) aufmerksam, die mit ihren Predigten just zuvor noch das ganze Fort von Colonel Gearhart (Burt Lancaster), seines Zeichens Indianerkriegsveteran und passionierter Bourbon-Freund, verrückt gemacht hat. Gearhart sitzt nun in der Klemme: Einerseits soll er Wallinghams Treck vor den versoffenen Sioux beschützen, andererseits fürchtet er um die Sicherheit der ihm doch nicht ganz unsympathischen Mrs. Massingale...

Die monumentale Scope-Komödie von stattlicher Laufzeit gab sich in den Sechzigern ein kurzes, aber umso heftigeres Stelldichein: Kramers "It's A Mad Mad Mad Mad World" oder Jewisons "The Russians Are Coming The Russians Are Coming" fallen einem da spontan ein - John Sturges derweil vermengte die neue Mode mit seinem persönlichen Leisten, dem Western. Heraus kam dieses nur selten wirklich witzige, überlange Unikat in Sturges' Œuvre, das sicher seine berechtigten Meriten besitzt, jedoch nur alle Jubeljahre für gesteigertes Amüsement zu sorgen vermag. Auf der Habenseite befinden sich die herrliche Landschaftsphotographie, Elmer Bernsteins wie immer rauschhafte Musik, der ohnehin stets fabulöse Burt Lancaser, Lee Remicks Schnellbesäufnis und Donald Pleasence als angeblich hellsehender Trapper. Dem entgegen stehen flaue running gags mit Badewannen, nervig in die Länge gezogene Sequenzen wie die heillose Durcheinander-Schießerei in einem Sandsturm oder überflüssige Nebenepisoden von feuerwassergeilen Rothäuten oder streikenden irischen Wagenlenkern. Da "The Hallelujah Trail" bei aller Fehlkalkulation und allem ins Leere laufenden Größenwahn immer noch ein sympathischer Film ist, überwogen jedoch einmal wieder die postiven Eindrücke. Leicht.

6/10

John Sturges Alkohol Indianer Colorado Denver


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ROSEBUD (Otto Preminger/USA 1975)


"Allah! Why did you leave me?"

Rosebud (Unternehmen Rosebud) ~ USA 1975
Directed By: Otto Preminger

Die arabische Terrorgruppe "Schwarzer September" entführt fünf befreundete Töchter (Brigitte Ariel, Isabelle Huppert, Lalla Ward, Kim Cattrall, Debra Berger) international renommierter Wirtschaftsbosse und Politiker von einer Motoryacht im Mittelmeer. Nachdem zwei von ihnen freigelassen wurden, kündigen die Drahtzieher an, dass sie die verbleibenden drei Geiseln erst nach größeren Zeiträumen zu gehen lassen gedenken. Der bereits eingeschaltete Undercover-Agent Larry Martin (Peter O'Toole) zieht alle strategischen Register, um die auf Korsika befindlichen Mädchen herauszupauken.

Dieser eher schlecht beleumundete, um den Nahostkonflikt kreisende Politthriller ist vor allem angesichts der gegenwärtig wieder aufflammenden Krise in Palästina von ungebrochen erschreckender Zeitlosigkeit. Wenn Richard Attenborough als ebenso reicher wie fanatischer West-Oberscheich Edward Sloat den Heiligen Krieg predigt, dann mag man bei aller Trivialität des hier verwandten Stoffes kaum glauben, dass ebenjene Leier nunmehr bereits seit über einem halben Jahrhundert über das internationale Politparkett geistert. Tatsächlich scheint dem damals knapp siebzigjährigen Regisseur, der seine Verbundenheit mit dem Sujet bereits in "Exodus" zum Ausdruck gebracht hatte, hier und da etwas die Puste auszugehen - dennoch ist "Rosebud" als Zeitdokument inmitten thematisch ähnlicher Filme wie "21 Hours At Munich" oder "Black Sunday" nach wie vor interessant zu beobachten. Eine illustre Besetzung, die unter anderem Raf Vallone, Peter Lawford, den späteren Cannon-Standard Joseph Shiloach und Klaus Löwitsch unter einen Deckel bringt, verleiht dem hier und da sicherlich etwas käsig geratenen Film einen Hauch Glamour. Und bei aller Unübersichtlichkeit der teils wildeste Haken schlagenden Geschichte muss man vor allem das clevere Ende hervorheben. Mir hat's gefallen.

7/10

Otto Preminger Berlin Hamburg Paris Libanon Korsika Nahost-Konflikt Terrorismus Kidnapping


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LES RAISINS DE LA MORT (Jean Rollin/F 1978)


Zitat entfällt.

Les Raisins De La Mort (Foltermühle der gefangenen Frauen) ~ F 1978
Directed By: Jean Rollin

Élisabeth (Marie George Pascal) reist mit dem Zug in den Languedoc, um dort ihren Verlobten Michel (Michel Herval), einen Winzer, zu besuchen. Als sie und ihre Mitreisende im Zug von einem Wahnsinnigen mit eitrigen Beulen am Kopf attackiert werden, kann Élisabeth in letzter Sekunde per Notausstieg fliehen. Ihre Odyssee durch die herbstlichen Weinberge führt sie noch zu diversen weiteren Provinzbewohnern, die allesamt dieselbe Krankheit zu teilen scheinen: Pestartige Ausschläge und zunehmenden Irrsinn kombiniert mit aggressiven Handlungen. Haben die Symptome etwas mit der jüngsten Weinernte zu tun...?

Sein Roter ist dem richtigen Franzosen mindestens so heilig wie ein Stück Baguette, das wissen wir nicht erst seit "La Soupe Aux Choux". Umso aufrüttelnder Rollins Warnung vor dem Einsatz unbekannter Pestizide, die nicht nur die Lese verderben, sondern auch noch den Bauern bekloppt machen. Und nicht nur diesen: Jeder, der vom neuen Wein probiert, fängt bald an, in den schönsten Tönen zu eitern und zu bluten, dass es ein wahres Fest ist. Doch befällt der Wahn nicht allein die Traubenfreunde: Aggressive Umstände erforden Adaption. Die schöne Dorfblondine Jeanette (Brigitte Lahaie) bleibt äußerlich makellos, dreht aber trotzdem durch. Der Bauer Paul hat erstmals seit der Résistance wieder einen langersehnten Grund, seine Flinte zu benutzen, nämlich gegen die Verseuchten, was er dann auch mehr oder weniger schamlos ausnutzt und Élisabeth schließlich ihren Lebenssinn wegballert, was er wiederum selbst mit dem Tode zu bezahlen hat.
Aber Rollin wäre nicht Rollin, wenn er diesem etwas, nun ja, arbeiteraffinen Topos nicht eine metapoetische Ebene zu entlocken wüsste. Tatsächlich sind seine Bilder des spätherbstlichen Languedoc von morbider Schönheit und der Diskurs um industriell verdorbene Weinernten (nebenbei erfährt man, dass der Berg zwischen einem Atomkraftwerk und einer Militärkaserne liegt), also einer Existenzgrundlage französischer Lebensart, ist in einem Splatterfilm auch nicht übel aufgehoben.

8/10

Europloitation Splatter Wein Herbst Virus Madness


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CARNIVAL OF SOULS (Herk Harvey/USA 1962)


"I don't belong in the world."

Carnival Of Souls (Tanz der toten Seelen) ~ USA 1962
Directed By: Herk Harvey

Nach einem Autounfall infolge eines kindischen Wettrennens kann sich Mary (Candace Hilligoss) als einzige Überlebende aus dem im Kansas River versunkenen Wagen ihrer Freundin retten. Kurz darauf tritt die junge Frau eine neue Stelle als Kirchenorganistin in Utah an. Bereits auf dem weg dorthin erscheinen ihr unentwegt merkwürdige Menschen und Gesichter, die sich als Phantome erweisen. Doch die seltsamen Zeichen häufen sich: Besonders ein geisterhafter Mann (Sidney Berger) scheint Mary überall hin zu folgen, sie selbst erlebt eine Episode, da sie sich mitten in einem Warenhaus in Luft aufzulösen scheint und in der Kirche spielt sie eigenartige Litaneien. Und dann ist da ein stillgelegter Vergnügungspark vor der Stadt, der einen unwiderstehlichen Reiz auf Mary ausübt...

Herk Harveys einziger Spielfilm ist eine poetische Geschichte vom widerwilligen Übergang ins Totenreich. Später wurden Storys um Tote, die ihre Zustandsveränderung zunächst nicht akzeptieren wollen oder können zu einem Genre-Standard, Harveys "Carnival Of Souls" darf jedoch als Pionierleistung dieser motivischen Ausrichtung bezeichnet werden. Ohne große Effektkirmes aber mit einer dafür umso wirksameren Bildsprache kreieren Harvey und der Autor John Clifford eine eher der Charakterisierungsfach verpflichtete Frauenstudie, von der Polanski drei Jahre später noch zu zehren wusste. Die fragile Mary ist ein in sich gekehrter Mensch, bisweilen neurotisch und ablehnend gegenüber männlichen Annäherungsversuchen, sprich denen ihres Zimmernachbarn John (Sidney Berger, wohl nicht ganz zufällig derselbe Darsteller des "Haupt-Phantoms"). Schließlich scheint das auditive Element in Marys auf Musik ausgerichtetem Dasein eine elementare Rolle einzunehmen: Als sie für ihre Umwelt unsichtbar wird, verliert Mary andererseits die Fähigkeit, ihre Umgebung akustisch wahrzunehmen, derweil ihr Orgelspiel ganz abrupt mehr nach Free Jazz klingt als nach Psalmen, was den Ministranten (Art Ellison) zu heftigen Schimpfkanonaden hinreißt. Ein singender Vogel in einem Baum, Symbol des Lebens, erschließt ihr dann - zweimal - die Rückkehr in die materielle Welt. Es dauert einige Zeit, bis Mary sich ihres Schicksals gewahr wird und sich ihm - noch immer nicht ganz willfährig - ergeben kann, erst dann lösen Harvey und Clifford das Geheimnis um ihren Schwebezustand.

8/10

Herk Harvey Geister Utah Kansas Independent Carnival


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THE OTHERS (Alejandro Amenábar/E, USA, F, I 2001)


"This house is ours."

The Others ~ E/USA/F/I 2001
Directed By: Alejandro Amenábar

England, 1945: Die Soldatenfrau Grace Stewart (Nicole Kidman) bewohnt mit ihren beiden unter einer lebensbedrohlichen Lichtallergie leidenden Kindern Anne (Alakina Mann) und Nicholas (James Bentley) ein Herrenhaus auf der Kanalinsel Jersey. Ihr Mann Charles (Christopher Eccleston) ist bisher nicht aus dem Krieg heimgekehrt. Ein neues Verwaltertrio, bestehend aus der liebenswerten Mrs. Mills (Fionnula Flannagan), dem freundlichen Gärtner Mr. Tuttle (Eric Sykes) und dem stummen Hausmädchen Lydia (Elaine Cassidy) wird bei Grace vorstellig und von ihr eingestellt. Parallel dazu häufen sich seltsame Begebenheiten: Anne glaubt, allenthalben einen Jungen namens Victor zu sehen, eine alte Frau treibt ihr Unwesen und unsichtbare Hände spielen auf dem alten Flügel. Befinden sich Geister im Haus?

Die Idee, eine Geistergeschichte ausnahmsweise einmal aus der "anderen" Perspektive zu erzählen, ist so einfach wie lohnenswert. Shyamalan hatte diese Sichtweise zumindest in Ansätzen bereits in seinem "The Sixth Sense" auszubauen versucht, der Spanier Amenábar schließlich brachte sie in seinem erstaulicherweise auf keiner literarischen Vorlage beruhendem, schauerromantischen Plot vollendet auf den Punkt. An Wilde, Bierce und andere große Literaten erinnernd entspinnt sich eine ebenso formvollendete wie komplexe Charakterstudie, die insbesondere ein mehrfaches Anschauen lohnenswert macht - ist die Auflösung des Ganzen einmal bekannt, lohnt es sich nämlich, sich mit dem Schuld-Sühne-Aspekt auseinanderzusetzen sowie das von der zunehmend enervierten Grace immer wieder aufgegriffene, christliche Konzept des Jenseits mit dem fraglos säkularisierten, paranormalen des Films zu vergleichen. Demzufolge ist der "Himmel" nämlich bloß eine Art ortsgebundene Ewigkeit in multiplen Dimensionen, die sich hier und da zu überschneiden ruhen. Es bleibt allerdings offen, wer wohin gerät und ob eine lokale Verbindung zwischen Seele und Ruhestätte auf die Art des Sterbens zurückzuführen ist. Massig Raum also für diskursive Ansätze - oder auch einfach bloß für 100 Minuten genießerisch-schwelgendes Geisterkino mit Erlösungsgarantie.

9/10

Alejandr Amenábar England Jersey Haus Geister Kinder WWII


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JANGHWA, HONGRYEON (Jee-woon Kim/KR 2003)


Zitat entfällt.

Janghwa, Hongryeon (A Tale Of Two Sisters) ~ KR 2003
Directed By: Jee-woon Kim

Die beiden jugendlichen Schwestern Su-Mi (Su-jeong Lim) und Su-Jeon (Geung-Young Moon) kommen nach längerer Zeit wieder nach Haus zu ihrem Vater (Kap-su Kim) und dessen neuer Frau Eun-ju (Jung-ah Yum). Su-Mi hasst ihren Vater und ihre Stiefmutter aus verschiedenen Gründen: Der Tod ihrer Mutter scheint von den Beiden einst als höchst willkommen aufgefasst worden zu sein, zudem quält Eun-ju die offenbar besonders labile, schweigsame Su-Jeon unentwegt, während der Vater nur daneben steht. Damit nicht genug, scheint im abgelegenen Haus der Familie ein geisterhaftes weibliches Wesen seine unheimliche Aufwartung machen zu wollen...

Meditativ-besinnlicher, dabei meisterhaft geschlossen inszenierter, anfangs schwer zu durchschauender Geistergrusel, der sich mit zunehmender Laufzeit von seinen paranormalen Wurzeln emanzipiert und zu einem psychologisch durchaus fundierten Drama über eine schwere Neurose wird. Über dem Film liegt trotz seiner pastellfarbenen, sanften und hellen Photographie eine latente, bleierne Traurigkeit, der sich nur schwer zu entziehen ist. Man fühlt unweigerlich mit den beiden, offenbar zutiefst verletzten Schwestern, spürt ihre bereits entschieden in Richtung Depression abdriftende, existenzielle Unzufriedenheit und ihre daraus erwachsende Angst, die das seltsame, verwachsene Geistermädchen kaum evozieren, sondern vielmehr kanalisieren dürfte. Dann die Hilflosigkeit des ergrauten Vaters, dem es obliegt, mit den Scherben der einst so glücklichen familiären Idylle fertigzuwerden. Kim derweil kadriert diese Geschichte einer ausgeprägten psychiatrischen Störung mittels größtmöglicher Behutsamkeit, zeigt einen kubrick'schen Hang zu Symmetrien und allgemein zum bildlichen Perfektionismus, vor dem die immer wieder hervortretenden Tendenzen Richtung Genrekino teilweise bös kritisiert oder als vulgär eingestuft wurden. Zu Unrecht: Nur in dieser, mit dem Schrecken liebäugelnden Form nämlich erreicht der Film seine schlussendliche Vollkommenheit.

9/10

Korea Haus Madness Psychiatrie Schuldkomplex Geister Jee-woon Kim


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AMERICAN NINJA 4: THE ANNIHILATION (Cedric Sundstrom/USA 1990)


"Get up to it, Ali."

American Ninja 4: The Annihilation (American Fighter 4 - Die Vernichtung) ~ USA 1990
Directed By: Cedric Sundstrom

Nachdem der amerikanische Ninja Sean Davidson (David Bradley) und sein Kumpel Brackston (Dwayne Alexandre) in Nordafrika bei dem Versuch, einige Delta-Force-Soldaten aus ihrer Geiselhaft zu befreien ebenfalls im Kerker landen, soll Joe Armstrong (Michael Dudikoff), selbst amerikanischer Ninja der ersten Stunde, die Kartoffeln aus dem Feuer holen. Mit der martialischen Rebellen-Rocker-Truppe des Befreiungskämpfers Dr. Tamba (Ken Gampu) macht Joe sich auf, gegen die muslimische Ninja-Armee des abtrünnigen Briten Mulgrew (James Booth) und seines Kumpels Scheich Ali (Ron Smerczak) anzutreten, bevor diese eine Atombombe auf Amerika schmeißen können.

Was sich womöglich etwas bizarr liest, ist die weitgehend exakte Synopse des vierten Films aus Cannons "American Ninja"-Serie, des vorletzten außerdem, des zweiten, bei dem Cedric Sundstrom Regie führte, des dritten, in dem Dudikoff zu sehen ist, des zweiten, in dem Bradley zu sehen ist, des ersten, in dem sie gemeinsam auftreten und - etwas ärgerlich - des ersten, der ohne Steve James, bislang die wichtigste Konstante der Reihe, auskommen muss. Eine Triole der bisherigen Helden des Franchise wäre nochmal schön gewesen, leider ließ sich James jedoch kein weiteres Mal verpflichten. Angesichts der Skurrilität des Gebotenen kann man ihm dazu andererseits eigentlich nur gratulieren, denn "American Ninja 4" steht der zunehmend grotesken Storyführung der vorhergehenden Filme in nichts nach; im Gegenteil: Das große cannon'sche Feindbild des Arabers wird hier mit dem ebenfalls von Golan und Globus medial installierten Ninja-Kult kombiniert, eine Symbiose, die ganz mühelos zu einer Kanonade unfreiwilligen Humors wird. Die schöne deutsche Synchronisation trägt dem noch Rechnung, indem sie einige ohnehin komische Aspekte nochmals pointiert. Völlig irrsinnig wird es, als Joe Armstrong im nordafrikanischen Hinterland Dr. Tambas Post-Apokalypse-Rocker ausfindig macht. Welcher Trashdämon die Scriptautoren hier heimgesucht hat, kann nur gemutmaßt werden - ganz bestimmt war's aber einer mit Hang zu feixender Schadenfreude.
Nach dem zuweilen recht langweiligen dritten Teil immerhin wieder ein unterhaltsamer Schritt nach vorn, bevor das Serial dem Vernehmen nach (ich selbst war bislang noch kein Zeuge) mit dem fünften und letzten Teil sein ganz eigenes Armageddon erleben sollte.

5/10

Cedric Sundstrom Nahost-Konflikt Afrika Ninja Kidnapping Trash Martial Arts Terrorismus Atombombe


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1492: CONQUEST OF PARADISE (Ridley Scott/F, E 1992)


"Riches don't make a man rich, they only make him busier."

1492: Conquest Of Paradise (1492: Die Eroberung des Paradieses) ~ F/E 1992
Directed By: Ridley Scott

1492 bricht der Italiener und Seenavigator Christoph Columbus (Gérard Depardieu) mit dem Segen der spanischen Krone gen Westen auf, um eine alternative Meeresroute nach Asien ausfindig zu machen. Nach etwa neunwöchiger Kreuzfahrt über den Atlantik stößt Columbus mit seinen drei Schiffen auf eine Gruppe von Inseln, die von verschiedenen Eingeborenenstämmen besiedelt sind und die heute als Bahamas und Teil der Westindischen Inseln bekannt sind. Eine zweite Reise im Folgejahr steht unter eindeutiger imperialistischer Hoheit: Columbus und seine Brüder (Steven Waddington, Fernando Guillén Cuervo) werden als für Christianisierung und Ausbeutung der hiesigen humanen und ökologischen Ressourcen zuständige Gouverneure eingesetzt. Besonders jedoch der sie begleitende, spanische Edelmann Moxica (Michael Wincott) entpuppt sich als sadistischer Menschenschinder und sorgt, zusammen mit klimatischen Ungelegenheiten dafür, dass Columbus' Eroberungsträume wie eine Seifenblase zerplatzen. Später wird nicht er, sondern der Festlandfinder Amerigo Vespucci als Entdecker der Neuen Welt gefeiert.

Und da reisten sie an und brachten all das Schlechte auf Erden mit ins Paradies: Gier, Religion. Machtdurst, Intrigen, Krieg - kurz gesagt: Zivilisation. Dass ausgerechnet der dafür verantwortliche Mann fünf Jahrhunderte später als Geschichtsheld mit zwei Spielfilmen geehrt wurde, von denen der vorliegende als der wohl deutlich aufsehenerregendere bezeichnet werden darf, schmeckte nicht jedem. Und in der Tat bietet "1492" erklärten Kritikern vermutlich eine Vielzahl von Ansatzpunkten, um Scotts Kolonialepos aus den Angeln zu hebeln. Der Regisseur macht erneut von seiner überaus flamboyanten Oberflächeninszenierung Gebrauch und bietet zur zweiten Filmhälfte hin einige betont naturalistische, augenscheinlich unverhältnismäßige Momente, die in ihrer beinahe horrorartigen Ausprägung die späteren Gewaltmomente in "Gladiator" vorwegnehmen. Sein hübsch größenwahnsinniger Gestus, unterstrichen noch von Vangelis' so vielzitiertem Bombast-Score zeichnet "1492" nach meinem Empfinden jedoch erst wirklich aus, alles wirkt teuer, edel und vor allem echt. Man ahnt, welch hohes Maß an Sorgfalt in die (Re-)Kreation der Kostüme und Requisiten gesteckt wurde, mit welcher Detailversessenheit die set pieces ausgewählt und später in den Film integriert wurden. Das alles ist nichts minder als Ehrfurcht gebietend, ja, fast schon erschlagend. Und es ist eine Art Kino, die ich in ihrem naiv-simplifizierenden Selbstverständnis sehr liebe, zumal sie in ihrer Naturbelassenheit seit ein paar Jahren ausgestorben ist und hier ausnahmsweise mal kein Hollywood-Studio die Finger im Spiel hatte. Was man hier sieht, stammt alles noch aus altweltlichen Bankkonten. Ein charmanter Versuch also, 500 Jahre später nochmal neues Terrain zu erschließen.

8/10

Ridley Scott Kolonialismus Columbus Seefahrt period piece Historie Biopic Inquisition Karibik Mittelalter


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TEXAS ACROSS THE RIVER (Michael Gordon/USA 1966)


"Gun empty."

Texas Across The River (Zwei tolle Kerle in Texas) ~ USA 1966
Directed By: Michael Gordon

Der spanische Edelmann Don Andrea (Alain Delon) trifft auf der Flucht vor ein paar übereifrigen Soldaten (u.a. Peter Graves) den Gunman Sam Hollis (Dean Martin) und freundet sich mit ihm an, kleinere Backpfeifenkonflikte inbegriffen. Zusammen retten sie einen Viehtreck und eine texanische Kleinstadt vor auf dem Kriegspfad befindlichen Comanchen und finden jeder eine nette Dame fürs Leben.

Ebenso hemmungslos alberne wie liebenswerte kleine Western-Travestie, die den teils offensichtlich ziemlich beschluckten Dino im Clinch mit dem Euro-Schönling Delon präsentiert. Für lustigen Indianerhumor stehen u.a. Dinos Brat-Pack-Kollege Joey Bishop als hero's best friend Kronk und Michael Ansara als Comanchen-Häuptling mitsamt Versager-Filius (Linden Chiles), der sich für garantiert jede ihm anvertraute Aufgabe zu blöd anstellt. Über ein paar auf barbarischem technischen Niveau präsentierte Rückprojektionen, wie sie in den mittleren bis späten Sechzigern üblich waren, lässt es sich noch zusätzlich grienen. Ansonsten ist Gordons ausgemacht infantile Groteske aber allerhöchstens für Dino- und/oder Delon-Komplettisten Pflichtprogramm.

6/10

Michael Gordon Texas Indianer


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THE DIVIDE (Xavier Gens/USA, CA, D 2011)


"They're welding us in."

The Divide ~ USA/CA/D 2011
Directed By: Xavier Gens

Als eine Atombombe unbekannten Ursprungs auf New York fällt, verschanzen sich neun Personen im halbwegs geschützten Keller eines zerstörten Hochhauses. Hier hat der 9/11-erfahrene Feuerwehrmann Mickey (Michael Biehn) eine Art Luftschutzbunker voller Vorräte und anderer überlebenswichtiger Dinge angelegt. Vor der Kellertür wird sich indes ein Gewirr aus luftdichten Gängen errichtet, in dem unbekannte Laboranten die Wirkungen von Strahlung und Fallout untersuchen. Nach zwei Konflikten mit den Militärs wird die Tür von außen verschweißt. Als die Übrigen nach einiger Zeit merken, dass Mickey nach einiger Zeit längst nicht alle seiner Objekte zu teilen bereit ist, bricht ein offener Konflikt aus, der schon bald die ersten Toten und neben dem physischen auch zunehmenden psychischen Verfall nach sich zieht...

"The Divide" steht in einer langen Tradition von postapokalyptischen Kammerspielen, die eine kleine, meist zufällig zusammengewürfelte Gruppe von Individuen im Angesicht des finalen Überlebenskampfes präsentiert. Gens' Film sticht aus dieser Phalanx nicht sonderlich hervor, macht ihr allerdings auch keine Schande. Wie es von einem Vertreter der neueren französischen Hardcore-Horror-Welle zwangsläufig zu erwarten ist, steigert sich die misanthropische Atmosphäre der ohnehin schon traumatischen Szenerie im Laufe der Spielzeit mehr und mehr. Die immer maroder werdenden Charaktere verwandeln sich nach anfänglicher Unscheinbarkeit in widerliche Egomanen, die zum Gipfel ihrer immer hitziger auszutragenden Konflikte hin die schlimmsten in ihnen schlummernden Eigenschaften nach außen tragen. Intimi des transgressiven Kinos dürften sich von den forciert unangenehmen Bilderwelten Gens' jedoch nicht erschlagen sehen, auch wenn alles zuerst in einem Scheißebad (Scheißebäder begegnen mir im aktuelleren Kino häufiger) und dann in der endgültigen Hoffnungslosigkeit kulminiert, New York, Fanal der westlichen Industriemächte, liegt in Sack und Asche. So wollen wir dann doch lieber nicht enden, besten Dank auch für die Warnung, Monsieur Gens!

7/10

Xavier Gens Apokalypse Atombombe New York Belagerung Transgression





Filmtagebuch von...

Funxton

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