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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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I BASTARDI (Duccio Tessari/I, F, D 1968)


Zitat entfällt.

I Bastardi (Der Bastard) ~ I/F/BRD 1968
Directed By: Duccio Tessari

Jason (Giuliano Gemma) und sein älterer Bruder Adam (Klaus Kinski) sind beide im Gangstergeschäft tätig. Während Jason jedoch hier und da auf eigene Faust einen Bruch begeht, um sich über Wasser halten zu können, hat Adam sich eine Organisation aufgebaut. Umso unliebsamer sind ihm Jasons gewinnträchtige Aktionen. Als Adam nach einem Juwelenraub Jasons Beute an sich bringen will, bedient er sich brutalster Methoden. Besonders, dass Adam die schöne Karen (Margaret Lee) benutzt, um seinben Bruder hereinzulegen, verzeiht dieser ihm nicht. Die Rancherin Barbara (Claudine Auger) nimmt den schwer verwundeten Jason bei sich auf, pflegt ihn gesund, verliebt sich in ihn. Doch Jasons Rache will unbedingt noch vollzogen werden.

Dass Tessari seine Meriten vornehmlich mit Western verdient hat, merkt man "I Bastardi" an. Es handelt sich bei selbigem nämlich im Prinzip um nichts anderes denn einen lupenreinen Western in modernem Ambiente, dessen Transponierung in die Gegenwart beim besten Willen nicht nachvollziehbar ist. Vielleicht war es die Möglichkeit, vor Ort in den Staaten zu drehen, vielleicht hätte Rita Hayworth, die im Film die whiskeygetränkte Mutter der beiden verfeindeten Brüder spielt, sich geweigert, in einem Spaghettiwestern mitzuspielen. Der von Gemma und Kinski interpretierte Bruderzwist um Verrat und Rache jedenfalls, die verlotterte Matriarchin, die schöne Rancherin mit dem guten Herzen inmitten des Nirgendwo, Margaret Lee als Hure des Bösen, die wie beiläufig eingesetzte Gewalt - das alles sind natürlich klassische Plotfaktoren für einen Western.
Zur Hayworth: Es ist schon unglaublich, wie die alternde Diva an Format einbüßt und hierin konsequent Selbstdekonstruktion betreibt. Ihr Spiel kann nur als amateurhaft bescheiden bezeichnet werden, möglicherweise ist ihr dem Plot geschuldeter, akuter Suff auch nicht bloße Darbietung. Als ganz besonders toll nimmt sich derweil die von Magne und Rustichelli komponierte Musik aus, die die Hammondorgel aparteste, jazzig-sleazige Töne ausspucken lässt.

6/10

Duccio Tessari New Mexico Familie Brüder Rache Europloitation


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THE RUM DIARY (Bruce Robinson/USA 2011)


"How does anyone drink 161 miniatures?" - "Are they not complimentary?"

The Rum Diary ~ USA 2011
Directed By: Bruce Robinson

Puerto Rico in den Sechzigern: Der abgehalfterte und versoffene US-Autor Paul Kemp (Johnny Depp) findet eine Einstellung bei dem maroden "San Juan Star". Dort soll er unter anderem die Horoskope verfassen. Nachdem er mehrere Male seine Hotelzimmer-Minibar auf Spesenkosten geleert hat, muss Kemp dann zu seinem Kollegen Sala (Michael Rispoli) ziehen, der zusammen mit dem völlig durchgedrehten Moberg (Giovanni Ribisi) ein heruntergekommenes Apartment in der Stadt bewohnt. Monetäres Licht am Tunnel erscheint in der Person des zwielichtigen PR-Unternehmers Sanderson (Aaron Eckhart). Dieser sucht einen korrupten Schreiberling, der gezielten Populismus für ein ökologisch katastrophales Hotelbauprojekt auf einer bislang unbevölkerten kleinen Karibikinsel betreibt. Zunächst schlägt Kemp, geblendet von Luxus und Sandersons aufregender Frau Chenault (Amber Heard) ein; er findet jedoch bald zu seiner eigentlichen Haltung zurück.

Nicht das große, Acid-intoxinierte Americana-Monster, das Gilliam mit "Fear And Loathing In Las Vegas" auf Reisen schickte, gewichtet sich bereits die Ausgangsbasis von "The Rum Diary" anders. Hier gibt es für Thompson noch Werte, für die zu kämpfen es sich lohnt, einen Guerillakrieg mit Tinte und Feder gegen die Übermacht der rücksichtslosen Hochfinanz zu führen etwa. Kleinere Bizzarerien leistet sich zwar auch Robinsons Film, da hier jedoch mit einer Ausnahme der Rum die primär, wenn auch reichlich, konsumierte halluzinogene Substanz bleibt, lässt sich eine gewisse Klarsicht nicht verdrängen. "The Rum Diary" möchte aber auch gar kein Sequel zu Gilliams Adaption sein, er begnügt sich vielmehr mit seinem Status als Mosaik aus witzigen Anekdoten und Hunters Journaille-Wahnsinn, als entspanntes Zeitporträt mit Charakterköpfen, von denen insbesondere Giovanni Ribisi, den ich noch nie so toll gesehen habe wie hier, als kleiner Thronerbe von Benicio Del Toro hängen bleibt.
Robinson, dessen erster Film seit 19 Jahren und insgesamt vierter in 24 dies ist, hat Vieles - wahrscheinlich sogar das Meiste - richtig gemacht, bei einer Thompson-Verfilmung gewiss keine Selbstverständlichkeit. Und wird seine Frequenz künftig hoffentlich wieder etwas anziehen.

8/10

Bruce Robinson Journalismus Hunter S. Thompson Puerto Rico Karibik Alkohol LSD period piece


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DER SCHUT (Robert Siodmak/BRD, YU, F, I 1964)


"Sidi, schmeckt Schweinefleisch wirklich so schlecht, wie der Prophet sagt?"

Der Schut ~ BRD/YU/F/I 1964
Directed By: Robert Siodmak

Der Abenteurer Kara Ben Nemsi (Lex Barker) und sein treuer Freund Hadschi Halef Omar (Ralf Wolter) begeben sich im Skipetarenland auf die Jagd nach dem bislang unidentifizierten Banditenboss "Schut", der Karas Freund, den französischen Handelsmann Galingré (Pierre Fromont) als Geisel hält. Auf der Suche nach dem rücksichtslosen Bösewicht müssen sie jedoch diverse Vasallen und Untergebene desselben überwinden, darunter den Scharlatan Mübarek (Friedrich von Ledebur) und die brutalen Aladschy-Brüder (Dusan Perkovic, Zivojin Denic).

Zu den wackeren Bypass-May-Produktionen der Sechziger gehören nicht nur die beiden Winnetou-Filme "Old Shatterhand" und "Winnetou und Shatterhand im Tal der Toten", sondern neben den zwei Mexiko-Filmen um Dr. Sternau auch die Orient-Trilogie mit Kara Ben Nemsi, eines alter ego des ebenfalls als Old Shatterhanf bekannten, namenlosen Ich-Erzählers. Im Gegensatz zu den May-Western-Titeln hatte Horst Wendlandt auf die Rechtseicherung der übrigen Romane verzichtet, die somit Atze Brauners "CCC" zur Freien Verfügung standen. Mit den gewohnten Formalia, aber doch unter ungewohnten Perspektiven konnten die Zuschauer somit 1964 eines "neuen" May-Formats ansichtig werden. Diesmal dufte sich der Balkan ausnahmsweise als er selbst ins Bild setzen lassen, in Kombination mit den beliebten, leicht umgemodelten Figuren (wobei Hadschi Halef Omar im Gegensatz zu Sam Hawkens kein schlauer Fuchs oder brillanter Schütze ist, sondern ein liebenswerter Dummkopf) ergab das eine nicht minder patentwürdige Mixtur, die wiederum von Martin Böttchers großartiger Musik zehren konnte. Mit Dieter Borsche als Sir David Lindsay und Chris Howland als seine getreuer Diener Archie gab es zudem zwei neue, witzige Sidekicks zu bewundern. Was bzw. wer allerdings jedermann fehlte war Pierre Brice - in einem Film über den Nahen Osten nicht unterzubringen und daher schmerzlich vermisst. Immerhin fanden sich noch Marie Versini und der obligatorische Rik Battaglia wieder ein. Neben den bekannten Sterbeszenen Nscho-tschis und in "Winnetou I" bzw. "III" gibt es im "Schut" außerdem moch eine weitere große im May-Kino: Karas treuer Hengst Rih bricht am Ende tot zusammen. Und der kundige Kenner weiß: So herzzereißend hat Lex Barker noch nichtmal um seine große Liebe oder seinen Blutsbruder getrauert!

8/10

Robert Siodmak period piece Karl May Kara Ben Nemsi Balkan


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DVÆRGEN (Vidal Raski/DK, USA 1973)


"I need another teddy bear."

Dværgen (Das Haus der verlorenen Mädchen) ~ USA/DK 1973
Directed By: Vidal Raski

Der ehemalige Revuestar Lila Lash (Clara Keller) und ihr zwergenwüchsiger, deformierter Sohn Olaf (Torben Bille) betreiben eine heruntergekommene Pension in East London. Niemand weiß, was sich unter ihrem Dach abspielt: Auf dem Söller gibt es nämlich einen verschlossenen Raum mit drei nackten, forciert heroinsüchtig gemachten Sexsklavinnen (Jeanette Marsden, Lisbeth Olsen, Jane Cutter), die ihrer pervers veranlagten Freier harren. Um den Laden auf Trab zu halten, muss Olaf immer wieder neuen Stoff besorgen, den er von einem Spielwarenhändler (Werner Hedman) erhält. Als das Ehepärchen Mary (Anne Sparrow) und Peter (Tony Eades) in die Pension einzieht, droht der Laden aufzufliegen. Zeit für Lila und Olaf, den Gatten in die Wüse und das Frauchen auf den Dachboden zu schicken...

Ein ebenso poetischer wie widerlicher kleiner Exploiter, der eigentlich weitaus mehr Unheil verspricht als seine doch recht ambitionierte Umsetzung letztlich zu halten vermag. Bis auf zwei ziemlich unmotiviert eingeflochtene HC-Sequenzen gibt es dann eigentlich auch wenig bis nichts, was das Auge beleidigen könnte - es sei denn, man empfindet die Denunziation körperbehinderter Menschen als Untergang des Abendlandes. Torben Bille, der den titelgebenden Zwerg mit einer Extraportion Widerwärtigkeit personifiziert, dürfte allerdings kaum zu seiner lustvollen Parade gezwungen worden sein, insofern ist soweit alles in Butter. Klar ist "Dværgen" oberflächlich betrachtet zu großen Teilen doof und spekulativ, wenn die ihrem früheren Ruhm nachtrauernde, besoffene Lila Lash jedoch ihre Gesangsnummern vollzieht, dann ist das eine nicht nur klare, sondern vor allem gelungene Verbeugung vor den Hag-Horror-Filmen der vorvergangenen Dekade. Außerdem muss man das verlotterte Ambiente des Films bloß als abseitig humoristisch wahrnehmen, was insbeondere unter Verwendung der originären Münchener Synchronfassung mit Wolfgang Hesse als Zwerg und Marianne Wischmann als Lila Lash gar niccht so schwer fällt, und schon hat man rund um Einwegspritzen, Peitschenhiebe, Vergewaltigung und zweckentfremdete Gehstöcke eine Menge zu staunen und zu lachen.

6/10

Vidal Raski Exploitation Trash London Heroin


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THE INTRUDER (Roger Corman/USA 1962)


"It wasn't all my fault!"

The Intruder (Weißer Terror) ~ USA 1962
Directed By: Roger Corman

Caxton, eine ordinäre Südstaaten-Kleinstadt. In weißem Leinenanzug, ein gewinnendes Lächeln auf dem Gesicht, steigt er aus dem Bus: Der für irgendeine rassistische Organisation auf Meinungsfang gehende Lobbyist Adam Cramer (William Shatner). Warum ausgerechnet in Caxton? Weil hier am nächsten Tag der erste integrative Schulgang mit schwarzen und weißen Jugendlichen stattfinden soll. Cramer nutzt die ohnehin brodelnde Atmosphäre aus, seine von Hass und Rassismus wimmelnde Tresenrhetorik unter das bidlungsferne Volk zu streuen; Verbrüderungen mit dem örtlichen Großrancher (Robert Emhardt) sowie den lokalen Kapuzenmännern inbegriffen. Erst als sich Cramers intrigante Hasstiraden derart hochschaukeln, dass sie fast einen unschuldigen Jungen (Charles Barnes) das Leben kosten, begreifen die Menschen, welchem Scharlatan sie da aufgesessen sind.

Eine von Cormans besten Regiearbeiten, bestimmt seine beste abseits des Phantastischen Films, mit Sicherheit seine respektabelste. Zu seinem Entstehungszeitpunkt dürfte der vor Ort gedrehte Film bei manchen Herrschaften wie eine Bombe eingeschlagen sein. Eine solch schonungslose Konfrontation mit gegenwärtig bestehenden Zuständen war in den USA zu diesem Zeitpunkt jedenfalls alles andere als Usus. "The Intruder" ist ein ultraliberales Plädoyer für selbstbestimtes Denken und eine ernstgemeinte Warnung davor, breit grinsenden Seelenverkäufern auf den Leim zu gehen. William Shatner als Geisteshaltungsnepper ist in der großartigsten Vorstellung seiner gesamten Karriere zu sehen und lässt darüberhinaus bedauern, dass er irgendwann auf die Captain-Kirk-Schiene festgenagelt wurde und davon nie mehr losgekommen ist. Sein diffiziles Porträt eines noch nicht einmal ernstlich satanischen Opportunisten, eines Klinkenputzers, der für das wahre Böse lediglich auf Seelenfang geht um die Dinge sich schließlich verselbstständigen zu lassen, ist einfach nur beeindruckend. Leider versagt der Film sich durch die letzten fünf kompromissbereiten weichgespülten Minuten seinen endgültigen Status als restloses Meisterwerk: Der ungeschlachte, pomadige Leo Gordon kommt daher und rettet mit seiner proletarischen Sprache Lynchopfer, Tag und Herz der Stadt. Ein fast schon grotesk unpassender Abschluss. Ohne ihn, mit einem konsequent finsteren Ende, hätte die Wucht von "The Intruder" einen bis heute vorhaltenden Nachhall entsendet. Schade um dieses i-Tüpfelchen.

9/10

Roger Corman Independent Südstaaten Rassismus Ku-Klux-Klan


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NEON MANIACS (Joseph Mangine/USA 1986)


"Did you hear that sick sound?" - "Yeah, it was creepy. Probably your mom howling out her anti-sex warning."


Neon Maniacs ~ USA 1986
Directed By: Joseph Mangine

Die "Maniacs" sind eine Horde Dämonen unerklärlichen Ursprungs, die unter der Golden Gate Bridge hausen und nur des Nachts herauskommen um dann am liebsten moralisch unstete Teenager zu meucheln. Natalie (Leilani Sarelle) wurde zufällig Zeugin eines von den Maniacs angerichteten Massakers. Zusammen mit ihrem neuen Freund Steven (Alan Hayes) und der etwas jüngeren Hobbyfilmerin Paula (Donna Locke) nimmt sie den Kampf mit den rachsüchtigen Monstern auf.

Im Bestreben, dem Mitte der Achtziger auf ausgetretenen Pfaden dahinschlurfenden Slasherhgenre eine Frische-Kur zu injizieren, hat der Autor Mark Patrick Carducci den kompletten "Neon Maniacs" einzig um die infantile Idee herumkonstruiert, seine Höllengespenster mit bestimmten martialischen Ikonen zu kombinieren, die kleine Jungs fürderhin gern als Actionfiguren benutzen: Unter den faktisch motivlos (die prologische Tafel hat man schnell vergessen) agierenden Dämonen gibt es einen Irokesen, einen G.I., einen Punk, einen Rocker, eine Art Jason Voorhees, einen Samurai, eine Art Yeti und so weiter. Jeder hat seine besondere Schlitzmethode und dieselbe mistige, dumme Schwäche: Leitungswasser. Bekommen die Unholde hiervon einen gezielten Strahl ab, zerschmelzen sie zu grünem Schleim wie weiland die böse Hexe des Westens und ihr Nachfolger Dr. Klan.
Bierernst zu nehmen ist das alles sicherlich nicht, besonders blendend inszeniert von dem vornehmlich als dp einiger kleiner Genreklassiker wirkenden Mangine ist es jedoch ebenso wenig, wobei die Produktion dem Vernehmen nach ohnehin unter holprigen Bedingungen zu leiden hatte. Als trotz seiner illustren Monsterschar, die allein natürlich keinen abendfüllenden Film zu tragen imstand ist, strunzgewöhnlich und konformistisch zu bezeichnender Eighties-B-Horror unterhält "Neon Maniacs" ergo leidlich und schmerzlos.

5/10

Joseph Mangine Trash San Francisco Splatter Independent Monster Dämon


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THE 300 SPARTANS (Rudolph Maté/USA 1962)


"Truth is a heady wine. A politician must never exaggerate people's capacity for it."

The 300 Spartans (Der Löwe von Sparta) ~ USA 1962
Directed By: Rudolph Maté

480 v. Chr.: Der persische König Xerxes (David Farrar) steht mit einer gewaltigen Armee vor den Toren Griechenlands. Der politische Vordenker Themistokles (Ralph Richardson) weiß, dass die einzige Möglichkeit, das morgenländische Heer zu besiegen, in der Einigkeit der griechischen Königreiche liegt. König Leonidas (Ralph Egan) von Sparta sieht dies ähnlich und bietet an, mit seinen gefürchteten Mannen die Vorhut der griechischen Infanterie zu übernehmen. Doch der spartanische Rat schiebt ihm einen Regel vor: Göttliche Feierlichkeiten verbieten den Soldaten, auszurücken. Mit seiner 300 Mann starken Leibgarde rückt Leonidas dennoch gegen Xerxes vor. Bei den Thermopylen können er und seine Getreuen die exponentiell überlegenen Perser immerhin drei Tage aufhalten und das sich im Hinterland sammelnde Hauptheer schonen, bis sie durch den Verrat des Hirten Ephialtes (Kieron Moore) vernichtend aufgerieben werden.

Ein Schlachtengemälde ganz nach meinem Geschmack, immerhin geht es einzig und allein um den mehrtägigen Kampf Leonidas' gegen Xerxes an den Thermopylen. Kleinere Handlungsbypässe wie Xerxes' Techtelmechtel mit der listigen griechischen Königin Artemisa (Anne Wakefield), die Liebesgeschichte des jungen Soldaten Phylon (Barry Coe) mit Leonidas' Nichte Ellas (Diane Baker) oder Ephialtes' niederträchtige Handlungsweise lenken nur unwesentlich vom Geschehen ab. Die Kriegskunst wird hier wirklich als solche dargestellt und bedenkenlos heroisiert, ohne die im Vergleich fast schon als widerlich zu titulierende Stilisierung der späteren Snyder-Miller-Adaption. Maté versagt sich zudem allzu redundante Ausflüge in den Camp: Obgleich diverse Italiener und Griechen an der Herstellung von "The 300 Spartans" beteiligt waren, hebt sich der Film weit vom infantil gefärbten, mediterranen Cinecittà-Sandalenkino dieser Jahre ab. Er ist vielmehr wie ein rundum befriedigender Museumsgang: Fett, satt, ausgeglichen machend.

8/10

Rudolph Maté Historie Antike Griechenland Schlacht


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KANSAS RAIDERS (Ray Enright/USA 1950)


"There are some things a woman simply cannot understand."

Kansas Raiders (Reiter ohne Gnade) ~ USA 1950
Directed By: Ray Enright

Die Brüderpaare Jesse (Audie Murphy) und Frank James (Richard Long), Cole (James Best) und James Younger (Dewey Martin) sowie ihr Freund Kit Dalton (Tony Curtis) schließen sich, nachdem ihr Grund und Boden in Missouri von marodierenden Redlegs verbrannt wurde, der Bushwacker-Miliz des Konföderierten-Offiziers William Quantrill (Brian Donlevy) an. Schnell realisiert Jesse, dass Quantrill Ideal und Umsetzung nicht in Einklang zu bringen vermag und seine Plünderungsaktionen nicht besser sind als die der verhassten Yankees. Quantrill, der in Jesse eine Art Mündel zu sehen beginnt, bringen die Vorwürfe des wütenden jungen Mannes zum Nachdenken. Er trennt sich von seinen mordlüsternen Verbündeten und will mit Jesse und seinen Freunden neue militärische Wege beschreiten, doch es ist zu spät: Die Nordstaatler haben Quantrill bereits auf dem Kerbholz.

Hübsche Geschichtsklitterung Marke Hollywood bietet der Regie-Routinier Ray Enright mit diesem von famoser Technicolor-Dramaturgie aufgewerteten, naiven Bürgerkriegsdrama. Die historischen Fakten biegt sich der Film gerade so zurecht, wie er sie für den Verkauf seiner Story benötigt - tatsächlich kämpfte lediglich Jesses älterer Bruder Frank unter Quantrills Kommando; der gut vier Jahre jüngere Jesse folgte Frank erst später nach, nachdem dieser sich der Guerillatruppe Fletch Taylors angeschlossen hatte. Später wechselte man gemeinsam zu dem berüchtigten Bloody Bill Anderson. Erst während dieser Zeit begann tatsächlich die unheilige Allianz der James- und der Younger-Brüder, die nach Kriegsende zu den bekannten Outlaw-Anekdoten führte.
Wie Quantrill sich in "Kansas Raiders" von dem rechtschaffenen Jesse James zum Guten und Ehrenvollen bekehren lässt, ist so romantisch verlogen inszeniert wie nur was, macht in jener dramatisierten Form aber viel Freude. Ob ferner der milchgesichtige Audie Murphy die optimale Wahl darstellte, um Missouris berühmtem Gangsterrebellen sein Antlitz zu leihen, sei dahingestellt - es gab jedoch sicherlich auch schlechtere James-Akteure und das Gelingen des Films gibt am Ende jeder zweifelhaften Entscheidung Recht.

8/10

Ray Enright Sezessionskrieg Jesse James Historie Kansas


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QUANTEZ (Harry Keller/USA 1957)


"Another time, another place."

Quantez ~ USA 1957
Directed By: Harry Keller

Nach einem Banküberfall flüchten sich Heller (John Larch), seine drei Mitganoven Gentry (Fred MacMurray), Teach (John Gavin) und Gato (Sidney Chaplin) sowie Hellers Liebchen Chaney (Dorothy Malone) in die mitten im Apachengebiet liegende Geisterstadt Quantez am Rande der Wüste. Der bei Indianern aufgewachsene Gato nimmt Kontakt zu Häuptling Delgadito (Michael Ansara) auf, der schon im Dunkeln auf die Fremden lauert und Gato mitteilt, dass er im Morgengrauen losschlagen werde. Derweil strapaziert sich die Gruppendynamik aufs Äußerste: Niemand traut dem Anderen, alle sind auf die Beute scharf und wechselnde Kurzallianzen treiben immer mehr Keile zwischen die einstigen Partner.

Netter kleiner Ensemble-Western, der durch straff arrangierte Orts- und Zeiteinheit zu überzeugen weiß. Das alte Belagerungsthema greift auch hier wieder, tritt jedoch zugunsten der großzügigen Ausbreitung der diversen schwelenden Konflikte in den Hintergrund. Die Gefahr erfolgt in "Quantez" von zwei Seiten: aus dem Inneren heraus, sich manifestierend durch gruppeninterne Gier, Misstrauen und Opportunismus sowie aus dem Äußeren durch die bereits zahlenmäßig vollkommen übermächtige Bedrohung durch die Apachen. Am Ende überleben nur die Rechtschaffenen, respektive die, die sich moralisch noch nicht in einem Maße korrumpiert haben, das ihr Weiterleben nicht mehr rechtfertigen könnte. Insofern ist "Quantez", wie die meisten US-Western dieser Ära, auch ein streng moralisch angelegtes Lehrstück.

7/10

Harry Keller Wüste Indianer Belagerung Nacht


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GROSSE FREIHEIT NR. 7 (Helmut Käutner/D 1944)


"Es gibt nichts, was ein Mann nicht vergessen kann... wenn er ein Mann ist!"

Große Freiheit Nr. 7 ~ D 1944
Directed By: Helmut Käutner

Weil er sich zeitlebens für seinen nichtsnutzigen Bruder Jan (Kurt Wieschala) aufgerieben hat, muss Seemann Hannes Kröger (Hans Albers) sich als Unterhaltungssänger im 'Hippodrom' auf St. Pauli seine Moneten zusammenverdienen, statt zur See zu fahren. Als Jan stirbt, erfüllt Hannes ihm seinen letzten Wunsch und kümmert sich um Jans frühere Liebschaft Gisa (Ilse Werner), die er mit nach Hamburg nimmt. Hannes verliebt sich in das zarte Mädchen, ist jedoch unfähig, ihr seine Gefühle in romantischer Weise zu vermitteln. Stattdessen verguckt sich Gisa in den Hafenarbeiter Willem (Hans Söhnker), der ihr nach allen Regeln der Kunst den Hof macht. Hannes ist am Boden zerstört, fasst jedoch nun endlich wieder das Herz, anzumustern.

Wunderschöner Terra-Farbfilm, dessen durchaus akkurate Milieuschilderung des Paulier Nachtlebens Goebbels so sehr auf die Palme brachte, dass seine Aufführung im großdeutschen Reich, mit Ausnahme des Protektorats Böhmen und Mähren, wo er zu weiten Teilen auch entstanden ist, untersagt wurde. Keine aufrechten Helden, kein Propaganda-Potential - nur eine realistisch erzählte Dreiecksgeschichte, aus der ausgerechnet der Protagonist (der ursprünglich Johnny heißen sollte, auf Goebbels' Insistieren hin jedoch zu 'Hannes' umgetauft werden musste) als Verlierer hervorgeht. Das hatte keinerlei sozialrelevante Funktion für den NS-Apparat und brauchte daher auch keine Popularität.
Die autoromantisierende Zeichnung des Hamburger Hafen-Milieus, der nächtlichen Glitzerwelt, der schäbigen Huren und Alleinunterhalter, besoffener Matrosen und altkluger Weltenbummler ist stilbildend für alles, was danach noch fürs Kino über St. Pauli gemacht wurde. Und Albers wird nach wie vor und wohl auch auf ewig mit dem "blonden Hans" assoziiert.
Echtes, relevantes deutsches Kulturgut.

9/10

Helmut Käutner Hamburg St. Pauli Kiez Hafen Musik





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Funxton

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