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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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DAS STUNDENHOTEL VON ST. PAULI (Rolf Olsen/BRD 1970)


"Wenn das 'n doppelter Cognac war, dann nehm' ich noch einen!"

Das Stundenhotel von St. Pauli ~ BRD 1970
Directed By: Rolf Olsen

Eine schlimme Nacht für den schwer übermüdeten Kommissar Canisisius (Curd Jürgens) von der Hamburger Kripo: Erst wird sein Sohn (Manfred Tümmler) bei einer anti-kapitalistischen Demo schwer verletzt und liegt nun unterm Messer; dann geschieht in einem berüchtigten Stundenhotel ein Mord an einem Homosexuellen (Laurence Bien), dessen Aufklärung Canisius' ganze Aufmerksamkeit erfordert. Das Hotel ist zur Tatzeit nämlich reich besucht und der Verdächtigen gibt es nicht eben wenige. Nur gut, dass Canisius mit deutlich mehr Milieu-Empathie vorgeht als sein nervöser Vorgesetzter, Kriminalrat Marschall (Konrad Georg)...

Erfindungsreiches Kolportagekino vom Allerfeinsten mal wieder aus der ewig streitenden Feder des Rolf Olsen, der hiermit bereits sein viertes "St.-Pauli"-Epos vom Stapel ließ und nimmerwüde weiter an der damals unumgänglichen, rauen Hafenromantik des Viertels strickte. Ein besserer Titel wäre "Der Kommissar St. Pauli" gewesen, denn ebenso wie zuvor als "Arzt" und gleich darauf auch noch als "Pfarrer" steht nämlich einmal mehr Curd Jürgens als verständige, aufrechte Moralinstanz mit zugedrücktem uge im Zentrum des Geschehens; ein Mann, dem die ehernen Werte über alles gehen, der jedoch auch weiß, dass er die Jungen trotz tonnenweisem Überschuss an Lebenserfahrung nie zur Vernunft wird bringen können und sich deswegen zähneknirschend mit den Dingen arrangiert. "Vielleicht haben wir Alten wirklich so viel falsch gemacht," konstatiert er in einer frühen Disput-Szene mit dem Sohnemann, "dass ihr ein Recht habt, Kritik zu üben. Aber Aggressivität und berufsmäßiges Rabaukentum, das dulde ich nicht!" Viel besser kann man Olsens ewige, zwanghafte Janusköpfigkeit nicht subsummieren: Erzspießer auf der einen Seite, schmunzelnder Voyeur auf der anderen. Aber eines unterscheidet ihn dann doch noch von Antel, Enz, Hofbauer und Konsorten: Überaus unappetitliche, regelmäßig zugeschaltete Bildergalerien von einer Operation am offenen Herzen hätten auch die nicht gezeigt. Sowas gab's dann doch wieder nur beim Rolf.

7/10

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ZIVOT I SMRT PORNO BANDE (Mladen Djordjevic/SRB 2009)


Zitat entfällt.

Zivot I Smrt Porno Bande (Leben & Tod einer Pornobande) ~ SRB 2009
Directed By: Mladen Djordjevic

Belgrad, 2001: Der sympathische Filmkünstler Marko (Mihajlo Jovanovic) bekommt kein Bein auf die Erde. Seine ambitionierten Vorstöße in den Bereich der Pornographie werden von seinem Produzenten Cane (Srdjan Miletic) als kommerziell untragbar zurückgewiesen. Also versucht er sich mit einigen Freunden aus der drogeninfizierten Undergroundszene an Porno-Cabaret, doch auch dies vergrätzt das Publikum und Cane, dem Marko mittlerweile eine gesalzene Summe Geld schuldet. Als "Pornobande" macht sich die Clique auf in die Provinz, wo man mit sozialkritisch-koitalem Improvisationstheater vor Dörflern und Bauern auftritt, jedoch rasch wiederum aneckt und einen üblen Ruf erwirbt. Alsbald macht Marko die Bekanntschaft des Snuff-Produzenten Franz (n.n.), der ihm willfährige Opfer verschafft, die sich vor der Kamera abschlachten lassen. Die entsprechende Sinnkrise der Gruppe lässt nicht lang auf sich warten, ebensowenig wie Krankheit, Tod und Wahnsinn.

Der damals etwa zeitgleich zu Srdjan Spasojevics "Srpski Film" entstandene, kaum minder skandalös aufgenomme "Zivot I Smrt Porno Bande" schlägt jenen in den meisten Kategorien recht anstandslos. Djordjevics Film ist noch sehr viel eindeutiger als Sozialparabel identifizierbar, trotz seiner teils schwer erträglichen, extrem real anmutenden Bilder von einer großen Zärtlichkeit für seine durchweg zum Sterben verdammten Figuren geprägt und dementsprechend nachhaltig zupackend. Markos Trip durch das serbische Hinterland steht symbolisch für einen Reise in das verfinsterte Herz einer gebrochenen Nation. Man begegnet, in ebendieser Reihenfolge: Missverstandenen, Ausgestoßenen, Kriegstraumatisierten, Strahlenopfern. Das, was die ohnehin vorgeschädigten Freunde an inneren und äußeren Extremen durchmachen müssen, wird, analog zu diesem verkrüppelten Humaninventar, mehr und mehr bizarr; von halluzinogenen Drogentrips über Epiphanien, Suizid und Seuche bis hin zu grün leuchtenden Rindern reicht die Bandbreite ihrer Erlebnisse, man verwandelt sich von ohnehin mental Aussätzigen immer mehr zu einer Art archaischer Gauklertruppe, deren Engagements sich um des schwindenden Selbstrettungsbedürfnis' Willen zunehmend pathologischer ausnehmen. Schuldgefühle, psychischer und physischer Zerfall gewinnen schließlich die vollständige Übermacht; Thanatos übertrumpft Eros - wie Marko es uns gleich zu Beginn ankündigt.
Dabei könnte die Vorarbeit hinreichender gar nicht geleistet worden sein: Der zweite apokalyptische Reiter hat das Land und die Seelen seiner Bewohner längst ausgehöhlt.

9/10

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DELIRIO CALDO (Renato Polselli/I 1972)


Zitat entfällt.

Delirio Caldo (Das Grauen kommt nachts) ~ I 1972
Directed By: Renato Polselli

Der sich für die Polizei als Profiler betätigende Psychologe Dr. Herbert Lyutak (Mickey Hargitay) leidet selbst unter schweren Störungen: Er ist impotent, sadistisch veranlagt, hat hyänenhafte Sexual-Halluzinationen und wird bisweilen zum - Frauenmörder! Seine eigene Gattin Marzia (Rita Calderoni) ahnt um die Anwandlungen ihres Mannes und betätigt sich selbst als Gewaltverbrecherin, um ihn zu decken. Welche Pläne jedoch verfolgt die Nichte der beiden, die flotte Joaquine (Christa Barrymore)? Und sind die ermittelnden Polizisten betreffs ihrer Garderobenwahl wirklich so geschmacksgeschädigt, wie wir mutmaßen müssen?

Kein Belatschern - Renato Polsellis "Delirio Caldo" gehört zu den blühendsten Auswüchsen psychotronischem Filmschaffens, derer man die auserwählte Ehre hat ansichtig zu werden. Von der ersten Sekunde an nimmt dieser entrückte Streifen einen mit auf eine Reise in die Bereiche des unmöglich Geglaubten und vermag es immer noch wieder, einen draufzusetzen, ohne Rücksicht auf Verluste sozusagen. Dabei gibt es ganz unterschiedliche Schnittfassungen, so unter anderem eine, in der Dr. Lyutaks neurotische Anwandlungen auf ein Vietnam-Trauma geschoben werden. Doch bereits die herkömmliche - so man eine solch ordinäre Kategorisierung im Zusammenhang mit "Delirio Caldo" überhaupt verwenden darf - tut vortrefflich ihre unheilvolle, hiernzersetzende Wirkung beim Rezipienten; vorausgesetzt natürlich, man bedient sich der ohnehin verpflichtenden, deutschen Sychronisation, die aus der berühmten Münchener Schier-Fabrikation (nach dem Dialogautor Heinz G. Schier benannt) stammt, allerdings erst zu frühen Achtziger-VHS-Zeiten erstellt wurde und voll poetischer Strahlkraft ist. Letzteres nicht zuletzt wegen des wunderbaren Christian Marschall auf Mickey Hargitay, der noch jede semantische Absonderlichkeit seriös klingen lassen konnte. Fraglos kommt man in diesem Zusammhang nicht umhin, die zwei berühmtesten Bonmots zu zitieren: "Ich bin's, der Kartoffel" sowie "Ich habe einen instinktiven Verdacht metaphysischen Charakters". Doch auch seltener Hervorgehebene Fäkalanalogien wie "Jetzt drückt er" oder "Ich habe sie erst gesehen, als ich mich von meinem Schiss erhob" lassen Nonsensträume wahr werden, von all den anderen, paradoxen Basisambitionen, wie die, Italien unbedingt nach London ausschauen zu lassen und damit völlig auf die Schnauze zu fallen, gar nicht zu reden. Soviel Stuss unter einem Zylinder, das kann doch nur große Kunst sein.

6/10

Serienmord Madness Psychiatrie Renato Polselli Europloitation Trash Giallo Profiling


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DRUM (Steve Carver/USA 1976)


"If my niggers stop fornicatin', we stop eatin'!"

Drum (Die Sklavenhölle der Mandingos) ~ USA 1976
Directed By: Steve Carver

Der mittlerweile gealterte Plantagenbesitzer Maxwell Hammond (Warren Oates) kommt nach New Orleans, um sich neben ein paar neuen Sklaven auch eine weiße Hausfrau auf seinen Besitz zu holen. In dem Mandingo Drum (Ken Norton), Sohn eines afrikanischen Stammeshäuptlings und der weißen Bordellbesitzerin Marianna (Isela Vega) wird er ebenso fündig wie in der entehrten High-Class-Lady Augusta Chavet (Fiona Lewis). Zurück auf Falconhurst entwickelt sich Drum schnell zum vorbildlichen Vorarbeiter und Aufseher, in dem der weit weniger angepasste Blaise (Yaphet Kotto) einen guten Freund findet. Als Blaise beschuldigt wird, Hammonds verdorbene Tochter Sophie (Rainbeaux Smith) zu belästigen, spitzt sich die Situation dramatisch zu: Am Verlobungsabend von Hammond und Augusta startet der in Ketten gelegte Blaise einen Sklavenaufstand. Drum muss sich für eine Seite entscheiden...

Das Sequel zu Richard Fleischers denkwürdigem Camper "Mandingo" wandelt auf deutlich anderen Pfaden denn das Original. Von dessen beiden vorgezeichneten Pfaden verzichtet "Drum" nahezu völlig auf den transgressiven; verbannt das bei Fleischer noch bestimmende, skandalöse, schockierende Element ebenso aus seinem Rahmen wie dessen künstlerische Ambitionen. Es bleibt ein eindeutiges Bekenntnis zur Exploitation, das nicht allein durch die Besetzung von Yaphet Kotto und Pam Grier, sondern zudem in Form eines Übermaß' weiblicher Nacktheit entsprechende Ambitionen belegt. Die Gewaltsszenen bleiben, mit Ausnahme der manuell vorgenommenen Kastration des eklig-bösen John Colicos durch Ken Norton (die sich allerdings auch noch verhalten präsentiert), in domestizierte Bahnen. Die einzige Darstellerin, die in derselben Rolle von "Mandingo" nach "Drum" überlebt, ist die füllige Lillian Hayman als stets verlässliche Haus-Mammy Lucretia Borgia. Perry King, der seinerzeit den noch deutlich unbeherrschteren Maxwell Hammond verkörperte, wird, einen größeren Handlungs-Zeitsprung zwischen den beiden Filmen implizierend, durch Warren Oates ersetzt. Mit Oates, der sich ein neuerliches Stelldichein mit Isela Vega, seiner Partnerin aus "Bring Me The Head Of Alfredo Garcia" gibt, ändert sich auch das Persönlichkeitsbild des Charakters völlig: Aus dem zur Barbarei neigenden Soziopathen wird ein lustiger Lebemann, dessen tiefsitzender Rassismus eher einer persönlichen Bildungsschwäche denn Generationen intrafamiliären Zerfalls zugeschrieben werden darf. So entsteht gar ein gewisses Freundschaftsband zwischen Drum und seinem Master, das am Ende die (sogar eher unfreiwillige) Flucht der Titelfigur ermöglicht. Susan Georges vormalige Rolle pflanzt sich hier in der von Rainbeaux Smith fort; denn in einen waschechten Sklavenfilm gehört von jeher auch ein kleines, pervertiertes weißes Luder. Inszenatorisch hält sich "Drum" eher auf TV-Niveau - weder der ursprüngliche regisseur Burt Kennedy, noch sein spätes Substitut, der vormalige Corman-Schützling Carver (welcher unfairerweise als alleiniger Regisseur kreditiert wird) leisten sich - offenbar ganz bewusst - keinerlei Extravaganzen.

6/10

Steve Carver Burt Kennedy Sklaverei Südstaaten New Orleans Louisiana ethnics Rache Sequel Blaxploitation


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THE COUNSELOR (Ridley Scott/USA, UK 2013)


"Why wasn't Jesus Christ born in Mexico? Because you couldn't find three wise men or a virgin there."

The Counselor ~ USA/UK 2013
Directed By: Ridley Scott

Der Berater und Anwalt (Michael Fassbender) des Großdealers Reiner (Javier Bardem) gerät in eine empfindliche Situation, als man ihn verdächtigt, eine gewaltige Lieferung Kokain aus Mexiko gestohlen zu haben. Der Anwalt hatte den Deal nach Beratung mit Reiner und unter Vermittlung des hintergründigen Westray (Brad Pitt) eingefädelt, um sich noch mehr Luxus gönnen und mit seiner schönen Verlobten Laura (Penélope Cruz) in Reichtum schwelgen zu können. Er ahnt nicht, dass er einem eiskalt ersonnenen Plan von Reiners Liebchen Malkina (Cameron Diaz) aufsitzt, die tatsächlich hinter dem Kokaindiebstahl steckt und damit die Ermordung sämtlicher Beteiligten durch die rachsüchtigen Mexikaner nicht nur in Kauf nimmt, sondern ausdrücklich herbeiführt.

Vielleicht könnte man "The Counselor" in Scotts Gesamtwerk etwa jene Stellung zuordnen, die "Showgirls" in Paul Verhoevens Œuvre innehat: Eine mehr oder weniger freiwillige Liebäugelung mit Camp und Sleaze, die unter Inkaufnahme einer geradezu offensiven Exaltiertheit mit Sex und Amoral hausieren geht und die Schlechtigkeit der Welt ausstellt in einer Form, die wohl vornehmlich dazu angetan ist, ein eher bürgerliches Publikum zu schockieren; dem in Genrebelangen "erfahreneren" Betrachter - und dies dürften, davon gehe ich einfach mal aus - ohnehin die meisten sein, die sich "The Counseor" widmen, allerdings lediglich eine Variation altbekannter Themen kredenzt. "Scarface", "Traffic", "Blow", "Savages", "Spring Breakers" stehen in der Ahnenreihe dieses mit verlockenden Bildern protzenden Epos, in dem sogar Ströme von Jauche noch toll aussiehen: Leg' dich nicht mit Latino-Gangstern an, die sind nämlich die härtesten, kranksten und brutalsten Bastarde der Welt, die Föten und Schlimmeres zum Frühstück verspeisen! Wesentlich mehr sitzt eigentlich nicht drin in Scotts wie mit einem riesigen Nudelholz ausgewalzten Geschichte eines Niedergangs, die mir allerdings trotzdem prima gefallen hat, weil ich seit eh und je auf des Regisseurs selbstherrliches, schwelgerisches Stilgewichse abfahre und mich mit selbigem stets hinreichend wohl gefühlt habe. Hervorragende Darsteller, schöne Menschen, die, mit Ausnahme der armen Penélope Cruz (die es ausgerechnet am härtesten erwischt), kriegen, was sie verdienen und am Ende aber auch gar nichts mitnehmen können von Dolce oder Gabana, das kann auch mal schön sein. Und dann der mir omnipräsent scheinende Michael Fassbender. Mir fast schon unheimlich, dass ich, ganz unbewusst, schon so Vieles mit ihm angeschaut habe (ich zählte überraschterdings just ganze zwölf Filme, with many more to come). Ist aber auch echt okay, der Junge.

8/10

Ridley Scott Mexiko Arizona Drogen femme fatale


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LES AVALEUSES (Jess Franco/F, B 1973)


Zitat entfällt.

Les Avaleuses (Entfesselte Begierde) ~ F/B 1973
Directed By: Jess Franco

Einsam, stumm, depressiv, jahrtausendealt, dauergeil: Die Vampirin Irina Karlstein (Lina Romay) hat's nicht leicht. Auf der schönen Insel Madeira sucht sie sich ihre Opfer, denen sie sämtliche Lebenssäfte bei Fellatio und Cunnilingus aus den Genitalien saugt und sie hernach glücklich, aber tot zurücklässt. Für den Gerichtsmediziner Dr. Roberts (Jess Franco) ein klarer Fall, ebenso wie für den mysteriösen, blinden Parapsychologen Dr. Orloff (Jean-Pierre Bouyxou). Selbst die Liebe zu dem Lyriker Baron Von Rathony (Jack Taylor) vermag Irina nicht auf den rechten Weg zu führen und so ist sie am Ende froh, dass ihre Ahnen sie wieder zurück in die nebulöse Dunkelheit rufen, aus der sie einst emporstieg.

Bilder und Töne in meditativer Einheit - als solcher und nur solcher muss man "Les Avalseuses" begegnen. Der Film ist denkbar purster Franco, schundig, schäbig, imbezil, avantgardistisch und höchst poetisch, er findet wie so häufig wieder (s)eine erstaunliche Nische zwischen Konzeptkunst und unverhohlenem Trash. Francos jüngste Muse und Ehefrau Lina Romay erwies sich ja als überaus zeigefreudig und stets bereit, jede noch so schmutzige Avance ihres Gatten vor der Kamera umzusetzen, so dass sie auch dieses Machwerk zur Gänze trägt. Die Szenen derweil, in denen der Meister selbst oder der noch hölzernere Bouyxou vor der Kamera zu agieren haben, präsentieren unglaubliches Schmierentheater hinter kaum fassbarem, ominösem Dialog (für dessen Einsprechung sich in der deutschen Vertonung selbst ein Erik Schumann nicht zu schade war). Aber das ist eben, wie hinreichend erwähnt, die höchsteigene Signatur dieses zu Lebzeiten nimmermüden Kino-Dynamos (oder, wie Schifferle ihn so schön nennt, 'Cinemanen').

5/10

Vampire Portugal Madeira Insel Sucht Jess Franco Europloitation


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BLACK SHAMPOO (Greydon Clark/USA 1976)


"So you're that hairbender..."

Black Shampoo ~ USA 1976
Directed By: Greydon Clark

Mr. Jonathan (John Daniels) besitzt nicht nur einen funky barbershop, er steht im Hinterzimmer desselben auch vornehmlich weißen, gut betuchten und einsamen Damen mit speziellen, alternativen Dienstleistungen zur Verfügung. Wirklich verliebt ist er allerdings in seine neue Empfangsdame Brenda (Tanya Boyd), eine echte Gazelle vor dem Herrn. Doch Tanya ist leider auch die Ex von Gangsterboss Mr. Wilson (Joe Ortiz) und selbiger lässt sich nicht gern die Fäden aus der Hand nehmen. Also verbimst er Jonathans Friseur Artie (Skip E. Lowe) und lässt den Laden zu Klump hauen. Brenda ist derweil nicht faul und tut so, als käme sie zu Wilson zurück - nur um ihm dessen Terminkalender zu klauen, der Wilsons sämtliche kriminellen Aktivitäten offenbart. Der Fiesling lässt sich selbiges nicht gefallen und es geht Mann gegen Mann...

Hal Ashbys "Shampoo" ist eine hellsichtige New-Hollywood-Komödie um einen straighten hairdresser on fire, dessen Gigolo-Qualitäten ihn noch um einiges erfolgreicher agieren lassen. Auf der Suche nach fruchtbar zu plagiierenden Topoi stieß das Blaxploitation-Kino dann irgendwann auf Ashbys Society-Satire und funktionierte sie zu einem veritablen, kleinen B-Klassiker um, der in seinen intellektuell eingeschränkten Grenzen durchaus für sich bestehen kann. Der zunehmend sleaziger werdende Habitus jener Subkategorie bediente sich darin wesentlich offenherzigerer Sex-Elemente, die den Film besonders im ersten Drittel hier und da wie einen Softporno wirken lassen, um später deutlich handfester Crime-Elemente in den Vordergrund zu rücken. Der Showdown schließlich macht Gebrauch von Kettensäge, Beil und Billard-Queue als tötliche Waffen und auch sonst keine Gefangenen. Mancher Szenenwechsel wird schnieke eingeleitet durch Einfrier- und Negativierungstechniken, was den Streifen zusätzlich hip erscheinen lässt, hinzu kommt eine erstklassige deutsche Synchronfassung aus München. Interessant ferner, dass ein schwules Tuckenpaar ausgerechnet in diesem sonst eher testosteronträchtig-homophoben Milieu als Sympathieträger und hero's best friends auftaucht, noch interessanter Clarks unbestechliches Auge bei der Besetzung des sich zu entkleidenden Weibsvolks. Tanya Boyd jedenfalls ist nichts weniger denn atemberaubend.

6/10

Greydon Clark Los Angeles Kalifornien Blaxploitation Sleaze


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MALABIMBA (Andrea Bianchi/I 1979)


Zitat entfällt.

Malabimba (Komm und mach's mit mir) ~ I 1979
Directed By: Andrea Bianchi

Kein geringerer Geist als der von Lucrezia Borgia persönlich fährt (nach zweiter Wahl, wie man ergänzend erwähnen muss) in den Körper der aufkeimenden Bimba Karoli (Katell Laennec), Spross des finanziell notleidenden Blaublütigen Andrea Caroli (Enzo Fischiella). Um sich gesundstoßen zu können, lässt jener sich von der Noch-Ehefrau seines infolge eines Schlaganfalls komplett funktionsuntüchtigen Bruders Adolfo (Giuseppe Marocco) in die Kiste zerren, während Bimba nächtens durchs Schloss pilgert und allen beim Bumsen zuschaut oder andere versaute Dingelchen anstellt. Für die wohlgläubige Schwester Sofia (Mariangela Giordano) unhaltbare Zustände, die da ihren üblen Lauf nehmen...

Ein weiteres Highlight von dem nie sonderlich sensitiv salbadernden Anrdrea Bianchi, bei dem der schmalzige Schmier aus allen Rillen der Bahnhofskino-Leinwand respektive des Fernsehgeräts trieft und tropft. Für ein immer noch weiteres "Exorcist"-Rip-Off waren sich die Italiener ja bekanntermaßen nie zu schade und so folgte nach den sogar vergleichsweise feinsinnigen "Chi Sei?" und "L'Anticristo" mit einigem Abstand noch diese Knallschote, die ganz unverfangen die sexuellen Aspekte schweinischer Besessenheit in den Vordergrund stellt und dem ganzen ohnedies unheiligen Gebahren einen gehörigen Batzen lustiger Vögelei auf die Krone setzt. Selbstredend macht auch die Münchener Synchronfassung, die durchweg an die eines (damals ja auch noch stets prominent vertonten) Pornos erinnert, keinerlei Gefangene. Durch ein paar relativ nachlässig eingefügte HC-Inserts geht die Gleichung dann sogar auf und es ergießt sich eine gehörige Brause multipler Fiesimatenten über den geneigten Zuschauer, der zartbesaiteten Mitbetrachtern auch und insesondere heute (noch) die Schamesröte ins Gesicht treiben sollte. Megamäßig, I say.

6/10

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LA VIA DELLA PROSTITUZIONE (Joe D'Amato/I 1978)


Zitat entfällt.

La Via Della Prostituzione (Sklavenmarkt der weißen Mädchen) ~ I 1978
Directed By: Joe D'Amato

Die knallharte, abgefeimte und jeder Form freier Liebe zugetane Enthüllungsjournalistin Emanuelle (Laura Gemser) plant eine Reportage über die Irrwege illegaler Prostitution. Nach einigen erotischen Abenteuern in Kenia geht es zurück in die Staaten, wo sie sich auf die Spur des Mädchenhändlers Francis Harley (Gabriele Tinti) begibt, der ihr bereits in Nairobi aufgefallen war. Emanuelle tarnt sich als mittelloses Hippie-Mädchen und wird an den Puff der Madame Claude (Gota Gobert) in San Diego weitervermittelt. Wer Madame Claude a den Karren wird, wird wahlweise in irgendwelche Drittweltländer verschleppt oder einer Lobotomie unterzogen - ein gefährliches Pflaster für Emanuelle.

Nach zwei nicht ganz "offiziellen" Beiträgen zur Reihe ("Emanuelle Nera No. 2" mit "Ausnahme"-Schauspielerin Shulamith Lasri und "Suor Emanuelle", in der Laura Gemser eine geile Nonne spielt), lieferte Urvater Joe D'Amato mit "La Via Della Prostituzione" den dritten echten Film um die flotte Reporterin ab, die sich in allen möglichen Teilen der Welt (vorzugsweise aber in Afrika) austobt und neben regelmäßig aufsehenerregenden Schreibanlässen immer auch ordentlich was zu bumsen auftut. Ob Männlein oder Weiblein, jung und attraktiv oder alt und faltig ist dabei Nebensache, Hauptsache, die Chemie funzt - und sie funzt so gut wie immer! Gerade das machte ja auch Laura Gemsers unerreichte, spezifische Erotik aus - selbst bei der nackten Massage eines überreifen Senioren wirkt sie noch höchst vergnügt. Kein noch so niederer Sexualpartner schien dieser milchkaffeebraunen Göttin je unangemessen, im Gegenteil: Anders als im luxuriösen Ambiente einer Sylvia Kristel brauchte man hier also nicht groß zu träumen - Laura Gemser musste man nur wo treffen und die zu erwartende Nummer schien in festen Tüchern. Wie sie am Ende dieses Films eine ganze, ungewaschene Fischkutterbesatzung zum Drüberrutschen einlädt, das hat einfach Chuzpe. Abgesehen von der tatsächlich perfekt gegossenen Gemser hat es natürlich noch Nico Fidencos wie gewohnt coolen Score und D'Amatos fachmännisch inszenierte Voyeurismen. Dazu ist das ganze Ding noch überaus ulkig und als Zeuge goldener Bahnhofskinotage sowieso nur toll.

6/10

Joe DAmato Europloitation Journalismus Afrika Kenia New York San Diego


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SADOMANIA - HÖLLE DER LUST (Jess Franco/E, BRD 1981)


"Der Typ hat mehr Flöhe als unsereins Filzläuse."

Sadomania - Hölle der Lust ~ E/BRD 1981
Directed By: Jess Franco

Während ihrer Flitterwochentour verfahren sich Michael (Ángel Caballero) und seine frisch Angetraute Olga (Uta Koepke) und landen auf dem Gelände der 'Hacienda Blanca', einem lateinamerikanischen Frauenknast, dessen Chefin Magda (Ajita Wilson) allerlei Schindluder mit den Insassinnen treibt. Weil die blonde Olga exakt in ihr Beuteschema passt, behält Magda sie unter fadenscheinigen Anschuldigungen dort und jagt Michael zum Teufel. Olga lernt bald den Gefängnisalltag kennen, zu dem unentwegte Barbusigkeit (auch bei den Wärterinnen), lesbische Spiele unter den Insassinnen, Folter, Menschenjagden, Liebesdienste an der Chefin und permanente Besuche des hiesigen Gouverneurs Mendoza (Robert Foster) gehören, der probiert, seine Impotenz mittels teils abartigster, paraphiler Aktionen zu umgehen. Die arme Tara (Ursula Buchfellner) geht drauf, nachdem sie an den schwulen Zuhälter Lucas (Jess Franco) verschachert und misshandelt wurde, die taffe Mercedes (Andrea Guzon) allerdings hält durch. Michael bleibt derweil jedoch nicht untätig und macht sich an die Befreiung seiner Holden.

Der mittlere Film der Uschi/Franco-Trilogie, zwischen den nicht minder monumentalen "El Caníbal" und "Linda" heruntergekurbelt und wie diese beiden unter produziernder Beteiligung der LISA entstanden. Ein aberwitzig-schmieriges Stück ist dem guten Jess da mal wieder aus der Kamera geplumpst, mit selbst unterlegter Musik, die takteweise auch aus anderen seiner Kompositionen bekannt ist. Bezeichnend vor allem das grandiose Frauenbild, das "Sadomania" transportiert und von dem wir Kerle uns allesamt wünschten, es entspräche auch nur zu zehn Prozent der Realität: Alle Weiber sehen gut aus, wollen permanent Sex und sagen immer das Gegenteil von dem, was sie meinen. Jeder kriegt jede rum, immer schnell und garantiert, und seien es selbst (der damals wohlgenährte) Franco himself, der unverwüstliche Otto W. Retzer oder gar ein Schäferhund. Es wird besprungen, was nicht niet- und nagelfest ist, und jede Absage an den oder die potenzielle VerfüherIn verwandelt sich nach fünf Sekunden in zügellose Wollust. Von einer auch nur ansatzweise stringenten Story kann keine Rede sein; vermutlich wurde das Drehbuch, sofern überhaupt vorhanden, jeweils morgens beim Kaffee im Hotel Luxor, Alicante weitergestrickt. Wie dem auch sei, Uschi Buchfellner spielt mit, nahezu permanent entkleidet, was schonmal das vordringliche Betrachtungsargument bildet. Ansonsten gilt dasselbe wie für die meisten Francos: Love it or leave it be.

5/10

Jess Franco Sleaze Trash Gefängnis Paraphilie WIP Lisa-Film Europloitation





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Funxton

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