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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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A PRAYER FOR THE DYING (Mike Hodges/UK 1987)


"There's no reason for killing or dying anymore."

A Prayer For The Dying (Auf den Schwingen des Todes) ~ UK 1987
Directed By: Mike Hodges

Nachdem bei einem seiner Anschläge ein vollbesetzter Schulbus statt des ursprünglich anvisierten Militärkonvois explodierte, ist der vormalige IRA-Profikiller Martin Fallon (Mickey Rourke) auf der Flucht vor seinen vormaligen Gesinnungsgenossen (Liam Neeson, Alison Doody). In London nötigt der Gangsterboss Meehan (Alan Bates) Fallon dazu, als Finaljob einen seiner Konkurrenten auszuschalten. Doch Vater Da Costa (Bob Hoskins) wird zufällig Zeuge des Auftragsmords. Um seine polizeiliche Aussage zu verhindern und ihn nicht auch noch töten zu müssen, lässt Fallon sich von dem Geistlichen die Beichte abnehmen. Für Meehan reicht diese "Sicherheit" jedoch nicht aus.

Nicht ganz das, was er hätte sein können, bleibt "A Prayer For The Dying" trotz seiner denkbar guten Voraussetzungen an der Oberfläche haften. Ungeachtet des emotional betrachtet grundsätzlich durchaus intensiven, involvierenden Themas gelingt es Hodges nicht, den schweren Gewissenskonflikt Martin Fallons wirklich transparent werden zu lassen. Insbesondere die filmische Einführung seiner Figur ist dafür verantwortlich: Gleich zu Beginn des Films lernt man den Protagonisten als verzweifelten, fragilen Angstpatienten kennen, nicht jedoch als den gefürchteten, dutzendfachen Killer, als der er im weiteren Verlauf des Films immer wieder beschrieben wird. Umso brüchiger der vorgestellte Schuld-/Sühne-Komplex. Martin Fallon, von Mickey Rourke in seiner ihm damals typischen Art des stets situativ Überlegenen interpretiert, will sich nie ganz in seine Präambel als dreidimensionale Figur einfügen. Den wesentlich dankbareren, weil greifbareren Part hat Bob Hoskins erhalten, zu dieser Zeit ohnehin einer der vorrangigen britischen Darsteller. Seine Interpretation des vormaligen Killers von staatlicher Legitimation, der den "Absprung" nur durch seine Hinwendung zur Geistlichkeit bewältigen konnte, verleiht "A Prayer For The Dying" erst seinen rechten Glanz.

7/10

Mike Hodges Irland London IRA Terrorismus Kirche Jack Higgins


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FOXY BROWN (Jack Hill/USA 1974)


"I don't know... vigilante justice?" - "It's as American as apple pie."

Foxy Brown ~ USA 1974
Directed By: Jack Hill

Für Foxy Brown (Pam Grier) gibt es nur noch eines: Vergeltung. Nachdem Foxys nutzloser Bruder Link (Antonio Fargas) ihren Lover Michael (Terry Carter), der sich just als vormaliger Uncercover-Cop zur Ruhe setzen wollte, an die Gangsterchefin Katherine Wall (Kathryn Loder) verpfiffen hat, wird Michael auf offener Straße hingerichtet. Als Prostituierte getarnt, infiltriert Foxy die sauberen Kreise der Miss Wall und räumt nach ersten Rückschlägen gnadenlos alles beiseite, was sich ihr in den Weg stellt.

Ein grandioser Blaxploiter mit allem, was dazu gehört und vielleicht noch ein wenig mehr. "Foxy Brown" erfüllt nicht bloß Klischees, er kreiert sie auf denkbar aktive Weise mit; etwa unter Aufwändung des treibendenm pseudo-feministischen Elements der schwarzen Superfrau, die sich einer geschmeidigen, sexuell unersättlichen und tödlichen Pantherkatze gleich durch die Reihen ihrer zumeist weißen Widersacher bewegt und unvermittelt zuschlägt. Man lernt zudem viel über das intraethnische geschlechtliche Selbstverständnis dieser Zeit, das eine selbstbestimmte Frauenfigur im Prinzip auch nur solange zuließ, wie diese sich an die virilen Bettqualitäten eines männlichen Gegenparts klammerte: in einer vielsagenden Szene räumt Foxy in einer Lesbenspelunke auf und bearbeitet die verachtenswerten Mannsweiber mit Barhockern. Soviel zum Thema Emanzipation. Später werden ihre Gegner zuvorderst erschossen, jedoch auch auf exotischere Arten liquidiert: Zwei werden verbrannt, einer von einem Frontpropeller zerfetzt. Die Hauptgegnerin allerdings bleibt, unter Foxys denkbar größtmöglicher Erniedrigungsstrategie, am Leben, nachdem sie Foxys Mitbringsel inspiziert hat: Die abgeschnittenen Genitalien ihres Liebhabers (Peter Brown). 'Quid pro quo', allerdings mit etwas mehr 'quid' als nötig.
Pam Grier ist wie gemacht für diese Art niederträchtigen Racheengel-Spektakulums, das zeigt sich besonders anhand des großartigen Kleinods "Foxy Brown". I love it.

8/10

Jack Hill Blaxploitation Exploitation Los Angeles Rache Prostitution Drogen Heroin


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THE ALAMO (John Lee Hancock/USA 2004)


"It's amazing what a little harmony will do."

The Alamo ~ USA 2004
Directed By: John Lee Hancock

Im Frühjahr 1836 bedroht der mexikanische General Santa Anna (Emilio Echevarría), der sich selbst gern als 'Napoleon des Westens' betrachtet, die werdende Republik Texas. Zwischen ihm und dem Norden befindet sich als symbolische Bastion allerdings noch das Fort Alamo, das von dem Militärkarrieristen Travis (Patrick Wilson), dem knochenharten Milizenführer Jim Bowie (Jason Patric) und dem legendären trapper Davy Crockett (Billy Bob Thornton) sowie deren Männern gehalten wird. Vergeblich warten sie auf die Unterstützung von dem weiter nördlich lagernden Sam Houston (Dennis Quaid), der weiß, dass Alamo im Grunde bereits verloren ist und Santa Anna schließlich auf übersichtlicherem Terrain besiegt.

John Waynes ehrgeiziges Projekt "The Alamo" hat seine Meriten, keine Fragen. Und diese sind sicherlich auch berechtigt. Im Prinzip bildet John Lee Hancocks 04er-Verfilmung der Ereignisse um das berühmte Fort im Direktvergleich - wenngleich nichzt das interessantere - so doch das gelungenere, weil gelassenere, entspanntere Werk. Den geschichtsklitternden Heroismus Waynes spart Hancocks Film zumindest teilweise aus, wenngleich auch er die drei Helden des Forts, insbesondere den von Thornton gespielten Davy Crockett, ebenso wie der alte Film als kantige Sympathieträger zeichnet. Ansonsten zehrt "The Alamo" von seinen ausladenden, vitalen Bildern, die ihn zu einem im klassischen Sinne schönen, ungemein ästhetischen Film machen, dessen anachronistische Entstehung angesichts seines vorhersehbaren kommerziellen Scheiterns inmitten einer an maßloser Geschwindigkeit und Oberflächeneffekten krankenden Ära umso seltsamer anmutet.

9/10

John Lee Hancock period piece Historie Texas Mexiko Freundschaft Belagerung


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FACE/OFF (John Woo/USA 1997)


"Papa's got a brand new bag."

Face/Off (Im Körper des Feindes) ~ USA 1997
Directed By: John Woo

Endlich sieht es so aus, als hätte FBI-Agent Sean Archer (John Travolta) seine verhasste Nemesis, den terroristen Castor Troy (Nicolas Cage) da, wo er ihn haben will: unschädlich gemacht und im Koma liegend. Doch Archer muss noch Troys letzte, noch immer aktive Bombe finden, deren Lage außer dem Komatösen nur dessen Bruder Pollux (Alessandro Nivola) kennt. Zu diesem Zweck kommt ihm ein neues chirurgisches Verfahren zuhilfe: Archer kann sich operativ in ein Ebenbild Troys umoperieren lassen, mit dessen Gesicht anstelle des eigenen. Als perfekt getarnter V-Mann entlockt Archer dem einsitzenden Pollux Troy das Geheimnis, doch es ist bereits zu spät: Castor ist nämlich unterdessen wieder erwacht, hat sich seinerseits in Archers Double verwandeln lassen, jeden Mitwisser ausgeschaltet und führt nun die Existenz des Erzfeindes. Um sich sein Leben zurückzuholen, muss Archer aus dem Hochsicherheitsknast flüchten und einen letzten Krieg gegen den Feind führen.

Getragen von einer eigentlich famosen Genreprämisse erweist sich "Face/Off" besonders aus zwangsläufig gereifter, heutiger Perspektive als eklektizistisches Puzzle, das seine vielen brauchbaren Versatzstücke nicht zu einem homogenen Gesamtbild finalisieren kann. Es gibt ebenso viele tolle wie hoffnungslos abstürzende Einfälle und Szenen, die in der gegeneinander aufgerechneten Summe einen insgesamt leider bloß mittelmäßigen Film ergeben. Die prinzipielle Grundidee, die Antagonisten, Schwarz und Weiß, zunächst die Plätze tauschen zu lassen, um sich den Heimweg am Ende wieder entbehrungsvoll zurückerobern zu müssen, ist eines John Woo zunächst durchaus würdig. Der traumatisiert-todessehnsüchtige, psychisch ruinierte Familienvater allerdings nervt als in die Neunziger transportierter Archetypus nurmehr, weil er in all seiner oberflächlichen, gestylten Selbstherlichkeit schlicht nicht mehr glaubwürdig erscheint. Ein Mel Gibson wäre toll in jener Rolle gewesen, John Travolta ist einfach bloß ölig und penetrant. Nicolas Cage derweil entpuppt sich als wunderbarer, ethisch unmotivierter Psychoterrorist, der lediglich Rabbatz um des Rabbatzes Willen macht. Ein wiederum geistreich verankerter, psychologischer Dreh: Unter dem Gesicht seines Widerparts Sean Archer erweist er sich als deutlich brauchbarerer, weil Es-gesteuerter Ehemann und Vater. Seine Frau (Joan Allen) hat nach langer Zeit wieder erfüllenden Beischlaf, seine pubertierende Tochter (Dominique Swain) findet den "neuen", anarchisch angehauchten Papa deutlich interessanter als den traurigen alten Spießersack von letzter Woche. Die Grenze, den falschen Archer Sex mit seiner Pseudotochter haben zu lassen, war dann offenbar aber doch zu überschreitungsssensibel - angedeutet jedoch wird diese Option durchaus. Wie Archer in Troys Körper derweil endgültig den Verstand zu verlieren droht und von seinem alten Adlatus Dietrich (super: Nick Cassavetes) einen Drogencocktail kredenzt bekommt, ist wiederum erinnerungswürdig. Dann jedoch kommt der Film mit einem geradezu ekelhaft überzuckerten Kinder-Nebenplot um die Ecke, der, der Gipfel der Provokation, am Ende auch noch dazu führt, dass die Archers einen Ersatzsohn (David McCurley) adoptieren können. Zusammen mit teils alberner Bond-Action, wo ernige Shoot-Outs klassischen Woo-Zuschnitts völlig gelangt hätten, bleibt so ein submediokres Konglomerat der vergebenen Möglichkeiten. Umso mehr ärgert man sich und sinniert dem verschwendeten Potenzial von "Face/Off" hinterher.

4/10

John Woo Duell Terrorismus FBI Familie Los Angeles Rache


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END OF WATCH (David Ayer/USA 2012)


"You feel like a hero?" - "No." - "Yeah, me neither."

End Of Watch ~ USA 2012
Directed By: David Ayer

Die beiden in Southcentral Los Angeles Streife fahrenden Polizisten Brian Taylor (Jake Gyllenhaal) und Mike Zavala (Michael Peña) unterscheiden sich im Grunde lediglich durch ihre Uniform und ihre moralischen Grundfesten von den sie umgebenden Gangs, in Habitus und Kodex ähneln sie diesen jedoch sehr. Ihre Frauen (Natalie Martinez, Anna Kendrick) bilden jedoch eine feste Basis in ihrem teils über die Grenzen hinaus gehenden Metier. Als Taylor und Zavala eher versehentlich einem mexikanischen Drogenkartell auf die Finger klopfen und diesem später wiederholt in die Quere kommen, stehen sie auf der Abschussliste.

Der Polizeifilm lebt - dank David Ayer, der dem Subgenre in Wort und/oder Bild regelmäßig ähnlich intensive Beiträge beschert wie dereinst Sidney Lumet, Harold Becker oder Joseph Wambaugh. "End Of Watch" markiert bereits das sechste Projekt, in dem Ayer die Exekutivewaltigen von L.A. seziert, ihre Machtbefugnisse, Möglichkeiten, Gefahren und Grenzen. Nachdem er sich bereits korrupte, drogensüchtige und machthungrige Cops vorgeknöpft hat, hält sich Ayer in "End Of Watch", seinem bisherigen Meisterwerk, an die kleinen Streifenpolizisten - gernegroß, naiv, nicht sonderlich intelligent, aber herzlich, gutgläubig und aufrichtig heroisch, wenn es darauf ankommt. Welche unkontrollierbaren Kräfte sie entfesseln, als sie in ihrem Revier einige gut getarnte Heroinlager hochnehmen, ahnen sie nicht einmal ansatzweise und so sind ihre letztlich kleinen, wenn auch kräftigen Lebenslichter sehr bald zum Verlöschen determiniert. Mit dem suggestiven Stilmittel der subjektiven Kamera - Taylor ist Ex-Filmstudent und dreht einen Dokumentarfilm über seine und Zavalas tägliche Einsätze -, das ja in den letzten Jahren vermehrt im Horrorfilm genutzt wurde, kreiert Ayer eine immens bedrohliche, explosive Atmosphäre. Jump cuts und zusätzliche Wackelbilder verhelfen ihm zu noch unmittelbarerer Authenzität, die trotz großer zeitlicher Sprünge innerhalb der Erzählzeit dann auch permanent bestehen bleibt. Mit "End Of Watch" ist David Ayer nun schlussendlich wirklich das gelungen, was er vermutlich bereits seit "Training Day" anstrebt: Ein Meilenstein des Polizeifilms. Viel sollte es hernach zum Thema nicht mehr zu sagen geben.

9/10

David Ayer Los Angeles Slum embedded filming


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BAIT (Kimble Rendall/AU, CN 2012)


"It's coming back!"

Bait ~ AU/CN 2012
Directed By: Kimble Rendall

Seit einem Unfall, bei dem sein bester Freund Rory (Richard Brancatisano) Opfer eines Weißen Hais geworden ist, leidet der frühere Rettungsschwimmer Josh (Xavier Samuel) unter einem schweren Schuldkomplex, der ihn bereits seine Freundin Tina (Sharni Vinson) - zugleich Rorys Schwester - gekostet hat. Als ein schwerer Tsunami über die Küste hinwegfegt, bekommt Josh die Chance, sich seinem Trauma zu stellen: Der Supermarkt, in dem er als Hilfskraft arbeitet, wird überflutet und steht unter Wasser. Zwei Weißhaie geraten mit in die Überschwemmungszone und machen sich umgehend daran, die wenigen Überlebenden zu attackieren, darunter den Geschäftsführer (Adrian Pang), eine Ladendiebin (Phoebe Tonkin) und ihren Polizistenpapa (Martin Sacks) sowie zwei Gangster (Julian McMahon, Dan Wyllie), die den Laden just überfallen wollten.

Ich habe mich den flutgleich über den Heimkinomarkt schwappenden Monsterepen der Produktionsfirma "Asylum" bislang nicht gewidmet. Es werden ja praktisch täglich mehr und allein der Versuch, den Überblick zu wahren, erscheint mir leicht müßig. Wenn ein Hai- oder Kroko-Film es jedoch hier und da mal ins Kino schafft, dann werde ich regelmäßig wieder hellhörig. "Bait", eine australisch-chinesische Coproduktion, ist insofern rührend, als dass er sich und sein Szenario allem ersichtlichen Geldmangel zum Trotze durchaus ernstnimmt, sich weiterhin geschickt auf überschaubare Innenräume beschränkt und seinen Killertieren, die nicht 400, sondern bloß gesunde vier Meter lang sind, damit ein gänzlich ungewohntes Aktionsterrain zur Verfügung stellt. Allein aus diesen Gründen erhält er dem selbstreflexiven Blödeltrash der Konkurrenz gegenüber meinerseits den Vorzug. "Bait" leidet allerdings dennoch unter vielem: Er wirkt teilweise hoffnungslos überambitioniert, stützt sich auf miese, unfertig wirkende Computereffekte und vor allem ein lächerlich aufgeweichtes Beziehungsgeflecht, das die miese Nachwuchsbesetzung zu keiner Sekunde tragen kann. Die sich auf den 3D-Faktor stützenden Schockeffekte erinnern an den seligen "Jaws 3-D", der sich mit Scott Spiegels "Intruder" gekreuzt findet. Eine durchaus komische Melange, die einen einmal riskierten Blick wohl rechtfertigt, keinesfalls jedoch bedingt.

5/10

Kimble Rendall Supermarkt Australien Haiangriff Heist 3-D Tierhorror


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BATMAN: THE DARK KNIGHT RETURNS (Jay Oliva/USA 2013)


"It's finally here, isn't it? The moment we've both dreamed about..."

Batman: The Dark Knight Returns ~ USA 2013
Directed By: Jay Oliva

Um die Mitte der 1980er ist Batman alias Bruce Wayne bereits seit zehn Jahren von der Bildschwäche verschwunden. Im Zuge eines Regierungsdekrets, das sämtlichen Superhelden bis auf den großen Rotblauen den Einsatz verbietet, hat er sich auf Wayne Manor zurückgezogen und vegetiert als verbitterter Todessehnsüchtiger durch seine Fünfziger. Bis äußere Ereignisse Batman zurück auf den Plan rufen: Eine entfesselte, vielköpfige Gang namens "Mutanten" schickt sich an, die Stadt in Ausnahmezustände zu versetzen, Harvey Dent wird als vermeintlich geheilt aus Arkham entlassen und der lange Zeit katatonische Joker bekommt von seinem idiotisch-liberalen Psychiater Wolper auf dem Silbertablett die Chance für seinen großen finalen Massenmord kredenzt. Parallel dazu verwickelt sich die Regierung Reagan auf der Insel Corto Maltese in einen Konflikt mit der Sowjetunion, der in den Dritten Weltkrieg zu münden droht. Die Welt braucht, sie schreit geradezu nach Batman...

Frank Millers revolutionäre Miniserie gilt neben Alan Moores "Watchmen" immer noch zu Recht als Meisterwerk des Mediums. Vor gut dreißig Jahren haben die beiden von DC herausgebrachten Reihen nicht nur die neunte Kunst, sondern speziell das Superhelden-Subgenre endgültig von den letzten verbliebenen Barrieren der Infantilität befreit und dem Massenpublikum demonstriert, wie sich vermeintlich triviale Literaturartefakte zu großer Kunst ausbauen lassen, wenn sich bloß die richtigen Köpfe damit befassen. Batman war in "The Dark Knight Returns", einer Geschichte, die dem 'Elseworlds'-Konzept von DC zuzuordnen ist, welches altbekannte Figuren und deren Entstehungsgeschichten in andere zeitliche und/oder inhaltliche Kontexte setzt, seinem eigenen Raum entrückt und mehr als eine Dekade in die Zukunft katapultiert worden; ein grauhaariger, einsamer Mann, der unter schweren Neurosen und dem zeitlichen Wandel zu leiden hat. Der erste Robin ist fort, der zweite im Einsatz verstorben. Doch besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen: Kurz bevor das Chaos Gotham City zu überrennen droht, taucht Batman aus der Versenkung auf und mit ihm ein neuer (weiblicher) Robin. Dass Batmans Nemesis multiple Formen annimmt, derer er endlich auf unterschiedliche Art Herr werden kann, bevor er endlich das alte Kostüm abstreifen und als moderner Stadtguerillero in den Kampf ziehen kann, zeigt sich im Kampf gegen diverse Bedrohungen: Der Joker läuft Amok und muss endgültig gebändigt werden; Superman ist zum Schoßhündchen einer faschistoiden Wildwest-Regierung geworden und kann Richtig nicht mehr von Falsch trennen. Gegen alle diese Herausforderungen besteht Batman auf die eine oder andere Art, mit blanker Gewalt oder Gewitztheit, und sieht am Schluss einer neuen biographischen Ära entgegen.
Abgesehen von Millers und Klaus Jansons brillantem Strich adaptiert diese neue, in zwei Teilen veröffentlichte Verfilmung der gewaltigen Graphic Novel ganz ähnlich wie bereits "Year One" größenteils 1:1. Ganze Panels finden sich übernommen und mit geringfügigen Modifikationen filmisch aufbereitet, selbst zahlreiche Kleinstdetails bekommen ihren revisualisierten Platz zugewiesen. Als besonders großartig erweist sich die düstere zweite Hälfte der Umsetzung, die um die letzten Schandtaten Jokers und Batmans Duell mit Superman kreist. Hier erreicht Oliva nahezu die atmosphärische Intensität der Vorlage. Von den bisherigen DC-DTV-Animationsfilmen erscheint mir "The Dark Knight Returns" somit als der bisher gelungenste. Was die formale Umsetzung angeht, so mag jedoch ruhig noch etwas mehr Sorgfalt und Aufwand in die bildlichen Hintergründe investiert werden. Ansonsten gern weiter so. "Arkham Asylum" mag kommen.

8/10

Batman Superhelden Comic Superman period piece Apokalypse Kalter Krieg Atombombe Dystopie DC Comics


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THE CONQUEROR (Dick Powell/USA 1956)


"Dance for me, Tatar woman."

The Conqueror (Der Eroberer) ~ USA 1956
Directed By: Dick Powell

Der mongolische Stammesführer Temujin (John Wayne), der dereinst als Dschingis Khan in die Geschichte eingen wird, raubt die Tatarentochter Bortai (Susan Hayward), deren Vater Kumlek (Ted de Corsia) einst Temujins Vater ermordete. Dennoch will er Bortai zur Frau, koste es was es wolle. Zugleich will Temujin endlich Rache an den Tataren und entspinnt eine Fehde gegen sie, in die er auch den Chinesen Wang Khan (Thomas Gomez) einbezieht. Doch Temujin gerät in die Fänge seiner Feinde, aus denen Bortai, die ihrer heimlichen Liebe zu ihm endlich stattgibt, ihn wieder befreit. In einem einzigen großen Schachzug eignet er sich das Reich Wang Khans an und führt seine und dessen Armee siegreich gegen die Tataren.

In inhaltlicher Hinsicht nicht nur vollkommen banal, sondern nachgerade haarsträubend, ist "The Conqueror" einer der merkwürdigsten Filme aus Duke Waynes mittlerer Schaffensphase. Als letzte Filmproduktion des Millionärs Howard Hughes sowie Prestige- und immenses Risikoprojekt für die RKO erwarb sich "The Conqueror" vor allem den Ruf eines "Mörderfilms": Der Wüstendrehort in Utah lag nämlich genau in der Windrichtung eines Atombombentestgebiets im Nachbarstaat Nevada und wurde unentwegt von den stark radioaktiv verseuchten Staub- und Sandstürmen just durchgeführter Bombentests heimgesucht. Dies hatte mittelbar zur Folge, dass mit über einem Drittel aller an der Produktion beteiligten Darsteller und Stabsmitglieder ein überdurchschnittlich hoher Anteil der Mitarbeiter an Leukämie und anderen strahlungsbegünstigten Krebsarten verstorben ist, darunter Wayne, Susan Hayward, Pedro Armendáriz, Agnes Moorehead und der Regisseur Dick Powell, in erster Linie eigentlich selbst Akteur. Nachweislich hatte dieser für Nachdrehs in Culver City sogar tonnenweise von dem vor Ort lagernden Sandstaub ins Atelier bringen lassen - um möglichst authentische Bilder zu erhalten. Ungeachtet der bösen Ironie, dass ausgerechnet der eherne Anti-Kommunist Wayne durch dem Kalten Krieg geschuldete A-Waffen-Experimente das Zeitliche segnen musste, ist "The Conqueror" lupenreiner Camp, ein Beispiel teurer, verschleuderter Logistik und ein weiterer Beweis der unbestechlichen Unfähigkeit Howard Hughes', Filme auch nur halbwegs gewinnbringend zu produzieren. Dennoch ist er gerade in seinem stolzen, verschwenderischen, kurzsichtigen Versagen sowie als das, was er eben über die Dekaden zu symbolisieren begann, sehr sehenswert.

5/10

Dick Powell Howard Hughes Dschingis Khan Mongolei period piece Camp


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COLLATERAL DAMAGE (Andrew Davis/USA 2002)


"Collateral damage? I'll show you collateral damage!"

Collateral Damage ~ USA 2002
Directed By: Andrew Davis

Frau (Lindsay Frost) und Sohn (Ethan Dampf) des tapferen Feuerwehrmannes Gordy Brewer (Arnold Schwarzenegger) werden zu Opfern eines Anschlags des kolumbianischen Terroristen Claudio Perrini, genannt 'El Lobo' (Cliff Curtis). Ihre Tode bezeichnet man leichtfertig als "Kolletaralschaden", Polizei und Geheimdienste sind machtlos gegen die phantomhaft operierende Guerilla. Doch Brewer hat das Gesicht des Drahtziehers gesehen. Auf eigene Faust reist er nach Kolumbien und startet einen Ein-Mann-Krieg gegen Perrini und sein Netzwerk. Schließlich kann Brewer jedoch gefangen genommenen werden, weil er dieselbe Tragödie verhindern will, die seiner Familie widerfahren ist. Mithilfe von Perrinis sympathischer Frau Selena (Francesca Neri) kann er freikommen und zusammen mit ihr in die Staaten entkommen, kurz nachdem die CIA das Partisanendorf dem Erdboden gleichgemacht hat. Perrini plant derweil bereits den nächsten Anschlag in Washington D.C.. Brewer weiß nicht, dass er selbst als Strohmann für die Terroristen missbraucht wurde und Perrini eigentlich nur die eine Hälfte von 'El Lobo' personifiziert...

Mit der Gnade der verstrichenen Jahre als Bonus erweist sich "Collateral Damage" als doch gar kein so mieser Film, als den ihn die meisten Leute, darunter auch ich selbst, damals abtaten. Die in obligatorischem Zusammenhang mit dem zeitgenössischen globalen Geschehen stehende Empörung über die Verwurstung des Themas 'Terrorismus' in einem Genrefilm (!) mit Arnold Schwarzenegger (!!) war ganz einfach Ehrensache. Wenn Arnie gegen Aliens, Mars-Diktatoren, Luzifer oder die Klonmafia antrat, dann war das stets völlig in Ordnung, hier aber ging es urplötzlich um überaus reale Belange in einem schlichten Unterhaltungsfilm, der darüber hinaus eine merkwürdig schwammige Position gegenüber der US-Interventionspolitik in Lateinamerika einnahm. So etwas ging a priori nicht in Ordnung und eine selbst nur halbwegs entgegenkommende Rehabilitierung des Films blieb bis heute aus. "Collateral Damage" hat nie den Fun-Event-Charakter der allermeisten anderen Arnie-Produktionen aufbauen können und fristet als Konserve in den meisten Regalen ein stiefmütterliches Dasein. Zu Unrecht. "Collateral Damage" ist ein durchaus fix inszenierter, spannender Film mit guten Darstellern, dessen kümmerliche politische Irrelevanz ohnehin ausgeblendet gehört. Der Gewaltfreak freut sich über zwei, drei denkwürdig fiese Höhepunkte und der kleine Twist gegen Ende ist durchaus gelungen.
Der Ansatz allerdings, Schwarzenegger einen Allerweltsmenschen geben zu lassen, der erst aufgrund seiner privaten Rachemission über sich hinauswächst, ist zu diskutieren. Der über Jahrzehnte hinweg mühevoll selbstkonstruierten Typographie seines medialen alter ego geht dieser Versuch natürlich völlig zuwider. Arnold Schwarzenegger als vulnerabler Gemütsmensch, der am Ende doch wieder nur Arnold Schwarzenegger ist - die Berechtigung dieses unnützen dramaturgischen Umwegs verläuft recht schnell im Sande. Mit Harrison Ford oder Russell Crowe in dem entsprechenden Part wäre das Ganze vermutlich deutlich 'glaubwürdiger' (falls diese Attribuierung hier überhaupt benutzt werden darf) ausgefallen. Der eigentliche Grund, warum sich "Collateral Damage" das Wasser abgräbt, liegt rückblickend also weniger in seinen redundanten Aussagen, denn vielmehr in dem verzweifelten, leider unerfüllbaren Wunsch nach professioneller Differenzierung. Danach noch schnell ein "Döminejde" und ab ging's ins kalifornische Kabinett, wiederum die allergrößte Fehlbesetzung der Steirischen Eiche.

6/10

Andrew Davis Terrorismus Kolumbien Rache Los Angeles Washington D.C.


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PRAY FOR DEATH (Gordon Hessler/USA 1985)


"What we need now is a black ninja!"

Pray For Death (Die 1000 Augen der Ninja) ~ USA 1985
Directed By: Gordon Hessler

Von seiner Frau Aiko (Donna Kei Benz) überredet, emigriert der Japaner Akira Saito (Shô Kosugi) mit ihr und den zwei Kindern (Kane Kosugi, Shane Kosugi) in die USA, um dort eine neue Existenz zu gründen. Dummerweise geraten die Saitos mitten in einen Konflikt zwischen dem Gangstersyndikat des Mr. Newman (Michael Constantine) und einem korrupten Cop (Matthew Faison). Für Newmans sadistischen Killer Limehouse Willie (James Booth) die Chance, es "den verdammten Schlitzaugen mal richtig zu zeigen". Nachdem Limehouse die Saitos mehrfach attackiert und Aiko trotz diverser Hilferufe seitens Akiras schließlich ermordet, besinnt sich der wütende Witwer auf seine spirituellen Wurzeln. Ein gnadenloser Rachefeldzug ist die blutige Folge.

Nach der Beendigung der "Ninja"-Trilogie für die Cannon versuchte Shô Kosugi, seine Martial-Arts-Fertigkeiten auch unter anderer Produktionsägide zum Erblühen zu bringen. Zumindest der erfahrene B-Regisseur Gordon Hessler vermochte Kosugi mit "Pray For Death" und dem nachfolgenden "Rage Of Honor" zwei den Cannon-Ninjas annähernd gleichwertige Kracher zu bescheren, wobei insbesondere der vorliegende Film hervorzuheben ist. "Pray For Death" steht Kosugis "Meisterwerk" "Revenge Of The Ninja" kaum nach. Erneut stellt die Geschichte zunächst die Hauptanforderung an mündige Erwachsene, sich der Intellektualität und Moralkonzeption eines Dreijährigen zu stellen, diesmal aus der entfesselten Feder James Booth' stammend, der speziell dem von ihm selbst verkörperten, diabolischen Bösewicht einige Extra-Fisimatenten auf das runzlige Kerbholz geschrieben hat.
Leider war ich einmal häufiger auf die alte deutsche VHS angewiesen, die nicht nur gecroppt aufgespielt ist, sondern selbst gegenüber der bereits zensierten US-R-Rated-Fassung nochmal Federn lassen musste. Immer noch einer meiner größten Veröffentlichungswünsche, dass da hierzulande (die Synchronfassung brauche ich aus nostalgischen Gründen unbedingt, sonst hätte ich zumindest die US-DVD) endlich mal was Ordentliches kommt. Bringen doch sonst auch jeden Driss für teuer Geld.

7/10

Gordon Hessler Japan culture clash Familie Rache Ninja Exploitation Martial Arts Selbstjustiz





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