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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE OSTERMAN WEEKEND (Sam Peckinpah/USA 1983)


"I think you tend to be a little strident."

The Osterman Weekend ~ USA 1983
Directed By: Sam Peckinpah

Wie jedes Jahr im Sommer findet auch heuer wieder das "Osterman-Wochenende" statt, ein Treffen vier alter Freunde, in dessen Zuge sich an die gute alte Zeit erinnert und Champagner in rauen Mengen konsumiert wird. Mittlerweile stehen sie alle finanziell betrachtet auf der Sonnenseite John Tanner (Rutger Hauer), Bernie Osterman (Crtaig T. Nelson), Richard Tremayne (Dennis Hopper) und Joseph Cardone) bekleiden alle respektierte Positionen in der Gesellschaft und können, sofern vorhanden, ihren Frauen und Familien ein wahres Lotterleben ermöglichen. Da tritt der CIA-Agent Lawrence Fassett (John Hurt) an Tanner heran: Seine drei Freunde sollen angeblich mit der Organisation "Omega" paktieren, einem amerikanisch-sowjetischen Spionagering. Zunächst skeptisch, glaubt der erzliberale Tanner bald Fassetts Anschuldigungen. Er lässt sein gesamtes Haus verkabeln, mit Kameras ausstatten und von Fassett überwachen. Das angebliche Ziel der Aktion: Mindestens einer der drei vermeintlichen Doppelagenten soll zur Rückkehr bewegt werden. Doch Fassett hat ganz anderes im Sinn als eine ordinäre Spionageaktion...

Vergeltungsplan - Verfolgungswahn. Was die wenigsten wissen: mit 58 Jahren hat Sam Peckinpah, vollends dem Kokain verfallen, schwer inkontinent und stets eine Handfeuerwaffe griffbereit, noch ein letztes großes Meisterwerk geschaffen: "The Osterman Weekend". Die Vorlage des Trivial-Politthriller-Autoren Robert Ludlum verwandelt sich unter Peckinpahs Ägide und der seines Scriptautors Alan Sharp in ein exzellentes Paranoia-Epos um Manipulation und mediale Gaukelei, das darüberhinaus ganz wunderbar als böser Schattenriss des zur gleichen Zeit erschienen "The Big Chill" von Lawrence Kasdan funktioniert. Alte Freundschaften im Zeichen politischen Intellektualismus verblassen angesichts an ihre Stelle tretender konservativer Wertmaßstäbe wie Karriere und Familie sowie einer zeitverpflichteten hohlen, neuen Yuppie-Lehre. In "The Big Chil" spricht man sich noch aus, adaptiert sich mittels Selbsttherapie an die veränderte Zeit; bei Peckinpah endet das neue Misstrauen in Konfrontation und Tod.
Fassetts schwarzer Racheakt an einem System, das ihm mit einem Wimpernzucken alles genommen hat, fügt sich am Ende zu einer brillant eingefädelten Conclusio; einem Puzzle des Todes, einem Manifest wechselseitiger Vergeltung. Danach allerdings wird die Welt nie mehr dieselbe sein, schon gar nicht für den einst so tapfer rosarot sehenden John Tanner.

9/10

Sam Peckinpah Robert Ludlum Verschwörung Rache CIA Kalter Krieg


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CLOUD ATLAS (Tom Tykwer, Andy Wachowski, Lana Wachowski/D, USA, HK, SG 2012)


"Don't leave me here!"

Cloud Atlas ~ D/USA/HK/SG 2012
Directed By: Andy Wachowski/Lana Wachowski/Tom Tykwer

Auf sechs Zeitebenen kämpfen unterschiedliche Inkarnationen ein und derselben Seele gegen die Repressionen, Zwänge und Freiheitsbeschneidungen ihrer jeweiligen Ära: 1849 kämpft der Anwalt Adam Ewing (Jim Sturgess) auf einem Schiff im Pazifik sowohl um sein eigenes Leben als auch um das des entflohenen neuseeländischen Sklaven (David Gyasi); 1936 wird der bisexuelle Nachwuchs-Komponist Robert Frobisher (Ben Whishaw) aufgrund seiner sexuellen Präferenzen von einem alternden Berufsgenossen (Jim Broadbent) übervorteilt und erpresst; 1973 gerät die Journalistin Luisa Rey (Halle Berry) in höchste Lebensgefahr, weil sie einem Atomkraft-Skandal auf die Spur kommt; 2012 wird der verschuldete Verleger Cavendish (Jim Broadbent) von seinem rachsüchtigen Bruder (Hugh Grant) in ein geschlossenes Senioenheim abgeschoben, aus dem es zu fliehen gilt; 2144 schließt sich die 'Duplikantin' Sonmi-451 (Doona Bae) einer revolutionären Bewegung an; 106 Jahre nach der Apokalypse bekommt der unbedarfte Insulaner Zachry (Tom Hanks) es mit der brutalen Unterdrückung durch einen feindlichen Stamm, der weiter fortschreitenden Verseuchung der Erde sowie seinem eigenen bösen Gewissen zu tun.

Zu Lebzeiten wäre die Adaption eines Bestsellers wie Mitchells diesem Film zugrunde liegenden Romans ein unbedingter Fall für Bernd Eichinger gewesen; heute springt statt der Constantin dann eben X-Filme in die Bresche. Tom Tykwer, der ja mit "Das Parfüm" bereits hinreichende Erfolgsliteraturverfilmungserfahrung gesammelt hat, tat sich dafür mit den Wachowski-Geschwistern zusammen und teilte die Inszenierung wohlfeil zwischen ihnen und sich selbst auf. Dabei ist unschwer zu erkennen, wer für welche Segmente verantwortlich ist; die atmosphärisch wie kinetisch betrachtet sanfteren Episoden gehen selbstverfreilich auf Tykwers Konto, während die actionreiche(re)n (Zukunfts-)Parts, in denen es zu zum Teil spektakulären visuellen Aufwendungen und athletischen Shoot-Outs kommt, natürlich von den Wachowskis dirigiert wurden.
Ich kenne das Buch nicht und habe nach dem Film auch nicht das Gefühl, seine Lektüre unbedingt nachholen zu müssen, aber die metaphysischen Diskurse zumindest der Adaption gleiten bisweilen offenherzig ins Vulgärpsychologische ab; die Wanderungen edler, wankelmütiger und niederträchtiger Seelen in immer neuerlichen Reinkarnationen, wobei der Astralkörper des Helden respektive der Heldin immer wieder in die Haut eines anderen Körpers wandert, der zu anderen Zeiten und unter anderen Bedingungen freilich weniger heroisch auftritt, derweil "das ultimative Böse", der ewige Satan immer wieder und immer nur von Hugo Weaving verkörpert wird. Was hat der Mann bloß angestellt, dass er stets so gemein daherkommen muss...? Das alles gibt sich wesentlich wichtiger und bewegter als es letzten Endes ist. Was bleibt, ist ein trotz anderweitiger Behauptung nicht sonderlich ausgefuchtes Genrestück, das sich zumindest über seine beträchtliche Erzähldistanz senkrecht halten kann. "Cloud Atlas" unterhält auf hohem formalen Niveau und erweist sich als in audiovisueller Hinsicht so ziemlich makellos, dennoch: 'thinking man's cinema', also das, was man hier doch offenkundig so gern kredenzt hätte, stelle ich mir trotzdem anders vor, meine Damen und Herren T. und W..

7/10

Andy Wachowski Lana (Larry) Wachowski Tom Tykwer period piece Ensemblefilm Zukunft Apokalypse Reinkarnation Sklaverei Atomkraft David Mitchell London San Francisco Kolonialismus Dystopie


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THE BLOOD OF HEROES (David Webb Peoples/AU, USA 1989)


"This is stupid. We should be fucking and drinking by now."

The Blood Of Heroes (Die Jugger - Kampf der Besten) ~ AU/USA 1989
Directed By: David Webb Peoples

In einer postapokalyptischen Zukunft hat sich die Menschheit zivilisatorisch auf mediävistisches Niveau zurückgebildet: Kleine Ansiedlungen, in denen Handel und Schaukämpfe stattfinden, liegen wie Oasen in der Wüstenei; die größeren Städte werden feudalistisch regiert und liegen kilometerweit und strahlengeschützt unter der Erdoberfläche. Inmitten dieser regressiven Welt ziehen Sallow (Rutger Hauer) und seine fünfköpfige Truppe als 'Jugger' umher, die gegen Naturalia einen Gladiatorensport betreiben. Bei dem Spiel geht es darum, dass innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne ein Team einen Hundeschädel auf eine Lanze aufspießt, während das gegnerische versucht, es daran zu hindern. Mit Kidda (Joan Chen) bekommen die Jugger Zuwachs in Form einer ehrgeizigen, neuen Läuferin, die Sallow dazu überredet, in der 'Roten Stadt' seine frühere Mannschaft, die 'Liga', herauszufordern, aus der er einst unehrenhaft entlassen wurde.

David Webb Peoples, Scriptautor von "Blade Runner" und "Ladyhawke", inszenierte in Personalunion diese kleine Independent-Produktion als seinen einzigen eigenen Spielfilm. Rutger Hauer, mit dem Peoples ergo bereits gut bekannt war, übernahm die ihm praktisch auf den Leib geschriebene Rolle des Sallow, eines opportunistischen Lebemannes, der aus seiner kärglichen Situation das Beste zu machen versucht und für Alkohol und Sex seine Knochen riskiert. Mit der hübschen jungen Kidda kommt endlich wieder ein Mensch in sein Leben, der sich Wünsche und Träume bewahrt hat. Sallows sportliches Engagement in der Roten Stadt findet daher auch vornehmlich statt, um Kidda, die von Seide und schöner Kleidung träumt, einen 'Aufstieg' in die bessere Gesellschaft zu ermöglichen; hier nämlich werden die Gladiatoren bewundert und von der degenerierten Adelskaste hofiert. Dass die Restbevölkerung der subterranen Stadt mit den zerlumpten Außenseitern, die ihre Herausforderung gegen die Liga meistern, ein neues Heldenbild kredenzt bekommen, ist da nurmehr positiver Nebeneffekt für Sallow, der nach vollendetem Sieg wieder sein Heil in der Freiheit und am Tageslicht sucht.
David Webb Peoples scheut sich nicht vor der Dunkelheit. Nach den ersten, sonnenlichtdurchfluteten, fast grellen Bildern von der Wüstenoberfläche, spielt sich das zweite Drittel vornehmlich abends und nahts ab, während den dritten Handlungsort dann die kaum beleuchtete unterirdische Stadt markiert. Das mag auf unbedarfte Zuschauer etwas befremdlich wirken, verleiht dem Film aber ganz bewusst seine notwendige Atmosphäre des permanenten Zweifelns.

7/10

David Webb Peoples Zukunft Apokalypse Dystopie


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DREDD (Pete Travis/UK, USA, IN, SA 2012)


"Judgement time."

Dredd ~ UK/USA/IN/SA 2012
Directed By: Pete Travis

Dredd (Karl Urban), der härteste und gefürchteste 'Judge' in Mega-City One, muss eine Eintages-Bewertung über die Rekrutin Anderson (Olivia Thirlby) vornehmen. Anderson ist eine hellseherisch begabte Mutantin und daher trotz ihrer schlechten Abschlussnoten eine wichtige Einsatzkraft für das Zukunftsgesetz. Zusammen gehen die beiden einem Dreifachmord im Slum 'Peach Trees' nach. Dort haust im obersten Level eines gigantischen Wohnkomplexes die Gangchefin 'Ma-Ma' (Lena Headey), die von hier aus ein verbrecherisches Matriarchat betreibt, das unter anderem die Verbreitung der Droge 'Slo-Mo' beinhaltet. Nachdem Dredd und Anderson das Gebäude betreten haben, lässt Ma-Ma den gesamten Wolkenkratzer hermetisch abriegeln und stiftet die Einwohner an, Jagd auf die beiden Judges zu machen. Doch niemand rechnet mit der Zähigkeit der zwei Supercops.

Nach Danny Cannons Erstadaption von vor 18 Jahren, die viel Schelte einzustecken hatte, erneuern Pete Travis und Danny Boyles Hausautor Alex Garland die sarkastische Dystopie mit Unterstützung der jüngeren Errungenschaften des Genres, die vor allem einen wesentlich höheren Gewaltpegel beinhalten. Die Stimmen, die noch anno 95 über die angeblich faschistoiden Tendenzen von Cannons Verfilmung ereiferten, dürften angesichts der radikalen Methoden des 12er-"Dredd" vor Erbleichung verstummen. Ganz wie in John Wagners herrlich apokalyptischen Comicvisionen kann Judge Dredd seine multipel einsetzbare Kanone nun zur Geltung kommen lassen und seine Gegner nicht nur reihenweise, sondern auch noch in schönster Varianz hinrichten. Das macht gigantisch Laune, weil es sich bei aller Extremität seine notwendige, jedoch nie aufdringliche Ironie bewahrt (ein comic relief wie Rob Schneider schenkt man sich heuer unter allgemeinem Aufatmen) und die Intelligenz des Zuschauers nicht beleidigt. Die Erfindung der Designerdroge 'Slo-Mo', die "der Wahrnehmung eine Verlangsamung der Realzeit auf ein Prozent vorgaukelt", gibt derweil Anlass zu allerlei hübschen visuellen Spielereien, die mitunter sogar unappetitlichstes Sterben zu einem ästhetischen Genuss verklären.
Cooler Film jedenfalls.

8/10

Judge Dredd Pete Travis Alex Garland Dystopie Comic Zukunft Reboot 3-D


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A BREED APART (Philippe Mora/USA 1984)


"Does that thought bother you, sir?"

A Breed Apart (Die Brut des Adlers) ~ USA 1984
Directed By: Philippe Mora

Der Witwer und Vietnamveteran Jim Malden (Rutger Hauer) lebt zurückgezogen auf seiner Flussinsel 'Cherokee Island', auf der das letzte Pärchen einer bestimmten Art von Weißkopfadlern nistet. Jedem Fremden, der sich der Insel nähert, begegnet Malden mit grundsätzlichem Misstrauen und so zieht er sich bald die Feindschaft zweier einheimischen Hillbilly-Brüder (Brion James, John Dennis Johnston) zu, die Cherokee Island als persönliches Jagdrevier betrachten. Anders seine Beziehung zu der Kolonialwarenhändlern Stella (Kathleen Turner) und ihrem Sohn (Andy Fenwick), die gern Maldens neue Familie abgäben. Als der Bergsteiger Mike Walker (Powers Boothe) in die beschauliche Idylle einkehrt und sich mit Malden und Stella anfreundet, ahnt zunächst noch niemand, dass er im Auftrage des Millionärs Whittier (Donald Pleasence) die beiden Adlereier aus dem Nest stehlen soll...

Ein nicht ganz alltäglicher Film, aber das sind Philippe Moras Arbeiten ja eigentlich ohnehin selten. Der Held vereint auf den ersten Blick zahlreiche Klischeecharakteristika - ein ausgezeichneter Nahkämpfer und Vietnamveteran, der Frau und Kind und damit endgültig das Vertrauen in die zwischenmenschliche Kommunikation verloren hat, zugleich Tierliebhaber, dem ständig irgendwelche blutrünstigen Jagdidioten auf die Pelle rücken, dazu ein stiller Naturbursche, mit dem man besser keinen Streit anfängt. Die platinblonde Punkerfrisur hat Rutger Hauer geradewegs aus "Blade Runner" importiert, derweil Kathleen Turner um Einiges unglamouröser auftritt als bislang gewohnt. Eigentlich ein hervorragender Exploitationstoff, doch mit Ausnahme zweier Nacktszenen und einer recht unangenehmen Sterbesequenz hält sich Mora relativ keusch.
In welche Richtung sein Film geht - tatsächlich geht es um nichts Geringeres als das Auf-die-Probe-Stellen einer zaghaft und beiderseits unerwartet geknüpften Männerfreundschaft sowie ein etwas unbeholfen vorgetragenes Liebesgeständnis - ahnt man erst nach der Hälfte, bis dahin bleibt alles ähnlich verhalten und nebulös wie Rutger Hauers exzentrischer Protagonist.
"A Breed Apart" jedenfalls ist, soviel steht fest, ein Film, wie er nur vor dreißig Jahren hat entstehen können.
Heute wären die Primärreaktionen vermutlich Unverständnis und Ablehnung.

7/10

Philippe Mora North Carolina Südstaaten Veteran Freundschaft


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CASA DE MI PADRE (Matt Piedmont/USA 2012)


"¡Yo soy Armando Alvarez!"

Casa De Mi Padre ~ USA 2012
Directed By: Matt Piedmont

Den mexikanischen Ranchersohn Armando Alvarez (Will Ferrell) trifft es hart: Obschon er fest mit seinem Land verwurzelt ist und es liebt wie kein zweiter, bevorzugt sein Vater Miguel (Pedro Armendáriz Jr.) stets Armandos Bruder Raul (Diego Luna), der tatsächlich nichts weiter als ein formvollendeter Halunke und Drogendealer ist. Nicht ganz zu Unrecht: Einst hat Armando als Kind den Tod der Mutter (Sandra Echeverría) verschuldet und gilt auch sonst als etwas unterbelichtet. Als Raul protzend mit Geld, Gut und seiner neuen Verlobten Sonia (Genesis Rodriguez) heimkommt, um auf der heimischen Hacienda zu heiraten, ist Miguel zunächst hocherfreut. Doch der hiesige Gangsterboss Onza (Gael Garcia Bernal), dem Raul zudem das Mädchen ausgespannt hat, lässt sich nicht gern in die Suppe spucken und richtet auf Rauls Hochzeit ein Massaker an. Jetzt schlägt Armandos Stunde: Die Rache ist sein.

Wenngleich "Casa De Mi Padre" natürlich ein lupenreines Ferrell-Vehikel ist, unterscheidet er sich doch zumindest formal etwas von der üblichen Linie 'seiner' Filme. Nicht nur, dass die Dialoge bis auf wenige Ausnahmen ausschließlich in spanischer Sprache vorgetragen werden, Piedmonts Film begreift sich vor allem als streng satirisch gehaltene Hommage und Reverenz an die Filme von Peckinpah, das Grindhouse-Kino der siebziger Jahre, den traditionellen mexikanischen B-Film sowie die hiesigen Telenovelas. Das in den Originalen mitunter selbstherrlichst vorgebrachte Klischeerepertoire zieht "Casa De Mi Padre" gnadenlos durch Scheiße und Kakao. Dementsprechend geht es auch etwas blutiger zu als üblicherweise in Ferrells Komödien, die Schießereien werden, ganz der genannten Tradition als Blutbalette in SloMo zelebriert und enden stets mit einer besonders bedeutsamen Einstellung - Blut tropft von einer weißen Rose etc. Dazu offeriert "Casa De Mi Padre" ein Feuerwerk an sorgfältig arrangierten, natürlich überdeutlich sichtbaren 'Patzern': permanente Anschluss- und Montagefehler, haltlos schlechte Miniatur- und Matte-Effekte, künstliche Filmrisse und ähnliches sorgen für überaus komische Kurzweil.
Allerdings macht sich auch bemerkbar, dass jene Arbeiten, in denen Ferrell eines gleichrangigen und vor allem ebenbürtigen Gegenübers wie Sacha Baron Cohen, John C. Reilly oder zuletzt Zach Galifianakis entbehrt, eher seine 'sekundären' sind - ich denke da an "Blades Of Glory", "Semi-Pro" oder "The Lost World". In ebendieser "Kategorie B" würde ich auch "Casa De Mi Padre" ansiedeln - man mag ihn als Ferrell-Apologet natürlich zwangsläufig, er hält jedoch nicht das brachiale, durchgehende Dauerfeuerkomik-Flair der Instant-Klassiker "Anchorman", "Talladega Nights" oder "Step Brothers".

7/10

Matt Piedmont Will Ferrell Mexiko Drogen Familie Vater & Sohn Brüder Hommage Groteske Parodie


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TWILIGHT'S LAST GLEAMING (Robert Aldrich/USA, BRD 1977)


"You try one more goddamn stunt and I'll light up the fucking sky!"

Twilight's Last Gleaming (Das Ultimatum) ~ USA/BRD 1977
Directed By: Robert Aldrich

Der einst geschasste, weil als Querulant berüchtigte Air-Force-General Dell (Burt Lancaster) bricht aus dem Gefängnis aus und bemächtigt sich zusammen mit drei kriminellen Mitstreitern (Paul Winfield, Burt Young, William Smith) eines Atomraketensilos in Montana. Von hier aus droht er, die neun auf die Sowjetunion gerichteten Titan-Flugkörper zu starten, wenn der amtierende US-Präsident (Charles Durning) nicht die wahren Gründe für das US-Engagement in Vietnam bekannt gibt.

Ein exzellenter Thriller von Robert Aldrich, der einmal mehr unter Beweis stellt, welchen Biss insbesondere seine in den Siebzigern gefertigten, etwas handzahm als 'Alterswerk' firmierenden Filme besitzen. Ebenso wütend und zielstrebig wie sein Protagonist walzt sich Aldrich durch die Story um Terror und Geheimnis und lässt nach anfänglicher Unsicherheit die vermeintlich Bösen rasch zu Sympathisanten werden. Der wahre Feind ist nicht der raketenkapernde Veteran, sondern er befindet sich im Inneren, im sogenannten 'Beratungsstab' des Weißen Hauses, wo alte Männer die Geschicke der westlichen Welt lenken und der Präsident selbst sich als entbehrliche Marionette einer heimlichen politischen Machtkaste entpuppt. General Dell traut man anfangs noch zu, dass er seinen Plan, den Dritten Weltkrieg vom Stapel zu lassen, in die Tat umsetzt; irgendwann jedoch schaltet sich, die anderen beiden sind bereits tot, sein Partner Powell (Winfield) als Quasi-Volksstimme dazwischen und vergegenwärtigt ihm seine eigene und die äußeren Realität: Kein politisches Geheimnis der Welt sei es wert, dass man selbige ins Grab schickt, und das wisse Dell insgeheim auch. Angesichts dieser Erdung droht Dell zu verzweifeln; für Lancaster eine Gelegenheit, seine große Schauspielkunst zu demonstrieren. Nach zwei Stunden sich auftürmender Spannung, nach deren Ablauf mit allem zu rechnen ist, kommt dann das einzig denkbare Ende: Endlich hatte Aldrich selbst sein Publikum so weit, dass es den gesamten Erdball mit all seinem intriganten, verlogenen Politgesocks ins postnukleare Nirwana wünscht, da machen - so einfach ist das - ein paar Scharfschützen dem apokalyptischen Traum ein Ende. Der status quo bleibt erhalten, der Globus weiterhin brav am Abgrund und General Dell, potenzieller neuer Messias und Märtyrer des liberalen Menschheitsfügels, nurmehr eine unbequeme Behauptung erfolgreicher Rebellion.

10/10

Robert Aldrich Atombombe Zukunft Vietnamkrieg Terrorismus


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RIVER OF DEATH (Steve Carver/USA 1989)


"Goodbye, old friend!"

River Of Death ~ USA 1989
Directed By: Steve Carver

Im Brasilien des Jahres 1965 ist der Abenteurer Hamilton (Michael Dudikoff) zusammen mit dem Wissenschaftler Blakesley (Victor Melleney) und dessen Tochter Anna (Sarah Maur Thorp) auf der Suche nach einer "Verlorenen Stadt" tief im Amazonasgebiet. Als sie sie endlich finden, bleibt 'Hamilton nur die Möglichkeit zur Flucht vor den kriegerischen Indios, Anna muss er zurücklassen. Zurück in der Zivilisation bemüht sich Hamilton sogleich um die Finanzierung einer weiteren Expedition und tatsächlich scheinen mehrere Interessensgruppen an einer Reise zur Verlorenen Stadt interessiert: Der zwielichtige Polizeichef Diaz (Herbert Lom) etwa, der nicht minder mysteriöe Industrielle Berger (Donald Pleasence) und ein Nazijäger-Pärchen (Rufus Swart, Foziah Davdson). Wie Hamilton bald herausfindet, bildet die Verlorene Stadt nämlich nicht nur die Heimat aggressiver Indianer, sondern auch den Verbreitungspunkt eines Lepravirus und außerdem das Exil des flüchtigen Naziarztes Dr. Manteuffel (Robert Vaughn), mit dem diverse Zeitgenossen noch eine persönliche Rechnung offen haben...

Ziemlich bizarrer Streifen, den Corman-Lehrling Steve Carver da für die dämmrige Cannon inszeniert hat. "The Boys From Brazil", gepaart mit den ersten Minuten von "Raiders Of The Lost Ark" hat es hier, garniert mit einigen Altstars, die während dieser Zeit in allerlei ihrer früheren Karrieren unwürdigen Filmen auftraten, um ihre Pensionskasse aufzubessern und sich dabei zudem auffallend häufig untereinander kombiniert fanden. Ernest Borgnine und George Kennedy fehlten eigentlich noch. Nun, geteiltes Leid ist halbes Leid. Auch Peckinpah-Standard L.Q. Jones, der für Carver bereits in "Lone Wolf McQuade" spielte, gibt sich die zweifelhafte Ehre. Immerhin führen diese Auftritte regelmäßig dazu, dass man sich bisweilen in einem deutlich wertigeren Film wähnt, als man seiner letzten Endes ansichtig ist, so auch im Falle "River Of Death". Zwar müht sich Dudikoff nach Kräften, den ihn umgebenden darstellerischen Schwergewichten Paroli zu bieten, aber im Angesichte des Elefanten bleibt selbst die stärkste Ameise bloß eine Ameise (alte Funxton-Weisheit). Das völlig verworrene, sich auf den Trivialromancier Alistair MacLean berufende Storykonstrukt präsentiert sich als, gelinde formuliert, anstrengend, weil ziehfreudig anzuschauen. Was sich von "River Of Death" hält, sind seine interessanten Produktionsumstände und das Resultat als exemplarisches, anschauliches Ergebnis eines vorprogrammierten Scheiterns, einem jener Sorte, von der der Schrotthaufen der Filmgeschichte voll ist.

4/10

Cannon period piece Nationalsozialismus WWII Amazonas Brasilien Rache Alistair MacLean


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THE PERFECT WEAPON (Mark DiSalle/USA 1991)


"Full contact. No protection." - "No problem."

The Perfect Weapon (Eine perfekte Waffe) ~ USA 1991
Directed By: Mark DiSalle

Der einst von seinem Polizistenvater (Beau Starr) verstoßene Kenpo-Spezialist Jeff Sanders (Jeff Speakman) wird veranlasst, nach L.A. zurückzukehren, als er mitbekommt, dass sein koreanischstämmiger Mentor Kim (Mako) Ärger mit der lokalen Mafia hat. Nur wenige Stunden nach Jeffs Rückkehr, in der er sogleich einige Schläger vermöbelt, die in Kims Laden eindringen, wird der freundliche Mann ermordet. Jeff macht sich umgehend auf die Suche nach den Schuldigen, stellt sich dabei jedoch zunächst sehr ungeschickt an. Schützenhilfe bekommt er von seinem jüngeren Bruder Adam (John Dye), mittlerweile ebenfalls ein Cop.

Einer von vielen der weniger gelungenen Versuche in den Frühneunzigern, vermeintlich cinegenen Martial-Arts-Spezialisten eine Zweitkarriere beim Film einzuräumen. Jeff Speakman, im wahren Leben achtfacher Kenpo-Schwarzgurtträger und nebenher gesegnet mit dem etwas öligen Charme eines Schlagersängers, spielt in "The Perfect Weapon" den verlorenen Sohn und Loner, der nach dem Tod der Mutter in früher Kindheit zum enfant terrible wird und hernach von dem sich für seinen ungestümen Sohn schämenden Vater, jener noch dazu aufrechter Streifenpolizist, verstoßen wird. Jahre später erhält er die Chance, sich seinem Vater und Bruder erneut zu beweisen - ausgerechnet, indem er den Hauptbösewicht (James Hong) am Ende nicht tötet. Natürlich kommt nicht jeder physisch ungeschoren davon: Um sich selbst (und dem nach Gewalt lechzenden Zielpublikum) zumindest einen verdienten Totschlag präsentieren zu können, schickt man den wie immer überaus knuffigen Professor Toru Tanaka ins Feld, der wie ein James-Bond-Killer Marke Odd-Job dahergestapft kommt und nur besiegt werden kann, indem man ihn Feuer fangen lässt. Ansonsten bietet "The Perfect Weapon" viel imposante Prügelaction und ein paar hausgemachte Stunts, flankiert von den drei genannten Größen der asiatisch-amerikanischen Genre-Nebendarstellergilde samt Cary Hiroyuki Tagawa und Clyde Ksatsu, die eigentlich nurmehr Victor Wong vermissen lässt. Insofern durchaus hübsch.

5/10

Mark DiSalle Martial Arts Vater & Sohn Brüder ethnics Los Angeles


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CASINO ROYALE (Martin Campbell/UK, USA, CZ, D, BS 2006)


"I'm sorry I'm not sorry."

Casino Royale ~ UK/USA/CZ/D/BS 2006
Directed By: Martin Campbell

Zum zweiten Mal geschaut und erst jetzt, sozusagen im kontextuellen Direktvergleich, seine eigentliche intraspezifische Bedeutsamkeit durchblickt. "Casino Royale" ist jawohl das, was man im Zeitjargon als "Reboot" bezeichnet und nach dem ziemlich furchtbaren "Die Another Day" die einzig mögliche Konsequenz, das Franchise zu bewahren und erfolgreich weiterzuführen. Präsentiert wird eine Melange aus Vergangenheit und Gegenwart, Bonds Charakter zeigt sich verjüngt und die Figur sozusagen von Grundauf formatiert, um neu beschrieben werden zu können. Der Agent ist nun wieder in etwa im selben athletischen Alter und Zustand, in dem er 44 Jahre zuvor seinen ersten Filmeinsatz durchzustehen hatte, hat gerade seine Doppelnull erorben und sich seine ersten Meriten als staatlich legitimierter Killer verdient, ein Geschäft, das ihm augenscheinlich keine besonderen inneren Konflikte beschert. Judi Dench hat man fürs Erste beibehalten - warum auch nicht, sie ist ja ganz okay. Einen Q oder R oder ein analoges Arsenal lebensrettender Comicwaffen gibt es dankenswerterweise nicht (mehr), dafür ein deutlich realitätsangebundeneres Gewaltpotenzial, das beste Dialogscript seit Ewigkeiten und ganz wunderbare Darsteller, wobei neben der, ich betrachte ihn mittlerweile als solche, denkbar bestmöglichen modernen Bond-Inkarnation Daniel Craig, besonders Eva Green in Erinnerung bleibt.
Eine solch umfangreiche Frischzellenkur, hart, knackig und vollkommen auf der Höhe, das war und ist ein ganz exzellent geglücktes Rettungsmanöver.

8/10

Martin Campbell James Bond 007 Poker Casino Montenegro Bahamas Madagaskar Terrorismus Venedig Stuart Baird





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