Zum Inhalt wechseln


In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


Foto

INFERNO IN DIRETTA (Ruggero Deodato/I 1985)


Zitat entfällt.

Inferno In Diretta (Cut And Run) ~ I 1985
Directed By: Ruggero Deodato

Die in Miami tätige TV-Journalistin Fran Hudson (Lisa Blount) stößt im Zuge einer ausgedehnten Recherche im Drogendealer-Milieu auf eine Fotografie des totgeglaubten Colonel Brian Horne (Richard Lynch), einst die rechte Hand des berüchtigten Sektenstifters Jim Jones. Sie findet heraus, dass Horne irgendwo in Kolumbien leben muss und allerlei Intrigen spinnt, die sich gegen die von dort aus operierenden Kokainkartelle richten. Weil der Senderchef Allo (Richard Bright) in Hornes Umfeld auch seinen vermissten Sohn Tommy (Willie Aames) vermutet, schickt er Fran und ihren Kameramann Mark Ludman (Leonard Mann) zur Live-Berichterstattung in den Amazonasdschungel. Gleich bei ihrer Ankunft geraten die beiden in den just eskalierenden Drogenkrieg und stoßen bald auch auf den völlig wahnsinnig gewordenen Horne, der mit Hilfe gutgläubiger Indios das Kokainmonopol in Amerika an sich bringen will.

Ein zumindest in der unzensierten Fassung erstklassiger Italoploiter von allerbester Reife. Deodato ist ein saubererer Arbeiter als viele seiner Kollegen und besitzt zuweilen durchaus den Ehrgeiz, Qualität von international konkurrenzfähigem Rang zu liefern, was wohl auch die Mitwirkung der vielen US-Darsteller (neben den erwähnten finden sich noch Eriq La Salle und der stets für einen Scherz gute Michael Berryman als monströser Ober-Indio ein), sowie den Vor-Ort-Dreh an unwirtlichen, eines Werner Herog würdigen Schauplätzen erklärt. Auch zwei europäische Lieblingsgesichter sind dabei, Gabriele Tinti nämlich und John Steiner, die beide herrlich spektakuläre Tode sterben müssen. Besonders Steiners Aufesehen erregendem Ableben, bei dem er von einem sich auseinander ziehenden Flaschenzug in zwei Hälften zerrissen wird, verdankt "Inferno In Diretta" natürlich seinen nachhaltigen Ruf. Doch auch sonst geht es gehörig zur Sache, mehrere Enthauptungen und sonstige Macheteneinsätze sorgen für großes Hallo bei den entsprechenden Liebhabern. Dass Deodato sich freimütig bei Conrads "Heart Of Darkness" bedient und seinen Colonel Horne als unschwer erkennbares Abbild des verrückten Kurtz konstruiert hat, ist eine nette, literarische Randnotiz. Der Versuch allerdings, an die durchgängige Treffsicherheit des großen "Cannibal Holocaust" anzuschließen und eine ähnlich medienkritische Aufbereitung des Themas zu wiederholen, muss als bestenfalls 'halbherzig' umgesetzt durchgewunken werden und geht am Ende tatsächlich sogar nach hinten los. Dennoch: En gros ein prima Reißer mit allem, was da so hineingehört.

7/10

Ruggero Deodato Europloitation Kolumbien Florida Miami Kokain Sekte Drogen Splatter Journalismus Dschungel


Foto

CORRUPTION (Robert Hartford-Davis/UK 1968)


"I'm a doctor. I swore to save lives, not to take them away!"

Corruption (Die Bestie mit dem Skalpell) ~ UK 1968
Directed By: Robert Hartford-Davis

Der erfolgreiche Chirurg Rowan (Peter Cushing) und das junge Foto-Model Lynn (Sue Lloyd) planen ihre baldige Hochzeit, als Lynn bei einem Unfall von einem Halogenstrahler im Gesicht verbrannt wird. Verbissen arbeitet Rowan an einer Möglichkeit, Lynns entstelltes Antlitz wiederherzustellen, als ihm der entscheidende Clou zufällt: Man benötigt das Sekret einer fremden Hirnanhangdrüse, um eine Zell-Reaktivierung einzuleiten. Die entsprechenden Hormone einer Toten "reparieren" Lynn jedoch nur kurzfristig. Also versucht Rowan es mit dem Hirn einer frischen Prostituiertenleiche - die zuvor ihm selbst ermordet wurde. Lynn, die um die Methode weiß, fordert von Rowan bald neue Opfer, um ihre physische Schönheit zu bewahren - ihr Wahn übersteigt schließlich sogar den ihres aus Liebe mordenden Mannes um ein Vielfaches.

Ein kleiner, verrückter Slasher aus den späten Sechzigern; auf rein inhaltlicher Ebene letzten Endes nichts anderes als eine britische Drittvariation der bekannteren "Les Yeux Sans Visage" und "Gritos En La Noche". Der Unterschied zu diesen besteht hier im Wesentlichen darin, dass das entstellte Opfer unumwunden selbst die Erhaltung seiner äußeren Ästhetik einfordert und dafür noch deutlich moralentleerter zu Werke geht als der ausführende Mörder - Cushing in einer kaum abgewandelten Analogie zu seinen gotischen Auftritten als mal mehr, mal weniger diabolischer Dr. Frankenstein im entsprechenden Hammer-Franchise. Dazu spielt ein zunehmend entfesselter Jazz-Score (Bill McGuffie), was die aufreizende Abseitigkeit des Films noch zusätzlich prononciert. Das Ende schließlich ist über alle Maßen spektakulär: Sämtliche Beteiligten werden von einem wildgewordenen Laserstrahl, den Dr. Rowan für die Operationen an seiner irren Braut benötigt, ins Jenseits befördert - daher auch der internationale Titel "Laser Killer". Unter diesem enterte die Leinwände parallel zu der recht domestizierten Kino-Variante für die anglophonen Statten auch eine deutlich verschärfte Variante mit ergänzendem Nackt- und Blutgehalt. Whoopeee!

7/10

Robert Hartford-Davis Serienmord Ehe Madness mad scientist Sleaze Bohéme London


Foto

SADOMANIA - HÖLLE DER LUST (Jess Franco/E, BRD 1981)


"Der Typ hat mehr Flöhe als unsereins Filzläuse."

Sadomania - Hölle der Lust ~ E/BRD 1981
Directed By: Jess Franco

Während ihrer Flitterwochentour verfahren sich Michael (Ángel Caballero) und seine frisch Angetraute Olga (Uta Koepke) und landen auf dem Gelände der 'Hacienda Blanca', einem lateinamerikanischen Frauenknast, dessen Chefin Magda (Ajita Wilson) allerlei Schindluder mit den Insassinnen treibt. Weil die blonde Olga exakt in ihr Beuteschema passt, behält Magda sie unter fadenscheinigen Anschuldigungen dort und jagt Michael zum Teufel. Olga lernt bald den Gefängnisalltag kennen, zu dem unentwegte Barbusigkeit (auch bei den Wärterinnen), lesbische Spiele unter den Insassinnen, Folter, Menschenjagden, Liebesdienste an der Chefin und permanente Besuche des hiesigen Gouverneurs Mendoza (Robert Foster) gehören, der probiert, seine Impotenz mittels teils abartigster, paraphiler Aktionen zu umgehen. Die arme Tara (Ursula Buchfellner) geht drauf, nachdem sie an den schwulen Zuhälter Lucas (Jess Franco) verschachert und misshandelt wurde, die taffe Mercedes (Andrea Guzon) allerdings hält durch. Michael bleibt derweil jedoch nicht untätig und macht sich an die Befreiung seiner Holden.

Der mittlere Film der Uschi/Franco-Trilogie, zwischen den nicht minder monumentalen "El Caníbal" und "Linda" heruntergekurbelt und wie diese beiden unter produziernder Beteiligung der LISA entstanden. Ein aberwitzig-schmieriges Stück ist dem guten Jess da mal wieder aus der Kamera geplumpst, mit selbst unterlegter Musik, die takteweise auch aus anderen seiner Kompositionen bekannt ist. Bezeichnend vor allem das grandiose Frauenbild, das "Sadomania" transportiert und von dem wir Kerle uns allesamt wünschten, es entspräche auch nur zu zehn Prozent der Realität: Alle Weiber sehen gut aus, wollen permanent Sex und sagen immer das Gegenteil von dem, was sie meinen. Jeder kriegt jede rum, immer schnell und garantiert, und seien es selbst (der damals wohlgenährte) Franco himself, der unverwüstliche Otto W. Retzer oder gar ein Schäferhund. Es wird besprungen, was nicht niet- und nagelfest ist, und jede Absage an den oder die potenzielle VerfüherIn verwandelt sich nach fünf Sekunden in zügellose Wollust. Von einer auch nur ansatzweise stringenten Story kann keine Rede sein; vermutlich wurde das Drehbuch, sofern überhaupt vorhanden, jeweils morgens beim Kaffee im Hotel Luxor, Alicante weitergestrickt. Wie dem auch sei, Uschi Buchfellner spielt mit, nahezu permanent entkleidet, was schonmal das vordringliche Betrachtungsargument bildet. Ansonsten gilt dasselbe wie für die meisten Francos: Love it or leave it be.

5/10

Jess Franco Sleaze Trash Gefängnis Paraphilie WIP Lisa-Film Europloitation


Foto

MANIAC (Franck Khalfoun/F, USA 2012)


"You're beautiful."

Maniac ~ F/USA 2012
Directed By: Franck Khalfoun

Der infolge eines Mutterkomplexes wahnsinnig gewordene Schaufensterpuppenrestaurator Frank (Elijah Wood) ermordet und skalpiert Frauen, die er in Kontaktbörsen im Internet oder rein zufällig auf der Straße ausfindig macht. Als er die Installations-Künstlerin Anna (Nora Arnezeder) kennenlernt und sich zu ihr hingezogen fühlt, beginnen seine dunkle Seite und der letzte verbliebene Rest von Rationalität in ihm einen kurzen, aussichtslosen Kampf.

Das von Alexandre Aja co-gescriptete und -produzierte "Maniac"-Remake, an dem auch William Lustig in beratender Funktion mitwirkte, zählt zu den gelungenen Neuverfilmungen innerhalb der nicht abreißenwollenden Schwemme von Aufwärmungen klassischer Horrorfilme. Tatsächlich vermag er als in rein künstlerischer Hinsicht vollwertige Variation des bahnbrechenden Originals sogar durchgängig zu überzeugen. Ohne dieses einfach und einfallsloserweise zu kopieren, gelingen Khalfoun die Transponierung wesentlicher Elemente: Einsamkeit und Irrsinn, urbane Anonymität und Isolation sowie die muttergesteuerte Misogynie des Killers; dessen Unfähigkeit zur Ausbüng koitaler Praktiken mit seiner furchtbaren Perversion kollidiert. Statt des herbstlichen New York bietet nunmehr das sommerliche L.A. die Kulisse für Franks Feldzug wider die Rationalität, wobei man die Metropole als lebensfeindlichen, hochgewachsenen Großstadtmoloch im Film selten so kristallin erlebt hat. Die meiste Zeit erleben wir Franks Streifzüge per subjektiver Kamera, in den Mordszenen wagt sie sich jedoch nach außen, wie vielleicht auch Frank selbst sich dann nurmehr als Zuschauer wahrnimmt. Dennoch ist das Remake voll von schönen, keinesfalls redundanten Reminiszenzen an Lustigs Film wie auch an einen anderen Serienkiller-Evergreen: "The Silence Of the Lambs".

8/10

Remake Franck Khalfoun Splatter Serienmord Madness Alexandre Aja William Lustig Los Angeles Bohéme Mutter & Sohn


Foto

BLACK WIDOW (Bob Rafelson/USA 1987)


"The truth is, it's not over yet."

Black Widow (Die schwarze Witwe) ~ USA 1987
Directed By: Bob Rafelson

Die privat etwas unstete Justizbeamte Alex Barnes (Debra Winger) wird eher zufällig auf eine männermordende Serienmörderin (Theresa Russell) aufmerksam, die ihre wohlsituierten Ehegatten jeweils in eigener Abwesenheit zu vergiften und sich hernach mit deren beträchtlicher Erbschaft aus dem Staube zu machen pflegt. Alex verfolgt die Unbekannte, deren letztes Opfer, ein steinreicher Museumskurator, in Kalifornien wohnhaft war, von dort bis nach Hawaii. Dort hat sich Christine Peterson, wie sich die eiskalte Dame nun nennt, bereits den Multimillionär Paul Nuytten (Sami Frey) als nächsten Witwenmacher auserkoren. Zwischen den zwei charakterstarken Frauen beginnt ein tödliches Spiel um falsche Freundschaft, zumal beide sich etwas vorspielen, derweil jedoch um die wahre Identität der jeweils anderen genau Bescheid wissen.

In den Achtzigern war es mal Mode, Qualitätskrimis auszustoßen, in deren Fertigung nicht selten auch ehemalige Schlüsselfiguren New Hollywoods involviert waren. Bob Rafelson, just eine derselben, legte nach der Cain-Adaption "The Postman Always Rings Twice", als neo noir und vor dem Hintegrund der Deptressionsära spielend noch ein relativ typischer Nachzieher der kreativen Bewegung, zunächst eine sechsjährige Pause ein, wohl infolge der relativ verhaltenen Rezeption seiner Neuverfilmung, für die man sich ohnehin lediglich wegen der Sexszenen zwischen Nicholson und Lange zu interessieren schien. Nach jener zwischenzeitlichen Sinnsuche tat Rafelson das, was die meisten fähigen, häufig jedoch kreativ zerfaserten Hollywood-Regisseure dieser Jahre zu tun beliebten und inszenierte einen sauberen, aber unspektakulären Thriller als Studio-Auftragsarbeit. Ungewöhnlich mutet hieran allerhöchstens an, dass das Duell zwischen Polizist und Kriminellem von zwei Frauen bekleidet wird, die mit den altklischierten, weiblichen Waffen gegeneinander antreten, sprich: Sex und Durchtriebenheit. Am Ende entscheidet die mit dem schärferen (und natürlich gesünderen) Verstand die wechselseitige Jagd für sich, derweil die andere nicht etwa spektakulär abserviert, sondern ganz ordinär den Händen der Justiz übergeben wird. Dabei zuzuschauen ist ein guter Zeitvertreib, dessen Qualität neben Rafelsons Abgewichstheit auch seiner wohlfeil durchdachten Besetzung mit vielen stets gern gesehenen Gesichtern (James Hong als nervöser Fixer-Detektiv - mein Highlight) zuzuschreiben ist.

7/10

Bob Rafelson Serienmord Jagd Hawaii San Francisco Duell femme fatale


Foto

I BURY THE LIVING (Albert Band/USA 1958)


"I won't quit."

I Bury The Living ~ USA 1958
Directed By: Albert Band

Der Warenhauschef Robert Kraft (Richard Boone) nimmt zähneknirschend das traditionsbewusste Ehrenamt des hiesigen Friedhofsmanagers an. In der dortigen Baracke gibt es einen Lageplan, auf dem sämtliche belegten und reservierten Grabstätten eingezeichnet sind: Bereits beerdigte Klienten werden darauf durch eine schwarzköpfige Nadel markiert, noch lebende durch eine weißköpfige. Rein zufällig entdeckt Robert, dass jedesmal, wenn er eine weiße durch eine schwarze Nadel ersetzt, die entsprechende Person binnen weniger Stunden eines anscheinend natürlichen Todes stirbt. Zugleich belastet und berauscht durch diese Entdeckung verlangt vor allem sein ungläubiges Umfeld nach immer wieder neuen Beweisen für Roberts tödliche 'Gabe', bis der Arme, als er feststellt, dass sein unheilvoller Einfluss sogar bis über den ganzen Erdball reicht, einen Nervenzusammenbruch zu erleiden droht...

Was als herrlich triviale "Gespenstergeschichten"-Episode zwischen eerie und creepy beginnt ("Seltsam? Aber so steht es geschrieben...") muss sich am Ende leider einer höchst irdischen Aufklärung ergeben, die die gesamte Filmhandlung resümierend doch arg konstruiert erscheinen lässt. Immerhin, mit jenem vorgefassten Wissen im Genick lässt sich "I Bury The Living" bei weiteren Betrachtungen etwas verdient analytischer verfolgen, denn der kleine, supergünstig produzierte Schocker besitzt erwartungsgemäß noch viel wesentlichere Qualitäten: personell liegen diese allen voran bei Richard Boone, der dem Zweifelnden mit vermeintlichen Seherkräften ein überzeugendes Gesicht verleiht sowie bei seinem Kollegen Theodore Bikel als nicht minder vermeintlich braves Friedhofsfaktotum, das in mehrerlei Hinsicht die Geschicke auf dem Totenacker lenkt und mit undefinierbarem Nuschelakzent parliert. Erwähnung finden muss außerdem die einfallsreiche, mitunter hypnotische Regie von Albert Band, Vater der Genre-Legenden-Brüder Charles und Richard Band, die als Produzent und Komponist zahlreiche B- und C-Werke der renommierten Schmieden 'Empire' und 'Full Moon' betreuten.

7/10

Albert Band Friedhof Serienmord


Foto

THE COMPANY YOU KEEP (Robert Redford/USA 2012)


"We all died. Some of us just came back."

The Company You Keep ~ USA 2012
Directed By: Robert Redford

Mit der späten Verhaftung Sharon Solarz' (Susan Sarandon), eines ehemaligen Mitglieds des Weather Underground, beginnt zugleich auch die Hatz auf ihren damaligen Gesinnungsgenossen Nick Sloan (Robert Redford), wie die meisten der früheren Mitglieder untergetaucht und mittlerweile unter dem Namen Jim Grant als Anwalt und alleinerziehender Vater einer kleinen Tochter (Jackie Evancho) ein beschaulich-ruhiges Leben führend. Man wirft Nick vor, seinerzeit den Wachmann einer Bank getötet zu haben. Tatsächlich ist jedoch nicht er, sondern seine ehemalige, ebenfalls flüchtige Geliebte Mimi Lurie (Julie Christie) für den Todesfall verantwortlich. Ohne Mimis Geständnis wäre Nick jedoch den Behörden ausgeliefert. Daher überlässt er seine Tochter übergangsweise seinem Bruder Daniel (Chris Cooper) und flüchtet quer durch die USA - das FBI und den wissbegierigen Journalisten Ben Shepard (Shia LaBoeuf) permanent dicht auf den fersen.

Der Weather Underground bildete eine Art US-Pendant zur RAF, zur Brigate Rosse und anderen zeitgenössischen Linksterror-Organisationen, die global gegen vorherrschende Establishment-Strukturen aufbegehrten. Die 'Weathermen' bestanden, wie auch ihre internationalen Gesinnungsgenossen, vornehmlich aus Studenten mit gutbürgerlichem Background, die angesichts des von den USA geführten Krieges in Vietnam auf die Barrikaden gingen; zuerst in friedlichem Protest, dann, nach Kent State, auch bewaffnet und mit Bomben. "The Company You Keep" greift dieses wichtige historische Kapitel auf und als Redford rief, kamen einige. Ein oftmals wehmütig anmutendes Treffen großartigen Altpersonals bildet das Resultat, bei dem man großen, altgedienten und -geliebten Profis nochmal bei der Arbeit zuschauen und sich beruhigt vergewissern darf, dass der Zahn der Zeit auch an ihnen nicht spurlos vorübergeht. Sam Elliott allerdings sieht im Vergleich zu seinen KollegInnen trotz schneeweißer Haarfarbe noch vergleichsweise frisch aus. Nick Nolte ist ganz der alte Brummbär und die wunderbare Julie Christie wird selbst durch Falten nicht hässlich.
Als Klassentreffen ist "The Company You Keep" ein voller Erfolg - weniger hingegen in inhaltlicher und ideologischer Hinsicht. Dass Redford - zum Drehzeitpunkt immerhin 76 Lenze zählend - als verwitweter Vater einer knapp zwölfjährigen Tochter auftritt - nun gut. Gehört eben zur Story. Weniger zufriedenstellend endet das kernlokalisierte Dialogduell zwischen Nick und Mimi. Darüber, ob die Verhältnisse heute nicht noch schlimmer sind als damals, darüber, ob militante Gegenwehr ihre Berechtigung verloren hat, darüber, ob fortgeschrittenes Alter mit politischer Passivität und automatisierter Milde einhergehen soll und muss. Hier hätte der Film deutlich mehr Biss vertragen, wie er auch insgesamt etwas zahnlos daherkommt. Dennoch eine insgesamt erfreuliche Angelegenheit und nach dem enttäuschenden "The Conspirator" wieder ein guter Schritt vorwärts für den Regisseur Redford.

8/10

Robert Redford FBI Flucht Journalismus


Foto

UNA LUCERTOLA CON LA PELLE DI DONNA (Lucio Fulci/I, E, F 1971)


Zitat entfällt.

Una Lucertola Con La Pelle Di Donna ~ I/E/F 1971
Directed By: Lucio Fulci

Die biedere Londonerin Carol Hammond (Florinda Bolkan) ist in manischem, heimlichen Begehren zu ihrer libertinen Nachbarin Julia Durer (Anita Strindberg) entflammt, was sich allnächtlich in bizarren Träumen widerspiegelt, von denen Carol ihrem Analytiker (George Rigaud) berichtet. Als Julia ermordet aufgefunden wird, ist Carol zutiefst entsetzt - entspricht das gesamte Szenario doch exakt einem ihrer erst nachts zuvor geträumten Fantasmen. Zunächst hält man Carol für die Mörderin, doch ein mysteriöser Erpresseranruf bei Carols wohlhabendem Vater (Leo Genn) sowie zwei zwielichtige Hippies (Mike Kennedy, Penny Brown) lassen auf einen wesentlich komplexeren Tathergang schließen...

Frühes Meisterstück von Fulci, trotz einiger Zeigefreudigkeit noch weit von seinen späteren Exploitation-Träumen entfernt. "Una Lucertola Con La Pelle Di Donna" zehrt vom psychedelischen Kontext seiner Entstehungsjahre, besitzt wundervoll arrangierte Interieurs und Raumkonstruktionen und macht Gebäude und Architekturen zu heimlichen Hauptdarstellern. Das sich inhaltlich etwas verlierende Vexierspiel, das am Ende natürlich die logisch einzig mögliche Auflösung hervorzaubert, zuvor jedoch einige ziemlich umständliche Fallstricke legt, muss man eher beiseite schieben, um den vollen Genuss sich entfalten zu lassen. Dann aber! Über allem wabert ein von Ennio Morricone komponierter Score und eine Reihe toller Schauspieler, allen voran der bereits oben genannte Genn, veredelt einen der schönsten mir bekannten Gialli.

8/10

Lucio Fulci Giallo London LSD Bohéme


Foto

JOHNNY COOL (William Asher/USA 1963)


"The man you're looking for is dead."

Johnny Cool (Die Rache des Johnny Cool) ~ USA 1963
Directed By: William Asher

Der 'sizilianische Robin Hood' Salvatore Giordano (Henry Silva) wird von dem Mafiaboss Johnny Colini (Marc Lawrence) unter die Fittiche genommen und für eine umfassende Mission in Amerika vorbereitet. Mit einem Schlag soll 'Johnny Cool', unter dessen Decknamen Salvatore in den USA auftritt, binnen 48 Stunden die großen Bosse an Ost- und Westküste liquidieren und deren Aktiva in Colinis Organisation eingemeinden. Mit viel Selbstvertrauen geht Johnny Cool seine Aufgabe an, doch am Ende bringt ihn die Liebe zu Fall.

Ein im Laufe der Jahrzehnte eher untergegangener, von Peter Lawford mitproduzierter Gangsterfilm aus dem Dunstkreis des 'Rat Pack', der - leider vergeblich - versuchte, Henry Silva zu einer Ikone zu stilisieren. Dessen späterer Werdegang ist bekannt, neben diversen TV-Auftritten lieh er seine markante Physiognomie bald vor allem dem europäischen Genrefilm, wo er dann in einigen kleinen Klassikern doch noch reüssieren konnte. In "Johnny Cool" bereitet er sich bereits auf Parts wie die in "Il Boss" oder "Quelli Che Contano" vor, ist allerdings (noch) gezwungen, sich von seiner charakterbedingten Naivität ausbremsen zu lassen. Die Amerikaner nahmen das alles einfach viel zu moralisch. Ashers Film ist zugleich ein Sammelbecken für viele primäre und sekundäre Kompagnons der Vegas-Entertainer-Clique: Telly Savalas, Sammy Davis Jr., Joey Bishop, Brad Dexter, Mort Sahl und andere bekannte Gesichter geben sich die Ehre, zum Teil in Kleinstauftritten. Für Sinatra oder Martin, die ja relativ ungenierte Verbindungen zu so gennanten 'Syndikaten' pflegten, wären Cameos in "Johnny Cool" vermutlich zu brisant, um nicht zu sagen: realitätsangebunden gewesen, so dass sie sie sich versagten. Ansonsten bekommt man einen schnittigen, kleinen Genrefitsch frei Haus, der spätere, vollendetere Epigonen wie Boormans "Point Blank" sichtlich inspirierte.

7/10

William Asher New York Los Angeles Las Vegas Rat Pack Mafia Sizilien amour fou


Foto

DEEP COVER (Bill Duke/USA 1992)


"You oughta kill a man sometime. It's liberating."

Deep Cover (Jenseits der weißen Linie) ~ USA 1992
Directed By: Bill Duke

Zeit seines Lebens hat der Polizist Russell Stevens (Laurence Fishburne) versucht, sich betont diametral zu seinem kriminellen Vater (Glynn Turman) zu entwickeln, der einst einen frühen, gewalttätigen Tod in Russells Beisein sterben musste. Stevens lässt sich heuer vom DEA als Undercover-Cop anheuern, um die führenden Chicano-Verteiler von L.A. dingfest zu machen. Unter dem Namen John Hull nimmt er Tuchfühlung mit dem zugleich als Anwalt tätigen Dealer David Jason (Jeff Goldblum) auf, der seinerseits Verbindungen zu dem Großhändler Barbosa (Gregory Sierra) steht. Nach und nach entwickelt sich Stevens - auch auf ausdrückliche Weisung seines Verbindungsmannes Carver (Charles Martin Smith), zu einer eigenständig funktionierenden Größe im Kokaingeschäft und verliert die Orientierung, zumal der overlord Guzman (René Assa), auf den es Stevens eigentlich abgesehen hat, offenbar von ganz oben beschützt wird.

Stilvoller, spannender Gangsterfilm, im Gefolge des damals noch recht frischen 'New Black Cinema', dem neben Spike Lee, John Singleton oder Mario Van Peebles auch Bill Duke als Regisseur vorsaß. In "Deep Cover" nutzt er die Gelegenheit, Systemkritik, wie sie später von Soderberghs "Traffic" in inhaltlich und formal komplexerer, vor allem aber ungleich aufmerksamer beäugtem Maße hergeleitet wurde, in das Gewand eines auf den ersten Blick unspektakulären Genrefilms zu kleiden. Man lernt sie alle kennen: Vom großen Boss, der unter diplomatische Immunität aus Lateinamerika herbeieilt als es im Geschäft kriselt, bis hin zur Endkonsumentin, die ihr Kind für ein paar Schüsse verkaufen will und sich schließlich den Goldenen Schuss setzt. Von solchen Schicksalen lässt sich Russell Stevens, der längst Gefallen gefunden hat an Geld und Macht, bald nicht mehr betrüben, zumal er längst erkannt hat, dass das Rechtsstaat, dem er als kleines Zahnrädchen zu dienen glaubte, vom Kopf her stinkt und innerlich verfault. Am Ende kann er immerhin seine Seele retten, wobei sich ein väterlicher Ratgeber (Clarence Williams III) erst opfern muss, um ihm Erkenntnis zu verleihen.
Ein im besten Sinne klassischer Undercover-Thriller mit philosophischem Überbau ist Duke mit "Deep Cover" geglückt. Und einen tollen Soundtrack (Michel Colombier) gibt's gratis obendrauf.

8/10

Bill Duke Los Angelese Drogen Kokain Crack undercover





Filmtagebuch von...

Funxton

    Avanti, Popolo

  • Supermoderator
  • PIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIP
  • 8.268 Beiträge

Neuste Kommentare