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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE CHANGELING (Peter Medak/CA 1980)


"That house is not fit to live in. It doesn't want people."

The Changeling (Das Grauen) ~ CA 1980
Directed By: Peter Medak

Nach den Unfalltoden von Frau (Jean Marsh) und Tochter (Michelle Martin) wagt der depressive Komponist und Musiklehrer John Russell (George C. Scott) einen Neuanfang an der Westküste. Vor den Toren von Seattle mietet er ein feudales Anwesen, in dem einst die Familie des wohlhabenden Senators Carmichael (Melvyn Douglas) lebte. Bald schon stellt John fest, dass in dem Haus einiges nicht mit rechten Dingen zugeht; regelmäßiges nächtliches Hämmern weckt ihn aus dem Schlaf, in einer verrammelten Dachkammer finden sich Hinweise auf ein früheres Kinderzimmer. Eine Séance bringt schließlich etwas mehr Licht in die Sache: Der Geist eines kleinen Jungen namens Joseph geht hier um und findet aus bestimmten Gründen keine Ruhe. Jene Ursachen aufzudecken, dafür hat Joseph John auserkoren...

Ein vergleichsweise leiser, bald kammerspielartiger "Haunted House"-Film, der sich allzu früh um seine eigene Wirkung bringt, indem er einen Schwenk vom Auftreten der übernatürlichen Geschehnisse hin zur investigativen Arbeit John Russells vollzieht. Tatsächlich geht es ab etwa der Hälfte des Films eigentlich gar nicht mehr darum, dass es im Carmichael-Anwesen spukt, sondern nurmehr darum, warum es dort spukt und wie man den entrückten Ereignissen Abhilfe leisten kann. Es stellt sich heraus, dass der altehrwürdige Senator nur ein Schattenmann ist, der einst im Kindesalter die Rolle des von seinem Vater ermordeten, weil behinderten, echten Joseph Carmichael angenommen und über die Jahrzehnte hineg ein falsches, verlogenes Leben mit einem fremden Vermögen geführt hat. Diese ungerechte Scharte will Joseph, der Geist, endlich ausgewetzt sehen.
Für meinen Geschmack lässt sich Medak allzuviel Zeit mit der Klärung jenes Falls, was dafür sorgt, dass "The Changeling" sich in der zweiten Hälfte hin zum parapsychologisch konnotierten Detektivkrimi wendet und einen Großteil seiner zuvor so eifrig evozierten, unheimlichen Atmosphäre einbüßt. Darstellerisch und formstilistisch präsentiert der Film sich allerdings als durchweg erlesen.

6/10

Peter Medak Seattle Haus Spuk Geister


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THE PLACE BEYOND THE PINES (Derek Cianfrance/USA 2012)


"Not since Hall and Oates has there been such a team."

The Place Beyond The Pines ~ USA 2012
Directed By: Derek Cianfrance

Der lose vor sich hin lebende, umhervagabundierende Kirmesschausteller Luke Glanton (Ryan Gosling), bekannt für seine waghalsigen Motorradstunts, wird Vater ohne es zunächst zu wissen. Als er zufällig von der Geburt seines Söhnchens Jason (Anthony Pizza) erfährt, drängt er sich der eigentlich funktionalen Patchworkfamilie um Jasons Mutter Romina (Eva Mendes) und deren Lebensgefährten Kofi (Mahershala Ali) auf. Er will für Jason ein guter, treusorgender Vater werden. Lukes Weg dies zu erreichen besteht jedoch darin, Banken mit seinem Kumpel Robin (Ben Mendelsohn) auszurauben. Dabei wird er eines Tages von dem Streifencop Avery Cross (Bradley Cooper) gestellt und von ihm aufgrund seiner Nervosität erschossen. Gegenüber Romina und ihrem Baby hat Avery zwar ein schlechtes Gewissen, andererseits jedoch alle Hände voll damit zu tun, seine korrupten Kollegen anzuprangern.
Fünfzehn Jahre später begegnen sich Lukes und Averys Söhne Jason (Dane DeHaan) und AJ (Emory Cohen) in der High School und entwickeln eine oberflächliche Freundschaft. Jason ist nie darüber hinweggekommen, seinen richtigen Vater nicht kennengelernt zu haben, derweil AJ gegen seinen mittlerweile als Bezirksanwalt hochangesehenen Vater aufbegehrt. Als Jason erfährt, wer der unbescholtene Avery Cross wirklich ist, entschließt er sich zur Rache.

Ein zwei Generationen umfassendes, komplex aufgebautes Beziehungsstück zweier sich schicksalsbedingt immer wieder tangierender Vater-/Sohn-Paare. Narrativ wagt Cianfrance dabei den Kniff, die Erzählperspektive gleich zweimal komplett zu verlagern und den Film so in drei sich klar voneinander abgrenzende Akte aufzuteilen: Zunächst berichtet "The Place Beyond The Pines" von dem unsteten Luke, einem bildungsfernen, aber durchsetzungsbewussten Proleten, der seine Ziele, so er denn ersteinmal welche hat, mit eherner Sturheit verfolgt. Als ihm die ihm zuteil werdende Ablehnung seiner Kindesmutter bewusst wird - die natürlich auf seine bisherige Anpassungsverweigerung zurückgeht - empfindet er sein Weiterleben als überflüssig und wählt eine Art 'passiven Freitod' durch den noch recht naiven, unerfahrenen Polizisten Avery. Lukes Erschießung bedingt einen beispiellosen Karriereaufstieg, der über die tödliche Ergreifung jenes gesuchten Motorrad-Bankräubers über die Aufdeckung einer sich im Filz suhlenden, durch und durch korrupten Polizeiabteilung geradewegs hinein in das Büro des Staatsanwalts führt. Doch Averys Karrierebesessenheit rächt sich - sein eigener, vernachlässigter Sohn AJ (widerlich: Cohen) liebäugelt mit diversen Betäubungsmitteln und lernt, ganz zu Averys persönlichem Unwillen, Lukes Sohn Jason kennen. Die sich daraus entspinnende, eher oberflächliche Freundschaft führt über Umwege fast zu einer erzwungenen, späten Sühne Averys, dessen schlussendlich jedoch aufrichtig geäußertes Bedauern für allseitigen Frieden sorgt. Jason kann in die Fußstapfen seines Vaters treten.
Wirklich gepackt hat mich dieses unterhaltsame Hyperdrama nicht, dafür sorgen unumstößlich bereits die geradezu feinsensorisch nach ihrem hohen Unsympathielevel gecasteten Darsteller. Gosling trifft sicherlich eine stets gute Rollenauswahl und mag mit seinem kultivierten Stoizismus ein ordentlicher Schauspieler sein, persönlich sehe ich in ihm mit jedem weiteren Film mehr und mehr einen möchtegerncoolen Schönling mit Schlafzimmerblick und Babygesicht. Bradley Cooper sehe ich lieber als Komödianten, der verkaterte Spinner wie den aus "The Hangover" spielt, DeHaan scheint mir ein legitimer DiCaprio-Nachfolger, neben der analogen Physiognomie passt auch zu ihm besser der Fiesling als der Romantiker und zu Emory Cohen (Brusttoupetträger oder Frühreifer?) habe ich mich ja oben schon geäußert. Weit und breit also niemand zum Gernhaben, dem Film, der irgendwo im Niemandsland zwischen respektabel und sülzköpfig umherirrt, ganz ähnlich.

6/10

Derek Cianfrance Heist Vater & Sohn Familie New York Drogen Rache


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DON'T GO IN THE HOUSE (Joseph Ellison/USA 1979)


"I tried to be nice and friendly - but you wouldn't listen..."

Don't Go In The House (Das Haus der lebenden Leichen) ~ USA 1979
Directed By: Joseph Ellison

Als seine herrische Mutter (Ruth Dardick) überraschend stirbt, bricht sich die infolge jahrelanger psychischer und physischer Misshandlungen aufgetürmte Misogynie des Arbeiters Donny Kohler (Dan Grimaldi) Bahn: Er beginnt, wahllos junge Frauen zu entführen und verbrennt sie in einem eigens hergerichteten, feuerfesten Raum mit dem Flammenwerfer. Donnys verzweifelte Versuche, mithilfe seines sich aufopfernden Kollegen Bobby (Robert Osth) oder dem örtlich tätigen Pater Gerritty (Ralph D. Bowman) zurüc in die Normalität zu finden, scheitern.

Ein bravouröser kleiner sickie, den ich leider erst jetzt zum ersten Mal gesehen habe, ansonsten gehörte er bei mir nämlich schon seit eh und je zum einschlägigen Olymp ähnlich gelagerter Killerfilme. An die 'Mutterstreifen' "Psycho", "Willard", "Carrie", "Maniac" und "Buio Omega" hat mich "Don't Go In The House" zwangsläufig erinnert, denn wie in all diesen wunderbaren Qualitätsarbeiten geht es auch hierin um einen einsamen, verwirrten jungen Menschen, der sich vom alles überstrahlenden Matriarchat seiner ebenso verrückten wie dominanten Mutter, erst im Zuge deren (u.U. selbst herbeigeführten, wenn nicht jedoch lang erhofften) Todes lösen kann und nunmehr beginnt, der Welt die grauenhaften Ausläufer seiner bereeits vor Jahren zertrümmerten Psyche aufzuzeigen. In Ellisons Film spielt zufdem das Feuermotiv als Symbol für Läuterung und Strafe eine gewichtige Rolle. Selbst dereinst mithilfe offener Flammen gequält, ist Donny zugleich tief verängstigt und beeindruckt von Flammen. Diese Pyromanie wird zum zusätzlichen Anstifter seiner verkorksten "Hexenverbrennungen". Dazwischen gibt es immer wieder faszinierende, Zeitkolorit transportierende Sequenzen, darunter eine, in der sich Donny für seinen ersten Discoabend beim Herrenausstatter ausstaffieren lässt ("Dynamite!").
Wie eingangs erwähnt ein eigentlich viel zu lang währendes Versäumnis, aber besser spät als nie.

8/10

Joseph Ellison Mutter & Sohn Serienmord Madness Disco Terrorfilm Independent New Jersey Slasher


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BODY PARTS (Eric Red/USA 1991)


"I want this arm off!"

Body Parts ~ USA 1991
Directed By: Eric Red

Der Kriminalpsychologe Bill Crushank (Jeff Fahey) verliert bei einem Autounfall seinen rechten Arm. An dessen Statt transplantiert ihm die Chirurgin Dr. Webb (Lindsay Duncan) unter Einwilligung von Bills verzweifelter Frau Karen (Kim Delaney) den Arm eines unbekannten Spenders. Wider Erwarten erweist sich das substituierte Gliedmaß als überaus funktionstüchtig, tatsächlich scheint ihm sogar eine besondere Kraft innezuwohnen. Doch schon bald beginnt der Arm, sich selbstständig zu machen und Dinge zu tun, die Bill gar nicht möchte: Er schlägt seinen Sohn (Nathaniel Moreau), würgt Karen im Schlaf und präsentiert sich äußerst aktiv bei einer Kneipenschlägerei. Bill, der, um sie zu schützen, seine Familie vorübergehend verlässt, ahnt bereits, dass all dies mit dem früheren Besitzer des Arms zu tun haben muss - wie sich herausstellt, ein vielfacher Mörder namens Charley Fletcher (John Walsh), von dem auch die anderen, nicht minder unzuverlässigen Extremitäten neue Besitzer gefunden haben. Eines Tages will der mitnichten tote Fletcher dann seinen Körper zurück...

Ich bin, das stelle ich unregelmäßig immer wieder fest, Eric Reds leider sehr schmalem Œuvre sehr zugetan, sei es bezüglich seiner Arbeiten als reiner Scriptautor oder auch jenen als auteur - der sich mittlerweile leider sehr rar machende Mann hat ein paar tolle Sachen vorzuweisen. So auch seine zweite (lange) Regiearbeit "Body Parts", den selbst der ziemlich unsympathische Jeff Fahey nicht kaputtmachen kann. Im Gegenteil - Reds Vorliebe für grundsätzlich ambivalente Heldenfiguren kommt Fahey sehr zugute. Dass irgendwo in den psychischen Untiefen dieses braven Familienvaters ein latenter Schweinehund schlummert, nimmt man Fahey gern ab, wenn es eben auch erst den vermeintlich diabolischen Einfluss eines angenähten Armes braucht, um jene Dämonen zu entfesseln. Die darin schlummernde Metaebene gibt "Body Parts" am Ende zwar zugunsten einer etwas windigen "Frankenstein"-Wende auf, was ihm allerdings wiederum auch nicht schadet. Der in der Biolösung der irren Dr. Webb (eine biedere Frau als mad scientist - das gibt's auch nicht alle Tage) schlummernde, sich windende Torso des Charley Fletcher ist immer wieder ein Hingucker und wie freut man sich mit Bill, wenn er diesem per Schrotflinte endlich den überfälligen Garaus macht und hernach in den Schoss seiner ohne ihn halbseitig gelähmten Familie zurückkehren kann.
Red ist ein sauberer Genrefilm geglückt, mit dem jeder, der wie ich seinen übrigen Sachen zugetan ist, ruhig einmal sein Glück probieren sollte.

8/10

Eric Red Serienmord mad scientist Chirurgie Madness Familie Unfall


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THE INITIATION (Larry Stewart/USA 1984)


"I want you dead."

The Initiation (Blutweihe) ~ USA 1984
Directed By: Larry Stewart

Während Kelly Fairchild (Daphne Zuniga) mitten im eine Woche wähenden Initiationsritus für die hippste Studentinnenverbindung am College steckt, befallen sie fortwährend Albträume, die an ein schreckliches Kindheitserlebnis rekurrieren. An dieses hat Kelly allerdings keine bewusste Erinnerung. Also versucht der Psychologe Peter (James Read), die Ursache für Kellys Trauma offenzulegen, ganz zum Unwillen ihrer Mutter (Vera Miles). Gleichzeitig treibt ein Serienkiller sein Unwesen, der offenbar aus einer geschlossenenAnstalt unweit von Kellys College ausgebrochen ist. Am Tag von Kellys Willkommensparty, die im nächtlich leerstehenden Kaufhaus ihres Vaters (Clu Gulager) abgehalten wird, kommt es zum großen Showdown...

Wenig populärer Slasher, der fast schon gegen Ende der Hochphase jenes Subgenres entstanden ist. Dass "The Initiation" nicht den semiklassischen Status ähnlich gelagerter Produktionen erreichte, mag diverse Ursachen haben. Zum einen fehlt dem Killer sein wesentlichstes Merkmal: Eine Maske oder zumindest ein anderes prägnantes, klar identifizierebares Wiedererkennungsobjekt. Dies ist zwar dem sich nach und nach herauskristallisierenden Whodunit-Plot dienlich, dessen Auflösung wiederum jedoch einerseits hanebüchen und andererseits ziemlich tradiert daherkommt.
Zum anderen bleiben auch die Effekte eher hausbacken, wo ein paar Deftigkeiten für mehr Abwechslung im teils von stumpfem Dialog getragenen Wischiwaschi gesorgt hätten. Ein Durchschnittskandidat ergo, von dem das beeindruckende Finalsetting und die Prsentation der albernsten Mordwaffe seiner Zunft - einer dreizackigen Gartenkralle - in Erinnerung bleiben.

5/10

Larry Stewart College Texas Psychiatrie Traum Madness Zwillinge Familie Slasher Serienmord


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THE HUMAN CENTIPEDE II (FULL SEQUENCE) (Tom Six/USA 2011)


"You can't do this! It's a film! "The Human Centipede"'s a fucking film!"

The Human Centipede II (Full Sequence) ~ USA 2011
Directed By: Tom Six

Für den emotional völlig desolaten, debilen Parkhauswächter Martin Lomax (Laurence R. Harvey) bildet Tom Six' Film "The Human Centipede" eine Art heiligen Schrein, den er sich immer wieder anschaut und aufgrund dessen er daheim selbst stolz einen aggressiven Tausendfüßler hält. Eines Tages beginnt Martin dann, Menschen im Parkhaus zu überfallen und sie in eine eigens angemietete Lagerhalle im Londoner East End zu schaffen, wo er sie gefesselt und geknebelt als Geiseln hält. Sein Ziel: Einen menschlichen Tausendfüßler wie sein großes Idol Dr. Heiter (Dieter Laser) zu erschaffen. Als er zehn Probanden beisammen hat, beginnt er das große Experiment: unsteril und hondertprozentig medizinisch inakkurat...

"The Human Centipede II (Full Sequence)" ist in höchstem Maße abartig, pervers, provokativ und ersonnen von einem zweifelsohne latent abnormen Geist. Somit gestaltet es sich freilich - wie gewohnt im Falle bewusst kontrovers angelegter Kunst - als Naheliegendstes und Leichtestes, ihn zu hassen und zu verdammen, schon, um vor sich selbst und seinen Mitmenschen nicht selbst in den Verdacht zu gelangen, nicht mehr alle Nadeln an der Fichte zu haben, da man ja insgeheim etwas übrig haben könnte dafür.
Ich habe mich, vielleicht gerade deshalb und aus Prinzip, fest entschlossen, Six' in Eigensache hergestelltes Sequel zu mögen. "THCII" präsentiert nämlich nicht bloß eines pathologischen Gemüts Schöpfung, sondern, ebenso wie der erste Teil, eine zutiefst finstere, böse Groteske, ästhetisch und audiovisuell in Anbindung an das große Vorbild "Eraserhead" von höchster künstlerischer Könnerschaft und, und gerade das gefällt mir besonders, im Grunde für einen bestimmten (bezeichnen wir ihn großmäulig als 'elitären') Publikumszirkel geschaffen, der sich mit dem Werk und seiner ebenso gewagten wie widerwärtigen Bipolarität zwischen Könnerschaft und Kotzreiz zu arrangieren weiß. Mir fällt in meinem gesamten sozialen Umfeld niemand ein, dem ich "THCII" guten Gewissens vorführen oder gar anraten würde, schon, um nicht selbst in den Verdacht zu geraten, selbst einen kleinen Martin Lomax im Ohr zu haben. Wobei, der spricht ja eh nicht.

7/10

Tom Six London Madness Transgression Sequel Splatter


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THE ROAD KILLERS (Deran Sarafian/USA 1994)


"You hit him too hard this time."

The Road Killers (Roadflower) ~ USA 1994
Directed By: Deran Sarafian

Auf ihrer Fahrt durch die kalifornische Wüste geraten die Familie (Michelle Forbes, Alexondra Lee) des situativ notorisch überforderten Jack (Christopher Lambert) und dessen Freund Glen (Christopher McDonald) nebst Filius (Joseph Gordon-Levitt) an den etwas debilen Hillbilly Cliff (Craig Sheffer) und seine nicht minder gestörte Clique (Josh Brolin, David Arquette, Adrienne Shelly). Aus einem anfänglich noch halbwegs harmlosen Disput erwächst nicht zuletzt aufgrund Glens unbeherrschter Art rasch eine sich immer weiter zuspitzende Gewaltspirale, im Zuge derer Jack sich zum Wutbürger und Alltagshelden entwickelt.

Einer der vielen um die Mitte der Neunziger entstandenen Tarantino-Epigonen, aus der besonders damals stets um Nachfolge-Wunderkinder bemühten Miramax-Schmiede. Hinter und vor den Kulissen fanden sich derweil gleich mehrere Mitglieder des Sarafian-Clans mit unterschiedlichen Aufgaben betraut, so dass man im Falle von "The Road Killers" tatsächlich von einem Familienunternehmen sprechen kann. Das Szenario und die Entwicklung der Geschichte dieses Asphaltwesterns sind allerdings ebenso räudig wie irreal. Im Prinzip wäre der Stoff hervorragend für einen zwanzig Jahre früher entstandenen Exploiter gut gewesen, so präsentiert er sich leider mit geringem Mut zum Extrem und, zumindest in visuell-formaler Hinsicht, vergleichsweise brav. Es kommen zwar (besonders auf Seiten der bad guys) einige Individuen ums Leben, sonderlich tief berührt wähnt man sich von den Vorgängen jedoch nie. Es geschieht eben, was geschieht und am Ende ist Daddy als feist reagierender Selbstjustizler auch bloß ein weiteres reaktionäres, weißes Arschloch auf Amerikas staubigen Straßen. Damals als Achtzehnjähriger fand ich "The Road Killers" (dessen poetischer deutscher Titel ausnahmsweise einmal wesentlich hübscher gewählt ist) ziemlich stark - mittlerweile jedoch nicht mehr ganz so sehr. Ich behaupte mal überaus selbstbewusst, dieser Umstand spricht eher für mich denn für den Film.

5/10

Deran Sarafian Kalifornien Wüste Duell Familie Kidnapping


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TRUE BELIEVER (Joseph Ruben/USA 1989)


"Everybody else was wrong, the one fucking lunatic was right."

True Believer (Das dreckige Spiel) ~ USA 1989
Directed By: Joseph Ruben

Der frisch graduierte Advokat Roger Baron (Robert Downey jr.) staunt nicht schlecht, als er sein großes Studienvorbild Eddie Dodd (James Woods), dereinst liberaler Vorreiter im Kampf gegen staatliche Bevormundung, in persona aufsucht, um sich ihm als Sozius anzudienen: Dodd ist nunmehr ein in Greenwich Village hausender, permanent kiffender Nihilist, der vornehmlich für in Drogendelikte verwickelte Mandanten für ein Mini-Entgelt arbeitet. Da kommt der neueste Fall gerade recht: Der koreanischstämmige Shu-Kai Kim (Yuji Okumoto) sitzt wegen Mordes bereits seit sieben Jahren im Gefängnis - angeblich unschuldig. Nun steht Kim neuerlich unter Anklage, weil er einen Mithäftling getötet haben soll. Für Dodd und Baron hinreichend Grund, den einstigen Mordprozess neu aufzurollen und den damaligen Ankläger (Kurtwood Smith) genauer unter die Lupe zu nehmen...

Netter Gerichtsthriller, entstanden in studioflankierter Nachfolge zu Rubens heimlichem kleinen Meisterwerk "The Stepfather". Eine dankbare Heldenrolle für James Woods findet sich darin, die er, garniert mit ungewohnter Pferdeschwanzfrisur, passend formidabel ausfüllt. Ansonsten hätte das Sujet mit all seinen kreuzverweisenden Spitzfindigkeiten sich ebensogut bei Sidney Lumet anfinden können; der Schauplatz New York, ein desillusionierter Ankläger, der von den Stadtgewaltigen wegen seiner unverbesserlichen Unkonventionalität einerseits belächelt, insgeheim jedoch gefürchtet wird, ein korrupter Staatsanwalt als Gegner in einem bereits in der Erstverhandlung merkwürdig löchrig durchgeführten Prozess. Allerdings kommt hier am Ende alles ins Lot, der Anwalt findet einen brauchbaren Kollegen mit nunmehr erweiterter Weltperspektive und vor allem ein großes Stück Rehabilitation, das unschuldige Justizopfer ist gerettet, der vielgepriesene Politschausteller entthront. Und der Zuschauer um eineinhalb versöhnliche Unterhaltungsstunden ohne erwähnenswerte Magenverdrehungen reicher.

7/10

Courtroom New York Chinatown Joseph Ruben Verschwörung


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SIGHTSEERS (Ben Wheatley/UK 2012)


"It was an accident, Mum." - "So were you."

Sightseers ~ UK 2012
Directed By: Ben Wheatley

Die mit ihrer herrischen Mutter (Eileen Davis) zusammenhausende Tina (Alice Lowe) lernt den etwas exzentrisch anmutenden Camper Chris (Steve Oram) kennen und unternimmt mit ihm kurzerhand eine mehrwöchige Tour über die britische Insel. In deren Verlauf entpuppt sich Chris als Serienmörder, der unliebsame Zeitgenossen aus nichtigen Gründen aus dem Weg räumt. Um sich ihm anzupassen, beginnt bald auch die schwer verknallte Tina damit, sie irritierende Personen zu beseitigen.

Schwarzhumorig bis ins Mark und flankiert von einem grandiosen visuellen Gespür lässt Wheatley die von seinen beiden Hauptdarstellern verfasste Reise ins Verderben vom Stapel. Wobei diese Bezeichnung nicht ganz zutrifft, denn für Tina entpuppt die Fahrt mit Chris sich als von einigem emanzipatorischen Wert geprägt. Ob sie es am Ende schaffen wird, sich auch noch von ihrer dominanten Mutter zu lösen, bleibt der Zuschauerfantasie überlassen, zu rechnen ist damit jedoch.
"Sightseers" ist vornehmlich das bewusst überspannte Porträt einer sich ihrer Umwelt andienenden Enddreißigerin, die in ihrem Leben bis dato nichts anderes als Dependenz und Assimilation gelernt hat und erst durch einen aus der gesellschaftlichen Norm entgleisten Soziopathen den Mut zur Unabhängigkeit bezieht. Wie dieser im Grunde sehr feministisch geprägte Ausbruchsbericht jedoch dargeboten wird, das macht Wheatleys beachtlichen Film so wunderhübsch fies und - bei aller detailversessenen Liebe zu seinen Figuren - exquisit bösartig.

9/10

Ben Wheatley England Road Movie Camping Serienmord Couple on the Loose amour fou Schwarze Komödie


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MISERY (Rob Reiner/USA 1990)


"To Misery."

Misery ~ USA 1990
Directed By: Rob Reiner

Nach Beendigung seines neuen Buchs, dem ersten nach einer langen Serie trivial-kitschiger Erfolgsromane um seine von ihm selbst verhasste, romantische Heldin 'Misery Chastain', bricht der Schriftsteller Paul Sheldon (James Caan) durch das verschneite Colorado zurück in Richtung New York auf - und landet mit seinem Wagen schwerverletzt an einem Abhang. Die Ex-Krankenschwester Annie Wilkes (Kathy Bates), Pauls selbsterklärter, "größter Fan", findet ihn und pflegt ihn; wie Paul bald feststellt, deutlich länger als nötig. Und tatsächlich schlägt Annies augenscheinliche Fürsorge bald in blanken Psychoterror um: Sie zwingt Paul, sein "schmutziges", neues Manuskript zu verbrennen und dreht kurz darauf endgültig durch, als sie erfährt, das im just publizierten, letzten "Misery"-Roman die Titelheldin stirbt. Annie bricht Paul beide Füße und zwingt ihn, eine neuerliche "Misery"-Fortsetzung zu schreiben, wobei der verzweifelte Autor ahnt, dass er nach dessen Fertigstellung für die wahnsinnige Annie keine Funktion mehr erfüllen wird...

Vermutlich aufgrund seiner vergleichsweisen Kompaktheit so ziemich der einzige King-Roman, den ich bis zu Ende geschafft habe und der mir somit gut gefallen hat. Ich mochte die ellenlangen Sermone des Horror-Literaten noch nie sonderlich und seit den mittleren Neunzigern finde ich zudem seine Themenwahl noch höchst uninteressant. Nicht so die Verfilmungen seiner Bücher und Kurzgeschichten; die gefallen mir in der Regel - die meisten TV-Miniserien außen vor gelassen - recht gut. So auch "Misery", dessen Verfilmung man wohl als Glücksfall einer solchen bezeichnen darf. Zwar ist es schade, dass die gorigen Elemente um Axt und Rasenmäher nicht übernommen wurde, aber der arme Rob Reiner war wohl so schon hinreichend gestresst. Der ansonsten eher für Romantik, Spaß und Philanthropie stehende, apfelbäckige Märchenonkel konstatiert ganz recht, wenn er sagt, dass "niemand einen solchen Film von [ihm] erwartet habe", denn mit Annie Wilkes und ihrer begnadeten Jahrhundert-Interpretation durch Kathy Bathes schuf er immerhin die hassenswerteste Leinwandmatrone neben Louise Fletchers 'Nurse Ratched' aus Formans "One Flew Over The Cuckoo's Nest". Wenn am Ende Paul Sheldon endlich frei kommt und sich für all die Demütigungen, Lügen, Gezwungenheiten, Bemutterungen Annies mit Schreibmaschine und Bügeleisen rächt, dann möchte man ihm am liebsten die Hand führen.
Das ist eine Form antitraumatischer Aufarbeitung wie sie keine noch so exzellente Konfrontationstherapie je wettmachen könnte!

9/10

Rob Reiner Literatur Kidnapping Terrorfilm Stephen King Colorado Schnee Winter femme fatale Madness





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