Zum Inhalt wechseln


In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


Foto

THE SEASONING HOUSE (Paul Hyett/UK 2012)


"I'd never do you any harm and you know that."

The Seasoning House ~ UK 2012
Directed By: Paul Hyett

Ein taubstummes bosnisches Mädchen überlebt als einziges Mitglied ihrer Familie ein von einer serbischen Miliz angerichtetes Massaker gegen Ende des Bosnienkrieges. Es gerät in die Fänge des Bordellbesitzers Viktor (Kevin Howarth), der es 'Angel' tauft, als Hausfaktotum hält und ihm trotz der barbarischen Behandlung "seiner" zwangsprostituierten Mädchen einen Hauch von Zuneigung vorzugaukeln weiß. Als eines Tages der Milizenchef Goran (Sean Pertwee), der einst auch Angels Familie massakriert und sie versklavt hat, mit seinen Soldaten bei Viktor zu Gast ist, wird Angels Freundin Vanja (Dominique Provost-Chalkley), die ebenfalls die Gebärdensprache beherrscht, von einem der Männer (Ryan Oliva) zu Tode vergewaltigt. Impulsiv rächt Angel, die sich im labyrinthischen Belüftungssystem des Hauses zurecht findet, ihre Freundin noch in der Minute deren Todes. Goran beginnt eine gnadenlosen Rachehatz auf Angel.

Ein formal ordentlich gestaltetes Regiedebüt, dessen Ambition, ein im Prinzip herkömmliches "Rape & Revenge"-Drama vor der Kulisse des Bosnienkrieges anzusiedeln,wohl seinen letzten Rest von Streitbarkeit ausmacht. Ansonsten bewegt sich "The Seasoning House" genau auf jenem Grat zwischen stilisierter Gewaltästhetik und moralisch legitimiertem (Rache-)Aktionismus', den das selbsterkoren transgressive Kino der letzten Jahre längst verinnerlicht und zu einem seiner Hauptmerkmale gemacht hat. Ein in irgendeiner Hinsicht überraschendes Werk ist Hyetts Film somit in keinster Weise und die sicherlich beabsichtigte Wirkung der perzeptiven Grenzauslotung dürfte sich zumindest bei den allermeisten Gewohnheitsschauern nicht (mehr) einstellen. Das ist eben der Fluch einer Ära, die kaum mehr visuelle Tabus kennt. Ansonsten ist "The Seasoning House" für just am Subgenre Interessierte einen Blick wert.

6/10

Paul Hyett Prostitution Vergewaltigung Rache Balkankonflikt Bosnien-Herzegowina Transgression rape & revenge


Foto

THE CASTLE OF FU MANCHU (Jess Franco/UK, BRD, I, E, LI 1969)


Zitat entfällt.

The Castle Of Fu Manchu (Die Folterkammer des Dr. Fu Man Chu) ~ UK/BRD/I/E/LI 1969
Directed By: Jess Franco

Nachdem er sich den Palast eines anatolischen Opiumbarons unter den Nagel gerissen hat, plant Fu Manchu (Christopher Lee), mithilfe der geheimnisvollen Kristalle des Wissenschaftlers Professor Henderson (Gustavo Re), die den Aggregatzustand von Wasser ändern können, neuerlich die Unterjochung der Welt. Zusammen mit dem Herzspezialisten Kellner (Günther Stoll) und seiner Assistentin Marie (Maria Perschy) können Nayland Smith (Richard Greene) und Dr. Petrie (Howard Marion-Crawford) des Doktors sinistren Plan zunichte machen.

Opiumpfeifen, der Bosporus und Jess Franco in person als lethargischer, Kette rauchender, türkischer Polizeichef: Wenngleich die imdb-Wertung eine andere Sprache spricht, findet das "Fu Manchu"-Franchise mit seinem letzten Beitrag nochmal einen kleinen, finalen Höhepunkt. Zwar fällt die billige Exposition des Films durch schamlose Verwurstung auf (das Finale von "The Brides Of Fu Manchu" wird einfach gegen die Sinkszenen aus "A Night To Remember" geschnitten), spätere in Istanbul gefilmte Szenen kunden jedoch davon, dass Señor Manera sich vor Ort keineswegs unwohl gefühlt haben dürfte. Die an Bava gemahnende, violett-grüne Beleuchtung in Fu Manchus "Folterkammer" (wobei es eine solche überhaupt nicht gibt) baut noch weitere Assoziationen zum velvet underground auf; allerdings hat man ihm wohl die nackten Miezen aus "Blood" wieder verboten. Schade, aber nichtsdestotrotz bildet "The Castle Of Fu Manchu" einen wie erwähnt würdigen Abschluss.

6/10

Jess Franco Fu Manchu Sax Rohmer Harry Alan Towers Türkei Istanbul Sleaze


Foto

THE BLOOD OF FU MANCHU (Jess Franco/UK, BRD, E, USA 1968)


Zitat entfällt.

The Blood Of Fu Manchu (Der Todeskuss des Fu Man Chu) ~ UK/BRD/E/USA 1968
Directed By: Jess Franco

Fu Manchu (Christopher Lee) hat sich diesmal in einem halbverfallenen Inka-Palast, der 'verlorenen Stadt', im lateinamerikanischen Dschungel abgesetzt, wo er junge Mädchen mit dem für sie selbst ungefährlichen Gift einer Schlange infiziert. Jeder von ihnen verabreichte Kuss wirkt mittelfristig tödlich auf die männlichen Opfer, wobei jene erst erblinden, um dann beim nächsten Vollmond das Zeitliche zu segnen. Weltweit sollen nun Fu Manchus Feinde mit dem 'Todeskuss' behandelt werden. Auch der arme Nayland Smith (Richard Greene) wird zum Opfer. Seinem Partner Dr. Petrie (Howard Marion-Crawford) bleibt nicht viel Zeit, um ein Heilmittel zu finden. Vor Ort hadert Fu Manchu derweil mit weiteren Gegnern und Semi-Verbündeten: Smiths Sonderagent Jansen (Götz George) ist dem Bösewicht auf der Spur und der dicke Desperado Sancho Lopez (Ricardo Palazios) kann sich nicht recht für eine Seite entscheiden...

Mit Franco kommt der Sleaze zu Fu Manchu - oder Fu Manchu zum Sleaze, je nach Belieben. Urplötzlich hüpfen diverse nackte Schönheiten durch des chinesischen Gangsters Kellergewölbe oder balzen mit beleibten Revolverhelden. Götz George, von Francos exzentrischen Manierismen sichtlich genervt, macht wie immer alle Stunts selbst und dabei dennoch eine nicht ganz so propere Figur wie in den Karl-May-Filmen. Er fühlte sich offenbar tatsächlich spürbar unwohl. Umso strahlender Ricardo Palazios als mexianischer (oder guatemaltekischer, das weiß wohl niemand so recht) Pistolero, der seinen Wanst schwungvoll durchs brasilianische Grünareal bewegt und "The Blood Of Fu Manchu" eine gute Portion Launigkeit verleiht. Ansonsten kann man der Reihe attestieren, bei aller francoüblichen Albernheit nochmal die Kurve bekommen zu haben, denn sein erster Beitrag macht wirklich gehörig Spaß und wirft einiges an des Regisseurs individuellem Flair mit in die Waagschale: Ein bisschen verrückt, das Ganze, aber für Franco- und Europloitation-Komplettisten unbedingt sehenswert.

6/10

Fu Manchu Harry Alan Towers Sax Rohmer Jess Franco period piece Sleaze Camp


Foto

THE VENGEANCE OF FU MANCHU (Jeremy Summers/UK, BRD, IE, HK 1967)


Zitat entfällt.

The Vengeance Of Fu Manchu (Die Rache des Dr. Fu Man Chu) ~ UK/BRD/IE/HK 1967
Directed By: Jeremy Summers

Fu Manchu (Christopher Lee) und Lin Tang (Tsai Chin) haben sich tief in die chinesische Bergwelt zurückgezogen und sämtliche öffentlichen Verkehrswege zu ihrer Festung gesprengt. Von hier aus plant der Supergangster, mithilfe des amerikanischen crime king Ronny Moss (Horst Frank) ein global umspannendes Netzwerk des Verbrechens zu organisieren und sämtliche Gegner in aller Welt durch die Taten willenloser Doppelgänger in Misskredit zu bringen. Darunter auch Nayland Smith (Douglas Wilmer), der soeben dabei ist, an der Gründung von Interpol teilzunehmen. Bei dem darauffolgenden Irland-Urlaub wird Smith unbemerkt durch sein Double ersetzt, das sich fortan völlig apathisch gibt, bis es Smiths armes Hausmädchen (Mona Chong) stranguliert. Alle Welt hält natürlich Smith für den Mörder, der sich längst in Fu Manchus Gewahrsam befindet. Ebenso wie der Chirurg Lieberson (Wolfgang Kieling), der gezwungenermaßen die Gesichtstransplantationen übernimmt, dessen Tochter (Suzanne Roquette) und die Nachtclubsängerin Ingrid (Maria Rohm), Moss' Exfreundin.

Paradoxerweise ist "The Vengerance Of Fu Manchu" der am saubersten inszenierte und zugleich unaufregendste Beitrag der Reihe, da mit Jeremy Summers offenbar ein überaus routinierter Regisseur gefunden ward, der sich um die inhärent campige Attitüde des Serials nicht weiter scherte, sondern bloß seinen Job möglichst sauber und pointiert über die Bühne bringen wollte. Dies, so muss man ihm neidlos zugestehen, gelang Summers auch um einiges erfolgreicher als Don Sharp bei seinem Erstesequel, das im Direktvergleich um einiges billiger und schludriger erscheint. "Vengeance" ist somit ein wirklich hübscher, äratypischer Eurokrimi mit gewohnter Bond-Spoof-Atmosphäre, dem es auf der anderen Seite ein wenig an jener Grellheit fehlt, die Streifen dieser Art zu einem spezifischen Zeitzeugnis machen. Was den Film allerdings wirklich aufwertet, ist der Auftritt des wie immer phantastischen Horst Frank, dessen Präsenz sowieso jedes noch so schwache Produkt adelt. Lee indes wird sich mit Spitzbart und Augenprothesen mittlerweile zunehmend blöd vorgekommen sein. Ein Megaterrorist, dessen Welteroberungspläne regelmäßig in die Binsen gehen, ist so 'mega' vielleicht dann doch nicht...

6/10

Fu Manchu Sax Rohmer Harry Alan Towers period piece China Shanghai


Foto

THE BRIDES OF FU MANCHU (Don Sharp/UK, BRD 1966)


Zitat entfällt.

The Brides Of Fu Manchu (Die 13 Sklavinnen des Dr. Fu Man Chu) ~ UK/BRD 1966
Directed By: Don Sharp

Fu Manchu (Christopher Lee) und Tochter Lin Tang (Tsai Chin) haben die Zerstörung des tibetanischen Bergklosters überlebt und im libanesischen Tempel von Karna ein neues Versteck gefunden. Von hier aus plant der Massenmörder seinen neuen Coup: Die Umformung gewaltiger Sprengkraft in Radiowellen und damit die Möglichkeit, an jedem beliebigen Punkt der Erde gewaltige Explosionen erzeugen zu können. Diverse Wissenschaftler, deren Töchter der Lump entführt und sich zu Willen gemacht hat, stehen unter Fu Manchus erpresserischem Einfluss. Doch wie immer ist ihm sein alter Feind Nayland Smith (Douglas Wilmer) bereits auf der Spur. Behilflich sind ihm diesmal mehrere Assistenten, darunter der wackere Chemiker Franz Baumer (Heinz Drache).

Ein großes Hallo bot die zweite "Fu Manchu"-Adaption von Towers und der Constantin zumindest auf der Leinwand: "Wallace"-Standard Heinz Drache gab es zu bewundern, "Winnetou"-Fans freuten sich über Marie Versini und Harald Leipnitz und selbst Clouseaus Hausdiener Burt "Kato" Kwouk findet sich drunten in Fu Manchus Geheimquartier. Über die vor Blödheit strotzende Geschichte macht man sich am besten ebensowenig Gedanken wie über die alberne Dreitonfolge, die jedesmal erklingt, wenn Fu Manchu eine neue Bedrohung ausstößt oder über die Tatsache, warum in einem Tempel im Libanon ägyptische Götterstatuen herumstehen. Schön dämlich auch der Subplot um die dreizehn hübschen, wundersamerweise allesamt gleichaltrigen und stets im Unterrock umherspalkenden Wissenschaftler-Töchter, mit denen unser Fiesling seine unfreiwilligen Helfershelfer erpresst: Gut allerdings für den geneigten männlichen Zuschauer, dass keine der hohen Kapazitäten einen hässlichen Filius um die fünf zu haben scheint. In der deutschen Synchronfassung ersparte man dem Publikum (einen Film lang) die Verwirrung, sich an einen "neuen" Nayland Smith gewöhnen zu müssen: Bei uns heißt Douglas Wilmer 'Dennis Spencer'. Dass dieser rein zufällig ebenfalls mit dem freundlichen Dr. Petrie (Howard Marion-Crawford) als Kollegen aufwartet und ein asiatisches Hausmädchen (Francesca Tu) beschäftigt, scheint niemanden ernstlich gewundert zu haben.

5/10

Dr. Fu Manchu Don Sharp Harry Alan Towers Sax Rohmer period piece Libanon London Fremdenlegion


Foto

THE FACE OF FU MANCHU (Don Sharp/UK, BRD 1965)


Zitat entfällt.

The Face Of Fu Manchu (Ich, Dr. Fu Man Chu) ~ UK/BRD 1965
Directed By: Don Sharp

Da anstelle des wirklichen Superterroristen Dr. Fu Manchu (Christopher Lee) lediglich ein Dopuble hingerichtet wurde, muss sich die Welt gegen neue Untaten des Asiaten wappnen. In alten Munitionsgängen unter der Themse hat er sein neues Hauptquartier errichtet und plant von dort aus die Unterjochung des Globus mithilfe eines aus tibetanischem Mohn gewonnen Gifts. Doch Fu Manchus alter Gegner Nayland Smith (Nigel Green) von Scotland Yard ist dem Meisterverbrecher bereits auf der Spur.

Ein weiteres deutsch-internationales Standbein des Sechziger-Kriminalfilms neben den Wallace-Verfilmungen , "Dr. Mabuse", "Jerry Cotton" und "Kommissar X" wurde die von der Constantin mitproduzierte und verliehene "Fu Manchu"-Reihe, die zwischen 1965 und 1969 entstand und insgesamt fünf Teile umfasst. Wie bei den beiden ganz ähnlich gelagerten "Sumuru"-Filmen handelt es sich um eine in dder Hauptsache von Harry Alan Towers beschirmte Sax-Rohmer-Adaption, die von einer diffusen "Asiophobie" seitens des Autors zeugt: Dr. Fu Manchu eint all die Westängste vor der mysteriösen Fernost-Kultur, die, gegen die westliche Welt gewandt, von allerhöchster Bedrohlichkeit sein muss! Fu Manchu, das weiß man als Kinofreund bereits seit dem schönen Karloff-Klassiker, ist ein kriminelles Genie und zudem ein sadistischer Meister der Folter, dem sein paraphiles Töchterlein (hier: Tsai Chin) in nichts nachsteht. Doch jede klassische Seriengestalt, ob Held oder Schurke, benötigt seinen ewigen Widerpart. Wie Holmes seinen Moriarty und Dracula seinen Van Helsing ist dies im Falle Fu Manchus der erzbritische Nayland Smith, der mit Nigel Green in der leider einzigen Verkörperung der Figur zugleich auch seine denkwürdigste erhielt. Für uns Krauts fuhr man in gewohnten Rollen noch Blacky Fuchsberger als wackerer Semiheld und die gute Karin Dor als Kidnapping-Opfer auf, womit sich "The Face Of Fu Manchu" endgültig quasi-teutonisierte.

6/10

London Tibet Themse Harry Alan Towers Sax Rohmer Dr. Fu Manchu Don Sharp period piece


Foto

SINGAPORE SLING (Nikos Nikolaidis/GR 1990)


"Now I can smoke."

Singapore Sling ~ GR 1990
Directed By: Nikos Nikolaidis

Ein Privatschnüffler verfolgt die Spur eines verschwundenen Mädchens namens Laura bis hin zu einem feudalen Haus in Seenähe, das von Mutter (Michele Valley) und Tochter (Meredyth Harold) bewohnt wird. Die beiden Frauen, die hier in der Abgelegenheit Serienmord, Paraphilie, Rollenspiele und andere Merkwürdigkeiten in vielen Facetten durchspielen, nehmen den angeschossenen und teils bewegungsunfähigen Detektiv gefangen und taufen ihn aufgrund eines Cocktailrezepts in seiner Tasche 'Singapore Sling'. Der Mann wird zum mehr oder weniger willfährigen Opfer der Perversionen der zwei Frauen, bis er schließlich selbst den Verstand zu verlieren droht.

Ein hochpoetisches Gedicht von einem Film, bedingungslos konsequent in seiner zwischen oberflächlicher und verschlammter Schönheit delirierenden Ästhetik. Man kann den Blick kaum abwenden von all dem Ungeheuerlichen, was Nikolaidis seinem - durchaus elitär anvisierten - Publikum in "Singapore Sling" auftischt. Von grenzpornographischen Bildern über die gegenseitige Besprenkelung mit diversen Körperflüssigkeiten, die Auslebung multipler Fetische bis hin zu harten Gewalteruptionen reicht die Palette seiner Visualitäten. Ein Statement, möglicherweise eine künstlerische Sublimierung tiefverwurzelter, unausgelebter Obsessionen. So schön und zeigefreudig sich die Protagonistin Meredyth Harold auch gibt, Nikolaidis zeigt den Voyeuren unter seinen Zuschauern immer wieder die rote Karte, indem er stimulierend beginnende Szenen durch matschige Hemmungslosigkeiten enterotisiert.
Dabei ist "Singapore Sling" natürlich erst in zweiter Instanz ein transgressives, herausforderndes Kunstwerk, primär bietet er ein Panoptikum von Nikolaidis' umfassender Einflussbasis: Angefangen bei Premingers "Laura", von dem "Singapore Sling" ein Semi-Remake darstellt, über Swing, Chandler, Wyler, Losey, Pasolini, Hopper und Hooper reicht die Skala der vielen Zitatwurzeln, die der auteur hierin abgrast: Eine kompromisslose Fundgrube für offenherzige Filmliebhaber.

9/10

Nikos Nikolaidis film noir neo noir Hommage Transgression Groteske Madness Nacht hardboiled


Foto

SIDE EFFECTS (Steven Soderbergh/USA 2013)


"Everybody knows everything."

Side Effects ~ USA 2013
Directed By: Steven Soderbergh

Der vielbeschäftigte Psychiater Jonathan Banks (Jude Law) gerät an die suizidale Patientin Emily Taylor (Rooney Mara), die unter schweren Depressionen leidet. Nachdem sich mehrere Alternativpräparate als wirkungslos erwiesen haben, verschreibt ihr der an einer hochdotierten Versuchsreihe beteiligte Banks den neuen SSRI 'Ablixa', der bei Emily jedoch die Nebenwirkung des Schalfwandelns hervorbringt. Dennoch bleibt das Medikament weiterhin angesetzt, bis Emily eine Tages im somnambulen Zustand ihren Ehemann (Channing Tatum) ersticht. Doch wer ist wirklich für den Todesfall verantwortlich - Patientin oder Arzt? Banks, dessen Renommee schwer unter dem Fall zu leiden hat, forscht nach und stößt auf immer neue Spuren rund um Emilys Vergangenheit...

Nach Danny Boyles "Trance" noch ein weiterer Thriller um die Psychotherapie als Mittel für durchtriebene, mehr oder weniger kriminelle Superpläne. Vielfilmer Soderbergh geht das Ganze sehr konventionell und umweglos konsumierbar für den Endverbraucher an. Ich hatte eigentlich eine etwas tendenziösere Auseinandersetzung mit der billionenschweren Psychopharmaka-Industrie erwartet, doch letzten Endes geht es in "Side Effects" gar nicht um Serotonin fördernde Präparate und Konsorten, sondern um einen klassischen Suspense-Plot, in dem Protagonist und Zuschauer lange an der Nase herumgeführt werden, bis am Ende schließlich alles einen zufriedenstellende, taghellen Ausgang nimmt.
Geradezu klassisch aufbereitetes Genrekino, das inmitten all des gegenwärtigen, sensations- und innovationssüchtigen Filmwerks, das sich in zumeist panischer Erfolgssucht wahlweise an neue Erfolgskonzepte zu hängen versucht oder sich zwanghaft neu erfinden will, eine ihre Berechtigung findende Wohltat darstellt. Saubere Kurzweil, garantiert ohne jedwede Form von Nebenwirkungen.

7/10

Steven Soderbergh Psychiatrie Pharmaindustrie Courtroom Verschwörung New York


Foto

RETURN TO SLEEPAWAY CAMP (Robert Hiltzik/USA 2008)


"Your ass stinks!"

Return To Sleepaway Camp (Sleepaway Massacre) ~ USA 2008
Directed By: Robert Hiltzik

In 'Camp Manabe' im beschaulichen Upstate New York geht es drunter und drüber: Der absonderliche Alan (Michael Gibney) ist ein echtes Ekel und zieht, durchaus berechtigt, die Antipathie seiner Mitcamper auf sich. Auch seine unbeholfenen Versuche, sich Freunde zu suchen, gehen stets nach hinten los. Die Abneigung der Anderen schlägt sich bald in Form immer derberer Scherze nieder, bis es plötzlich die ersten Toten gibt. Co-Campleiter Ronnie (Paul DeAngelo) fühlt sich prompt an gewisse Vorgänge von vor 25 Jahren erinnert, als die transsexuelle Angela (Felissa Rose) auf ganz ähnliche Weise in Camp Arawak wütete...

Nach zwei von Michael A., Simpson inszenierten Sequels, in dem Angela von der Springsteen-Schwester Pamela interpretiert wurde, übernahm in 2008 wieder das Urteam und legte einen Spätfolger nach, der dem Original in jeder Hinsicht das Wasser reichen kann. Als wäre seit 1985 kein Tag vergangen, legt sich Hiltzik ins Zeug und schafft einen formal und vor allem atmosphärisch verlustfreien Direktanschluss an seinen witzigen Slasher-Klassiker. Albernster Humor, völlig überzogene Figurenzeichnung, lächerlichste Falschfährtenlegung (Angelas Tarnung als "Sheriff Jerry" ist so ziemlich das Albernste, was man sich vorstellen kann) und Effekte wie anno dazumal sollten wirklich jedem Freund der Ur-Trilogie höchstes, ironisch konnotiertes Vergnügen zusichern. Dass sich hinzukommend noch Isaac Hayes die Cameo-Ehre als 'Chef' (de Cuisine) gibt, dürfte wohl auch den letzten Zweifler überzeugen. 110% approved!

6/10

Robert Hiltzik Sequel Slasher Splatter Feriencamp Independent New York DTV Trash


Foto

BLACK MAMA, WHITE MAMA (Eddie Romero/USA, PH 1973)


"Some jive-ass revolution don't mean shit to me!"

Black Mama, White Mama (Frauen in Ketten) ~ USA/PH 1973
Directed By: Eddie Romero

Die Prostituierte Lee Daniels (Pam Grier) und die Revolutionssympathisantin Karen Brent (Margaret Markov) landen in einem Frauenknast, deren lesbische Aufseherinnen ihnen bald den letzten Nerv rauben. Darum und weil es Wichtigeres zu tun gibt, treten sie die Flucht an - freilich aneinandergekettet und selten einer Meinung, weshalb auch diverse Konflikte ausgetragen werden müssen. Schon bald werden sie von allen Seiten gejagt, Lees Ex-Zuhälter (Vic Diaz) ist ebenso hinter ihnen her wie der kurzum engagierte Bezahlgauner Ruben (Sid Haig) und natürlich die Polizei.

Ein eher langweiliges Trash-Remake von "The Defiant Ones", dem es so ziemlich an allem mangelt, was Filme gerade dieser Kuleur doch vordringlich interessant gestaltet: Eindeutige Schauwerte und selbst deren Andeutungen fehlen allerorts, die protagonisierten Ladys agieren in jeder Hinsicht zurückhaltend und stupide Füllszenen bestimmen das unausgegorene Bild. Die händeringend herbeigewünschte Erklärung dafür, wie zwei aneinandergettete Damen sich eigentlich zu Verkleidungszwecken zwei Nonnentalare an- und wieder ausziehen können, bleibt Eddie Romero uns jedenfalls über sein Grab hinaus schuldig. Selbst als Exploitationer geht "Black Mama, White Mama" nicht durch, da die wenigen W.I.P.-Sequenzen sich bereits nach zehn Minuten ad acta gelegt finden und auch das graphische Gewaltlevel sich am unteren Skalaende herumdrückt. Für wen in Gottes Namen ist dieser Film also bloß entstanden? Nun gut, Grier-Freunde werden selbst hierin noch ihre drei, vier Momente hervorschürfen. Der Rest aber, der darbet und staunet.

3/10

Philippinen Gefängnis Flucht Freundschaft Eddie Romero





Filmtagebuch von...

Funxton

    Avanti, Popolo

  • Supermoderator
  • PIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIP
  • 8.268 Beiträge

Neuste Kommentare