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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE PATSY (Jerry Lewis/USA 1964)


"I'll show them..."

The Patsy (Die Heulboje) ~ USA 1964
Directed By: Jerry Lewis


Der plötzliche Unfalltod des beliebten Entertainers Wally Brandford stürzt besonders dessen sechsköpfige Entourage (Ina Balin, Everett Sloane, Keenan Wynn, Peter Lorre, John Carradine, Phil Harris) in tiefe Depressionen. Da gibt es nur eine Lösung: Ein Brandford-Nachfolger muss her! Flugs schnappt man sich den erstbesten greifbaren Probanden, den Hotelpagen Stanley Belt (Jerry Lewis), und versucht, ihn mit allen Mitteln zum Superstar aufzubauschen. Doch Stanley hat seinen eigenen Kopf, und der will nunmal nicht so wie sein selbsternanntes Management.

Ein weitere kleine Sahneschnitte aus Lewis' Autorenfilmer-Œuvre, gewidmet all den Sternchen, die es zu nichts gebracht haben und natürlich auch jenen, die es zu etwas gebracht haben, es vielleicht aber zu gar nichts bringen wollten. Wie dem auch sei, der Charakter des Stanley Belt unterscheidet sich nicht wesentlich von anderen Lewis-Figuren dieser Tage; Stanley ist ein naiver Tropf, der trotz seiner ausgewachsenen Physis im Inneren ein mentales Kleinkind beherbergt und zum Spielball der Gewalten - soll heißen, einer wahrhaft gruselig anmutenden Ansammlung alternder Krausköpfe - wird, ohne sich dessen auch nur zu einer Sekunde bewusst zu sein. Den großen Zampano der Clownerie gibt Lewis dabei mit einem stets weinenden Auge; nicht gefeit vor Misserfolgen und Publikumsflops. Erst die eigene Nummer am Ende, die als doppelbödiger Ed-Sullivan-Meilenstein gefeiert wird, beschert ihm die nötige Emanzipation. Das wird so verblüffend klar wie aufrichtig dargeboten und ist damit Lewis in Reinkultur.

8/10

Los Angeles Jerry Lewis Slapstick Hollywood


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THE NUTTY PROFESSOR (Jerry Lewis/USA 1963)


"Have some, baby?"

The Nutty Professor (Der verrückte Professor) ~ USA 1963
Directed By: Jerry Lewis


Der schüchterne Chemieprofessor Julius Kelp (Jerry Lewis) hat es nicht leicht: Seine wirren Experimente enden regelmäßig in mittelschweren Explosionen und seine Studenten haben keinerlei Respekt vor ihm. Hinzu kommt sein unvorteilhaftes Äußeres, das ihm selbst jedoch am Allermeisten zu schaffen macht. Ein Fitness-Programm im Bodybuildingstudio bringt nicht den gewünschten Erfolg, also erfindet Kelp ein Serum, mit dem er sich in den unwiderstehlichen, wenn auch arroganten Womanizer Buddy Love (Jerry Lewis) verwandeln kann. Die unabwendbare Identitätskrise lässt nicht lange auf sich warten.

Mit "The Nutty Professor" trieb Lewis seine komödiantische Kunst endgültig zu Perfektion. Nicht nur, dass der Film eine grandiose One-Man-Show für ihn als Doppel-Protagonisten bereithält, berichtet er zudem noch mustergültige Wahrheiten über Körper- und Schönheitskult, Oberflächlichkeiten und triebgesteuerte Partnersuche. Bis auf das endgültig dem Märchenreich entlehnte Ende, an dem sich die wunderhübsche Stella Stevens (nicht ohne ein letztes Augenzwinkern) gegen den potenten Testosteron-Protz Buddy Love und für den verzückten Professor Kelp entscheidet ist Lewis' auch als Horrorfilm-Parodie respektive als softe "Jekyll-&-Hyde"-Variation überaus gelungenes Meisterstück voll von sozialpsychologischen Beobachtungen, die, wenn auch in einem für das heutige Auge womöglich ungewohnten Ambiente angesiedelt, bis dato nichts von ihrer Gültigkeit eingebüßt haben. Schon geflissentlich bizarr, wie geringfügig die okzidentalische Kultur sich in mancherlei Hinsicht in fünf Dekaden weiterentwickelt hat.

9/10

Slapstick Parodie Jerry Lewis Satire Jekyll und Hyde Mad Scientist


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HELLFIGHTERS (Andrew V. McLaglen/USA 1969)


"Somebody wake me up!"

Hellfighters (Die Unerschrockenen) ~ USA 1969
Directed By: Andrew V. McLaglen


Chance Buckman (John Wayne) ist Spezialist für das Löschen von eigentlich unlöschbaren Ölfeldbränden und jettet daher mit seinem Team über den gesamten Globus. Nach einer gefährlichen Brustverletzung und seiner von ihm getrennt lebenden Frau (Vera Miles) zuliebe gibt Chance den Job zähneknirschend an seinen nicht minder dickköpfigen Freund und Schwiegersohn Greg (Jim Hutton) weiter. Bald jedoch steht dieser vor einem beruflichen Problem, das nur mit Chances Hilfe zu lösen ist...

Ye goode olde Duke movie. Ausnahmsweise mal nicht in die Kunstlederweste gehüllt, muss der alte Tinseltown-Rep sich gar nicht groß verstellen. Den leicht betagten Patriarchen-Brechwurz, dessen Eisenschädel prinzipiell alles besser weiß und zumeist auch richtig damit liegt, darf Wayne nämlich auch hier wieder geben. Was Dukes späte Filme, die ja sehr häufig unter der routinierten inszenatorischen Ägide von McLaglen entstanden sind, im Allgemeinen so charmant macht, ist ihre heimelige Atmosphäre - der Zuschauer hat stets das Gefühl einem Familientreffen beizuwohnen. "Hellfighters" funktioniert dabei ganz ähnlich wie Hawks' "Hatari!": Eine Gruppe (fraglos viel zu alter) Superprofis, die zur Auflockerung und der attraktiveren Optik halber von einer jungen Dame (Katharine Ross, selten attraktiver) begleitet werden, erlebt diverse abenteuerliche und lustige Episoden, ohne dass es einen roten Plotfaden gäbe. Dem größeren Wiedererkennungswert zuliebe hüpfen dazwischen noch Duke-Faktotum Bruce Cabot und Valentin de Vargas dazwischen herum. Leider sind venezolanische Ölfelder jedoch keine afrikanische Steppe und McLaglen ist kein Hawks, was man "Hellfighters" leider ohne Umschweife anmerkt. Der Film wirkt am Ende nämlich doch etwas zu trocken, um so rundum glücklich und enthusiastisch machen zu können wie ein Film des Großmeisters und reicht über schickes Unterhaltungsprogramm für Freunde des Duke nicht hinaus. Was für meine Wenigkeit freilich kein Problem darstellt, im Gegenteil.

6/10

Andrew V. McLaglen Feuerwehr Familie


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COMING TO AMERICA (John Landis/USA 1988)


"I want a woman that will arouse my intellect as well as my loins."

Coming To America (Der Prinz aus Zamunda) ~ USA 1988
Directed By: John Landis


Als Prinz Akeem (Edie Murphy), Thronfolger im wohlhabenden, afrikanischen Märchen-Ministaat Zamunda, zum 21. Geburtstag seine ihm vorbestimmte Braut (Vanessa Bell) heiraten soll, entschließt er sich spontan, nach New York zu reisen, um sich dort richtig zu verlieben. Dort angekommen, gibt er sich als armer Bettelstudent und Ziegenhirt aus, um nur ja kein Mädchen nur um des Geldes Willen anzulocken. Bald verkuckt sich Akeem in Lisa (Shari Headley), die Tochter des Fast-Food-Managers McDowell (John Amos). Doch damit fangen die Probleme erst an.

Landis' letzter Film, der noch den alten Esprit konservieren konnte. Einst einer der von mir hochgeschätztesten Regisseure, der unter meinen Lieblingsfilmen immerhin vier Titel platziert, begann für ihn genau nach "Coming To America" die große kreative Talfahrt. Zunächst noch zaghaft mit zumindest halbwegs passablen Arbeiten konsequent gen Bodennähe navigierend, markierte nach dem endgültig letzten Aufglimmen "Bloody Mary" der nichtswürdige "Beverly Hlls Cop III" den Niedergang dieses einst doch so formidablen Komödienfilmers. Ich habe oft darüber gerätselt, welche Ursachen für seinen bedauerlichen Niedergang verantwortlich sein mögen, doch letzten Endes lässt sich ohnehin nichts daran ändern und es bleibt ja immer noch eine umfangreiche, durchweg liebenswerte Hinterlassenschaft, zu der eben auch "Coming To America" gehört. Landis gelingt es darin vorzüglich, seine eigene, lakonische Spezialkomik mit einer Hommage an die alten Hollywood-Märchen von Lubitsch und Capra zu verbinden und so eine oberflächlich als solche bereits hinreichend goutierbare RomCom zu schaffen. Darunter jedoch tut sich eine Rundum-Satire betreffs des schwarzen New Yorker Lebensstils zum Ende der Achtziger auf - das Slumleben von Queens wird aufs Liebevollste karikiert, der unbeirrbare Glaube an großmäulige Eckkirchenprediger lässt sich nicht einschläfern, der wirtschaftliche Emporkömmling indes ist nach wie vor bloß ein armes Würstchen - alles ist Klischee und das Beste ist, der Film weiß das ganz genau. Eine Flut von Querverweisen und Insidergags betreffs des landis'schen Gesamtwerks abfeuernd, wird der Film endgültig zu einem humoristischen Rundumgenuss. See you next Wednesday.

9/10

John Landis Afrika Satire New York Erwachsenenmaerchen Ethnics


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PRIVATE SCHOOL (Noel Black/USA 1983)


"Sex education? That's my favorite subject!"

Private School ~ USA 1983
Directed By: Noel Black

Wenn ein Mädchen- und ein Jungeninternat benachbart sind, weiß der geneigte Teeniefilmkucker bereits, was zu erwarten steht: Schwerenot, Samenkoller und Pseudo-Gepimper allerorten. Immerhin kommt gegen Ende auch die wahre Liebe nicht zu kurz.

Alle haben mal klein angefangen, selbst Matthew Modine, der, ein Jahr, bevor er mit dem wundervollen "Birdy" in die Prämiumklasse der Hollywood-Akteure aufstieg, eine schmalsinnige Peinlichkeit namens "Private School" um seine Präsenz bereicherte. Tatsächlich finden sich sogar mehrere klangvolle Namen auf der Besetzungsliste dieser amerikanischen "Eskimo Limon"-Variante, in der der Hauptjokus, offenbar seiner unerschöpflichen Witzigkeit wegen, permanent repetiert wird. Jener besteht - hehe - darin, dass irgendein Spanner - hoho - beim Fensterln vom Sims in die - hihi - Rosenbüsche fliegt. Ansonsten gibt es noch einige flaue Titten- und Wet-T-Shirt-Witzchen, die in der Regel auf das Konto der immerhin überaus wohlgeformten Betsy Russell gehen, jene nunmehr als Serienkillerwitwe zu neuer Semiprominenzblüte gelangt. Die hysterisch-rotbirnige Verklemmtheit, mittels derer diese Gags dargebracht werden, sucht allerdings ihresgleichen und dürfte bestenfalls beim mittfünfzigjährigen Taschenbillardmeister aus Reihenhaus 69b für Belustigung und ausgebeulte Buchsen sorgen. Ich hingegen fand's leider bloß zum Fremdschämen, das aber dafür volle Ölle.

3/10

Softsex Noel Black Teenager Schule


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CINDERFELLA (Frank Tashlin/USA 1960)


"I wanna be a person!"

Cinderfella (Aschenblödel) ~ USA 1960
Directed By: Frank Tashlin


Der Millionenerbe Fowler (Jerry Lewis) ist leider zu dämlich, als dass er merken würde, dass er sich von seiner Stiefmutter (Judith Anderson) und seinen beiden Stiefbrüdern Henry Silva, Robert Hutton) gar nicht herumschubsen zu lassen bräuchte, wie es tagtäglich der Fall ist. Eines Tages erscheint ihm eine gute Fee (Ed Wynn) und erzählt ihm etwas von der großen Liebe, die schon in Form einer europäischen Prinzessin (Anna Maria Alberghetti) am Horizont winkt.

Return to Tashlin: Nach "The Bellboy" also wieder zurück in bewährte Regisseurshände, diesmal im Zeichen einer überdrehten Parodie von Grimm's (fast) gleichnamigem Märchen. Count Basie gibt sich die Ehre mit ein paar flotten Swing-Nummern, Lewis himself gestattet sich einen sanften Vorgriff auf sein späteres Meisterwerk "The Nutty Professor" und schwingt schließlich noch ein wenig die Moralkeule, wenn er in der (zugegebenermaßen wunderschön gefilmten) Schlusseinstellung alles für die wahre Liebe opfert. Denkwürdigste Szene aber: Das Familiendiner, in dem Lewis permanent vom einen zum anderen Tischende rennen muss und dabei andauernd das Sakko wechselt. Als er dann versucht (!), Henry Silva eine Zigarette anzuzünden, muss man nur mal dessen versteinertes Gesicht beobachten - es lohnt!

7/10

Parodie Jerry Lewis Maerchen Slapstick


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ARTISTS & MODELS (Frank Tashlin/USA 1955)


"I never met a lady cartoonist before." - "All lady cartoonists are extremely grateful."

Artists & Models (Maler und Mädchen) ~ USA 1955
Directed By: Frank Tashlin


Die beiden Bohémiens Rick Todd (Dean Martin) und Eugene Fullstack (Jerry Lewis) hausen zusammen in Greenwich Village und halten sich mit kleinen Gelegenheitsjobs über Wasser, da weder Ricks Malerei noch Eugenes ausufernde Fabulierlust zum großen Erfolg führen. Als die Cartoonistin Abby (Dorothy Malone) und ihre Freundin Bessie (Shirley MacLaine) über ihnen einziehen, winkt Rick und Eugene zumindest schonmal das Glück der trauten Zwei- bzw. Viersamkeit, die von feindlichen Agenten allerdings kurz mal durcheinandergebracht wird.

Leider scheint "Artist & Models" der einzige Martin/Lewis-Film zu sein, den es bei uns auf DVD gibt - eine Schande, denn diese kleine Komiker-Sondersektion des Rat Pack ist mir noch vielfach in bester Ferbseherinnerung aus Kindheitstagen. Mit ihren diversen Live- und TV-Shows waren Martin und Lewis einst ein Renner im US-Showgeschäft, der sowohl für gleichermaßen gekonnte wie bizarre Blödeleien als auch für sein musikalisches Potenzial berühmt war. Irgendwann in der zweiten Hälfte der Fünfziger trennte man sich dann im Streit und ließ künftig die Finger voneinander.
"Artists & Models", wie viele Filme des Duos vom eigenwilligen Comedy-Auteur Frank Tashlin inszeniert, ist besonders aufgrund seines prachtvollen VistaVision ein echtes Liebhaberstück. Ich kenne nur wenige Filme, die nach über fünfzig Jahren noch so brillant und farbkräftig aussehen; alles scheint förmlich zu bersten vor lauter buchstäblicher Bildorgiastik. Da geraten Martins und Lewis' nichtsdestotrotz höchst charmant choreographierte Träller- und Albereien fast ins Hintertreffen. Aber nur fast: Die Szene, in der Lewis und seine Partnerin MacLaine zusammen im Treppenhaus "Innamorata" singen und tanzen, ist allerbestes Entertainment, ebenso wie die Comic-Gala im Showdown.

8/10

Frank Tashlin Slapstick New York Comic Satire Martin/Lewis Musik Jerry Lewis


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SOLOMON AND SHEBA (King Vidor/USA 1959)


"Nothing must come between us." - "Not even our gods?"

Solomon And Sheba (Salomon und die Königin von Saba) ~ USA 1959
Directed By: King Vidor


Salomon (Yul Brynner) erbt von seinem sterbenden Vater König David (Finlay Currie) die Regentschaft über das gelobte Land Israel, obschon Salomons älterer Bruder Adonijah (George Sanders) fest mit dieser Würde gerechnet hatte. Die zahlreichen Feinde Israels, darunter Ägypten und Saba, beobachten mit Argwohn, dass der weise und friedliebende Salomon nun zum Monarchen ausgerufen wird. Die Königin von Saba (Gina Lollobrigida) plant, Salomon zu becircen, um ihm dann seine intimsten Geheimnisse zu entlocken und Israel so zu schwächen. Tatsächlich sind die Hohepriester und Untertanen Salomons alles andere als erbaut darüber, dass die dem Vielgötterglauben frönende "Heidin" hier so herzlich willkommen geheißen wird. Mit Salomons wachsender Leidenschaft für die Königin von Saba beginnt daher auch seine Macht zu bröckeln.

Für seinen letzten Film holte der ähnlich wie Cecil B. DeMille von großen Gesten faszinierte King Vidor nochmal alles aus dem Lumpensack, was das kitscherfüllte Bibel- und Mounmentalkino jener Tage zu bieten hatte: Prunk und Plastik allerorten, eine dralle Titelheldin beim Bauchtanz, eine deftige Orgienszene und bigottes Bibelgeschwafel bis dorthinaus. Am Ende gibt es dann sogar die berühmte Schlachtenszene, bei der es dem in der Unterzahl befindlichen Salomon und seiner Armee gelingt, mittels ihrer Schilde die heranstürmenden Ägypter zu blenden und deren Streitwagen dann geradewegs in eine Schlucht stürzen zu lassen. Das ist wieder mal Camp allererster Kajüte und genau der Grund, warum ich dieses alte Monumentalzeug so schätze: Hier wird unter dem ohnehin bereits hauchdünnen Deckmäntelchen der Frömmelei im Prinzip nichts anderes denn reinste Exploitation geboten, die, wenn man für dergleichen offen ist, mit ihrer explosiven Farbgebung und ihrem epischen Aufzug größten Spaß zu bereiten vermag. They don't make 'em like this anymore - und genau das ist der Grund, warum dieser ganze, kostbare Kram in eine dicke Schatztruhe und in alle Ewigkeit gehortet gehört.

7/10

Israel Bibel King Vidor Aegypten Historie period piece


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ROBIN AND MARIAN (Richard Lester/USA 1976)


"Have you ever tried to fight a legend?"

Robin and Marian (Robin und Marian) ~ USA 1976
Directed By: Richard Lester


Nach fast zwanzig Jahren kehrt Robin von Locksley (Sean Connery) zusammen mit seinem treuen Freund John Little (Nicol Williamson) von den Kreuzzügen nach England zurück - freilich erst, nachdem König Löwenherz (Richard Harris) wegen einer Infektion dass Zeitliche gesegnet hat. Der Sheriff von Nottingham (Robert Shaw) hält die Gegend um den Sherwood Forest noch immer unter seiner Knute, derweil Robins rebellische Vergangenheit in vielen bäuerlichen Mären besungen wird. Die einstige Geliebte Marian (Audrey Hepburn) ist nach einem Selbstmordversuch Nonne geworden, liebt Robin jedoch noch immer. Der übereifrige Edelmann Sir Ranulf (Kenneth Haigh) sorgt schließlich dafür, dass der neue König John (Ian Holm) Robin endgültig aburteilt.

Richard Lester erarbeitete sich nach seinen Anfängen als Auteur in der britischen New Wave über die Dekaden einen ausgezeichneten Ruf als Meister der Dekonstruktion. Nach seinen beiden durchaus ans Bizarre grenzenden Beatles-Filmen "A Hard Day's Night" und "Help!" kam noch eine ganze Kohorte von mehr oder weniger scharf formulierten Satiren, die trotz Lester US-amerikanischer Herkunft stets eine stark britische Konnotation besaßen. Eine davon ist "Robin And Marian", der ein sehr ungewohntes Bild des traditionell auch im Kino stark verklärten und romantisierten Helden bietet. In Lesters Version erleben wir Robin als einen zerzausten, ergrauten Ritter in den Herbstjahren seines Lebens. Statt eines feschen grünen Wams trägt er Sackleinen und höchstens mal einen dreckstarrenden Harnisch, verzichtet auf Unterwäsche wie auf Kopfbedeckung und musste in vielen Lektionen erkennen, dass alles, woran er die vielen Jahre im Dienste seines Herrn geglaubt hat, nicht mehr ist als ein gewaltiges Lügenkonstrukt. Löwenherz, sonst stets das leuchtende Bild des gütigen Mittelalterkönigs, wird von Lester mithilfe eines leider viel zu kurzen Auftritts von Richard Harris als größenwahnsinniger, raffgieriger Despot gezeichnet, der seine ursprünglich vielleicht ehrbaren Ambitionen längst im Blaut und Staub des Heiligen Landes verloren hat. Dass auch vor tausend Jahren schon mehr oder minder Suizidversuche aus Verzweiflung verübt wurden wie im Falle der mittlerweile auch nicht mehr ganz taufrischen Lady Marian, dürfte manchen Ritterromantikern ebenfalls befremdlich vorkommen. Und der Sheriff von Nottingham? Der hätte die Waagschale seiner imerwährenden Rivalität mit Robin gern noch etwas länger in der Balance gehalten und ist deutlich besonnener und sympathischer als in unserer Erinnerung. Immerhin: Ein paar Nebenfiguren, namentlich Bruder Tuck (Ronnie Barker), Will Scarlett (Denholm Elliott) und Little John sind noch gleich auf den ersten Blick als "sie selbst" erkennbar.

8/10

Mittelalter England period piece Robin Hood Kreuzzuege Richard Lester Satire Historie


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ANGEL FACE (Otto Preminger/USA 1952)


"I can't exist without you!"

Angel Face (Engelsgesicht) ~ USA 1952
Directed By: Otto Preminger


Der Ex-Rennfahrer, Kriegsveteran und Sanitäter Frank Jessup (Robert Mitchum) lernt bei einem Einsatz die wohlhabende Familie Tremayne kennen: Den ungeschäftigen Autor Charles (Herbert Marshall), seine zweite Ehefrau Catherine (Barbara O'Neil) und Charles Tochter aus erster Ehe, Diane (Jean Simmons), in die Frank sich verliebt. Diane ist krankhaft eifersüchig auf ihre Stiefmutter und versucht erfolglos, Frank in ein Mordkomplott betreffs Catherine zu verwickeln. Als sie eines Tages selbst ihre Pläne durchsetzt, stirbt unfällig auch Dianes Vater und sie und Frank kommen vor Gericht. Der Tod des Ehepaars wird schließlich als Unfall behandelt. Doch Diane kommt mit ihrer Schuld nicht zurecht, zumal Frank sie mit ihrer Depression im Stich zu lassen droht...

Premingers heute als meisterlich bezeichneter film noir galt für seinen Produzenten Howard Hughes damals als Abschreibungsobjekt: Hughes ließ seinem Regisseur, der eigentlich bereits sein Desinteresse an der Inszenierung dieser Herzschmerz-Story bekundet hatt, sämtliche Freiheiten und wollte darüber hinaus der Simmons, die damals mit Stewart Granger verheiratet war und sich als immun gegenüber den Nachstellungen des exzentrischen Geldsacks erwies, nachträglich eins auswischen. Als eine kuriose Analogie zu Hughes eigener kleiner Filmkatastrophe "The Outlaw", in die der 'Aviator' Unmengen an Zeit und Talent investiert hatte, wurde dieser von vornherein so stiefmütterlich behandelte, psychologische Kriminalfilm zum Klassiker. Die Attribute lassen allerdings auch wenig anderes zu -; Mitchum und Simmons zählen zu den großen unglücklichen Liebespaaren des film noir und Premingers häufig des Nachts spielende Szenen halten besonders auf Seiten der formidablen, neurotisch aufspielenden Simmons nachhaltig tiefe Abgründe bereit. Falls Sie auf der Suche nach Erlösung sind, suchen Sie bitte woanders.

8/10

film noir Howard Hughes Otto Preminger Amour fou





Filmtagebuch von...

Funxton

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