Zum Inhalt wechseln


In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


Foto

THE BIG EASY (Jim McBride/USA 1986)


"This is the Big Easy. Folks have a certain way of doin' things down here."

The Big Easy (Der große Leichtsinn - The Big Easy) ~ USA 1986
Directed By: Jim McBride

Wenngleich Detective Remy McSwain (Dennis Quaid), Abkömmling einer langen Linie von Cajuns und Detective beim New Orleans Police Department, sich sogleich in die neue Staatsanwältin Anne Osborne (Ellen Barkin) verkuckt, so stehen ihm doch harte Zeiten bevor. Anne hat nämlich die hauseigene Korruption der Polizei von 'The Big Easy' im Visier und auch Remy drückt gegen entsprechendes Entgelt gern hier und da mal ein Auge zu. Das ist eben hier so, im Süden. Als jedoch eine Reihe brutaler Morde im Gangstermilieu die Stadt erschüttert und Zeugen immer öfter von verdeckt am Tatort aufgetretenen Polizisten sprechen, muss selbst Remy zugeben, dass sein Department noch sehr viel tiefer im Sumpf steckt als er es bislang wahrhaben wollte.

Sympathischer und zugleich typischer Polizeifilm der späteren Achtziger: Geschult an den Filmen Lumets und den Geschichten James Ellroys lag Jim McBride, der seinen Werken zugleich häufig gern eine kleine Dreingabe feminin orientierter Erotik beifügt, gleichfalls daran, der Südstaaten-Metropole New Orleans ein Denkmal zu setzen - spielen doch die großen zeitgenössischen Polizeifilme prinzipiell in L.A., New York, San Francisco oder bestenfalls mal in Chicago. Dass jedoch auch New Orleans, in Fachkreisen als 'The Big Easy' tituliert, eine kapitale organisierte Kriminellenkaste sowie eine erzkorrupte Bullerei vorweisen kann, das wird angesichts von Jazz, Blues, Sumpf und Bourbon nur allzu gern übersehen. So treten einige Stadtgrößen und -afficionados in charmanten Cameos auf, die die Thesen des Scriptautors Daniel Petrie Jr. zu stützen gedenken: Marc Lawrence etwa, archetypischer Darsteller italienischer Mafiosi, der massige Bluesman Solomon Burke oder der betreffs seiner präsidentenpostumen, verschwörungswitternden Kennedy-Bohrungen populär gewordene Richter Jim Garrison (letzterer witzigerweise als er selbst). Da verkommen die spielfreudigen Quaid und Barkin, sowie ihr Support, darunter Ned Beatty und John Goodman, fast zur illustren Staffage. McBrides routinierter Formalismus erweist sich indes als bequem und professionell, ebenso jedoch als konventinell und überraschungsarm. Insgesamt ein - wenngleich ansehnliches - Musterbeispiel für formelhafte Krimi-Unterhaltung seines Jahrzehnts.

7/10

Jim McBride Heroin Drogen Mafia New Orleans Korruption Amour fou Südstaaten


Foto

CASSANDRA (Colin Eggleston/AU 1986)


"Warren... it's you!"

Cassandra ~ AU 1986
Directed By: Colin Eggleston

Die junge Cassandra (Tessa Humphries) hat merkwürdige Kindheitsvisionen und Albträume, in denen eine Frau in einem Provinzhaus vorkommt, die sich erschießt sowie ein kleiner Junge, der die Frau zum Selbstmord anstachelt. Nicht genug damit, dass Cassandsra erfahren muss, dass ihr Vater Stephen (Shane Briant) und ihre vermeintliche Mutter Helen (Briony Behets) ihr nicht nur jahrelang eine verlogene Charade vorgespielt haben, sondern dass ihr Stephen zudem gerade im Begriff ist, erneut Vater zu werden, schlägt urplötzlich auch noch ein mysteriöser Killer zu, der jeden in der Familie und deren Bekannte attackiert...

Horrorfilme, die heißen wie ihre kindlichen oder jugendlichen ProtagonistInnen bilden schon so etwas wie eine genreinterne, spezifische Traditionsgemeinde. Nach dem auf wohlige Weise beunruhigenden Ökothriller "Long Weekend" und zwei weiteren, mir bislang leider unbekannten Suspense-Beiträgen versuchte sich Colin Eggleston also an diesem leider nur mäßig geglückten Serienkiller-Drama. Als sich endlich herausstellt, wer sich hinter der Identität des aus dem Verborgenen agierenden Mörders versteckt, hat der Zuschauer längst jegliches Interesse am Film verloren, denn Eggleston bewerkstelligt es kaum, Empathie für seine Figuren zu evozieren; alles bleibt merkwürdig gedämpft, marginal und farblos, eine sich bei landläufig arrivierten US-Vorbildern wie "Halloween" bedienende Plagiatsschwalbe macht eben noch keinen Originalitätssommer und so fand ich bis auf ein paar überraschend gewalttätige Schrecksekunden wenig bis nichts an "Cassandra", das eine besonders wohlwollende Qualitätseinordnung meinerseits rechtfertigte.

4/10

Colin Eggleston Australien Serienmord Madness Familie Geschwister


Foto

RUNNING ON EMPTY (John Clark/AU 1982)


"I've got some nitrous oxide injection 'round that's a sweet sensation."

Running On Empty (Mike in 3,8 auf 100) ~ AU 1982
Directed By: John Clark

Autos und Geschwindigkeit sind ihr einziger Lebenszweck: Eine Gruppe illegale Rennen veranstaltender Kids praktiziert in den Vororten von Sidney alle Nase lang harte Raserduelle, bei denen es auch oft und gern einmal zu tödlichen Unfällen kommt. Ungeschlagener König der Beschleunigung ist der kriminelle Fox (Richard Moir). Für Mike (Terry Serio) gibt es indes noch Fox' exaltierte Freundin Julie (Deborah Conway), mit der ihn bald eine stümische Romanze verbindet. Von Fox zum Rennen herausgefordert, wagt Mike zunächst einen kopfklärenden Ausflug aufs Land, wo er dem blinden Autofreak Rebel (Max Cullen) begegnet. Dieser bietet Mike an, seinen Wagen hochzutunen, was dem jungen Mann und vor allem seiner Karosse jedoch überhaupt nicht bekommt - das nächste Rennen gegen Fox endet in einem gigantischen Crash. Doch Rebel besitzt noch einen kraftvollen Chevy...

Ein seltsamer, um nicht zu sagen "spezieller" Film, irgendwo zwischen Cox' "Repo Man" und Hills "Streets Of Fire", der seine porträtierte Jugendkultur wie ein unirdisches, hyperreales Fanal dastehen lässt, in das Außenstehende kaum vorzudringen mögen. Dass viele Australier schon aufgrund der lokalen Ausdehnung und der sich teils im Nirgendwo verlierenden Bevölkerungsdichte eine besondere Beziehung zu Autos hegen, spiegelte die höchst eigenständige Filmkultur des Landes bereits mehrfach wieder: "The Cars That Ate Paris" und die ersten beiden "Mad Max"-Filme sprechen diesbezüglich Bände. In "Running On Empty" überträgt sich die südliche Saga von Blut und Blech auf eine jugendliche Subkultur, in der, ganz wie man es noch aus den frühesten "Juvenile Delinquent Movies" der Fünfziger kennt, der Sieg und die höchstmögliche Geschwindigkeit alles sind. Wer verliert, ist nichts wert, der Ehrenkodex unter den Rasern zwingt ihn sogar, sich mit dem Auto nicht mehr auf die Straße zu wagen. Vor der kargen Kulisse des hierzulande stets ausgetrocknet wirkenden Kontinents entspinnen sich so intra- und interfigurale Dramen, deren Sinn, daran lässt Clarks Film schonmal keinen Zweifel, sich uns Außenstehenden weder erschließen muss noch soll. Umso faszinierter und losgelöster schaut man zu, wenngleich der emotionale Zugang eingangs praktisch verwehrt bleibt. Hier kommt man vielleicht wirklich nur als Aussi rein.

7/10

John Clark Australien Sidney Autorennen Subkultur


Foto

TIGER BAY (J. Lee Thompson/UK 1959)


"I wouldn't have you for a friend, Gillie."

Tiger Bay ~ UK 1959
Directed By: J. Lee Thompson

Der polnischstämmige Matrose Korchinsky (Horst Buchholz) mustert in Cardiff ab, um seine Geliebte Anya (Yvonne Mitchell) zu besuchen. Diese hat sich jedoch in seiner Abwesenheit mit einem Sportkommentator (Anthony Dawson) vergnügt und lässt auf ihren verdutzten Verflossenen nun ein gerüttelt Maß an verachtendem Vokabular herniederprasseln. Wutentbrannt erschießt Korchinsky das üble Frauenzimmer - und wird dabei beobachtet von der elfjährigen Gillie (Hayley Mills), die im selben Haus wohnt. Korchinsky hat Angst vor der Denunziation durch die unfreiwillige, kleine Zeugin, bringt es jedoch ebensowenig fertig, auch sie zu töten. Eine merkwürdige, aber umso tiefere Freundschaft bahnt sich stattdessen an zwischen dem Outlaw und dem rotzigen kleinen Mädchen. Superintendent Graham (John Mills) merkt indes sofort, dass die mehrfach von ihm befragte Gillie ihm tüchtig was vorlügt.

J. Lee Thompson ist ja einer dieser Regisseure, die sich mit zunehmendem Alter und parallel zunehmender Arriviertheit als kaum mehr interessiert an ihrer Arbeit zeigten und zumindest augenscheinlich nur noch Filme drehten um die Butter aufs Brot zu bekommen. Nach seinen Anfängen in Großbritannien, die unter anderem dieses prächtige kleine Werk über eine ungewöhnliche Freundschaft hervorbrachten, begann Thompson, großes, campiges Studiokino zu fertigen, das, anfänglich noch von einer gewissen Selbstironie getragen, immer beliebiger wurde, bis er dann noch kurz vor der Rente bei der Cannon strandete und zu einem von deren Hausregisseuren und Aushängeschildern avancierte. "Tiger Bay" markiert jedoch noch eine ganz andere Hausnummer: Existenzialistisch gefärbtes, britisches New-Wave-Kino findet man bei diesem vor, das einen geschulten Blick in die multikulturellen Hafenviertel und Slums von Cardiff riskiert und, ganz unschuldig und absolut seriös, zwei Verlorene zusammenführt, die einander in ihrem Weltschmerz verdienen. Den Polen Korchinsky, nicht weit vom Analphabeten entfernt, hält es nirgendwo jenseits der See, weil er dort sofort in Stillstand und Depression verfällt, die kleine Gillie, wahrscheinlich ein Waisenkind, schlägt sich mit allerlei Streichen und Dummheiten durchs Leben und hat dabei die ätherische Unschuld eines Engels. Herz und Sympathie können die beiden sich im Überfluss schenken und sind doch nicht gefeit vor irdischer (und überirdischer) Rechtssprechung. Immerhin hat ihre Freundschaft nach dem als echten Nägelkauer in Szene gesetzten Showdown trotz allem noch eine Chance.

9/10

J. Lee Thompson Wales Cardiff Freundschaft Schuld & Sühne


Foto

THE FALLEN IDOL (Carol Reed/UK 1948)


"It's a great life if you don't weaken."

The Fallen Idol (Kleines Herz in Not) ~ UK 1948
Directed By: Carol Reed

Für Phillipe (Bobby Henrey), den kleinen Sohn des französischen Botschafters (Gerard Heinz) in London, ist der gutherzige Butler Baines (Ralph Richardson) ein veritabler Vaterersatz, zumal sein eigener Papa nur selten daheim ist. Doch auch die Weste des stets um Korrekthei bemühten Dieners ist nicht ganz blütenrein. Er pflegt nämlich trotz seiner zermürbenden Ehe mit einem veritablen Hausdrachen (Sonia Dresdel) eine Affäre mit der deutlich jüngeren Bürokraft Julie (Michèle Morgan). Phillipe ist noch zu klein, um die zufällige Entdeckung eines tête-à-tête zwischen Baines und Julie richtig einzuordnen, doch auch er hasst Mrs. Baines von ganzem Herzen. Als am Folgeabend die von der Liebschaft ihres Mannes in Kenntnis gesetzte Eifersüchtige dem Paar eine Falle stellt, kommt es zum Eklat: Die Gute fällt eine Treppe hinunter und bricht sich das Genick. Doch war es wirklich ein Unfall? Phillipe ist sich selbst nicht ganz sicher...

Von dem grausamen deutschen Titel, der eine Liebesschmonzette um Rühmann und Lassie vermuten lässt, sollte man sich hier bitte nicht irreleiten lassen: Carol Reeds auf einer Kurzgeschichte von Graham Greene basierendes Drama ist vielmehr eine kriminalistische Variation von David Leans "Brief Encounter", das sich vor allem durch seine meisterliche Perspektivierung auszeichnet. Praktisch das ganze Geschehen spielt sich nämlich betrachtet durch die naiven Augen des kleinen Phillipe ab, ganz so, wie er die urbane Londoner Welt rund ums Diplomatenviertel wahrnimmt: fremd, hermetisch, geheimnisvoll und manchmal feindselig, lässt Reed sie auch uns angedeihen. Natürlich ahnen wir, dass die hübsche junge Frau, mit der der sympathische Baines sich da trifft, wohl kaum seine Nichte sein dürfte, wie Phillipe großmütig annimmt - dafür kann man sich andererseits nie ganz sicher sein, ob Mrs. Baines nicht eine aus dem Lande Oz entflohene Hexe ist. Wie Reed am Ende Spannungsmomente schürt und das Publikum schließlich sogar gegen seine vorherige Identifikationsperson, den Jungen nämlich, aufbringt, weil dieser, um richtig zu handeln, etwas Falsches zu sagen droht, ist nur ein weiteres inszenatorisches Kabinettstückchen in diesem an Kabinettstückchen überhaupt alles andere als armem Filmschmaus.

9/10

Carol Reed Freundschaft Amour fou London England Graham Greene


Foto

THE THING (Matthias van Heijningen Jr./USA 2011)


"Burn it."

The Thing ~ USA 2011
Directed By: Matthias van Heijningen Jr.

Eine Gruppe norwegischer Wissenschaftler entdeckt 1982 in der Nähe ihrer antarktischen Forschungsstation ein gewaltiges Ufo, das offenbar bereits seit vielen Jahrtausenden dort begraben liegt. Der schiffbrüchige, im Eis eingefrorene Pilot wird geborgen, ins Labor gebracht und mithilfe einiger amerikanischer Kollegen untersucht. Der unvorsichtigen Vorgehensweise des arroganten Teamleiters Dr. Halvorson (Ulrich Thomsen) ist es schließlich zu verdanken, dass der noch immer höchst lebendige Außerirdische sich bald befreien und die Stationsbesatzung attackieren kann. Das Alien reproduziert dabei die Zellen seiner zuvor assimilierten Opfer und bringt fast hundertprozentig exakte Kopien derselben hervor, so dass bald niemand mehr weiß, wer überhaupt noch menschlich ist und wer nicht. Die tapfere Paläontolgin Kate (Mary Elizabeth Winstead) versucht verzweifelt, einem Entkommen des 'Ding' und somit der tödlichen Gefahr für die gesamte Welt vorzubeugen.

Dieses Prequel zu Carpenters brillanter Neuverfilmung der klassischen Campbell-Story "Who Goes There?" lässt sich vorbehaltlos als gelungen bezeichnen, wenngleich es den immensen Qualitätsmaßtab, den Carpenter mit seinem Film vor bereits dreißig Jahren setzen konnte, natürlich nicht erreicht.
Ich bin nun bestimmt alles andere als ein Sexist, aber wenn ich behaupte, dass die trockene, klaustrophobische Atmosphäre des Originals mitsamt seines meisterlichen Soundtracks sich vermutlich schon allein deshalb kaum umweglos replizieren lässt, weil eine reine Männerbesetzung in einer gegenwärtigen Studioproduktion mit teilweisem Naserümpfen begegnet würde, dann habe ich mir darüber vorher schon einige Gedanken gemacht. Die rein ethisch nicht ganz unbefleckte Rolle von Kurt Russell, der einst als MacReady eine vorzügliche Mischung aus Posthippie und paranoidem McCarthyist zu präsentieren wusste, übernimmt nunmehr die nicht sonderlich auffällige Mary Elizabeth Winstead. Das tut sie mit einigem Elan, kann zugleich jedoch nicht verhindern, dass sich die Story durch den femininen Blick auf die Dinge aufweicht und ein deutlich höheres Bequemlichkeitslevel erreicht, das dem Gesamtresultat natürlich schadet. Ansonsten passt aber das Meiste: Rein formal müht sich der Film zumindest in weiten Teilen um eine eher retrogrades Aussehen, so dass sich der fast schon forcierte Folgekonsum von Carpenters Fassung halbwegs flüssig gestaltet. Und die F/X sind wiederum von einer wohlig-unangenehmen Kreativität, wenngleich sie durch den teilweisen CGI-Einsatz ebenfalls hinter denen des Vorbildes zurückbleiben. Grandios vollzogen schließlich der vor dem Abspann gestaltete Übergang zum 82er-"Thing".
Insgesamt ein erfreuliches Erlebnis.

8/10

Matthias van Heijningen Jr. Prequel Antarktis Invasion Virus period piece Aliens


Foto

THE CHAIN REACTION (Ian Barry/AU 1980)


"Hans wants to save - but there ain't enough fingers in the world..."

The Chain Reaction (Die Kettenreaktion) ~ AU 1980
Directed By: Ian Barry

Nach einem Unfall in einem australischen Atomkraftwerk, bei dem der Kernphysiker Heinrich Schmidt (Ross Thompson) im Zuge eines Interventionsversuchs stark verseucht wird, gelangt ferner eine große Menge der ausgetretenen Radioaktivität ins Grundwasser. Die Atomlobby versucht mithilfe zweier Finsterlinge (Ralph Cotterill, Patrick Ward), alle Mitwisser, notfalls unter Anwendung von tödlicher Gewalt, zum Schweigen zu bringen. Schmidt, dem die Informierung der Öffentlichkeit am Herzen liegt, gelingt jedoch die Flucht aus dem Krankenhaus. Nach einem Unfall, der eine zwischenzeitliche Amnesie zur Folge hat, gelangt Schmidt auf dem Lande an das Ehepaar Larry (Steve Bisley) und Carmel Stillson (Arna-Maria Winchester), die bald darauf selbst unangenehme Bekanntschaft mit Schmidts Verfolgern schließen.

Barrys in Ansätzen durchaus brauchbarer Atom-Paranoia-Thriller, der sich auf die Spur von Bridges' "The China Syndrome" setzt und dessen Thema mit einer Prise "Mad Max"-Beweglichkeit versetzt (viele Beteiligte dieses Films geben sich auch in "The Chain Reaction" die Klinke in die Hand, darunter Mel Gibson in einem unkreditierten Mini-Cameo), kommt leider erst gegen Ende, im Zuge eines krachenden Showdowns, vollends aus der trägen Hüfte und entwickelt sein eigentliches Potenzial. Zuvor kommt die Story um böse Kernkraft-Kapitalisten (kurz als 'W.A.L.D.O.' eingeführt) und deren Gegner von der Anti-Nuklear-Liga leider nur recht umständlich und schleppend in Gang. Barry lässt zwar durchblicken, dass ihm an seinem ökologisch hehren Ansinnen durchaus gelegen ist und vermeidet auch eine allzu grobe Trivialisierung des Stoffes; das Hin und Her zwischen den im Laufe der Geschichte tangierten Personen bleibt aber zu unbeteiligt, um permanentes Interesse wecken und vor allem aufrecht erhalten zu können.

5/10

Australien Kernkraft Verschwörung Familie Ian Barry George Miller


Foto

VON RICHTHOFEN AND BROWN (Roger Corman/USA 1971)


"When you hunt, you think about your hunting, don't you?"

Von Richthofen And Brown (Manfred von Richthofen - Der Rote Baron) ~ USA 1971
Directed By: Roger Corman

1916 kommt der frühere Kavallerie-Soldat Manfred von Richthofen (John Phillip Law) zur bei Verdun stationierten Jagdstaffel 2, wo er sich als unkonventioneller, aber ebenso genialer Luftkämpfer einen Namen macht. Von Richthofen steigt schließlich zu einem der Popstars des Kaiserreichs auf, doch auf der Gegenseite lauert schon sein späterer Todfeind, der kanadische Mechaniker Roy Brown (Don Stroud), der eine wesentlich bodenständigere Einstellung zur Kriegsführung besitzt als dessen Kontrahent von Richthofen.

Einer von Cormans besten Filmen, der den erklärten Produktionsökonomen einmal mehr als Regisseur von Weltformat ausweist, so ihm nur die entsprechenden monetären Mittel zur Verfügung standen. In einer sonderbaren Mischung aus großer Faszination und kühler Distanziertheit nähert sich Corman der späten Vita des legendären Roten Barons an, der ja noch heute als einer der wenigen deutschen Schlachtfeldhelden zweier Weltkriege gilt, welche man fasziniert observieren kann, ohne unmittelbar in den Verdacht des unverhältnismäßigen Verschuldungspatriotismus zu geraten. Eng verbunden ist dieser Umstand liegt natürlich auch mit von Richthofens Einstellung zu den Dingen. Seine offene Rivalität zu dem bereits damals nazistisch auftretenden Kampfgenossen Hermann Göring (Barry Primus) verhilft ihm dabei ebenso zu gesteigerter Sympathität wie seine Hinterfragung des vom Vater (Ferdy Mayne) eisern verteidigten Standesdünkels der kaiserlichen Gesellschaft. Doch auch von Richthofens Widersacher Roy Brown (dessen tatsächlicher Abschuss des Roten Barons später als historisch unwahrscheinliches Faktum dargelegt wurde) erlebt dem Filmtitel gemäß eine tiefere, tatsächlich sogar noch deutlich empathischere Charakterisierung. Er gibt sich angeekelt von dem tradierten Kriegsbegriff der Briten, die ungeniert auf ihren Gegner trinken und versucht, seinem bluitigen Geschäft einen Hauch Menschlichkeit abzuringen. In der wahrscheinlich schönsten und bedeutungsvollsten Szene des Films flirtet er mit einer schönen Französin, die am Fenster ihres Hauses steht und lädt sie zu einem Motorradausflug ein. Als sie ihm die Tür öffnet, stellt er mit schwerlich verborgenem Entsetzen fest, dass sie kriegsversehrt ist und nur ein Bein hat. Mit einer ihm gerade zurecht kommenden Einsatz-Ausrede entschuldigt er sich und verspricht, wiederzukommen. Ob er diese Ankündigung einhält, verschweigt der Film, aber begründete Zweifel bleiben. In einem Krieg ist keiner frei von Schuld, auch nicht der Gewinner.

8/10

Roger Corman WWI Fliegerei Luftkampf Manfred Von Richthofen Biopic


Foto

THE RARE BREED (Andrew V. McLaglen/USA 1966)


"It's time to stop dreamin' and live for this day."

The Rare Breed (Rancho River) ~ USA 1966
Directed By: Andrew V. McLaglen

Der Cowboy Sam Burnett (James Stewart) begleitet die frisch aus England eingereiste Martha Price (Maureen O'Hara) und ihre Tochter Hilary (Juliet Mills) quer durch Texas zur Ranch des verfilzten Viehzüchters Bowen (Brian Keith). Martha will den Traum ihres verstorbenen Mannes erfüllen und eines seiner Herford-Rinder, den kapitalen Bullen Vindicator, mit amerikanischen Tieren kreuzen, um so eine neue Züchtung auf den Markt zu bringen. Nachdem Burnett anfänglich eher Zweifel an den Plänen der Witwe hegt und sogar mit finsteren Elementen paktiert, schlägt er sich auf Marthas Seite und lässt sich schließlich selbst als Rancher nieder.

Nach dem - wahrscheinlich eher unfällig so gelungenen - "Shenandoah" die zweite von insgesamt vier Kooperationen zwischen McLaglen und Stewart und zugleich ein gänzlich typisches Werk des Regisseurs. Breites Routinement, fehlende Risikobereitschaft, sich zwischen formalistische Stühle zu setzen und eine immens angepasste Art des Filmemachens. Mit einem Filmemacher wie McLaglen an der quantitativen Spitze war es kein Wunder, dass der klassische Hollywood-Western sich angesichts des allerorten bemühten, neo-naturalistischen Note selbst zum Aussterben verurteilen musste. Ein derart affirmatives Kino wirkte zu dieser Zeit bereits schlicht wie trotziger Anachronismus. Doch genug gelästert. Immerhin besitzt "The Rare Breed" auch seine netten Seiten. Zu denen zählen der lebende MacGuffin des Herford-Bullen, der irgendwie deutlich rühriger daherzukommen scheint als all seine humanen Mitspieler; Brian Keith, der die mit Abstand schönste Rolle abbekommen hat und sich anfänglich wie ein zeitversetzter Normanne aufführen darf; Jack Elam als leider viel zu kurz angebundener Mini-Bösewicht und die forsche Juliet Mills, die als frisches Jugendelement jedem der alten Westerner eine lange Nase dreht. Das war's dann aber auch so ziemlich.

6/10

Andrew V. McLaglen Texas


Foto

THE RIDE BACK (Allen H. Miner/USA 1957)


"I can do my own killin'."

The Ride Back (Der Ritt zurück) ~ USA 1957
Directed By: Allen H. Miner

Sheriff Chris Hamish (William Conrad) hat den Auftrag, den flüchtigen, wegen Mordes gesuchten Halbmexikaner Roberto Kallen (Anthony Quinn) zu verhaften und zurück über die Grenze nach Scottsville zu eskortieren, um ihn dort vor Gericht stellen zu lassen. Kallen lässt sich relativ widerstandslos festnehmen, nutzt jedoch schon bald jede sich bietende Gelegenheit, dem verbissenen Hamish zu entfliehen. Als sie einer marodierenden Gruppe Apachen begegnen, die sie zu verfolgen und unter Beschuss zu nehmen beginnen, verschärft sich die Lage für beide Männer und wird sogar noch brenzliger, als sie ein verwaistes Mädchen (Ellen Hope Monroe) mitnehmen.

Eines der vielen kleinen, unbesungenen Meisterwerke des Genres. Joseph Biroc installiert die Kamera nur selten auf Augenhöhe, sondern filmt vornehmlich im Winkel; von oben nach unten oder umgekehrt; je nach der gegenwärtig zu verortenden Lage der Figuren. Und höchstens bei Ford wirkte ein schwarzweißer Himmel blauer.
Produziert von Robert Aldrichs Gesellschaft "Associates & Aldrich" (als einziger Film, den der Regisseur nicht selbst inszeniert hat) und unter Mitwirkung vieler von dessen Stammmitarbeitern, kam ein exzellenter, minimalistischer Western zustande, der sich trotz einiger harter Sequenzen gegen Ende als von einer zutiefst humanistischen Gesinnung geprägt zeigt und der nach einer ungewissen Entwicklung seiner Antagonisten dieselben am Ende ein unerwartetes Lehrgeld zahlen lässt. Am Schlusspunkt der Reise der beiden steht nämlich nichts weniger als die Geburt einer merkwürdig anmutenden, leicht lädierten dreiköpfigen Familie, zusammengewachsen durch einen starken äußeren Ereignisdruck und die möglicherweise widerrationale, innere Gewissheit, in seinen Gegenübern gute Menschen vor sich zu haben. Aus derselben Prämisse - unter Verwendung anderer lokaler und inhaltlicher Elemente - hat Francis Veber dreißig Jahre später die thematische Variation "Les Fugitifs" gemacht, dem nur zwei Jahre später das wesentlich schwächere, wiederum von Veber inszenierte US-Remake "Three Fugitives" nachfolgte. Am Ende sind die beiden Kampfhähne und ihr zartes Küken also doch wieder im guten, alten Amerika angelangt.

9/10

Allen H. Miner Robert Aldrich Mexiko Freundschaft Road Movie Oscar Rudolph





Filmtagebuch von...

Funxton

    Avanti, Popolo

  • Supermoderator
  • PIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIP
  • 8.268 Beiträge

Neuste Kommentare