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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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DOC (Frank Perry/USA 1971)


"Mr. Holliday, I want to be like you." - "Get the damn lost."

Doc ~ USA 1971
Directed By: Frank Perry

Auf dem Weg zu seinem alten Freund Wyatt Earp (Harris Yulin), als Marshal i Tombstone tätig, lernt der Ex-Zahnarzt, Spieler, Trinker und Schwindsüchtige John "Doc" Holliday (Stacy Keach) die Hure Kate Elder (Faye Dunaway) kennen und nimmt sie mit in die Stadt. Dort wird er umgehend Zeuge der Familienfehde zwischen den Earps und den verlotterten Clantons, die Wyatt über kurz oder lang blutig zu beenden gedenkt. Doc steht zwischen den Fronten, zumal er sich mit dem achtzehnjährigen Kid (Denver John Collins), einem Mitglied aus Ike Clantons (Mike Witney) Bande, anfreundet. Parallel bemüht er sich um den Aufbau einer bürgerlichen Existenz mit Kate, muss am Ende jedoch sein Scheitern eingestehen und zugeben, dass er zu lange seinen verlotterten Lebensstil gepflegt hat, um jetzt damit aufzuhören.

Nicht ganz so elegant und schwermütig wie Altmans im gleichen Jahr erschienener Endzeit-Western "McCabe & Mrs. Miller", dafür jedoch mit authentischen Charakteren bestückt, ist "Doc" vor allem ein Film über eines: Das Scheitern. Das Scheitern des ehrbaren Versuchs, schmutzige Historie in aufgeklärten Zeiten zu verkleistern, das Scheitern der Liebe, das Scheitern der Abstinenz, das Scheitern, seine Natur zwanghaft negieren zu wollen. "Doc" ist ein eiskalter Nestbeschmutzer. Er räumt auf mit dem Gerücht, dass Wyatt Earp und Doc Holliday unbefleckte Helden waren; unter dem Schirm New Hollywoods verwischt er Schwarz und Weiß zu undeutlich konturierten Schattierungen von Grau. Wyatt Earp wird geoutet als Spießer und politischer Emporkömmling, der ein schlechter Faustkämpfer war und ein unfairer Opportunist. Holliday derweil präsentiert man als notorisch Süchtigen, nach Alkohol, Poker, Opium und Mord, unfähig, sich in seinen letzten Lebensjahren noch zu etwas anderes zu entwickeln als zu einem Bettlägrigen. Kate Perry - zauberhaft gespielt von Faye Dunaway - ist seine letzte Chance. Und er weigert sich standhaft, sie zu ergreifen. Stattdessen nimmt er einem Jungen das Leben. Am Ende schmoren sie alle. In der Hölle. Abblende.

9/10

Frank Perry Wyatt Earp Historie Arizona Freundschaft New Hollywood


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PHANTOM RAIDERS (Sonny Sanders/USA, PH 1988)


"You may be a soldier - but you are not a killer."

Phantom Raiders ~ USA/PH 1988
Directed By: Sonny Sanders

Um den zu den Kommunisten übergelaufenen Offizier Marshall (Mike Monty) zu stoppen, muss der Elitekämpfer Python Lang (Miles O'Keeffe) ein Trio alter Kameraden reaktivieren, trainieren und zurück in den Dschungel Vietnams führen. Auch Marshalls vernachlässigter Sohn nimmt an der Mission teil.

Krudes Stück Veteranen-Action, in dem eine unglaubliche Anzahl an Statisten (vermutlich immer dieselben acht bis zehn) das Zeitliche zu segnen hat und dessen Bodycount gegen Ende rekordverdächtige Ausmaße annimmt, um nicht zu sagen, in etwa denselben satirischen Impact hat wie Evan Kims Kampf gegen Dr. Klans Armee in "Kentucky Fried Movie". Dabei ist die Story von "Phantom Raiders", so man sich überhaupt großmütig genug wähnt, von einer solchen zu sprechen, geprägt von geradezu bewundernswerter Belanglosigkeit: Conrads "Heart Of Darkness" resp. "Apocalypse Now" lassen kurz grüßen, ansonsten ist man eigentlich durchweg bass erstaunt über ein derartiges Maß vorsätzlich präsentierter Hohlköpfigkeit. Man erfährt von Miles O'Keeffe, dass heutzutage ja ohne Ninjitsu gar nichts mehr ginge und seine Kampfesgenossen allesamt schwarze Kapuzen aufzuziehen hätten - warum, das bleibt sein großes Geheimnis, wie manches andere auch! Ein bisschen Ninja-Flair wollte der Regisseur Sonny Sanders, fraglos ein rechter Sonnyboy, sich offenbar nicht verkneifen müssen. So wird sich denn u.a. mit Wurfsternen und handlichen Kieselsteinen vor und zurück durch den Urwald gemordet; genug zu tun, um ein ganzes Drittel der Erzähleit als Finale zu deklarieren, gibt es jedenfalls allemal. Und am Ende bleibt noch ein trauriger, kleiner, verwaister Junge zurück, der seine Misere Python Lang und seinen Vasallen verdankt und den Film und Regisseur schlicht vergessen - ich aber nicht, ätsch!
Als eine Reise quer durch die Harmonien des bereits zum Abendrot dämmernden Ballerfilms könnte man "Phantom Raiders" bezeichnen - oder eben auch nur als sagenhaft dumme Asi-Klitsche. Wie würden Sie entscheiden?

5/10

Sonny Sanders Vietnam Vietnamkrieg Trash Exploitation Veteran


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COMMANDER (Ignazio Dolce/I 1988)


"I always thought you were a bastard." - "Neither did I."

Commander (The Last American Soldier) ~ I 1988
Directed By: Ignazio Dolce

Der Ex-Elitesoldat Roger Craig (Craig Alan), genannt 'Der Commander', ist, okkupiert von Schuldgefühlen, nach dem Rückzug der US-Streitkräfte aus Vietnam in Südostasien geblieben und bekämpft nun die Kommunisten mittels gezielter Guerilla-Aktionen von Thailand aus. Ein verlockendes Angebot seines früheren Vorgesetzten, Versorgungsgüter von einem sowjetischen Schiff im Mekong zu stehlen, nimmt Craig an gegen die Versicherung, mit seiner schwangeren Gattin Cho Lin (Tanya Gomez) in die USA ausreisen zu können. Doch die Russen machen Cho Lins Dorf, das zugleich als Craigs Unterschlupf dient, dem Erdboben gleich und entführen die junge Frau. Als Craig sie nur noch tot befreien kann, schwört er blutige Rache.

Craig Alan mit seiner schiefen Nase ist einer der unbesungen Helden des Achtziger-B-Actionfilms. In insgesamt nur fünf Filmen war der zugegeben wenig charismatische, dafür aber umso sympathischere Darsteller mit dem schlichten Gesichtsausdruck zu sehen - "Commander", dem man bei uns, um eine Verwechslung mit dem etwa zeitgleich erschienenen Söldnerfilm von Antonio Margheriti zu vermeiden, einen etwas komplizierten, wenngleich semipoetischen anglophilen Verleihtitel kredenzte, ist einer von zweien der hierzulande mit ihm erhältlichen Filme. Der andere ist der nicht minder vergnügliche "Get The Terrorists", besser bekannt als "Cobra Force II". "Commander" bietet im Großen und Ganzen ein weiteres, mehr oder weniger lupenreines Plagiat von "Rambo: First Blood Part II". Craig Alan trägt sogar Stirnband und Mantamähne und veranstaltet zu unerträglich schlechter Synthie-Musik einen Rachefeldzug gegen das üble Kommi-Kroppzeug, das ihm mit Gewalt seine liebliche Einheimische abhold macht. Das Resultat ist genau das, wogegen die Jugendschützer vor 25 Jahren so leidenschaftlich zu Felde zogen: Ein verrohendes Gewaltvideo, in dem kritiklos Legionen gelber, Verzeihung, roter Männchen niedergemäht werden und das im wahrsten Wortsinne keine Gefangenen macht - am Wenigsten sich selbst. Ganz kurz hüpft übrigens noch Italo-Standard Mike Monty durchs Bild und gibt dem Film damit einen gewissen, zusätzlichen Segen.

5/10

Ignazio Dolce Vietnamkrieg Trash Europloitation Vietnam Thailand


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WHAT ABOUT BOB? (Frank Oz/USA 1991)


"What are we doing?" - "Death Therapy, Bob. It's a guaranteed cure."

What About Bob? (Was ist mit Bob?) ~ USA 1991
Directed By: Frank Oz

Als ihn sein neuer, hochneurotischer und hochaufdringlicher Patient Bob Wiley (Bill Murray) bis zu seinem Feriendomizil in New Hampshire verfolgt, ist der renommierte New Yorker Psychotherapeut Dr. Leo Marvin (Richard Dreyfuss) bereits der Verzweiflung nahe. Bobs sukzessive Selbst-Integration in den Familienalltag der Marvins treibt den armen Analytiker jedoch endgültig in den Wahnsinn.

Wechselseitige Radikaltherapie in Frank Oz' wiederum vorzüglicher, schwarzer Duellisten-Komödie. Nachdem in seinem Remake "Dirty Rotten Soundrels" Steve Martin und Michael Caine aufeinandertrafen und sich mittels fieser Streiche gegenseitig in die Pfanne hauten, griff Oz drei Jahre später nochmal das flexibel variierbare Konzept der peu à peu eskalierenden Katz-und-Maus-Fehde auf und schuf damit erneut einen überaus delikaten, wenn auch etwas schwächeren Spaß für passionierte Sozialsadisten. Nebenbei bekommt man noch eine veritable Satire betreffs der klassischen Psychoanalyse - der arme Dr. Freud und sein Töchterlein müssen sich postum einiges von Oz und seinen Ideenlieferanten Sargent und Ziskin gefallen lassen. Besonders komisch Dr. Marvins Familiensubstitute in Form kleiner Handpuppen und die finale Explosionsszene, die an Hausstand lediglich des Doktors heißgeliebte Bronzebüste des Wiener Seelenforschers überlebt. Allerdings: Satire ist nicht gleich Denunziation - die Versicherung, dass Therapien an der Psyche, so sie auch unkonventionell und impulsiv stattfinden mögen, durchaus von einigem Erfolg gekrönt sein können, bleibt "What About Bob?" am Ende nicht schuldig, ein Sequel über den nachfolgenden Schwagerkrieg der beiden Rivalen wider Willen indes leider schon. Hinreichendes Potenzial dafür wäre gegeben gewesen.

8/10

Frank Oz New York New Hampshire Psychiatrie Satire Schwarze Komödie Ferien


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BLACULA (William Crain/USA 1972)


"I curse you with my name. You shall be... Blacula!"

Blacula ~ USA 1972
Directed By: William Craig

Als der nigerianische Prinz Mamuwalde (William Marshall) im Jahre 1790 im Zuge seiner Protest-Tournee durch Europa und wider die Sklaverei auf Schloss Dracula landet und feststellt, was für ein rassistischer Arsch der Blaublütige (Charles Macaulay) ist, ist es bereits zu spät für ihn. Dracula beißt und vampirisiert den Prinzen und sperrt ihn hernach in einen Sarg. Knapp 200 Jahre später wird Mamuwalde von einem schwulen Hipster-Pärchen (Ted Harris, Rick Metzler) aus L.A. aus seinem engen Gefängnis befreit und wetzt seine Eckzähne fortan in der Stadt der Engel. Dort trifft er auch die schöne Tina (Vonetta McGee), die in an seine tote Frau Luva erinnert...

Einer der wenigen frühen Gehversuche des Blaxploitation-Kinos dahingehend, sich eine weitere klassisch-weiße Unterhaltungsdomäne, nämlich die des Horrorfilms, unter den Nagel zu reißen und damit Kasse zu machen. Das Ergebnis ist mäßig gelungen, eher brav und kann sich mit nunmehr vierzig Jahren Reife auf dem Buckel einer gewissen Albernheit nicht mehr ganz freisprechen. Einem Werwolf gleich verwandelt sich bei akutem Blutdurst auch Mamuwaldes Physis; plötzlich verfügt er dann neben riesigen Eckzähnen auch über dicke Koteletten und Theo-Waigel-Gedenkaugenbrauen, was nicht eben zur angepeilten Ernsthaftigkeit des Ganzen beiträgt. Überhaupt sind die Vampire recht lustig anzuschauen - mit grünem Gesichtsteint kreischen und toben sie über die Leinwand. Von der distinguierten Erscheinung früherer Ahnen ist kaum mehr etwas übrig geblieben.
Ansonsten bleibt "Blacula" jedoch merklich zurückhaltend bezüglich seiner visuellen Ausgestaltung. Und als immerhin unikaler, kleiner Genreklassiker hat er sich einiges von seiner Spaßigkeit bewahren können.

6/10

William Crain Blaxploitation Dracula Vampire Los Angeles Virus


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MACABRE (William Castle/USA 1958)


"Aaaaaahhhhhh!"

Macabre ~ USA 1958
Directed By: William Castle

Der Kleinstadtarzt Rodney Barrett (William Prince) ist unter seinen Mitmenschen wenig wohlgelitten: Er soll nicht nur die Schuld am Kindbetttod seiner Ehefrau (Dorothy Morris) tragen, sondern aktuell auch noch mitverantwortlich für das Dahinscheiden seiner blinden Schwägerin (Christine White) sein. Daran hat Barrett schwer zu knacken. Als dann noch seine kleine Tochter Marge (Linda Guderman) von einem unbekannten Wahnsinnigen entführt und lebendig begraben wird, ist Barrett dem endgültigen Zusammenbruch nahe, ebenso wie sein herzkranker, steinreicher Schwiegervater Wetherby (Philip Tonge). Barrett und seine Sekretärin Polly (Jacqueline Scott) haben nur noch wenig Zeit, das verschwundene Mädchen zu finden, denn die Luft wird knapp...

Noch 'n lustiger Gimmick-Film von William Castle. Diesmal versichert uns ein Einsprecher zu Beginn, dass eine 1000-Dollar-Lebensversicherung für jeden geltend gemacht werden kann, der während der Vorstellung des Films von einer Herzattacke dahingerafft wird - zumindest, sofern er nicht schon vorher unter kardialer Insuffizienz zu leiden hatte. Ein wunderbar campiger Film entrollt sich dann in den folgenden siebzig Minuten, dessen sich abwechselnde Stammschauplätze Friedhof und Beerdigungsinstitut sind und der vor keinem noch so abgeschmackten Geisterbahn-Mummenschanz zurückschreckt. Cine-Pulp für knutschende Autokino-Paare, wie er so nur in den späten Fünfzigern zu finden ist. Jacqueline Scott kreischt jedesmal die ganze Leinwand zusammen, wenn eine weitere Leiche auftaucht und die meisten Figuren sind, ganz, wie es sich für einen unbarmherzigen Schocker wie diesen geziemt, keinesfalls das, was sie zu sein vorgeben. Wie ernst das alles tatsächlich zu nehmen ist, führt den Zuschauern dann nochmal der witzige Zeichentrick-Abspann vor Augen, in dem die Darsteller getrennt nach tot und (über-)lebend aufgeführt werden.
Großer Spaß für kleines Geld!

7/10

William Castle Camp Nacht Friedhof


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BREAKHEART PASS (Tom Gries/USA 1975)


"There's more ways to pacify Indians than shootin' holes in them."

Breakheart Pass ~ USA 1975
Directed By: Tom Gries

Ein Militärzug ist auf dem Weg nach Fort Humboldt, um die dort durch eine grassierende Diphterie dezimierte Besatzung wieder aufzufüllen und Hilfsgüter mitzubringen. Im Zug befindet sich außerdem der Gouverneur Fairchild (Richard Crenna). An einem unterwegs liegenden Bahnhof steigen noch Marshal Nathan Pearce (Ben Johnson) und der soeben von ihm verhaftete Falschsspieler John Deakins (Charles Bronson) zu. Zwei Offiziere verschwinden indes spurlos. Bei der Weiterfahrt ereignet sich noch eine ganze Kette von vorgeblichen Unglücksfällen, die sich bald darauf als gezielte Anschläge herausstellen. Fürderhin ist Deakins mitnichten der Gauner, der er zu sein vorgibt, sondern ein verdeckt ermittelnder Secret-Service-Agent auf der Spur eines verschwundenen Waffenarsenals. Und in Fort Humboldt wartet keinesfalls die Diphterie, sondern der berüchtigte Killer Levi Calhoun (Robert Tessier) mitsamt seinen indianischen Verbündeten.

Schnörkellos guter Western-Krimi nach einem Roman und Script des ehedem beliebten Herrenromanautoren Alistair MacLean. Für Jill Ireland ergab sich mit der Rolle einer unschuldigen Offizierstochter eine weitere Gelegenheit zum Spiel an der Seite ihres Göttergatten, und auch sonst beherbergt "Breakheart Pass" eine bemerkenswerte Phalanx an Charakterköpfen, die noch heute als vorrangige Leinwandrepräsentanten jener Tage in den Köpfen präsent sind: Ed Lauter, Charles Durning, David Huddleston, Bill McKinney. Lauter spielt hier allerdings ausnahmsweise mal keinen Unsympathen, sondern den Sidekick des Helden. Was "Breakheart Pass" sonst noch von seinen Artgenosdsen abhebt, ist der konzentrierte, gleichfalls ungewöhnliche Handlungsschauplatz: Ein Zug auf dem Weg durch die gebirgige, verschneite Ödenei der Rockies, nur selten durchbrochen von inhaltlichen Schwenks zum von Unholden (Tessier mit dickem Rauschebart ist eine echte Schau!) besetzten Fort Humboldt. Ähnlich wie in Lumets meisterhafter Star-Menagerie "Murder On The Orient Express" gilt es hier, mittels detektivischen Geschicks auf jenem räumlich stark beschränkten Terrain einen oder mehrere Mörder dingfest zu machen. Be- und untermalt wird das Ganze durch die pointierte Fotografie Lucien Ballards sowie von einem herorragenden Goldsmith-Score und ist handwerklich durchweg unprätentiös gearbeitet, wie ein stabiler Eichentisch vom Schreiner nebenan. Ich bin mir übrigens zu neunundneunzig Prozent sicher, dass der ziemlich zu Beginn von Tessier per Kopfschuss erledigte Soldat am Telegraphen der junge Sam Elliott ist. Leider ließ sich dies nicht eindeutig verifizieren.

8/10

Tom Gries Nevada Idaho Gebirge Zug Indianer Verschwörung Alistair MacLean undercover


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DIRTY DINGUS MAGEE (Burt Kennedy/USA 1970)


"It's the Code of the West."

Dirty Dingus Magee (Der schärfste aller Banditen) ~ USA 1970
Directed By: Burt Kennedy

Nachdem der lustige Gauner Dingus Magee (Frank Sinatra) seinen alten, etwas langsamen Kumpel Hoke (George Kennedy) wiedergetroffen und ausgeraubt hat, will dieser Genugtuung. Von der Puffmutter Belle (Anne Jackson) lässt sich Hoke kurzerhand zum Sheriff machen und versucht, Dingus mit allerlei legalen und illegalen Methoden hiner Schloss und Riegel zu bringen. Dieser hat jedoch noch weitaus größere Probleme, da sich die schnieke Häuptlingstochter Anna (Michele Carey) in ihn verguckt hat und ihr Papa Verrückter Mokassin (Paul Fix) sie flugs unter der Haube und außerdem Dingus' Flinte zum Tausch haben will. Allerlei turbulente Verwicklungen, in die sogar der gesuchte Bandit John Wesley Hardin (Jack Elam) gezogen wird, sind die Folge.

Wie ausgebrannt einstmals gut beschäftigte Filmemacher wie Burt Kennedy um das Jahr 1970 waren, als New Hollywood voll im Kommen begriffen und die alten Routiniers sich abgeschrieben fanden, demonstrieren wenige Filme so eindringlich wie die flaue Parodie "Dirty Dingus Magee". Nachdem Kennedy seine größten Erfolge als Scriptautor für Budd Boetticher feiern konnte, fing er Mitte der Sechziger irgendwann selbst an, Western zu inszenieren. Diese standen meist in einem betont komischen Kontext und ließen von der einstigen Grandezza des Genres kaum mehr etwas durchblicken; dennoch war brauchbarer Stoff wie "The Rounders" oder "The War Wagon" darunter, für den ihm zumeist noch mittlerweile angegraute Altstars beisprangen. "Dirty Dingus Magee" jedoch bildet einen Tiefpunkt: Frank Sinatra in der Titelrolle ist ein übler Witz - so übel, dass er danach erstmal für zehn Jahre von der Leinwand verschwand. Er wird über seine alberne Vorstellung und vor allem die oberbescheuerte Perücke hinreichend entsetzt gewesen sein. Doch ist Ol' Blue Eyes nicht der einzige Faux-pas des Films: Kennedys Regie ist uninspiriert, gelangweilt, klamaukig und schlicht mies. Der Film hat so gut wie keinen Stil und setzt auf Zoten statt auf Humor. Westernfreunde mögen sich wahlweise an den Auftritten vormaliger standards wie Harry Carey jr., Albert Dehner, Paul Fix oder Jack Elam erfreuen - oder sich auch ebensogut entsetzt abwenden. Mit Ausnahme seiner mageren filmhistorischen Relevanz erscheint "Dirty Dingus Magee" jedenfalls noch heute als eine einzige ärgerliche und weithin verzichtbare Peinlichkeit.

3/10

Burt Kennedy Parodie Bordell Kavallerie Duell Indianer New Mexico


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THE SEVENTH CROSS (Fred Zinnemann/USA 1944)


"You cannot kill every single ant."

The Seventh Cross (Das siebte Kreuz) ~ USA 1944
Directed By: Fred Zinnemann

Das KZ Westhofen, 1936: Sieben Häftlinge fliehen aus dem Lager und schon nachdem der erste von ihnen, der Widerstandskämpfer Ernst Wallau (Ray Collins), gefasst und zu Tode geschunden wurde, lässt der Kommandant Fahrenburg (George Zucco) zur Abschreckung sieben Kreuze errichten, an denen die Flüchtlinge nach und nach aufgehängt werden. Allein Wallaus Freund Georg Heisler (Spencer Tracy) gelingt mithilfe enormer Willenskraft, einer gehörigen Portion Glück und der Unterstützung mutiger Systemgegner die Flucht. Das siebte Kreuz wird leer bleiben.

Seghers' berühmter Roman ist ein Lehrstück über Zivilcourage in Krisenzeiten und darüber, auch im tiefsten Dunkel nie die Hoffnung und den Glauben an Vernunft und Menschlichkeit aufzugeben. Dass selbst im finstersten Loch - und ein solches bildete das Dritte Reich bekanntermaßen bereits 1936 - noch irgendwo das Licht eines wegweisenden Kerzleins brennt, versichern Film und Buch ihrer Rezipientenschaft. Zinnemann inszeniert mit aller gebotenen Zurückhaltung und verzichtet auf die üblichen Marotten des Hollywood-Propagandakinos jener Tage. Zwar mögen Karl Freunds von Schatten überlagerte Bilder auch nicht ganz ohne eine gewisse Stilisierung auskomen, aber dies sei dem Film angesichts seines gleichermaßen erschütternden wie nachhaltigen Wesens gestattet. Einige aus NS-Deutschland geflohene Kunstschaffende wirkten an Zinnemanns Film mit, darunter Brechts Gattin Helene Weigel (in ihrer einzigen Filmrolle - ausgerechnet als stumme Denunziantin). Allein deren Beteiligung an diesem ehrgeizigen und zutiefst humanistischen Film sollte für sich sprechen.

10/10

Fred Zinnemann Anna Seghers Nationalsozialismus Karl Freund Mainz Widerstand


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ACROSS THE WIDE MISSOURI (William A. Wellman/USA 1951)


"They lived hard and they played hard."

Across The Wide Missouri (Colorado) ~ USA 1951
Directed By: William A. Wellman

Colorado in den 1830ern: Der Trapper Flint Mitchell (Clark Gable) lernt beim jährlichen Treffen der 'mountain men' zum 4. Juli die schöne Kamiah (María Elena Márques), Tochter eines Schwarzfuß-Häuptlings (Nipo T. Strongheart), kennen und verspricht sich von der umgehend stattfindenden Hochzeit mit ihr einige Vorteile bei der im folgenden Jahr geplanten Biberjagd im Indianergebiet. Bald schon lernt Mitchell das mutige Mädchen, das ihn und viele seiner Freunde sicher über die Gebirgspässe in die Jagdgründe ihres Großvaters Bear Ghost (Jack Holt) geleitet, jedoch aufrichtig und von Herzen lieben. Dem alle Weißen hassenden Ironshirt (Ricardo Montalban) ist die häusliche Niederlassung der Trapper in seinem Gebiet derweil ein Dorn im Auge, Konflikte sind vorprogrammiert. Als Bear Ghost stirbt, wird Ironshirt zum neuen Häuptling und führt hernach einen noch unerbittlicheren Krieg gegen die weißen Eindringlinge.

Wenn dieses Meisterwerk wie berichtet lediglich das Fragment eines größeren Ganzen darstellt, welch astronomischer Film blieb uns dann vorenthalten?
Western über Trapper gibt es einige, aber Wellmans "Across The Wide Missouri" dürfte selbst in dieser angeblichen Rumpfform noch immer der ausbalancierteste und schönste unter ihnen sein. Gleich zu Beginn wird man umgehend mit dem seltsamen, leicht verrückt wirkenden Milieu der mountain men konfrontiert; todesmutige Kerle in Lederkluft und mit Pelzmützen, mit ungepflegten, verfilzten Bärten und von den langen Phasen der Einsamkeit leicht sonderbar geworden. Einige Franzosen sind darunter, zwei Schotten und eben der typische Angloamerikaner Flint Mitchell, dem ein zünftiges Besäufnis unter guten Kumpels anfänglich noch weit wichtiger ist als irgendeine romantische Hochzeitsnacht mit einer Squaw. Doch angesichts María Elena Márques' zauberhaftem Spiel nimmt man Clark Gable seine flotte Domestizierung gern ab. Nach der Figureneinführung geht der Film dann ins Universale: Gewaltige Landschaftsaufnahmen der Gebirgswelt und satter grüner Täler gibt es zu sehen; ein Areal, das sich nicht um seine paar kleinen Menschlein und deren Nöte schert. So lässt die Blutfehde nicht lange auf sich warten, und sie nimmt sich im Finale wenig versöhnlich aus. Wie schon Daves' ein Jahr älterer "Broken Arrow" hält Wellmans Film für die gemischtfarbige Beziehung von Rot und Weiß kein glückliches Ende bereit und erzielt damit eine recht bittere Konsequenz: Dieses uralte, in Fels und Stein gehauene Land ist noch nicht reif für ein vorurteilsfreies Miteinander.
Wellmans unbd Talbot Jennings' Urfassung wurde von der MGM-Chefetage übel mitgespielt - vieles wurde weggekürzt und zusammengestrichen sowie, des angeblich besseren Verständnisses wegen, durch den jetzt hörbaren Off-Kommentar von Mitchells erwachsenem Filmsohn mit der Stimme von Howard Keel ergänzt. Wellman soll die Betrachtung dieses Gerippes das Herz gebrochen und er sich in der Folge von dem Film distanziert haben. Dennoch ist das, was "Across The Wide Missouri" bis heute darstellt und symbolisiert, eines der vorrangigen Genrewerke und von herzensbrecherischer Bittersüße.
Daher trotz aller Vorbehalte neben "Westward The Women" Wellmans Schaffens-Nonplusultra, sozusagen mein persönliches Fait accompli.

9/10

William A. Wellman Colorado Indianer Trapper Belagerung period piece





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