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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE BEDFORD INCIDENT (James B. Harris/UK, USA 1965)


"We're a determined force!"

The Bedford Incident (Zwischenfall im Atlantik) ~ UK/USA 1965
Directed By: James B. Harris

Der Journalist Ben Munceford (Sidney Poitier) kommt zeitgleich mit dem neuen Sanitätsoffizier Potter (Martin Balsam) auf den im Atlantik kreuzenden Navy-Zerstörer 'Bedford', um über dessen Kurs und ganz besonders den mysteriösen Captain Finlander (Richard Widmark) zu berichten. Sowohl Munceford als auch Potter wird rasch klar, dass die gesamte Mannschaft der Bedford unter einem enormen Druck steht, der ans Explosive grenzt. Der Grund: Captain Finlander ist ein hitzköpfiger und kriegslüsterner Fanatiker, der den Finger permanent am imaginären Abzug hat. Aktuell verfolgt und provoziert er mit Nachdruck ein sowjetisches U-Boot, das sich in grönländische Hoheitsgewässer geflüchtet hat. Bald wird die angespannte Situation für jedermann an Bord der Bedford unerträglich.

Spannende Studie über den Kalten Krieg und mit welch furchtbar immanenter Konsequenz dieser nicht nur vor Kuba akut heiß zu werden drohte. Dabei gestaltet sich Harris' Film vornehmlich als in schmucklosem schwarzweiß inszeniertes, konzentriertes Kammerspiel, der seinen unerbittlichen Zug aus dem permanenten Spannungsfeld vierer beteiligten Personen bezieht - allen voran der zunächst undurchsichtige Captain, von dem man lediglich erfährt, dass er von der Kommandatur in Washington stoisch bei Beförderungen übergangen wird, ferner der liberale Journalist, der philanthropische neue Schiffsarzt und ein vormals bei der deutschen Kriegsmarine beschäftigter Kommodore (Eric Portman) als graue Eminenz im Hintergrund. Nach und nach richten sich sämtliche Bemühungen und Vernunftzusprüche gegen Captain Finlander, der jedoch mit jeder räsonistischen Bemerkung nur noch trotziger zu reagieren scheint. Am Ende wartet die große Katastrophe, wie man sie bereits aus "Dr. Strangelove" und Lumets "Fail Safe" kennt. Und wie jene beiden sollte auch "The Bedford Incident" noch heute zum ausbilderischen Pflichtprogramm für jeden Fähnrich zählen.

8/10

James B. Harris Kalter Krieg Atlantik Militär U-Boot


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KILL SQUAD (Patrick G. Donahue/USA, PH 1982)


"Joe needs you." - "Let's go."

Kill Squad (Das Söldnerkommando) ~ USA/PH 1982
Directed By: Patrick G. Donahue

Der Vietnamveteran Joe Lawrence (Jeff Risk) und seine Frau werden nächtens in ihrem Haus von geheimnisvollen Gangstern attackiert. Joe ist danach an den Rollstuhl gefesselt, seine Frau kommt zu Tode. Um die Schuldigen ausfindig und dingfest zu machen, trommelt Joe seine alten Kriegskumpels zusammen, allesamt eisenharte, in der Nahkampfeskunst bewanderte Rabauken. Doch jedesmal, wenn sich eine neue Spur ergibt, wird wieder einer von ihnen Opfer eines maskierten Heckenschützen. Am Ende bleibt nurmehr Larry (Jean Glaudé) übrig, der eine schier unglaubliche Entdeckung macht...

"Ich glaub', ich muss dir'n paar Märchenfiguren in die Wolle schneiden, so kess wie du bist." - "Ich merk' schon, du willst mir 'nen gebrauchten Lutscher ans Hemd kleben, du Bratenbengel." Nur eins von vielen Beispielen für die betont unwuchtige Komik der deutschen Synchronfassung dieses herrlichen Hyperblödsinns, der eigentlich auch nur in der deutschen Fassung wirklich geht, da ansonsten wenig mehr als genrepornöser Trash. Von einer wirklichen Geschichte sprechen zu wollen, wäre ein rein der Müßigkeit geschuldetes Unterfangen. Per Dauerschleife spult der Film etwa zehnmal dasselbe ab: Das Söldnerkommando geht einer Spur nach, die wahlweise auf den Bau oder in eine Fabrik führt, pickt sich den gesuchten Informanten heraus, der prompt Schützenhilfe von seinen durchweg in Karate versierten Arbeitskollegen erhält, wichst alle und alles zusammen und trifft sich zur Lagebesprechung hernach wieder in Joes Garten ("Diese Blumen... sie geben mir Kraft."). Irgendwann ist der Film dann beinahe urplötzlich vorbei, und gäbe es zuvor nicht diesen superdollen twist, mit dem selbst mein Großonkel Erich nicht gerechnet hätte, man würde es wohl kaum registrieren. Durch die wohlfeil hörbar (Wolfgang Pampel, Hans-Werner Bussinger, Edgar Ott, Hubertus Bengsch, Manfred Lehmann und ähnliche Mikrofon-Legenden) in Berlin entstandene Synchro, deren geistiger Vater ein für Karlheinz Brunnemann tätiger Herr Michael Richter ist - jener offenbar ein Spaßvogel vom Schlage eines Rainer Brandt oder Arne Elsholtz - gerät das Ganze jedoch zur zeitgenössischen Video-Proletenkunst, bei der unter absoluter Garantie kein Auge trocken bleibt. Sagenhaft.

5/10

Patrick G. Donahue Verschwörung Trash Exploitation Kalifornien Veteran


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SHENANDOAH (Andrew V. McLaglen/USA 1965)


"If we don't try we don't do. And if we don't do, why are we here on this Earth?"

Shenandoah (Der Mann vom großen Fluss) ~ USA 1965
Directed By: Andrew V. McLaglen

Virginia, 1864: Der verwitwete Famer Charlie Anderson (James Stewart), Vater von sechs Söhnen und einer Tochter, hält aus Prinzip keine Sklaven und sich und seine Familie stoisch aus dem Kriegsgeschehen heraus. Wenngleich er von der konföderierten Armee und seinen Nachbarn misstrauisch beäugt wird, entpuppt sich seine kriegsfeindliche Haltung als äußerst bodenständig und weithin effektiv. Zumindest hat Anderson nicht den Verlust eines oder mehrerer Söhne zu beklagen. Als jedoch sein in einer Soldatenuniform spielender Jüngster Boy (Phillip Alford) von Unionssoldaten gefangen genommen und verschleppt wird, sieht sich Anderson gezwungen, zum Teil des Bruderkriegs zu werden. Zusammen mit vieren seiner Söhne und seiner Tochter Jennie (Rosemary Forsyth) zieht er los, um Boy zurückzuholen. Diese Aktion wird ihn viele Verluste und viel Schmerz kosten.

"Shenandoah" ist einer von McLaglens wichtigsten und schönsten Filmen, dessen Geist und Bedeutungskraft weit über das übliche inszenatorische Routinement des Regisseurs hinausragen. Nicht nur als Western, sondern auch als Antikriegsfilm und als Charakterporträt eines verzweifelt Strampelnden funktioniert "Shenandoah" ganz ausgezeichnet. Dies wird besonders gegen Ende deutlich, als ein desillusionierter Familienvater am Grab seiner Frau, zweier verlorener Söhne und einer Schwiegertochter einsehen muss, dass die Gewalt über die Geschicke einer Familie längst nicht bei ihrem Patriarchen verbleiben kann. Stewart musste in vielen seiner dramatischen Rollen ein entsetztes, geschocktes und trauriges Gesicht aufsetzen - hier jedoch rollen Tränen. Besonders bitter erscheint die Sequenz, dass der komplette, grundsätzlich durchaus positiv zu wertende Aktionismus, den Anderson im Laufe der Geschichte an den Tag legt, völlig nutzlos und ineffektiv bleibt. Gerade das aber verleiht "Shenandoah" zugleich eine Lebensweisheit, die man nur äußerst selten im Hollywoodkino, und gerade im Western findet. "The Wild Geese" ist und bleibt mein Lieblingsfilm von McLaglen, aber mit dieser jüngsten von mittlerweile sehr vielen Sichtungen rückt "Shenandoah" ein gutes Stück auf.

9/10

Andrew V. McLaglen Virginia Sezessionskrieg Familie Farm


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ONKEL TOMS HÜTTE (Géza von Radványi/BRD, I, F, YU 1965)


"Alle... frei!"

Onkel Toms Hütte ~ BRD/I/F/YU 1965
Directed By: Géza von Radványi

Der bösartige Sklavenhändler Simon Legree (Herbert Lom) zwingt den verschuldeten Grundbesitzer Shelby (Charles Fawcett) per Knebelvbertrag, ihm zehn seiner Negersklaven zu überlassen, darunter den weisen und besonnenen Onkel Tom (John Kitzmiller), der für die übrigen Farbigen eine besondere Mentorenstellung innehat. Auf der Fahrt Richtung Süden lernt die kleine Eva (Michaela May), todkranke Tochter des reichen Plantageninhabers Saint-Claire (O.W. Fischer) Onkel Tom kennen. Auf Anhieb verbindet die beiden eine tiefe Freundschaft und Eva überredet ihren Vater, einen liberalen Philanthropen, Legree Onkel Tom abzukaufen. Wenngleich noch immer Sklave, lebt Tom eine zeitlang unter halbwegs menschenwürdigen Umständen bei den Saint-Claires. Als Eva dann Zeuge der außerehelichen Liaison ihres Vaters wird, stirbt sie einen verzweifelten Kummertod. Ihr letzter Wunsch besteht darin, dass sämtlichen Sklaven des Anwesens die Freiheit gechenkt werden soll. Noch bevor Saint-Claire dies realisieren kann, wird er von Legree heimtückisch ermordet. Onkel Tom fällt wieder an seinen vorletzten Besitzer zurück und erlebt eine letzte Zeit der Unterdrückung, bevor er noch einen Aufstand anzetteln kann.

Filmische Stoffe, die während der nord- und lateinamerikanischen Sklavenhaltungsära angesiedelt sind, fallen traditionell in den Exploitation-Bereich. Auf fast all die großen und kleinen Klassiker dieses Subgenres trifft das zu, von Pontecorvos "Queimada" ünd Meyers "Black Snake", über Fleischers "Mandingo" und die TV-Miniserien "Roots" und "North And South" bis hin zu den "Dragonard"-Filmen und Herzogs "Cobra Verde". Vermutlich lässt sich ein derart komplexer Topos kaum anders fassen, als mit den gewohnt "plastischen" Illustrationen, die um Repression, Peitsche und Paraphilie kreisen; und tatsächlich müsste wohl jedes Zeitporträt, das eine moderate Herangehensweise wählte, sich nicht von ungefähr dem Vorwurf der Verharmlosung stellen.
"Onkel Toms Hütte" nach dem berühmten, zeitgenössischen Roman von Harriet Beecher Stowe (dessen Erscheinen im Nachhinein vielerorts als eine der mentalen Initiallösungen für das Abolitionistentum und den Sezessionskrieg gewähnt wird), wählt, seiner Vorlage, seiner Entstehungszeit und dem angepeilten Publikum geschuldet, einen ebenso naiven wie didaktischen Ansatz zur Porträtierung jener unrühmlichen Geschichtsepisode. Formal und dramaturgisch bewegt sich Géza von Radványis Film nebst Alligatoren-Attacke und zünftig-auflockernder Kneipenschlägerei sehr dicht an den Karl-May-Adaptionen der Rialto und der CCC, nur, dass die edlen Indianer hier durch edle Sklaven ersetzt wurden. Peter Thomas' wilde Musik erinnert nicht von ungefähr an die aus denselben Produktionshäusern stammenden Wallace-Verfilmungen. Ansonsten ist das Werk unverkennbar deutsch und von schon für damalige Verhältnisse heftigen Klischees durchzogen, an denen letzthin nochmals der Zahn genagt hat. Die Schwarzen sprechen mit englischem Akzent, während die Weißen in klarstem Hochdeutsch (im Falle Fischers mit österreichischem Akzent) parlieren. Onkel Tom und die kleine Eva werden zu Metafiguren stilisiert, deren zuckersüße und unschuldige Lebensader fast zu viel des Guten ist, um es guten Gewissens ertragen zu können.
Nähert man sich "Onkel Toms Hütte" jedoch aus einer vornehmlich kulturhistorisch gewichteten Perspektive, enthält er wiederum auch viel Lohnenswertes; den wie immer gnadenlos guten Herbert Lom etwa (der sich, wie immer, wenn er in deutschen Co-Produktionen den Superbösewicht zu geben hatte, selbst synchronisierte), die prächtigen Schauplätze und sonstigen production values sowie ein erfreulich professionelles Verständnis vom Filmemachen. Schließlich dürfte es manch einem schwer fallen, sich nicht von der herzzereißenden Kitschkanonade, die der Film aufbietet, vereinnahmen zu lassen. Ich jedenfalls meine, es gibt weitaus üblere Dinge um sich dafür entschuldigen zu müssen.

6/10

Géza von Radványi Harriet Beecher Stowe Sklaverei Südstaaten Widerstand period piece


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RED STATE (Kevin Smith/USA 2011)


"Even the Nazis think this guy is nuckin' futs."

Red State ~ USA 2011
Directed By: Kevin Smith

Die drei auf ein Sexabenteuer versessenen Teenager Travis (Michael Angarano), Jarod (Kyle Gallner) und Billy-Ray (Nicholas Braun) geraten in die Fänge des größenwahnsinnigen Sektierers Abin Cooper (Michael Parks) und seiner Familie. Cooper, ein berüchtigter Hassprediger, zieht gegen jedwede sexuelle und soziale Alternativentwürfe zu Felde, verdammt Homosexuelle und Promiske und propagiert ganz offen deren Ermordung im Namen Gottes. Als bekannt wird, dass die Jugendlichen von ihm gefangen gehalten werden, rückt die State Police unter Führung von Agent Keenan (John Goodman) an - mit der ausdrücklichen Absegnung, jeden Verdächtigen zu erschießen. Ein furchtbares Blutbad ist die Folge.

Nach anfänglichem Widerwillen meinerseits, der vor allem durch die etwas ungeschickte Einführung der drei unsympathischen teenage boys evoziert wurde, nahm mich Smiths jüngster Streich irgendwann doch noch für sich ein. Dafür verantwortlich waren wohl primär die wie immer beeindruckenden Parks und Goodman sowie die kompromisslose Härte, mit der der betont gegen weltliches und geistliches Autoritätsgehabe aufbegehrende Film zu Werke geht. Nichts und niemand ist hier davor sicher, gefressen zu werden und es gibt irgendwo garantiert immer noch einen verrückteren Bastard als den zuletzt vorgestellten. Man merkt "Red State" ebenso wie seinen zuletzt getexteten Comics überdeutlich an, dass der den Halluzinogenen in letzter Zeit ja auch ganz öffentlich zugetane Smith kaum mehr etwas mit seinen füheren, netten bis bissigen Love- und Coming-of-Age-Stories zu tun haben will. Alles scheint sich mehr und mehr auf den Kopf zu stellen in seinem Universum und selbst sein früherer, penetranter Hang zur Christentumspropaganda wandelt sich zu einer stark ironisierten Anti-Haltung. Ganz kurz fühlte ich mich an den von mir leidenschaftlich gehassten "Dogma" erinnert, als plötzlich die Trompeten von Jericho zu erklingen scheinen, doch auch dieses Symbol bricht Smith schon in der nächsten Szene wieder wohlfeil auf ein äußerst weltliches Maß herunter. Die letzte Einstellung mit ihrer schlichten finalen Konsequenz ist dann sogar veritables Gold wert.

7/10

Kevin Smith Bigotterie Kirche Groteske Satire Kalifornien Schwarze Komödie


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MARCH OR DIE (Dick Richards/UK 1977)


"When the desert doesn't devour your measly corpses, then I will. I wouldn't know what's worse."

March Or Die (Marschier oder stirb) ~ UK 1977
Directed By: Dick Richards

Kurz nach seiner Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg erhält Major Foster (Gene Hackman), Offizier in der Fremdenlegion, von oberster Stelle den Auftrag, mit seinem Regiment Ausgrabungen in Marokko vor feindlichen Beduinen zu schützen. Foster hält den Auftrag für blanken Irrsinn. Und tatsächlich: Schon kurz nach der Ankunft der Männer in Nordafrika stellt der Stammesführer El Krim (Ian Holm) unmissverständlich klar, welches Schicksal die Soldaten erwartet, sollten sie nicht umgehend wieder verschwinden. Doch Foster führt seinen Auftrag unbeirrt aus.

Die Aktivitäten der Fremdenlegion, die man ja so unwillkürlich wie unberechtigt gern mit irgendwelchen Patrouillenmärschen durch die Sahara assoziiert, boten in unregelmäßigen Abständen immer wieder Stoff für zumeist wildromantische Kinostücke. Unangefochtener Klassiker dieses kleinen Subgenres des Kriegsfilms dürfte noch immer Von Sternbergs "Morocco" sein, dem auch "March Or Die" gewissermaßen seine Reminiszenz erweist. Die Rollen von Marlene Dietrich und Gary Cooper übernehmen hier Catherine Deneuve und Terence Hill, sie verfällt ihm nach emsigem Werben, kann auf lange Sicht jedoch nicht verhindern, dass seine vor Ort entflammende Kommissköpfigkeit sich mit aller Macht durchsetzt. Am Ende, der Legionär Marco Segrain, genannt "Der Zigeuner", verdankt sein Leben nur der Gnade von El Krim, legt er den schelmischen Gestus der Leinwandkunstfigur Terence Hill gänzlich ab und fügt sich als dessen Nachfolger in das vormals als gnadenlos gezeichnete Charakterschema Major Fosters, weil er gelernt hat, dass man hier nur mit unerbittlicher Härte gegenüber sich selbst und seinem Regiment überleben kann.
Wie in den vielen europäischen, stargespickten Kriegs- und Historienfilmen der mittleren bis späten Siebziger ist hier vor allem die Kombination der Darsteller interessant, die mal wieder aus aller Herren Länder zusammengetrommelt werden konnten: Neben Hackman, Holm, Hill und der Deneuve (die für meinen Geschmack ihren Schönheitszenit bereits leicht überschritten hatte) finden sich noch der obligatorische Max von Sydow, der bullige Jack O'Halloran, der Erz-Franzose Rufus, Marcel Bozzuffi, sowie Hammer-Extra Marne Maitland ein. All diese Gesichter vereint unter einem Dach zu begutachten, hat alleine schon etwas immens Sehens- und Segenswertes. Dass Terence Hill, hier auf dem Höhepunkt seiner Popularität angelangt, kurz internationale, epische Kinoluft schnuppern durfte, zum ersten und letzten Mal nach "Preparati La Bara" mit dem dicken MG durch die Gegend mäht, markiert einen weiteren, unbedingten Bonuspunkt.

7/10

Fremdenlegion Marokko Freundschaft Schlacht period piece


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THE PASSAGE (J. Lee Thompson/UK 1979)


"Knock-knock."

The Passage (Der Pass des Todes) ~ UK 1979
Directed By: J. Lee Thompson

Die Résistance will den Wissenschaftler Professor Bergson (James Mason) in Sicherheit vor den Nazis und über die Pyrenäen nach Spanien bringen. Dabei soll ihr ein baskischer Schafhirte (Anthony Quinn), der sich im Gebirge besonders gut auskennt, behilflich sein. Als der Baske erfährt, dass Bergson von seiner Frau (Patricia Neal) und seinen beiden Kindern (Kay Lenz, Paul Clemens) begleitet wird, will er den Auftrag zunächst ablehnen, sagt dann aber doch zu. Den wahnsinnigen SS-Offizier Von Berkow (Malcom McDowell) stets dicht auf den Fersen, führt der Baske die Familie auf ihrer entbehrungsreichen Flucht durch die verschneiten Berge.

Thompson streift in seinem hier und da entfesselt wirkenden Kriegsdrama bisweilen durchaus die Grenzen zur Naziploitation, da hilft ihm selbst das große internationale Stardropping, von welchem "The Passage" breit flankiert wird, kaum aus. Der Fortlauf der an Klassiker des Genres wie "The Mortal Storm" angelehnten Geschichte ist gespickt mit unglaubwürdigen, mitunter ins Halsbrecherische abgleitenden Wendungen; andere Szenen wiederum sind von unangenehmer Intensität. Für die beiden Altstars Quinn und Mason, die um diese Zeit in einer Vielzahl ähnlich produzierter Filme auftraten, ist das Ganze übliches Routinement; Malcolm McDowell indes festigt seinen Status als der sichere Mann fürs Wahnsinnige nach "A Clockwork Orange" und kurz vor "Caligula" aufs Neue. Böse mit den Augen rollend scheitelt er in einer allessagenden Szene vor dem Spiegel sein Haupthaar und hält sich dann einen schwarzen Kamm vor die Oberlippe - ganz der Führer im Miniformat. Christopher Lee hat einen schönen Auftritt als mutiger Zigeuner-Patriarch und Michael Lonsdale, der von McDowell (zwar offscreen, trotzdem superfies) die Finger zerschnippelt bekommt und Marcel Bozzuffi - ausnahmsweise mal Sympathieträger - geben zwei nicht minder tapfere Résistance-Mitglieder zum Besten.
Mir hat dieser in einer bekanntermaßen seltsam orientierungslosen Kinophase entstandene, wie geschrieben wild zwischen Starkino und Exploitation oszillierende und nunmehr selten erwähnte Film trotz seiner offenkundigen Schwächen jedenfalls sehr gut gefallen.

8/10

J. Lee Thompson Nationalsozialismus Pyrenäen Gebirge Widerstand Zigeuner WWII Holocaust


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REVENGE OF THE NERDS II: NERDS IN PARADISE (Joe Roth/USA 1987)


"Kick it up to 37. Let's live dangerously."

Revenge Of The Nerds II: Nerds In Paradise (Die Supertrottel) ~ USA 1987
Directed By: Joe Roth

Die Nerds von der Lambda-Lambda-Lambda-Verbindung sind zurück. Diesmal treten Lewis (Robert Carradine), Popel (Curtis Armstrong), Lamar (Larry B. Scott) und Arnold (Harold Poindexter) zu einem landesweit organisierten, studentischen Verbindungstreffen im sonnigen Florida an. Der arme Gilbert (Anthony Edwards) muss mit gebrochenem Bein zu Hause bleiben. Natürlich sind ihre Erzfeinde, die Alphabetas, darunter der tierähnliche Oger (Donald Gibb), nicht weit und versuchen wieder alles, den 'Kackern' die Suppe zu versalzen. Doch wie gehabt lässt ihr Genie die Tri-Lambdas über sich hinauswachsen und den schmierigen Sunnyboys zeigen, was eine echte Hornbrillen-Harke ist.

Ich hatte schon längst mal vor, den ja nicht weniger als vier Teile umfassenden Nerd-Zyklus mal im Ganzen zu schauen, was sich nun in den folgenden Tagen, um nicht zu sagen, wenn die leider nur auf dem Importweg erhältlichen Teile 3 und 4 bei mir eingetrudelt sind, endlich vollziehen möge! Dem ersten Film durchaus ebenbürtig ist schonmal dieses urkomische Sequel zu dem kleinen Teenklamauk-Klassiker "Revenge Of The Nerds". Da die Story diesmal weitgehend darauf verzichtet, die Nerds als Sonderlinge zu klassifizieren, sondern sie als einmal etablierte Figuren akzeptiert, ihnen ihren etwas 'speziellen' Status umweglos zugesteht und entsprechend derbe Gags fabrizieren lässt, ist wirklich alles in Butter - vorausgesetzt natürlich, man steht auf diese leicht flauen Achtziger-College-Komödien und ihren ausgewiesen dünnen Flachwitz. Ed Lauter (dem ich derzeit ganz unverhofft des öfteren zu begegnen scheine) als böser Hotelmanager ("on duty"!) ist noch dabei und James Hong in seiner vermutlich allerbesten Rolle als Ekelopa Snotty, der zu Popels ganz persönlichem Obi Wan Kenobi wird. Ha!

6/10

Sequel Nerds-Serie Florida Summer Splash Insel College Joe Roth


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THE LOST (Chris Sivertson/USA 2006)


"I'm losin' patience here."

The Lost ~ USA 2006
Directed By: Chris Sivertson

Der geisteskranke Ray Pye (Marc Senter) attackiert im Beisein seiner Freunde Jennifer (Shay Astar) und Tim (Alex Frost) mit einer Schusswaffe völlig ungeplant zwei campende Mädchen im Wald, ermordet eines davon und verletzt das andere so schwer, dass es nach vierjährigem Koma ebenfalls stirbt. Für den seinerzeit ermittelnden Beamten Schilling (Michael Bowen) liegt der Fall nach wie vor sonnenklar - nur, dass Ray damals nicht verhaftet werden konnte, weil die Belastungszeugen fehlten. Noch immer versucht Schilling nun, Ray dingfest zu machen, bevor er ein weiteres Verbrechen begehen kann, doch dieser verhält sich für seine Verhältnisse ruhig. Bis zu dem Tag, als sowohl seine Liebschaft Katherine (Robin Sidney) als auch seine Freundin Jennifer ihm unabhängig voneinander den Laufpass geben. Ein furchtbarer Amoklauf ist die Folge.

"The Lost" war 2006 die erste Adaption eines Jack-Ketchum-Romans und beschließt nun ironischerweise meine mit dem explosiven "The Woman" begonnene Retrospektive von Ketchum-Aufbereitungen. Wie die anderen vier Filme möchte ich auch diesen als praktisch nahtlose atmosphärische Transponierung des kaputten Amerikabilds Ketchums in die Zelluloidwelt bezeichnen; einen so unbequemen wie mutigen Ausflug in einen pathologischen Geist, begleitet von nicht minder extravaganten Nebenerscheinungen im mittelbaren sozialen Umfeld des Protagonisten. In dieser oberflächlich beschaulichen Kleinstadt mit ihren Motels und Drive-Ins ist so manches faul, da ist der wahnsinnige Ray Pye nur die Spitze des Eisbergs; ja, vielleicht sogar ein längst überfälliger Katalysator, als er am Ende sein letztes festes Schräublein einbüßt und alles niedermacht, was sich ihm in den stark bekoksten Weg stellt. Eine überaus innovative filmische Narration, ein furioser Hauptdarsteller, die toll ausbalancierte Song-Kompilation und veredelnde Auftritte der Genre-Legenden Dee Wallace und Ed Lauter machen schließlich "The Lost" zu einer durchweg sehenswerten Ketchum-Adaption.
Get Lost! (man verzeihe mir diese zugegebenermaßen dämliche, aber zwanghafte Paraphrase)

8/10

Chris Sivertson Jack Ketchum Massenmord Amok Madness Lucky McKee Independent


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DI YI LEI XING WEI XIAN (Tsui Hark/Hong Kong 1980)


Zitat entfällt.

Di Yi Lei Xing Wei Xian (Söldner kennen keine Gnade) ~ HK 1980
Directed By: Tsui Hark

Pearl (Chi Lin Chen), die emotional schwer gestörte, kleine Schwester des Polizisten Tan (Lo Lieh), ertappt die drei nerdigen Schüler Paul (Albert Au), Lung (San Lung Tin) und Ko (Law Che Biu) bei einer üblen Unfallgeschichte mitsamt Fahrerflucht und mischt sich danach auf zunehmend aufdringliche Art in die einstmals so behüteten Existenzen des Trios ein. Wechselseitiges Getrieze ist die Folge für alle Beteiligten. Der Bogen wird jedoch endgültig überspannt, als sich die seltsame Clique in die Geschäfte einiger waffenschmuggelnder Vietnam-Veteranen einmischt und einen Haufen japanischer Barschecks an sich bringt. Das lassen sich die brutalen Gangster nicht gefallen und es geht den Teens schwer ans Leder...

Tsui Harks dritter Film ist ein mit Worten nur schwer zusammenfassbares Höllenfeuerwerk, das sich, einem wilde Kapriolen vollführenden, eitlen Rodeogaul gleich, oftmals zu überschlagen droht, eigentlich jedoch stets Fasson und Form wahrt. Eine wüste Montage, unfassbare Gewalttätigkeiten, die die merkwürdige Mischung aus Teenagerdrama und hartem Gangsterfilm wie beiläufig eskortieren und eine garantiert nie vorhersehbare Storyentwicklung bleiben als die vorrangigen Impressionsfixpunkte im Kopf. Alles geschieht mit absoluter, dabei fast choreographiert wirkender Rasanz. Der sich anfänglich einstellende Eindruck des Anrüchig-Billigen, den der unter anderem aus Soundbits von "Dawn Of The Dead" und Jean Michel Jarres "Oxygène 4" zusammengefrickelte Score hinterlässt, wird ganz schnell wieder verdrängt durch die Vergegenwärtigung des unheimlichen Post-Aufwands, der bei der Fertigstellung des Films ganz offenbar vonnöten war. Alles andere als ein leichter Genuss, wie ich zunächst dachte, aber durchaus lohnenswert selbst für seltene Gäste im Fernostkino wie meinereiner.

8/10

Hong Kong Tsui Hark Teenager





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Funxton

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