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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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PINOCCHIO (Hamilton Luske, Ben Sharpsteen/USA 1940)


"What does an actor want with a conscience, anyway?"

Pinocchio ~ USA 1950
Directed By: Hamilton Luske/Ben Sharpsteen


Eine gute Fee erfüllt dem Tischler Gepetto den Wunsch, dass seine Holzpuppe Pinocchio zum Leben erwachen möge. Doch bis zum "richtigen" Jungen aus Fleisch und Blut ist es noch weit hin: Zunächst muss Pinocchio lernen, dass nicht alles Gold ist, was glänzt, dass ohne Bildung nichts geht im Leben und nur wahre Redlichkeit sich am Ende auszahlt.

Es ist weniger Carlo Collodis etwas hausbackene, mit preußischer Eisenpädagogik gespickte Geschichte des dummen Jungen, dessen Holzkopf erst mit Eselsohren garniert werden muss, bevor er sein Väterlein schlussendlich glücklich machen kann, als Disneys so übermütige wie liebenswert-saubere Animation, die "Pinocchio" zum Klassiker des Animationsfilms macht. Ganz abgesehen davon, dass die Adaption der Geschichte, wie bei Disney üblich, auf sehr losgelöstem Wege geschieht, sind es ohnehin primär die Figuren nebst ihrer Gestaltung, die Rührung und Spannung hervorrufen: Pinocchio selbst, der sympathische alte Gepetto, seine Haustiere Figaro und Cleo, Jiminy Grille, die per Rotoskopie zum Leben erweckte Fee und sogar die beiden Halunken Fuchs und Kater, denen ich persönlich sowieso noch nie böse sein konnte.
Immerhin erst Disneys zweiter Langfilm nach "Snow White And The Seven Dwarves" und dennoch bereits von atemberaubender Perfektion.

9/10

Walt Disney Hamilton Luske Ben Sharpsteen Maerchen Kinder Puppe


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THE WHITE BUFFALO (J. Lee Thompson/USA 1977)


"I like my bodies fresh."

The White Buffalo (Der weiße Büffel) ~ USA 1977
Directed By: J. Lee Thompson

Der wegen Mordes gesuchte Gunman Wild Bill Hickok (Charles Bronson) kommt unter dem Namen James Otis zurück in den Westen, um einen ihn im Traum verfolgenden, monströsen weißen Büffel zu erlegen. Wie sich bald herausstellt, handelt es sich bei der Bestie keinesfalls um ein bloßes Hirngespinst - der sich mit Hickok anfreundende Ogallala-Häuptling Crazy Horse (Will Sampson) verfolgt ebenfalls den Büffel, weil dieser seine kleine Tochter auf dem Gewissen hat. Wild Bill erhält zusätzliche Unterstützung von dem alten Trapper Charlie Zane (Jack Warden), der sich jedoch gar nicht erbaut darüber zeigt, dass sein Kumpel sich mit einer Rothaut zusammentut.

Der italienische Produzent Dino De Laurentiis besorgte zwischen 76 und 77 eine inoffizielle, nur lose zusammenhängende Monstertier-Trilogie, bestehend aus dem bombastisch beworbenen "King Kong"-Remake unter der Regie vom Katastrophenfilm-Experten John Guillermin und Andersons "Orca" als Abschluss. "The White Buffalo", mit einem von Carlo Rambaldi wirklich außerordentlich reizend zusammengezimmerten Riesenbüffel ausgestattet, bildet ergo das Mittelstück.
Keiner der drei Filme genoss je ein besonders überzeugendes Renommee, mir gefielen sie jedoch stets alle ziemlich gut. "The White Buffalo" ist sicherlich das seltsamste Mosaikstück des Zyklus; ein lose auf Melvilles "Moby Dick" gründendes Westernabenteuer, das sich einer gesicherten Kategorisierung entzieht. Bronson als Wild Bill Hickok, hier in seinem letzten Pferdeopernpart zu sehen, trägt die meiste Zeit eine völlig entartete Schnee-/Sonnenbrille, ballert seine menschlichen Gegner lässig über den Haufen und erfreut sich eines von den Annalen bislang ignorierten Team-ups mit dem Sioux-Chief Crazy Horse. Da fällt einem doch gleich wieder das schöne "Liberty-Valance" von der Legendenbildung in den Schoß. Der deutsche Dialog, wie oft für Dino-Produktionen vermutlich von Rainer Brandt gestiftet, ist ganz hübsch flapsig und entzaubert den etwas bemühten Mystizismus des Films hier und da, erfreut das Herz aber wiederum an anderer Stelle. Als absolut phantastisch indes erweist sich John Barrys famoser Score, der sehr an seine Arbeit für "King Kong" erinnert. Auch die teils sichtlich artifiziellen Kulissen, in denen der leise rieselnde Schnee wie Zuckerwatte wirkt, sowie die zahlreichen Cameos sind toll.
Sicher nicht für jedermann gemacht, aber Liebhaber von Papa Bronson, Schneewestern und bizarren Tierhorrorfilmen werden sich wiederfinden.

7/10

Indianer Crazy Horse Monster Wild Bill Hickok Gebirge J. Lee Thompson Wyoming Bueffel Schnee Tierhorror


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HELLFIGHTERS (Andrew V. McLaglen/USA 1969)


"Somebody wake me up!"

Hellfighters (Die Unerschrockenen) ~ USA 1969
Directed By: Andrew V. McLaglen


Chance Buckman (John Wayne) ist Spezialist für das Löschen von eigentlich unlöschbaren Ölfeldbränden und jettet daher mit seinem Team über den gesamten Globus. Nach einer gefährlichen Brustverletzung und seiner von ihm getrennt lebenden Frau (Vera Miles) zuliebe gibt Chance den Job zähneknirschend an seinen nicht minder dickköpfigen Freund und Schwiegersohn Greg (Jim Hutton) weiter. Bald jedoch steht dieser vor einem beruflichen Problem, das nur mit Chances Hilfe zu lösen ist...

Ye goode olde Duke movie. Ausnahmsweise mal nicht in die Kunstlederweste gehüllt, muss der alte Tinseltown-Rep sich gar nicht groß verstellen. Den leicht betagten Patriarchen-Brechwurz, dessen Eisenschädel prinzipiell alles besser weiß und zumeist auch richtig damit liegt, darf Wayne nämlich auch hier wieder geben. Was Dukes späte Filme, die ja sehr häufig unter der routinierten inszenatorischen Ägide von McLaglen entstanden sind, im Allgemeinen so charmant macht, ist ihre heimelige Atmosphäre - der Zuschauer hat stets das Gefühl einem Familientreffen beizuwohnen. "Hellfighters" funktioniert dabei ganz ähnlich wie Hawks' "Hatari!": Eine Gruppe (fraglos viel zu alter) Superprofis, die zur Auflockerung und der attraktiveren Optik halber von einer jungen Dame (Katharine Ross, selten attraktiver) begleitet werden, erlebt diverse abenteuerliche und lustige Episoden, ohne dass es einen roten Plotfaden gäbe. Dem größeren Wiedererkennungswert zuliebe hüpfen dazwischen noch Duke-Faktotum Bruce Cabot und Valentin de Vargas dazwischen herum. Leider sind venezolanische Ölfelder jedoch keine afrikanische Steppe und McLaglen ist kein Hawks, was man "Hellfighters" leider ohne Umschweife anmerkt. Der Film wirkt am Ende nämlich doch etwas zu trocken, um so rundum glücklich und enthusiastisch machen zu können wie ein Film des Großmeisters und reicht über schickes Unterhaltungsprogramm für Freunde des Duke nicht hinaus. Was für meine Wenigkeit freilich kein Problem darstellt, im Gegenteil.

6/10

Andrew V. McLaglen Feuerwehr Familie


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FAREWELL TO THE KING (John Milius/USA 1989)


"I have a special relationship with the spirits."

Fartewell To The King ~ USA 1989
Directed By: John Milius


Pazifik, 1945: Der britische Offizier Fairbourne (Nigel Travers) erhält von der Admiralität den Auftrag, die Ureinwohner auf Borneo für den Kampf gegen die anrückenden Japaner zu gewinnen. Überrascht stellt Fairbourne fest, dass die Dschungelstämme einen Weißen zu ihrem König gemacht haben: Den amerikanischen Deserteur Leearoyd (Nick Nolte). Jener ist tief in die Kultur der eingeborenen eingetaucht, hat eine Familie gegründet und besteht darauf, dass seine Souveränität anerkannt wird, wenn der Krieg ersteinmal vorbei ist. General MacArthur (John Bennett Perry) geht nur zum Schein auf Learoyds Wünsche ein. Nachdem die Japaner unter hohem Blutzoll zurückgeschlagen wurden und der Krieg beendet ist, soll sich Learoyd dann doch vor einem Kriegsgericht verantworten.

Milius' erster Film nach seiner erzreaktionären Drittweltkriegsdystopie "Red Dawn" zeigt sich von deutlich versöhnlicherer Gestalt. Basierend auf einem Roman von Pierre Schoendorffer fügt der auteur diverse Motive nach Conrad ("Heart Of Darkness") und Kipling ("Lord Jim") zusammen, stiehlt einen Hauch Epik von Leans "Lawrence Of Arabia" und antizipiert darüberhinaus noch Malicks "The Thin Red Line", der wie "Farewell To The King" die Zerstörung unschuldiger Natur durch "zivilisiertes" Kriegsgeschehen thematisiert.
Abgesehen davon bleibt der Film in konventionellen Bahnen, müht sich manchmal vergeblich, Empathie für seine Hauptfiguren zu schüren und bietet nur in seltenen Momenten die innere Kraft auf, die man noch von Milius' früheren Werken zu schätzen weiß. Wirklich packend wird es wahlweise eigentlich nur dann, wenn durchschimmert, wie sehr der Regisseur der Faszination der Wildnis vor Ort erlegen ist und die formale Zeit für schwelgerische Bilder findet oder wenn es inhaltlich um ein abgespaltetes Korps der Japaner geht, das sich zu urweltlichen Kannibalen zurückentwickelt hat.
Noltes zum Chargieren neigende Performance verzeiht man ihm, zumal in Anbetracht seiner üblichen Auftritte, gern, wobei der eindrucksvollste Auftritt notabene James Fox zugeschrieben werden muss, der leider nur wenig Spielzeit bekommen hat.

7/10

John Milius WWII period piece Ethnics Militaer Pazifikkrieg Freundschaft Borneo Kannibalismus Pierre Schoendorffer


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SOLOMON AND SHEBA (King Vidor/USA 1959)


"Nothing must come between us." - "Not even our gods?"

Solomon And Sheba (Salomon und die Königin von Saba) ~ USA 1959
Directed By: King Vidor


Salomon (Yul Brynner) erbt von seinem sterbenden Vater König David (Finlay Currie) die Regentschaft über das gelobte Land Israel, obschon Salomons älterer Bruder Adonijah (George Sanders) fest mit dieser Würde gerechnet hatte. Die zahlreichen Feinde Israels, darunter Ägypten und Saba, beobachten mit Argwohn, dass der weise und friedliebende Salomon nun zum Monarchen ausgerufen wird. Die Königin von Saba (Gina Lollobrigida) plant, Salomon zu becircen, um ihm dann seine intimsten Geheimnisse zu entlocken und Israel so zu schwächen. Tatsächlich sind die Hohepriester und Untertanen Salomons alles andere als erbaut darüber, dass die dem Vielgötterglauben frönende "Heidin" hier so herzlich willkommen geheißen wird. Mit Salomons wachsender Leidenschaft für die Königin von Saba beginnt daher auch seine Macht zu bröckeln.

Für seinen letzten Film holte der ähnlich wie Cecil B. DeMille von großen Gesten faszinierte King Vidor nochmal alles aus dem Lumpensack, was das kitscherfüllte Bibel- und Mounmentalkino jener Tage zu bieten hatte: Prunk und Plastik allerorten, eine dralle Titelheldin beim Bauchtanz, eine deftige Orgienszene und bigottes Bibelgeschwafel bis dorthinaus. Am Ende gibt es dann sogar die berühmte Schlachtenszene, bei der es dem in der Unterzahl befindlichen Salomon und seiner Armee gelingt, mittels ihrer Schilde die heranstürmenden Ägypter zu blenden und deren Streitwagen dann geradewegs in eine Schlucht stürzen zu lassen. Das ist wieder mal Camp allererster Kajüte und genau der Grund, warum ich dieses alte Monumentalzeug so schätze: Hier wird unter dem ohnehin bereits hauchdünnen Deckmäntelchen der Frömmelei im Prinzip nichts anderes denn reinste Exploitation geboten, die, wenn man für dergleichen offen ist, mit ihrer explosiven Farbgebung und ihrem epischen Aufzug größten Spaß zu bereiten vermag. They don't make 'em like this anymore - und genau das ist der Grund, warum dieser ganze, kostbare Kram in eine dicke Schatztruhe und in alle Ewigkeit gehortet gehört.

7/10

Israel Bibel King Vidor Aegypten Historie period piece


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THE WIND AND THE LION (John Milius/USA 1975)


"You're a great deal of trouble, Mrs. Pedecaris."

The Wind And The Lion (Der Wind und der Löwe) ~ USA 1975
Directed By: John Milius


Marokko, 1904: Der Berber-Sherif Raisuli (Sean Connery) kidnappt die amerikanische Diplomatenwitwe Eden Pedecaris (Candice Bergen) und ihre beiden Kinder (Simon Harrison, Polly Gottesman). Die gesamte westliche Welt empfindet diesen Akt als tiefe Provokation durch die Kolonialvölker und entsendet ihre Streitmächte, um sich gegen Raisuli auf die Lauer zu legen. Für den abenteuerlustigen Präsidenten Roosevelt (Brian Keith) symbolisiert Raisuli indes einen allzulang vermissten, vermeintlich unzivilisierten Kontrahenten. Mrs. Pedecaris kann indes ihre Sympathien für den schlitzorigen Berber kaum mehr verhehlen.

In "The Wind And The Lion" frönt Milius erstmals seinem Faible für filmische Schlachtenstiche, diverse inszenatorische Parallelen zum sieben Jahre späteren "Conan The Barbarian" sind unübersehbar. Raisuli ist darüberhinaus als eine ganz ähnliche Figur angelegt - als wandelnder, sturer Anachronismus, der die Schwelle zum Jahrhundert des kommenden Atomzeitalters schlicht ignoriert und viel lieber die jahrtausendealten Traditionen seines Volkes pflegt. Für Milius ein überaus willkommener Anlass zur Romantisierung eines längst überholten Maskulinismus und damit zugleich zur Schaffung diverser Wildwest-Analogien. Dazu gehört auch die einmal mehr als Entführungsopfer zu sehende Candice Bergen, die sich mal wieder mit ihrem Kidnapper fraternisiert. Die Sympathien des Regisseurs für seinen Protagonisten, der das Duell mit dem Säbel als das einzig Wahre unter "echten Männern" schätzt, und der am Ende gegen (unter anderem kaiserlich-deutsche) Gewehre und Kanonen anzutreten hat (und wegen der unerwarteten Intervention der ihn respektierender US-Infanteristen sogar reüssieren kann), sind dabei wiederum mehr als akut. Milius' These, dass unter anderem dieser historische Zwischenfall, der von ihm allerdings geflissentlich "umgedichtet" wird, ein maßgebliches Schlüsselereignis für den späteren Ausbruch des Ersten Weltkriegs darstellt, mag derweil etwas weit hergeholt scheinen. Wie dem auch sei, sein Hang zur bombastischen Überhöhung besitzt durchaus etwas Verführerisches.

8/10

Marokko period piece John Milius Kidnapping Historie


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THE EGYPTIAN (Michael Curtiz/USA 1954)


"Why?"

The Egyptian (Sinuhe, der Ägypter) ~ USA 1954
Directed by: Michael Curtiz


Theben, 1200 v. Chr.: Der als Baby ausgesetzte Sinuhe (Edmund Purdom) verdingt sich wie sein Adoptivvater (Carl Benton Reid) als Arzt der Armen, begleitet von seinem besten Freund Horemheb (Victor Mature) und der ihn liebenden Schankwirtin Merit (Jean Simmons). Dann jedoch verfällt Sinuhe den unguten Reizen der Babylonierin Nefer (Bella Darvi), die ihn vollends in Selbstverrat und Ruin treibt. Zusammen mit seinem Diener Kaptah (Peter Ustinov) verlässt Sinuhe Ägypten und kehrt erst Jahre später als reicher Arzt wieder. Horemheb giert mittlerweile nach der Macht im Staate und plant, den pazifistischen Pharaoh (Michael Wilding) zu entmachten. Angewidert von dem allgemeinen moralischen Verfall wendet sich Sinuhe einer höheren Instanz zu...

Ganz ähnlich Hawks' "Land Of The Pharaohs" ist "The Egyptian" nichts anderes als großformatiger camp; eine aufwändig gestaltete, dabei jedoch von unleugbar kleinem Geiste beseelte Hollywood-Mär der frühen CinemaScope-Tage. Sogar ein wenig film noir steckt drin in Curtiz' Ägypten-Soap, es gibt die verführerische Femme fatale und das brave Liebchen, den intelligenten, aber nicht minder naiven Helden, der wegen seiner Unkontrolliertheit am Ende mit leeren Händen dasteht und dessen egomanischen Freund, der, einmal am brodelnden Kessel der Macht geschnuppert, alles hinter sich lässt. Selbst die Besetzung mit Mature, Simmons und Tierney ist durchaus noir-kompatibel. Natürlich bereiten in erster Linie die in der damals üblichen Epik eingefangenen spektakulären Kostüme, Bauten und set pieces Vergnügen, an denen man sich durchweg ergötzt. Wunderbar wie immer auch Peter Ustinov als schlitzohriger Gauner mit goldenem Herzen und der leider nur kurz auftretende John Carradine als nicht minder sympathischer Grabräuber. Überhaupt ist es das, was "The Egyptian" dann doch ein wenig bleibenden sittlichen Wert verleiht: Dass er die Kleinen, die Loser und die vermeintlich Geisteskranken zu Helden erklärt und die Großen und Starken zu den wahren Übeltätern.

7/10

Historie Biographie Aegypten Michael Curtiz period piece


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ROBIN AND MARIAN (Richard Lester/USA 1976)


"Have you ever tried to fight a legend?"

Robin and Marian (Robin und Marian) ~ USA 1976
Directed By: Richard Lester


Nach fast zwanzig Jahren kehrt Robin von Locksley (Sean Connery) zusammen mit seinem treuen Freund John Little (Nicol Williamson) von den Kreuzzügen nach England zurück - freilich erst, nachdem König Löwenherz (Richard Harris) wegen einer Infektion dass Zeitliche gesegnet hat. Der Sheriff von Nottingham (Robert Shaw) hält die Gegend um den Sherwood Forest noch immer unter seiner Knute, derweil Robins rebellische Vergangenheit in vielen bäuerlichen Mären besungen wird. Die einstige Geliebte Marian (Audrey Hepburn) ist nach einem Selbstmordversuch Nonne geworden, liebt Robin jedoch noch immer. Der übereifrige Edelmann Sir Ranulf (Kenneth Haigh) sorgt schließlich dafür, dass der neue König John (Ian Holm) Robin endgültig aburteilt.

Richard Lester erarbeitete sich nach seinen Anfängen als Auteur in der britischen New Wave über die Dekaden einen ausgezeichneten Ruf als Meister der Dekonstruktion. Nach seinen beiden durchaus ans Bizarre grenzenden Beatles-Filmen "A Hard Day's Night" und "Help!" kam noch eine ganze Kohorte von mehr oder weniger scharf formulierten Satiren, die trotz Lester US-amerikanischer Herkunft stets eine stark britische Konnotation besaßen. Eine davon ist "Robin And Marian", der ein sehr ungewohntes Bild des traditionell auch im Kino stark verklärten und romantisierten Helden bietet. In Lesters Version erleben wir Robin als einen zerzausten, ergrauten Ritter in den Herbstjahren seines Lebens. Statt eines feschen grünen Wams trägt er Sackleinen und höchstens mal einen dreckstarrenden Harnisch, verzichtet auf Unterwäsche wie auf Kopfbedeckung und musste in vielen Lektionen erkennen, dass alles, woran er die vielen Jahre im Dienste seines Herrn geglaubt hat, nicht mehr ist als ein gewaltiges Lügenkonstrukt. Löwenherz, sonst stets das leuchtende Bild des gütigen Mittelalterkönigs, wird von Lester mithilfe eines leider viel zu kurzen Auftritts von Richard Harris als größenwahnsinniger, raffgieriger Despot gezeichnet, der seine ursprünglich vielleicht ehrbaren Ambitionen längst im Blaut und Staub des Heiligen Landes verloren hat. Dass auch vor tausend Jahren schon mehr oder minder Suizidversuche aus Verzweiflung verübt wurden wie im Falle der mittlerweile auch nicht mehr ganz taufrischen Lady Marian, dürfte manchen Ritterromantikern ebenfalls befremdlich vorkommen. Und der Sheriff von Nottingham? Der hätte die Waagschale seiner imerwährenden Rivalität mit Robin gern noch etwas länger in der Balance gehalten und ist deutlich besonnener und sympathischer als in unserer Erinnerung. Immerhin: Ein paar Nebenfiguren, namentlich Bruder Tuck (Ronnie Barker), Will Scarlett (Denholm Elliott) und Little John sind noch gleich auf den ersten Blick als "sie selbst" erkennbar.

8/10

Mittelalter England period piece Robin Hood Kreuzzuege Richard Lester Satire Historie


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THE TEN COMMANDMENTS (Cecil B. DeMille/USA 1956)


"Harden yourself against subordinates. Have no friend. Trust no woman."

The Ten Commandments (Die Zehn Gebote) ~ USA 1956
Directed By: Cecil B. DeMille


Um einem Erlass des Pharao zu entgehen, demzufolge alle neugeborenen hebräischen Kinder getötet werden sollen, setzt die Sklavin Yochabel (Martha Scott) ihr Baby in einem Weidenkörbchen in den Nil. Es landet bei der just verwitweten Sephora (Yvonne De Carlo), Tochter des herrschenden Pharao, die den Säugling Moses tauft und an Kindesstatt annimmt. Jahre später konkurrieren Moses (Charlton Heston) und Ramses (Yul Brynner) um Gunst und Nachfolge des Pharao Sethos (Cedric Hardwicke). Als Moses von seiner wahren Herkunft erwährt, schließt er sich seinem eigenen, versklavten Volk an, wird verbannt und kehrt, nachdem er die Stimme Gottes vernommen hat, nach Ägypten zurück, um das Volk Israel aus seiner Knechtschaft zu befreien. Der missgünstige Ramses, mittlerweile Pharao, bedarf einiger "Überredungskunst", bis er die Hebräer ziehen lässt. Eine von der rachsüchtigen Pharaonengattin Nefretiri (Anne Baxter) initiierte, impulsive Verfolgung der vormaligen Sklaven endet für Ramses' Armee in einer Katastrophe. Schließich muss Moses noch sein eigenes Volk von der Wollust heilen, als es wilde Orgien feiert, derweil er selbst auf dem Berge Sinai die Tafeln mit den zehn Geboten empfängt.

"The Ten Commandments", Remake von DeMilles eigenem, dreiundreißig Jahre älteren Film selben Namens, ist immer wieder eine unglaubliche Schau. "Christploitation" ließe es sich wunderbar taufen, dieses von dem Mogul höchstpersönlich mitkreierte Kino, das biblische Kapitel in gigantische Nummernrevuen verwandelte, stets unter dem wackligen Alibi der religiösen Wahrhaftigkeit. DeMille war, als jemand, der es sich leisten konnte, auch ein immens sakral veranlagter Mensch und wollte, bevor er dereinst selbst in das Himmelreich Einzug halten sollte, offenbar noch ein beständiges irdisches Manifest seines Glaubens hinterlassen. Er ließ es sich denn auch nicht nehmen, höchstpersönlich eine kleine Exposition zu halten, bevor der eigentliche Film beginnt. Dann trompetet sie los, die gewaltige Geisterbahn in Technicolor und Vistavision; von denkbar prächtigster Gestalt an Originalschauplätzen gedreht, von monströser Spielzeit, verschlang sie Tonnen von Requisiten, Abertausende von Statisten und Tieren und einen Herzinfarkt. Nachhaltig eindrucksvoll beweist uns DeMille dabei mit allen Mitteln, dass der "liebe" Gott (im Film wiederum durch die dröhnende Stimme Hestons personifiziert) tatsächlich der größte (weil übernatürliche) Terrorist von allen ist: Statt dem starrköpfigen Pharao des Nachts im Traume Vernunft einzubläuen, lässt er blutige Plagen über das Land herniedergehen, schickt Menschenmassen in den Tod und lässt als Höhepunkt der Zurschaustellung seiner Macht die Pestilenz alle Erstgeborenen holen. Später lässt er das Rote Meer über der ägyptischen Armee zusammenfallen, auf dass diese komplett ersaufe und schickt den ungläubigen, gewinnsüchtigen Dathan (Edward G. Robinson) mitsamt seinem goldenen Götzenlamm in einen sich auftuenden Abgrund. Gott=Angst=Tod, "Final Destination" in Reinkultur. Wer einem solchen Glauben frönt, braucht keine Hölle mehr. "The Ten Commandments" ließe sich ferner auch unschwer als Statement zur globalpolitischen "Cold War"-Situation lesen; auf der einen Seite Christentum, Demokratie und zionistisches Kapital, auf der anderen Seite der glatzköpfige, orientalisch gefärbte und zu allem Überfluss ungläubige Diktator. Widerstreit in Welt und Geist.
Dass DeMilles filmisches Vermächtnis bei all seinem explizit formulierten Größenwahn auch ein Beispiel meisterhafter Inszenierungskunst, minutiös bewältigter Logistik und vor allem großen Entertainments ist, sollte bei aller Kritik nicht verleugnet werden. Die Spezialeffekte wissen selbst heute noch zu beeindrucken; Charlton Heston scheint für die Dauer der Dreharbeiten tatsächlich vom Geist Mose besessen worden zu sein, Brynner, Robinson und Vincent Price als Sklavenbaufseher Baka liefern großes, klassisches Spiel.
Ich behaupte: "The Ten Commandments" ist zugleich Pflichtfilm und unerlässliche Lehrstunde für jeden Hollywood-Apologeten. Und ganz nebenbei ein schillernd-hübscher Farbtupfer für die derzeit gastierende, graue Jahreszeit.

9/10

Cecil B. DeMille Remake Bibel period piece Israel Camp Ägypten


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THE LEFT HAND OF GOD (Edward Dmytryk/USA 1955)


"Let's roll some dice."

The Left Hand of god (Die linke Hand Gottes) ~ USA 1955
Directed By: Edward Dmytryk


China, 1947: Während der Revolutionswirren kommt Pater O'Shea (Humphrey Bogart) zu einer kleinen Mission in den Bergen. Der Pater gewinnt bald das Vertrauen der ländlichen Bevölkerung, des Ärzteehepaars Sigman (E.G. Marshall, Agnes Moorehead) und besonders das der Krankenschwester Scotty (Gene Tierney), die sogar mehr für ihn empfindet als rein christliche Nächstenliebe. Tatsächlich ist der Pater gar kein Pater, sondern der amerikanische Jetpilot Jim Carmody, der für einige Zeit als Berater in den unfreiwilligen Diensten des grausamen General Yang (Lee J. Cobb) stand und sich nunmehr auf der Flucht befindet.

Angenehm anzuschauende Spät- und Heldenrolle für Bogey in einem von der Fox prachtvoll arrangierten Abenteuerdramas. Scope und leuchtendes DeLuxe lassen die Bilder des ansonsten kaum preisverdächtigen Filmes geradezu erstrahlen und machen jede Einstellung zu einem Genuss und einem kleinen Lehrstück für professionelle Kameraarbeit. Erwartungsgemäß für einen frühen Scope-Film arbeitet der große dp Franz Planer vornehmlich mit Totalen, belässt die spärlichen künstlichen Lichtquellen in Bodennähe und schafft damit den genannten Effekt. Tatsächlich genügt allein der ästhetische Reiz seiner Bilder, um "The Left Hand Of God" bei mancher sonstigen Schwerfälligkeit kurzweilig und bedeutsam erscheinen zu lassen - ob er dies denn auch wirklich ist, mag ein jeder selbst beurteilen. Die Betrachtung lohnt jedenfalls, so oder so.

7/10

Edward Dmtryk China period piece Mission Kirche





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