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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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FANTASTIC MR. FOX (Wes Anderson/USA, UK 2009)


"Just buy the tree." - "Okay."

Fantastic Mr. Fox (Der fantastische Mr. Fox) ~ USA/UK 2009
Directed By: Wes Anderson


Der Fuchs Mr. Fox verspricht seiner Frau, nachdem es einmal besonders brenzlig wird, und sie ihm offenbart, dass sie bald Eltern würden, in Zukunft die Finger vom Hühnerdiebstahl zu lassen und stattdessen einer "ehrlichen" Arbeit nachzugehen. Mr. Fox wird also Zeitungskolumnist, doch es dauert nicht allzu lange, da juckt es ihm wieder in den Fingern und mit seinem gemütlichen Freund, dem Opossum Badger, macht er sich daran, die drei Bauern der Gegend um ihre jeweiligen Hauptprodukte zu erleichtern. Diese reagieren sehr ungehalten und gehen zum Gegenangriff auf Fox, seine Familie und die anderen Waldbewohner über, was einen regelrechten Kleinkrieg zwischen Mensch und Tier entfesselt.

Auf der Leinwand erlebt der gescheite Kindergeschichtenautor Roald Dahl bereits seit den neunziger Jahren eine Renaissance, die sich schon aufgrund der unikalen, atmosphärischen Erzählweise des Literaten je in sicheren Regisseurshänden wie denen von Nicolas Roeg, Henry Selick und Tim Burton lag, allesamt recht eigensinnige Filmemacher mit einer jeweils entsprechend persönlichen, teils bekanntlich durchaus morbiden Signatur. Wes Anderson nun, den ich nicht von ungefähr bereits einen Eintrag tiefer als 'Familienchronist' bezeichnete, knöpfte sich - na was wohl - eine von Dahls die Familie thematisierenden Fabeln vor. Zwar behalten die zivilisierten Tiere ihre jeweils typischen Eigenschaften; sind also wahlweise neugierig, flink, gefräßig, klug, solipsistisch veranlagt und so fort; sind jedoch auch den Menschen zivilisatorisch ebenbürtig, der Menschensprache mächtig, können Motorrad fahren, Erpresserbriefe schreiben, philosophieren etc.. Dass Anderson diese Gegebenheiten als selbstverständliche Rahmenbedingungen für seine herrlichen, erdfarbenen Stop-Motion-Bilder verwendet, war zu erwarten, ebenso wie die Tatsache, dass der pubertierende Sohn des Ehepaars Fox in Ermangelung der Allmacht rettender väterlicher Achtung einen mittelschweren Neurotiker abgeben durfte. Bis auf die ungewohnte, respektive ungewöhnliche Art der Erzählung - nebenbei ist dies des Regisseurs erster Film seit "Bottle Rocket", für den er auf das Scope-Format verzichtet - bleibt dieses Anderson-Erlebnis, was seinen Skurillitätsfaktor und den Oszillationsgrad zwischen tieftraurig und juchzend komisch anbelangt, irgendwie ein angenehm vertrautes.

8/10

Fabel Roald Dahl Wes Anderson


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THE DARJEELING LIMITED (Wes Anderson/USA 2007)


"The characters are all fictional."

The Darjeeling Limited ~ USA 2007
Directed By: Wes Anderson


Der sich soeben von einem schweren, mit Absicht selbstverschuldetem Unfall erholende Francis (Owen Wilson) holt seine beiden Brüder Peter (Adrien Brody) und Jack (Jason Schwartzman) nach Indien, um mit ihnen eine "spirituelle Reise" durch das Land zu unternehmen, die schließlich bei ihrer als Missionarin tätigen Mutter (Anjelica Huston) sowie einer überfälligen Aussprache mit dieser enden soll. Die drei jeweils auf ihre höchstpersönliche Art schwer neurotischen Männer, zudem allesamt starrsinnige Individualisten, müssen sich mühevoll zusammenraufen um den spirituellen Zweck ihres Trips sich tatsächlich erfüllen zu lassen.

"Family isn't a word... It's a sentence." ziert als Tagline das Plakat meines Lieblingsfilms, "The Royal Tenenbaums". Und wie vortrefflich passt diese auch gleich zu einigen anderen Werken ihres eigenbrötlerischen Regisseurs Wes Anderson, so eben auch zu "The Darjeeling Limited", in dem drei Brüder eine neuerliche Blutallianz schmieden, bzw. die alte wiederauffrischen - das erfährt man nicht genauer. Nachdem meine erste Betrachtung dieses wunderbaren Films an Gründen, die darzulegen müßig wäre, gescheitert ist, nun endlich die verspätete Heimkehr.
Der Terminus 'Lakonie' als Attribut scheint mir nach wie vor eigens für Anderson gemacht. Obschon seine Szenarien und wie er sie filmt von teils brüllender Komik sind, käme man nie auf die Idee, lauthals zu lachen; schon allein, weil man das Gefühl hätte, die oft tieftraurigen, innerlich nachhaltig stark verletzten Figuren vor sich einem unverdienten Spott auszusetzen und damit zu denunzieren. Wes Anderson ist ja auch ein Regisseur der Farben, einen Schwarzweißfilm von ihm kann und mag ich mir erst gar nicht vorstellen. Da Indien auch ein Land der Farben (und sonstiger Sinneseindrücke) ist, haben sich Mensch und Topographie hier sozusagen gesucht und gefunden.
Dass "The Darjeeling Limited" so kurz ausfällt, macht übrigens nichts; man ist mehr als gut beraten, sich gleich im Anschluss den prologisch angelegten Kurzfilm "Hotel Chevalier" (der Jacks unmittelbaren vorherigen Werdegang nebst einer atemberaubend erotischen Natalie Portman zeigt und damals als Appetizer für "Darjeeling" im Netz veröffentlicht wurde) anzuschauen. Kein Problem für Besitzer der DVD, auf welcher "Hotel Chevalier" darauf wartet, im Verbund mit dem "Hauptfilm" genossen zu werden.

9/10

Brueder Road Movie Familie Reise Wes Anderson Indien


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LOST COMMAND (Mark Robson/USA 1966)


"Well, what the hell can I do..."

Lost Command (Sie fürchten weder Tod noch Teufel) ~ USA 1966
Directed By: Mark Robson


Nach der desaströsen Niederlage von Dien Bien Phu kehren Colonel Raspeguy (Anthony Quinn) und sein Batallion von Fallschirmjägern nach Frankreich zurück. Die ersehnte Beförderung zum General bleibt dem sturköpfigen, bauernstämmigen Offizier weiterhin versagt, weswegen er sich einen baldigen Folgeeinsatz erhofft und findet: Raspeguy soll nach Algerien ziehen, um dort eine Gruppe Rekruten zu schleifen und den noch vereinzelt stehenden Separatisten entgegenzutreten. Ausgerechnet einer von Raspeguys eigenen Männern, Lt. Mahidi (George Segal), erweist sich als Guerilleraanführer, der diverse Anschläge gegen die Franzosen von den Bergen aus leitet. Pikanterweise verliebt sich zudem des Colonels rechte Hand, Capitan Esclavier (Alain Delon), ungewahr in Mahidis nicht minder radikale Schwester Aicha (Claudia Cardinale)...

Über den Algerienkrieg sind nur wenige bedeutsame Filme gemacht worden, in erster Instanz und unerreicht natürlich "La Battaglia Di Algeri". Robsons "Lost Command", im selben Jahr entstanden, dürfte so ziemlich das diametrale Gegenstück und als Basis einen gänzlich differerierenden Ansatz zu Pontecorvos Meisterwerk repräsentieren: Als buntes, stargespicktes Hollywoodkino hat er so wenig mit einer realitätsorientierten Darstellung der Ereignisse zu tun wie wohl jedes andere im silver age entstandene Monumentalstück auch.
Der Betrachtungsansatz muss also bereits a priori ein ganz anderer sein. Robson, der aus der Val-Lewton-Schule stammt und einige der schönsten Filme aus dessen RKO-Zyklus angefertigt hat, war stets ein immens wechselhafter Filmemacher. Von ebenjenen intimen kleinen Psychostudien in expressionistischem Schwarzweiß bis hin zu großem, teurem Katastrophenkino in den Siebzigern reicht seine Bilanz. "Lost Command" steht irgendwo unentschlossen dazwischen. Augenscheinlich bewusst enthält sich Robson des großen Pathos und betrachtet die zeigenössische Militärgeschichte des traditionellen Kolonialstaats Frankreich aus einer an sich gesunden Distanz heraus (und, wie die überaus libenswerte letzte Einstellung beweist, einem deutlichen Sympathieüberhang für die Algerier). Für eine runde Filmdramaturgie ist diese emotionale Askese allerdings nur bedingt förderlich; "Lost Command" wirkt über weite Strecken unbeteiligt und unpersönlich. Dass er darüberhinaus jedoch nicht langweilt, ist vor allem Anthony Quinns wie immer unglaublicher Präsenz zu verdanken, der wie so oft nicht nur ganze Szenen dominiert, sondern sogar den gesamten Film in seiner Hand zu halten scheint. Allein seine Darstellung macht "Lost Command", abseits von dessen technischer und formaler Strenge, bereits sehenswert.

7/10

Mark Robson Kolonialismus Indochinakrieg Algerienkrieg


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BARABBA (Richard Fleischer/I 1961)


"I'm no nearer than I was before."

Barabba (Barabbas) ~ I 1961
Directed By: Richard Fleischer

Das Volk von Jerusalem darf wählen, wer der dräuenden Kreuzigung entrinnen und begnadigt werden soll: Der Aufrührer Jesus von Nazareth, seines Zeichens der Messias und Sohn Gottes, oder der kleine Proletengauner Barabbas (Anthony Quinn). Die Leute entscheiden sich für letzteren, der mit dieser folgenschweren Entscheidung jedoch nicht ganz glücklich wird. In den nächsten Jahren und Jahrzehnten gerät der scheinbar nicht alternde Barabbas immer wieder mit den Besatzern aneinander, muss in den Schwefelminen von Sizilien schuften und schließlich als Gladiator im Circus antreten. Als sein treuer Freund und Begleiter, der Christ Sahak (Vittorio Gassman), den Märtyrertod stirbt und der wahnsinnige Pyromane Nero die Christen der Brandstiftung bezichtigt, versteht Barabbas ein letztes Mal alles falsch und endet, schlussendlich doch noch erleuchtet, dort, wo er bereits vor Jahrzehnten hätte hängen sollen: Am Kreuz.

Für seine aufwändige Produktion holte De Laurentiis neben der Columbia als Verleiher und dem Regisseur Richard Fleischer auch eine internationale Starbesetzung nach Italien um ein weiteres bibelinspiriertes Sandalenepos um Glauben und Unglauben herzustellen, das sich hinter seinen zeitgenössischen Konkurrenten nicht verstecken muss. Mit Anthony Quinn hat Fleischer einen Großen in der Titelrolle, der allein durch seine durch und durch mürrische Präsenz wohl als der ultimative Akteur für diesen Part gelten darf. Der innere Kampf Barabbas' um die Anerkennung des christlichen Glaubens als höchste Lebensmaxime bleibt glücklicherweise moderat in seiner Darstellung und wird nie so penetrant vorgebracht, dass es aufdringlich erschiene. Die Sepiafarben von Aldo Tonti wirken deutlich distinguierter und geschmackvoller als die quietschbunte Kolorierung der übrigen um diese Zeit entstandenen Monumentalfilme und auch der Score ist von hoher Qualität. Insgesamt ein überaus beachtens- und sehenswerter Vertreter des Gattung.

7/10

period piece Richard Fleischer Historie Bibel Antike Israel Roemisches Reich Jesus Christus


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WIZARDS (Ralph Bakshi/USA 1977)


"So, what are elves good for?"

Wizards (Die Welt in 10 Millionen Jahren) ~ USA 1977
Directed By: Ralph Bakshi


Zehn Millionen Jahre nach einem verheerenden Atomkrieg wird die Erde (wieder, wie die Stimme von Susan Tyrrell bzw. Inken Sommer im Prolog weissagt) von Elfen, Mutanten und Robotern bevölkert, die sich im Wesentlichen in zwei Richtungen orientieren, die wiederum zufällig von einem bis auf den Tod verfeindeten Bruderpaar bestimmt werden: Avatar und Blackwolf. Der eine ist ein lustiger, zerzauster alter Magier, versoffen und spitz wie Nachbars Lumpi, der eine ein böser Dämon, der sich mit dokumentarischen Blitzkriegsfilmen und Aufnahmen alter Hitlerreden seine Armeen untertan macht. Als Blackwolf einmal mehr versucht, Avatar durch einen seiner Killerroboter töten zu lassen, macht der lustige Zauberer sich zwecks endgültiger Entscheidung mit der drallen Elfenprinzessin Elinore, dem Krieger Weehawk und dem "umgedrehten", jetzt 'Peace' heißenden Roboter auf nach dem Lande Scortch, wo Blackwolf auf seinem sinistren Nazischloss hockt.

Ralph Bakshis Filme zu mögen ist nicht unbedingt leicht; seine Herangehensweise an die ihn bewegenden Themen häufig eine unkonventionelle und die Methode der Umsetzung, die ihre Wurzeln bei Robert Crumb und im Underground-Comic hat, im Prinzip ein diametraler Gegenentwurf zu jeder Form von klassischer Animation im US-Zeichentrickfilm. Dennoch hatte Bakshi einst "seine" Dekade, in den elf Jahren zwischen "Fritz The Cat" und "Fire And Ice" um genau zu sein, in der viel möglich war im amerikanischen Kino, in der verschiedene Animationsstile von der klassisch-zweidimensionalen bis hin zur Rotoskopie wild mit Realfilmaufnahmen gemixt werden durften, ohne dass jemand gleich laut 'Eklektizismus!' schrie, in der wilde LSD-Phantasien, offener Sexismus und Blut als hoffähige Elemente firmierten, in der Blaxploitation sogar Zeichentrick sein durfte. Für Bakshi war diese Phase ideal, um seinen Phantasien Ausdruck zu verleihen. Leider sank sein Stern ebenso schnell wie er zuvor aufgestigen war. "Wizards", den Bakshi im Interview als Familienfilm zu verkaufen sucht, ist eigentlich genau das Gegenteil eines solchen, auch wenn hier und da der obskure Humor ein infantiles Niveau noch unterschreitet. Die irrsinnigen Farbexplosionen vor den wie selbstverständlich zum Filminventar gehörenden Nazi-Memorabilia ist nicht eben leicht zu schlucken und für jedes Kind unter 12 Jahren vermutlich nur über Umwege zu interpretieren. Aber sei's drum; das ist ja gar kein Bewertungsmaßstab. Als Supporter für Rauschzustände könnte ich mir den Film geradezu formidabel vorstellen, leider war ich selbst bei meiner Betrachtung einfach nur müde und vor allem nüchtern. Nicht die besten Voraussetzungen um einen Bakshi-Film gebührend zu würdigen. Beim nächsten Ml bin ich besser vorbereitet.

7/10

Elfen Apokalypse Dystopie Nationalsozialismus Ralph Bakshi Mutant Roboter


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EQUINOX (Jack Woods, Dennis Muren/USA 1967/1970)


"That's a whole lifetime of nightmares."

Equinox (Eine Reise ins Übernatürliche) ~ USA 1967/1970
Directed By: Jack Woods/Dennis Muren


Bereits ein Jahr sitzt der nurmehr katatonische Ex-Student Dave (Edward Connell) in der Klappsmühle, genauer gesagt seit er behauptet hat, in den Bergen von einem führerlosen Auto angefahren worden zu sein. Ein Umhängekruzifix ist der einzige Gegenstand, der für Dave noch eine Bedeutung zu haben scheint. Ein Reporter (James Philips) interessiert sich vordringlich für den Fall und lässt sich von Daves Therapeuten eine Tonbandaufnahme vorspielen, auf der er kurz nach seiner Einlieferung seine Geschichte erzählt. Diese handelt von einem verschwundenen Wissenschaftler (Fritz Leiber) bösen Buch, Monstern, Paralleldimensionn und dem Teufel (Jack Woods) persönlich.

Zunächst sei vorausgeschickt, dass es sich bei der von mir in Augenschein genommenen Version um die für den Kinoeinsatz nachträglich erweiterte und umstrukturierte Fassung handelt - Murens "unverfälschtes" Original habe ich noch nicht gesehen. Wird beizeiten aber nachgeholt, bereits um des bloßen Vergleiches Willen.
Angesichts des Minimalbudgets jedenfalls, mit dem der spätere SF/X-Wizard Dennis Muren dieses ehrgeizige Projekt bereits zu Collegezeiten realisiert hat, darf man bunte Legoklötzchen staunen über das schnuckelige Resultat. Nicht umsonst ist der vorsätzlich artifiziell gestaltete "Equinox" zu einem leuchtenden Beispiel für angehende Filmemacher avanciert, dem beispielsweise Raimis "Evil Dead" unübersehbar eine Menge zu verdanken hat. Die putzigen Experimente mit Stop-Motion machen ihrem großen Mentor Ray Harryhausen alle Ehre und selbst die lächerlich simpel gestalteten Projektionseffekte sind schön anzuschauen. Neben den lustigen Monstern ist der größte Star des Films fraglos der von Jack Woods himself gemimte Ranger Asmodeus, bei dem es sich - der Name verrät's dem Kenner - natürlich um niemand geringeren als Luzifer persönlich handelt. Im Zuge einer wilden Semi-Vergewaltigung der schnittigen Barbara Hewitt hält er einige Grimassen in die Kamera, die selbst einen Jerry Lewis vor Neid erblassen lassen dürften.
Ein Wunder eigentlich, dass sich bislang noch niemand an ein großbudgetiertes Remake gemacht hat; hinreichend Potential hat die Story allemal. Außerdem landet ja heuer auch sonst jeder halbseidene Mist in güldener Verpackung auf der Leinwand.

6/10

Jack Woods Independent Daemon Riese Dennis Muren Monster Teenager Psychiatrie Journalismus


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L'ISOLA DEGLI UOMINI PESCE (Sergio Martino/I 1979)


Zitat entfällt.

L'Isola Degli Uomini Pesce (Die Insel der neuen Monster) ~ I 1979
Directed by: Sergio Martino


Im späten neunzehnten Jahrhundert kentert ein Gefangenenschiff in der karibischen See. Nur der Schiffsarzt de Ross (Claudio Cassinelli) und ein paar Gefangene (u.a. Franco Iavarone, Robert Posse) können sich auf eine geheimnisvolle Insel retten. Auf jener machen sie Bekanntschaft mit dem sich zum Autokraten aufspielenden Edmond Rackham (Richard Johnson), einer jungen Schönheit namens Amanda (Barbara Bach) sowie einer Gruppe blutrünstiger Fischmenschen, die die Gruppe bald dezimiert. Einzig de Ross bleibt übrig und erfährt bald von dem goldgierigen Markham, was dieser hier eigentlich vorhat...

Ebenso wilde wie charmante Mischung aus Motiven von Jules Verne, Wells und Lovecraft, zusätzlich untergehoben von ein bisschen Kolonialherrenschmus und karibischem Voodoozauber. Nicht von ungefähr weist "L'Isola" starke Ähnlichkeiten zu dem fast zeitgleich entstandenen "Il Fiume Del Grande Caimano" auf; praktisch back to back und teils mit denselben Stars gedreht, ähneln sich die Filme trotz ganz unterschiedlicher Handlungszeiten atmosphärisch doch sehr. Ich bin ja ein bekennender Fan von den gealterten, im italienischen Kino gestrandeten Hollywood-Stars dieser Tage und hatte einmal mehr besondere Freude an den Auftritten von Richard Johnson (der mit seinem unverhältnismäßig seriösen und wirklich guten Spiel große Teile des Films trägt) sowie von Joseph Cotten, wieder mal unter permanentem Starkstrom und einen derart desorientierten Eindruck hinterlassend, dass man sich ernsthaft fragen muss, ob er sich später überhaupt noch an den Dreh erinnern konnte. Die Fischmenschen als eine im Schnellverfahren kreierte Alternative zu Zombies und Kannibalen sind wirklich allerliebst, leider sind ihre Masken so unbeweglich, dass sie bloß bedrohlich mit den Kulleraugen rollen können, das Maul jedoch starr bleibt. Das nimmt ihnen einiges von ihrer Bedrohlichkeit und macht sie schließlich zum harmlosen Kinderschreck. Mir egal, ich hatte den Film das letzte Mal vor 25 Jahren gesehen und da fand ich ihn auch nicht besser.

5/10

Sergio Martino Mad Scientist period piece Karibik Europloitation Trash Monster Voodoo


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ALICE IN WONDERLAND (Tim Burton/USA 2010)


"Off with their heads!"

Alice in Wonderland (Alice im Wunderland) ~ USA 2010
Directed By: Tim Burton


Die junge, selbstbewusste Halbwaise Alice Kingsley (Mia Wasikowska) flieht nach einem öffentlichen Heiratsantrag durch den unangenehm verschrobenen Aristokratensohn Hamish Ascott (Leo Bill) in den Garten und in einen Kaninchenbau, an dessen Ende sie alle Figuren aus ihren Kindheitsträumen wiederentdeckt. Sie wird dort, im "Wunderland", schon sehnsüchtig erwartet, denn es gilt, die böse Rote Königin (Helena Bonham Carter) zu vetreiben, bzw. ihren Drachen, den Jabberwocky, zu erschlagen. Erst nach einigem Zögern sieht sich Alice dieser Aufgabe gewachsen und findet dadurch die Kraft, auch ihre Probleme im Diesseits zu regeln.

Weniger eine um Exaktheit bemühte Carroll-Verfilmung denn eine Fortsetzung seiner "Alice"-Geschichten. Die Protagonistin leidet offensichtlich an einer Art Teilamnesie, als sie im Film nach ihrer überstürzten Flucht aus dem Gartenpavillon ohne sich dessen bewusst zu sein bereits zum wiederholten Male das Wunderland betritt. Dessen Bewohner identifizieren sie indes nämlich noch vorsichtig als ihr - nunmehr gereiftes - alter ego (und analog dazu als jenes kleine bzw. jüngere Mädchen als das sie einst hier ihre Abenteuer erlebte), sind sich ihrer allerdings, aufgrund ihrer Erwachsenwerdung, zu Anfang nicht ganz sicher.
Diese Mehrdimensionalität zeigt Wirkung: Anders als in den Geschichten üblich geht es hier weniger um die grenzenlose Macht der Imagination als um eine junge Dame an der Schwelle zu unbeirrter Emanzipation, die ihre Kraft zur künftigen Mündigkeit aus der sich bei Burton mitnichten als Traumland präsentierenden Parallelwelt zieht. Jenes Wunderland derweil zeigt sich bei aller wiederum bemühten Gestaltungs- und Detailfreude, wie schon das viktorianische London in "Sweeney Todd", als komplett durchdigitalisiertes Rechner-Shangri-La, in dem konsequenterweise jedes sichtbare organische Körperteil wie ein Fremdkörper erscheint. Für mich ist das nichts; ich kann zwar Arbeit und Aufwand dahinter respektieren, mag es aber deutlich lieber, wenn ein Film atmet und nicht unter glitzernder Plastikfolie erstickt wird. Darum sehe ich mir auch grundsätzlich keine dieser neuen Fantasy-Literaturadaptionen von "Narnia" bis hassenichgesehn an. Selbst, da Burtons inszenatorische Kraft den Film nicht nur "rettet", sondern ganz klar über das durchschnittliche Biedermeierkino hinaushievt, hoffe ich insgeheim doch sehr, dass er den mit "Alice In Wonderland" eingeschlagenen stilistischen Weg nicht weiterverfolgt.

7/10

Parabel Lewis Carroll Maerchen Tim Burton Disney England 3-D Coming of Age Kinder period piece


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BIG FISH (Tim Burton/USA 2003)


"I've always been thirsty."

Big Fish ~ USA 2003
Directed By: Tim Burton


Der Journalist Will Bloom (Billy Crudup) steht seinem exaltierten Vater Edward (Albert Finney) eher kritisch gegenüber und vermutet hinter all den phantastischen Anekdoten und Geschichten, mit denen sein während Wills Kindheit häufig außer Haus befindlicher alter Herr seine Biographie einzukleiden pflegt, nicht mehr als ein gigantisches Lügenkonstrukt. Tatsächlich unterstellt Will seinem Dad eher mangelnde Bereitschaft zur Familienpflege und sogar das eine oder andere außereheliche Abenteuer. Als der junge Mann angesichts der Todgeweihtheit des Vaters in dessen Vergangenheit herumzustpchern beginnt, warten einige Überraschungen auf ihn.

Das etwas andere Biopic. Weg von all dem Geäffe und hinein in die Innereien des Lebens stiftete Burton diese wundervolle, vielschichtige Vater-Sohn-Geschichte, von ihm mit seiner gewohnten Fabulierfreude adaptiert und zu einer seiner schönsten Arbeiten geformt. "Big Fish" präsentiert sich als eine umfassende Ode an die Imagination, daran, dass man Menschen manche ihrer Träume lassen sollte und dass sie sich, zu ihrem Lebensende hin, rückblickend manchmal weniger durch das definieren, was sie geleistet und getan, denn durch das Bild, das ihre Freunde und Bekannten sich zeitlebens von ihnen zurechtkonstruiert haben.
Selbstredend neigen wie man weiß speziell ältere Menschen gern zur unverhältnismäßigen Ausschmückung ihrer Lebensabenteuer; die Aufgabe der jüngeren sei dabei jedoch nicht nicht, sie zu hinterfragen, sondern sie im Gegenteil willfährig aufzusaugen und ihrem Kopf weiterzuspinnen.
Neben Tarsems ebenfalls wunderschönem "The Fall", für mich übrigens eine Art Zwillingsfilm von "Big Fish", das ultimative Kinostück über die visionäre Kraft von Bettkantengeschichten.

9/10

Erwachsenenmaerchen Biopic Alabama Suedstaaten Tim Burton Riese Zwerg Zirkus Carnival Werwolf Hexen


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YANG CHI (Chih-Hung Kuei, Ernst Hofbauer/USA 1974)


Zitat entfällt.

Yang Chi (Karate, Küsse, blonde Katzen) ~ HK/BRD 1974
Directed By: Chih-Hung Kuei/Ernst Hofbauer

Eine Gruppe britischer Damen (u.a. Sonja Jeannine, Tamara Elliot) gerät im gelben Meer in die Fänge chiensischer Piraten und wird an den Gangsterboss und Lüstling Chao (Hsieh Wang) verscherbelt. Dieser bugsiert die wie Kesselflicker Sprüche kloppenden Mädels erstmal in seine im Keller befindliche Liebesschule, wo sie zu ordentlichen Konkubienen ausgebildet werden und danach Stück für Stück im Zuge einer Versteigerung an den Meistbietenden veräußert sollen. Doch die schlagkräftige Frauentruppe lässt sich nicht unterkriegen und lernt von der findigen Hausdame Ko Mei Mei (Hui-Ling Liu) diverse Kampftechniken, u.a. das tödliche Olivenkernspucken, auf dass sie ihre Unschuld behalten und das geile chinesische Geschäftemacherpack perforieren mögen (was sie dann auch tun).

Hinreißender Blödsinn, der so notorisch lustig wie zeitgebunden ist. Die damals typische Klamaukkomik der Münchener LISA-Filme, etwa der legendären "Tanten-Trilogie" mit Carrell und Richter (wobei das hier die Rapid verantwortete), vermischt sich in diesem bizarren internationalen Kooperationsmärchen mit der erzkeuschen Fummelerotik des Ernst Hofbauer und den Martial-Arts-Künsten der Hongkonger Shaws. Das Resultat ist mindestens so wahnwitzig wie die Beschreibung es vermuten lässt und verpflichtet ohne jeglichen Zweifel zur Ansicht der deutschen Synchronfassung, in dem die alte Münchener Synchronsprechergarde um Fred Maire, Wolfgang Hess und Christian Marschall (auf der weiblichen Seite hat's u.a. die rotzige Marianne Groß, Eva Kinsky und Constanze Engelbrecht) vom Leder zieht, dass sich die Balken biegen, und nicht nur diese. Die kurze, aber deftige Zensurgeschichte des Films, die ihm bis heute einen Platz auf dem Index beschert, angesichts des sittlichen und intellektuellen Kindergartenniveaus des Films allerdings - und das ist weder Witz noch Untertreibung - eine Gegenwartsfreigabe ab 12 Jahren verdiente, verhinderte wohl, dass einige derbere Einstellungen im Film verbleiben konnten. Macht aber nichts, denn die Schnitte gehen sauber und weithin unmerklich von Statten und so bleibt "KKbK" tatsächlich das, was er zweifelsohne zu sein wünscht: Kasperltheater für den gesenkten Anspruch.

5/10

Chih-Hung Kuei Trash Martial Arts Crossover Ernst Hofbauer Shaw Bros. Europloitation





Filmtagebuch von...

Funxton

    Avanti, Popolo

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