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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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DER ARZT VON ST. PAULI (Rolf Olsen/BRD 1968)


"Und du willst Arzt sein?"

Der Arzt von St. Pauli ~ BRD 1968
Directed By: Rolf Olsen

Alle auf St. Pauli lieben Dr. Jan Diffring (Curd Jürgens), Hurendoktor mit Herz, der nicht nur mit Spritze und Pinzette anderen aus der Klemme hilft. Als er dahinterkommt, dass ausgerechnet sein mutmaßlich viel erfolgreicherer Bruder Klaus (Horst Naumann), Gynäkologe mit schmutzigem Berufsethos in Hamburgs besseren Kreisen, unschuldige Patientinnen an die Orgien des schmierigen Industriellen Gersum (Friedrich Schütter) vermittelt, um die marode Praxiskasse zu sanieren, schreitet Jan zur lange überfälligen Abrechnung.

Mit dem "normannischen Kleiderschrank" Curd Jürgens verband Rolf Olsen eine fruchtbare Partnerschaft, beginnend mit diesem einmal mehr prächtig klischierten Sittengemälde aus Hamburgs weltberühmtem Hafenviertel. Hurerei, Boxkämpfe und besoffene Matrosen - das volle Kiezprogramm gibt es hier zu bestaunen und Olsen versichert uns glaubwürdig, dass erst die moralischen Instanzen vor Ort - Doktor, Pastor (Dieter Borsche) und Polizist (Hans W. Hamacher) mitsamt ihrer väterlichen Liebe fürs Milieu - den existenziell notwendigen Kitt für die hier zu jeder Tages- und Nachtstunde stattfindenden Exzesse darstellen. Besonders Jürgens' unnachahmlich-patriarchalische Art passt zu dieser ollen Binsenweisheit wie die Faust aufs Auge. Ansonsten verfügt "Der Arzt von St. Pauli" über exakt jene Grellheit, die man wünscht, wenn man es mit dieser Art Film aufnimmt. Dieser Rolf Olsen, das war schon eine Marke.

7/10

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WENN ES NACHT WIRD AUF DER REEEPERBAHN (Rolf Olsen/BRD 1967)


"Diesmal bin ich präpariert wie Django!"

Wenn es Nacht wird auf der Reeperbahn ~ BRD 1967
Directed By: Rolf Olsen

Hotte (Jürgen Draeger), Till (Fritz Wepper) und ein paar ihrer Kumpels haben ein florierendes Geschäft am Laufen: Sie setzen ihre Schulfreundinnen unter LSD, so dass sie sich ungehemmt geilen alten Böcken aus der Hamburger Schickeria hingeben. Als ihre ruchlosen Aktionen ein erstes Todesopfer fordern, wird der Journalist Danny Sonntag (Erik Schumann) hellhörig: Der LSD-Clique gehört das unverantwortliche Handwerk gelegt! Till verliebt sich zudem in die brave Lotti (Marianne Hoffmann) und verspricht ihr, dem kriminellen Sumpf den Rücken zuzukehren. Doch da überschlagen sich die Ereignisse...

Die rücksichtslose Jugend schlägt wieder zu, mit ihren viel zu schnellen Flitzern, üblem Rauschgift aus dem Chemielabor und dazu auch noch versaut bis nach Kairo! Am Schlimmsten sind, man weiß das, die Vernachlässigten, aus reichen Elternhäusern, der Senior mit 'nem dicken Mercedes und der Filius zu faul zum Arbeiten. Das Weltbild von "Wenn es Nacht wird auf der Reeperbahn" ist so hausbacken wie verlogen - auf der einen Seite die semiehrlichen Kleinluden mit der harten Faust und der verbeulten Birne, die sich zwar manchen Fehlgriff leisten, das Herz aber garantiert am rechten Fleck tragen (ein solches Hamburger Original kann nur und muss ergo natürlich von Heinz Reincke gespielt werden), die unbestechlichen Reporter vom "Abendblatt" und die seriösen Polizisten, auf der anderen das schmierige Reichenpack; die verdorbenste Kaste deutschen Witschaftsgebahrens! Solch brachial vorgetragener Linkskonservativismus ist Olsen pur - und natürlich St.-Pauli-Kino, wie die ausgehenden Sechziger und frühen Siebziger es so liebten.
Hämburch is schon eine Sünde wert, aber stets dran denken: Sag was wahr ist, iss was gar ist und trink was klar ist! Prrroust!

8/10

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FLUCHTWEG ST. PAULI - GROSSALARM FÜR DIE DAVIDSWACHE (Wolfgang Staudte/BRD 1971)


"Dir werd' ich's zeigen, du Sau."

Fluchtweg St. Pauli - Großalarm für die Davidswache ~ BRD 1971
Directed By: Wiolfgang Staudte

Der berüchtigte Verbrecher Willy Jensen (Horst Frank) flüchtet aus dem Gefängnis. Sein Plan, sich abzusetzen, geht jedoch daneben: Willys versteckte Beute ist futsch und sein ehrbarer Bruder Heinz (Heinz Reincke), Taxifahrer auf St. Pauli, hat sich mittlerweile häuslich mit Willys Holder Vera (Christiane Krüger) eingerichtet. Der wütende Willy entführt Vera und begeht einen Einbruch bei dem reichen Ehepaar Berndorf, der mit dem Mord an der Gattin (Heidy Bohlen) endet. Die gestohlenen Klunker will ihm jedoch keiner abnehmen, mit solcherlei Aktionen will masn selbst im Milieu nichts zu tun haben. Für den verzweifelten Willy gibt es nurmehr die Flucht nach vorn...

Prima Kiezkrimi, der nicht ganz den sleazigen Hauch eines Rolf Olsen atmet, sich aber vermutlich gerade deshalb als erstklassiges Zeit- und Lokalporträt über die Runden bringt. Horst Frank ist große Klasse als amoklaufender Gewaltverbrecher, dessen anfangs noch kühle Kalkulationsfertigkeit irgendwann dem nackten Angstschweiß weicht und der analog dazu immer bedrohlicher wirkt. Schicke Mädels gibt's zuhauf im Film, allen voran die schöne Christiane Krüger, die einen mit ihrer unwiderstehlichen Schnittigkeit zuweilen darüber sinnieren lässt, ob und warum die Frauen möglicherweise ehedem eine ganz andere Art der Stilsicherheit besaßen.
Klaus Schwarzkopf ist dabei als besonnener Bulle und damit idealer Antagonist Franks, Heinz Reincke spielt einmal mehr sich selbst. "Fluchtweg St. Pauli" ist ergo gerade so gut, wie er es erwarten lässt.

8/10

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THE NAKED FACE (Bryan Forbes/USA 1984)


"The family cannot accept things like that."

The Naked Face (Das nackte Gesicht) ~ USA 1984
Directed By: Bryan Forbes

Umgehend nachdem ein Patient des renommierten Chicagoer Psychoanalytikers Dr. Judd Stevens (Roger Moore) auf offener Straße ermordet wird, meldet sich umgehend ein alter Intimfeind - der Polizist Lieutenant McGreary (Rod Steiger) - bei ihm, der Stevens kurzum unter Verdacht stellt. Als sich weitere Morde in Stevens' sozialem Umfeld ereignen, bekommt McGrearys Indizienflickwerk immer mehr Futter, derweil sein Kollege Angeli (Elliott Gould) Stevens zu glauben geneigt ist. Dieser engagiert zusätzlich einen verlotterten Privatdetektiv (Art Carney), der Unglaubliches zutage fördert.

Ein gattungstypischer Thriller seines Jahrzehnts, dessen sich gemächlich verdichtende Story infolge einiger überraschender Wendungen und der Verwendung jener alten hitchcockschen Formel, den Agenten Zuschauer in dieselbe Kenntnislage zu versetzen wie den Protagonisten, stets interessant bleibt. Die Besetzung ist und agiert weithin erfreulich, wenngleich der darstellerisch limitierte Roger Moore in der Rolle des unschuldigen, aber umso verletzlicheren Analytikers, der jede Schlägerei garantiert verliert, nicht allzu vertrauenerweckend wirkt. Immerhin hatte er bereits sechsmal den Tausendsassa James Bond gespielt und stand kurz vor seiner letzten appearance als britischer Geheimagent. Witzigerweise spielt der zweimal als Felix Leiter zu sehende David Hedison Stevens Schwager - "The Naked Face" ist also auch ein kleines Familientreffen. Die produzierende Cannon bemühte sich derweil ganz deutlich um eine seriösere Reputation - wovon auch die etwa zeitgleich entstandenen Werke von Cassavetes, Godard oder Konchalovskiy zeugen. Bekanntlich mit mäßigem Erfolg: "We're Cannon. And we're dynamite."

7/10

Bryan Forbes Sidney Sheldon Chicago Mafia Verschwörung Psychiatrie Cannon neo noir


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IO MONACA... PER TRE CAROGNE E SETTE PECCATRICI (Ernst Ritter von Theumer/BRD, I 1972)


Zitat entfällt.

Io Monaca... Per Tre Carogne E Sette Peccatrici (Ich, die Nonne und die Schweinehunde) ~ BRD/I 1972
Directed By: Ernst Ritter von Theumer

Claire (Vonetta McGee) und sechs Leidensgenossinnen nutzen die Gunst der Stunde: Die herzensgute Nonne Schwester Maria (Monica Teuber) hat durchgesetzt, dass die acht in einem Frauengefängnis einsitzenden Damen stundenweise in ihrem Klosterhof arbeiten dürfen. Das Luder-Oktett ist allerdings nicht faul, sondern macht sich flugs an einen Ausbruch, dem Schwester Maria sich solidarisch anschließt - immerhin brauchen die "Ladys" spiritistischen Beistand. Vom Regen in die Traufe schlitternd geraten sie in die Fänge des üblen Mädchenhändlers Bob (William Berger), der sie an den Wüstenscheich El Kadir (Gordon Mitchell) verscherbeln möchte. Der wackere Skipper Jeff (Tony Kendall) jedoch haut sie alle - Kollateralschäden inbegriffen - raus...

Viel zu lachen gibt es in Herrn von Theumers Sleaze-Kracher, der sich die Welt gerade so wahnsinnig macht, wie sie ihm gefällt. Das Schöne bei diesen alten Heulern ist ja, dass man stets auf alles gefasst sein muss, selbst auf irrsinnige Folterzwerge, die plötzlich hinter einer Mauer auftauchen und nackte Schönheiten berserkernd ins Jenseits peitschen, nur um hernach selbst von einer Ordensschwester per schädelgroßem Stein kaputtgehauen zu werden. Topographisch einsortieren lässt sich "Io Monaca" nicht so ohne Weiteres, ich tippe auf Nordafrika oder den Nahen Osten. Von Theumer hat jawohl auch des öfteren in der Türkei gearbeitet - möglicherweise rühren die teils pittoresken Landschaftspanoramen auch dorther.
Wie dem auch sei, das Ding ist ordentlich schmierig, wird von einer Erster-Klasse-Trash-Besetzung flankiert und der Löwenanteil der Produktionskosten von Dreimarkfuffzich stecken in den stolz ins Bild gesetzten Mini-Exlplosionen. Ansonsten gilt: Lasset euch dies lecker Gürksken in geselliger Runde munden - eure Freunde lieben euch danach gleich nochmal so doll. Versprochen.

6/10

Ernst Ritter von Theumer W.I.P. Trash Sleaze Europloitation


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LE CORBEAU (Henri-Georges Clouzot/F1943)


Zitat entfällt.

Le Corbeau (Der Rabe) ~ F 1943
Directed By: Henri-Georges Clouzot

Eine kleine Provinzstadt unweit von Paris wird das Opfer einer Welle denunziatorischer Hassbriefe, die allesamt mit "Der Rabe" unterzeichnet sind. Besonders der erst seit kurzem hier ansässige Arzt Rémy Germain (Pierre Fresnay) wird zum Opfer des böswilligen Ränkeschmieds - angeblich soll er bereits diverse Abtreibungen initiiert und zugleich etliche Frauen im Ort verführt haben. Doch nicht nur gegen ihn richten sich die Intrigen und Anschuldigungen: Als ein Krebspatient nach einem Brief des Raben Suizid begeht und auch ein kleines Mädchen sich ins Unglück gestürzt findet, beginnt die Situation hochzukochen. Mit allen Mitteln sol die Identität des Raben festgestellt oder Germain wahlweise aus der Stadt vertrieben werden.

Petains Kollaborationsregierung von Vichy befand sich kaum in Amt und scheinheiligen Würden, da präsentierte Clouzot ihr bereits seine misstrauische Quittung: Basierend auf einem authentischen Fall, der sich 25 Jahre zuvor in Tulle ereignet hatte, zeigt "Le Corbeau" die Folgen faschistischer Einflussnahme: Wenn niemand mehr dem anderen trauen kann, weil jeder ein potenzieller Spitzel oder gar Feind ist, dann ist es mit der Idylle vorbei; das System gewinnt die Oberhand und jedwede Privatsphäre ist passé.
Dass diese teils geradezu fürchterlich schwarzhumorige Satire immerhin im eigenen Lande die Schranken der Zensur passieren konnte, bewerkstelligte man mit dem Hinweis, "Le Corbeau" sei von einer deutschstämmigen Firma namens Continental mitproduziert worden. Dennoch bewahrte dies weder Werk noch Urheber vor Repressalien, denn selbst linksgerichtete Strömungen bescheinigten "Le Corbeau" eine unterminierende Subtilität, die das französische Volk verunglimpfe. Glücklicherweise folgte die allgemeine Rehabilitation in nicht allzu weiter Ferne nach dem Kriegsende. Erst jetzt war man bereit, die freche Breitseite Clouzots gegen die Okkupation im rechten Licht wahrzunehmen.

8/10

Kleinstadt Henri-Georges Clouzot Madness Drogen film noir


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DAS UNSICHTBARE MÄDCHEN (Dominik Graf/D 2011)


"Ich soll dafür sorgen, dass du keine Scheiße baust. Dafür bin ich hier."

Das unsichtbare Mädchen ~ D 2011
Directed By: Dominik Graf

Der für ein paar Wochen in die bayrische Provinz zwangsversetzte Berliner Polizist Tanner (Ronald Zehrfeld) ist schon auf der Rückreise in die Hauptstadt, als er eine weibliche Leiche überfährt. Dabei handelt es sich um Eva (Christine Zart), die Frau des einheimischen Arbeiters Wenzel Lorant (Peter Harting). Dieser wird vom aalglatten LKA-Oberkommissar Michel (Ulrich Noethen) kurzerhand des Mordes angeklagt. Tanner findet jedoch heraus, dass die Sache so einfach nicht ist. Eva Lorant hat kurz vor ihrem Tod behauptet, die seit über zehn Jahren vermisste und längst für tot erklärte Sina Kolb in einem Supermarkt nahe der tschechischen Grenze gesehen zu haben. Auch der bereits seit Jahren obsessiv mit dem Fall befasste Ex-Polizist Altendorf (Elmar Wepper) wird hellhörig. Tanner realisiert langsam, dass er in ein versponnenes Wespennest aus politischer Verschwörerei und Kinderprostitution vorzudringen im Begriff ist...

Eine traurige Bilanzierung der bundesdeutschen Sehgewohnheiten stellt sich zwangsläufig ein, wenn man feststellt, dass dummdreiste Volksanbiederung Marke "Eineisäcke" und "Kackaräbäh" Millionen ins Kino locken, während wahrhaft große Filmkunst vom Format "Das unsichtbare Mädchen" sich mit einem abendlichen Platz auf der Mattscheibe zufrieden geben muss. In einer gerechteren Welt wäre es umgekehrt. Ungeachtet der disparaten Qualitätsmaßstäbe dieser zwei Erzählfilmpole hat man es bei Dominik Grafs jüngstem Meisterstück mit einer Kriminalgeschichte dürrenmattscher Dimensionen zu tun, dargebracht vom momentan vielleicht vortrefflichsten aktiven deutschen Regisseur. "Das unsichtbare Mädchen" ist unbequem, fesselnd, packend, hart und in jeder Hinsicht beseelt von dem Drang, ungewöhnliche inszenatorische Strukturen mit konventionellen Narrationsschemata zu kombinieren. Mit Erfolg. Der Film fordert sein Publikum heraus, entführt es in eine Hölle nur allzu realer menschlicher Abgründe und entlässt es am Ende mit einem zumindest ansätzlich wieder geradegerückten Moralbild.
Königsklasse, in jeder Hinsicht.

10/10

Dominik Graf Bayern Pädophilie Prostitution Verschwörung TV-Film


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LA BESTIA UCCIDE A SANGUE FREDDO (Fernando Di Leo/I 1971)


Zitat entfällt.

La Bestia Uccide A Sangue Freddo (Das Schloss der blauen Vögel) ~ I 1971
Directed By: Fernando Di Leo

In der ländlich gelegenen, psychiatrischen Klinik des Professor Dorian (John Karlsen) geht ein irrer Mörder um. Dieser hat sich ein überaus gewinnendes Domizil für seine Blutgier ausgesucht, denn Dorian und sein Oberarzt Dr. Keller (Klaus Kinski) behandeln ausschließlich gutsituierte Frauen in ihren altehrwürdigen vier Wänden. Dafür nutzen sie modernste Methoden wie Elektroschock-Therapien und heiße Dampfduschen, ansonsten bleiben die Patientinnen vornehmlich sich selbst und ihren Obsessionen überlassen. Als der Killer in einer Nacht gleich mehrfach zuschlägt, kommt die schimpfende Polizei ins Haus - und nagelt den Lumpen, nach einem letzten Amoklauf mit Morgenstern, auf klassische Weise.

Lustige Sleaze-Oper von Fernando Di Leo mit so ziemlich allem, was dazu gehört. Täter-Motivation und Geschichte sind noch uninteressanter als in anderen Gialli, vielmehr frönt der Regisseur ganz seiner zuweilen durchbrechenden Zeigelust und präsentiert eine Triangel aus nackerten Episoden, Gewaltausbrüchen und ominösen Füllszenen, deren Dialog (zumindest in der deutschen Fassung, mutmaßlich aber auch in der originalen) von geradezu beispielloser Imbezilität sein dürfte. Besonders der schon ausnehmend unkonzentrierte Kinski bleibt noch in Erinnerung, der hier, man sieht's an der Frisur, offenbar eine mäßig einträgliche Extraschicht kurz vor seinen zwei "Jesus Christus Erlöser"-Auftritten geschoben hat. Mit den Gedanken scheint's schon ganz bei seinen inbrünstigen Rezitationen, kann ihm selbst die flotte Margaret Lee nichts.

5/10

Sleaze Europloitation Giallo Fernando Di Leo Psychiatrie


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TROUBLE IN PARADISE (Ernst Lubitsch/USA 1932)


"Tonsils! Positively tonsils!"

Trouble In Paradise (Ärger im Paradies) ~ USA 1932
Directed By: Ernst Lubitsch

In Venedig lernen sich die beiden Berufsdiebe Gaston (Herbert Marshall) und Lily (Miriam Hopkins) kennen und verlieben sich vom Fleck weg. Bald darauf, das Paar hat sich mittlerweile bis nach Paris gegaunert, macht Gaston infolge eines leicht missglückten Coups die Bekanntschaft der steinreichen Parfum-Unternehmerin Mariette Colet (Kay Francis). Diese ist von dem Galan so angetan, dass sie ihn umgehend als Privatsekretär engagiert - für Gaston eine hervorragende Gelegenheit, sie um einen hübschen Teil ihres Vermögens zu erleichtern, wäre nur Mariette nicht ebenso attraktiv wie wohlhabend...

"Trouble In Paradise" ist nicht nur eines von Lubitschs größten Meisterstücken, er veranschaulicht auch die zwangsläufige Überlegenheit des Tonfilms bezüglich der Darstellbarkeit komödiantischer Eleganz. Der Film lebt von seinen spitzfindigen Dialogen, die ein Maß an Zeitlosigkeit und Esprit besitzen, das sie noch bis in die Gegenwart illuminiert. Nahezu jede Zeile beinhaltet eine Pointe oder einen Gag. Selbst und insbesondere die Nebenfiguren erhalten dadurch eine liebevolle Charakterisierung, im Speziellen natürlich Kay Francis' zwei spinnerte Hofmacher Filiba (Edward Everett Horton) und der Major, gespielt von meinem Lieblingskomödianten dieser Ära, Charlie Ruggles. Wie sie jeweils ihre dekadente Trotteligkeit ausleben und sich bei aller Ähnlichkeit gegenseitig das Leben schwer machen, das sucht selbst nach achtzig Jahren noch seines humorigen Gleichen. Die prickelnde Dreiecksbeziehung zwischen Hopkins, Marshall und Francis derweil besitzt eine elektrisierende Erotik, die ebenfalls als ein Merkmal der großen Filmkunst jener Zeit gewertet werden muss und somit unwiederholbar ist.
"Trouble In Paradise" ist und bleibt eine einzige Kostbarkeit, für die man als Filmliebhaber nur überschwänglichst dankbar sein kann.

10/10

Ernst Lubitsch Screwball Venedig Paris


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BACKDRAFT (Ron Howard/USA 1991)


"It's a living thing, Brian. It breathes, it eats, and it hates."

Backdraft ~ USA 1991
Directed By: Ron Howard

Dass sein kleiner Bruder Brian (Stephen Baldwin) zur Chicagoer Feuerwehr kommt, ist dem alten Hasen Stephen 'Bull' McCaffey (Kurt Russell) ein Dorn im Auge, ist doch einst bereits ihr Vater (Kurt Russell) bei einem Einsatz ums Leben gekommen. Tatsächlich schafft es Stephen bald, seinen Bruder wieder aus seiner Einheit herauszuekeln, so dass Brian bei den Brandursache-Ermittlern landet. Zusammen mit Donald Rimgale (Robert De Niro), selbst ein früherer Firefighter, setzt sich Brian auf die Spur eines feuerversierten Killers, der seine Opfer mittels gezielter 'backdrafts' mordet.

Ein "Backdraft", das lernt man im Film, kommt dann zustande, wenn ein Brand in einem kleinen Raum sämtlichen Sauerstoff verschlungen hat. Das nunmehr entstandene Vakuum ist jedoch noch heiß genug, um sich bei neuer Sauerstoffzufuhr wieder zu entzünden und einer riesigen Zunge gleich nach vorn zu schnellen. Eine hübsch perfide Art, ahnungslos Türen öffnende Leute umzubringen. Oder eben Feuerwehrleute. "Backdraft" dürfte das Herz eines jeden Pyromanen höher schlagen lassen: Howard inszeniert, orchestriert, choreographiert das Feuer und setzt es mit großer Leidenschaft ins Bild. Der Filmdialog spricht ständig vom Feuer als einer Art lebendem, denkenden Gegner, den es zu durchschauen gilt, bevor man ihn effektiv bekämpfen kann. "Backdraft" versteht sich auch unmissverständlich als Heldenepos und Ehrerbietung an die Feuerwehrleute der USA, einer eingeschworenen Arbeitersubkultur mit hohem Ehrenkodex und von unvergleichlichem Mut. Vor dem Hintergrund dieses Ansinnens schlägt er allerdings permanent über die Stränge; der deutsche Untertitel "Männer, die durchs Feuer gehen" hätte treffender "Männer, die in Zeitlupe durchs Feuer gehen" geheißen. Wenn Kurt Russell, einen kleinen schwarzen Jungen im Arm, zu der schon ekelhaft pathetischen Musik Hans Zimmers in Slo-Mo durch eine brennende Tür bricht, dann sagt der Film alles über sich. Stargespickte Füllszenen, in denen alibihaft uninteressante Beziehungsgeflechte erörtert werden, dienen lediglich dazu, das Ganze auf Länge zu bringen und den Film nicht als eine einzige Pyroshow dastehen zu lassen. "Backdraft" ist so etwas wie der "Top Gun" des Katastrophenfilms, eine selbstverliebte Egoshow Ron Howards, die immerhin als eine stilistische Maßgabe für das noch folgende Neunziger-Kommerzkino Bestand hat und sich ihrer beeindruckenden Feuerszenen wegen anschauen lässt. Ansonsten weist das Ding bereits genau in die Richtung, die mit "Apollo 13", einem für mich wirklich unansehnlichen Stück Scheiße von Film, ihren traurigen Höhepunkt erreichen sollte. Amerika, deine Helden.

5/10

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Filmtagebuch von...

Funxton

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