Zum Inhalt wechseln


In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


Foto

THE HARDER THEY FALL (Mark Robson/USA 1956)


"Powderpuff punch and a glass jaw... that's a great combination!"

The Harder They Fall (Schmutziger Lorbeer) ~ USA 1956
Directed By: Mark Robson

Der klamme Sportreporter Eddie Willis (Humphrey Bogart) nimmt einen Job als Pressepromoter für den zwielichtigen Boxmanager Nick Benko (Rod Steiger) an. Dieser hat soeben Toro Moreno (Mike Lane), einen hünenhaften Faustkämpfer aus Argentinien, nach New York geholt, und plant, ihn zum neuen Star der Schwergewichtler-Szene aufzubauen. Schon Morenos erstes Sparring spricht jedoch eine ganz andere Sprache: Der kindliche Riese kann weder austeilen, noch einstecken. Doch Benko will seine Investition nicht einfach aufgeben. Getürkte Kämpfe mit gekauften Gegnern und Willis' geschicktes Marketing schüren Toros Reputation trotz seines mangelnden Talents in Rekordzeit. Als es nach etlichen Schiebungen gegen den amtierenden Weltmeister (Max Baer) geht, der sich nicht bestechen lässt, meldet sich endlich Willis' journalistisches Ethos: Er verhilft dem bereits weiterverkauften Toro zur Flucht, bevor dieser sich noch weiter prostituieren muss.

Der klassische Hollywood-Boxfilm hat den Studios ein paar echte Sternstunden ermöglicht, lange vor den siebziger Jahren, als er mit den "Rocky" und "Raging Bull" seine große Renaissance erleben sollte. Robsons "The Harder They Fall", in dem Bogey seinen letzten Auftritt hat und noch einmal eine Sternstunde seines Könnens präsentiert, zeigt den Boxsport als schmutziges, korruptes Geschäft, dessen Organisation unweit von mafiösen Vorgehensweisen angesiedelt ist. Die im Rampenlicht stehenden Athleten sind bloß Kanonenfutter für eine johlende Menge und die neue populistische Seuche Fernsehen, ihre Kämpfe derweil frei von Ehre und bloße Inszenierung, die grauen Eminenzen im Hintergrund Manager, Buchmacher, Gangster. Wer nicht mehr gebraucht wird, wandert auf den Müllhaufen der Sportgeschichte, mittellos, oft zum Krüppel oder Idioten geprügelt. Der Weg des naiven Toro Moreno dorthin ist bereits vorgezeichnet, als er aus dem Flieger von Buenos Aires steigt: Lediglich äußerlich imposant fehlt ihm jedwedes Talent zum echten Boxer, verzweifelt sucht er sich Vaterfiguren und findet doch bloß Verrat und Lüge. Gut, dass er da auf einen Mann wie Eddie Willis trifft, dessen Korrumpierbarkeit nicht unendlich flexibel ist und der hinter seiner scheinbar unbeteiligten Schale ein brodelndes Gewissen versteckt hält - die klassische Bogey-Rolle des Opportunisten, der Partei ergreift. Ein klein wenig film noir steckt da auch mit drin, insgesamt ist "The Harder They Fall" aber wohl allzu goldherzig und philanthropisch, um dieser zynischen Gattung zugerechnet zu werden.

8/10

Mark Robson Boxen Freundschaft


Foto

THE HOUSE ON CARROLL STREET (Peter Yates/USA 1988)


"That's not where I need it."

The House On Carroll Street (Das Haus in der Carroll Street) ~ USA 1988
Directed By: Peter Yates

Zur Zeit des McCarthyismus wird die engagierte Journalistin Emily Crane (Kelly McGillis) zu einer HUAC-Anhörung zitiert, weigert sich jedoch, auszusagen. Daraufhin verliert sie ihren Job und nimmt kurzfristig eine Stelle als Vorleserin für die alte Miss Venable (Jessica Tandy) an, derweil sie vom FBI-Mitarbeiter Cochran (Jeff Daniels) beschattet wird. Im an Miss Venables Garten angrenzenden Grundstück bemerkt Emily schließlich mysteriöse Vorgänge. Gesetzte Herren verschiedener Nationalität gehen dort ein und aus und ein dort tätiger, junger Dolmetscher (Christopher Buchholz) bekommt es mit der Angst. Als der junge Mann von Anzugträgern mit einem Messer angegriffen wird und in Emilys Armen stirbt, ist ihr klar, dass es sich um eine Verschwörung ersten Ranges handelt, der sie da auf der Spur ist. Und tatsächlich: Der vor antikommunistischer Gesinnung überbordernde Congressman Salwen (Mandy Patinkin) holt NS-Kriegsverbrecher ins Land und stattet sie mit neuen Identitäten aus. Zusammen mit Cochran geht Emily gegen Salwen und seine Schergen vor.

Mit einem der wenigen US-Politthriller, die sich infolge ihrer "hehren Gesinnung" auch auf späten DDR-Leinwänden gut machten, ist Peter Yates in seiner kreativen Hochzeit ein weiterer ordentlicher Film gelungen, der sich ein wenig in der Tradition hitchcockscher Spannungsdramen findet um starke Frauengestalten, die ein Mysterium zu durchdringen haben und dabei in höchste Lebensgefahr geraten. Vor allem "Notorious", in dem es ja ebenfalls um herausgeschleuste Nazis geht, schießt einem unweigerlich durch den Kopf, aber auch "Spellbound" oder "Rebecca". Somit ist Yates weithin unauffällig inszenierter, auf ein gediegenes Äußeres Wert legender Krimi vor allem ein Geschenk für die ehedem kantige Kelly McGillis, die hier eine ihrer schönsten Rollen kredenzt bekam. Jeff Daniels als unvermeidlicher männlicher Gegenpart hat eigentlich bloß die Aufgabe, Emilys besonders im Rahmen jener Zeit unabhängige Femininität auszuloten und ihr auch eine erotische Identität zu verleihen. Wie so oft spielt Daniels die Rolle des eher im Hintergrund befindlichen Unterstützers. Toll ist auch Mandy Patinkin als gefährlich-diabolischer McCarthy-Rädelsführer, dessen Patriotismus groteske Formen annimmt. Sein hübsch grelles Ende im Showdown enthebt "The House On Carroll Street" allerdings jedweden Restes von zuvor schwerlich geschürter Ernsthaftigkeit.

7/10

Peter Yates New York period piece FBI McCarthy-Ära Nationalsozialismus Verschwörung


Foto

THE STRANGE LOVE OF MARTHA IVERS (Lewis Milestone/USA 1946)


"Welcome to Iverstown."

The Strange Love Of Martha Ivers (Die seltsame Liebe der Martha Ivers) ~ USA 1946
Directed By: Lewis Milestone

Fast wirkt es wie ein willkürlich herbeigeführter Unfall: Nach rund 20 Jahren kommt der ehemalige Herumtreiber Sam Masterson (Van Heflin) gezwungenermaßen - sein Auto muss repariert werden - auf der Durchreise in seine frühere Heimat Iverstown. Seine reiche Jugendfreundin Martha (Barbara Stanwyck) ist mit Abstand die mächtigste Frau der Gegend und selbst ihr Ehemann, der versoffene Staatsanwalt Walter O'Neil (Kirk Douglas) scheint nur eine Marionette für Marthas Einflussbereich zu sein. Als Sam die verloren wirkende Toni (Lizabeth Scott) kennenlernt und diese mit dem Gesetz ins Konflikt gerät, entschließt er sich, Walter damit zu drohen, ein längst begraben geglaubtes Geheimnis zwischen ihm, Martha und Walter wieder ans Tageslicht zu hieven, wenn er nicht Tonis Freilassung erwirkt. Doch damit setzt Sam eine Tragödie großen Ausmaßes in Gang.

Kirk Douglas' Kinodebüt - auf Lauren Bacalls Engagement hin mit 30 vom Broadway nach Hollywood wegengagiert, gibt er sogleich eine impressive Vorstellung als permanent alkoholisierter Ehemann einer allmächtigen Matriarchin - Barbara Stanwycks typische Rolle während dieser Jahre. Sein späteres Strahlemann-Image tritt hier bereits in der nach außen hin transportierten Illusion einer selbstbestimmten Karriere hervor - ansonsten ist er die tragischste Gestalt in Milestones herrlich finsterem Drama, das sich nur bei Nacht abzuspielen scheint, in Clubs, Kaschemmen und Hotels. Iverstown ist das Bild einer archetypischen Noir-Kleinstadt, deren Geschicke durch eine - zudem weibliche - Person gelenkt zu werden scheinen; sie trägt sogar die Familienbezeichnung jener hier seit Ewigkeiten ansäßigen Gründerdynastie. Doch wie viele Namen mit vorgeblich gutem Klang ist auch dieser blutbefleckt und mit dem ansonsten ehrbaren Sam Masterson kehrt ausgerechnet der einzige Mensch in die Stadt zurück, der an Marthas Thron zu sägen vermag. Eine grandiose Ausgangslage für einen Film wie diesen, der sich in wunderbar campigen Dialogen und in einer geradezu obszönen Langsamkeit und Laszivität ergeht, wie sie nur der film noir zu bieten hatte.

8/10

Lewis Milestone Kleinstadt film noir Nacht Robert Rossen


Foto

LAWLESS (John Hillcoat/USA 2012)


"I'm a Bondurant. We don't lay down for nobody."

Lawless ~ USA 2012
Directed By: John Hillcoat

Zu Beginn der dreißiger Jahre verdienen sich die drei Bondurant-Brüder Forrest (Tom Hardy), Jack (Shia LeBoeuf) und Howard (Jason Clarke) eine gute Stange Geld mit illegaler Schnapsbrennerei. Mit der Verankerung der Prohibitionsgesetze ist es jedoch vorbei mit der Gemütlichkeit im ländlichen Virginia: Plötzlich strömen aus den Städten Gangsterbosse wie Floyd Banner (Gary Oldman) und korrupte Cops wie Deputy Rakes (Guy Pearce) in die Provinz, die auf Kosten der hart arbeitenden Moonshiner ihren Reibach machen wollen. Die Bondurants jedoch wappnen sich für den Krieg mit harten Bandagen, komme, was da wolle.

Wer den spröden Erzählstil des Australiers John Hillcoat und seine latente, stets unterschwellig präsente Verankerung im klassischen US-Western mag, der sollte auch bei "Lawless" auf seine Kosten kommen. Hier behauen Hillcoat und sein Spezi und Autor, der Musiker Nick Cave, ein authentisches Kapitel jüngerer amerikanischer Geschichte, nämlich das der Prohibitionsära, die unter anderem in Franklin County, Virginia abseits von Chicago auch provinzielle Auswüchse trieb. Das 'Bootlegging' oder 'Moonshining' bot dort eine traditionelle, wenn auch anrüchige Art, der Depression entgegenzustrampeln und sich illegal einen fixen Dollar zu verdienen. Da die drei Bondurant-Brüder irgendwann zu groß und damit sowohl Gesetzestreuen als auch Gesetzlosen ein Dorn im Auge werden, kommt es für sie bald zu zunehmend gewalttätigen Scherereien. Ähnlich wie Michael Mann in "Public Enemies" erzählt "Lawless" von einem sich zuspitzenden, historisch verankerten Konflikt in etwas dröger, geflissentlich unpassender DV-Optik. Da Hillcoat sich allerdings auf das vergleichsweise intime Interieur einer Kleinstadt beschränkt und weniger auf ausstatterischen Pomp, denn auf sorgfältige Lokalkolorit- und Figurenzeichnungen setzt, bekleidet sein Film trotz monetärer Beschränkungen einen ähnlich hohen Qualitätsstandard.

8/10

John Hillcoat period piece Historie Prohibition Great Depression Virginia Südstaaten Bootlegging Nick Cave Brüder Familie Alkohol


Foto

POLISSE (Maïwenn/F 2011)


Zitat entfällt.

Polisse (Poliezei) ~ F 2011
Directed By: Maïwenn

Die Auftragsphotographin Melissa (Maïwenn) begleitet einige Monate lang die Abteilung Kinder- und Jugendschutz der Pariser Polizei. Was sie hier zu sehen und hören bekommt, verschlägt ihr nicht selten die Sprache. Ebenso bewegend sind jedoch die Strategien der höchst unterschiedlichen Polizistinnen und Polizisten, mit ihrem Arbeitsalltag umzugehen und fertigzuwerden.

Nicht ganz unkritisch hat man diese dritte Regiearbeit von Maïwenn Le Besco (die ihren Nachnamen, aus welchen Gründen auch immer, stets unterschlagen wissen möchte) beäugt: Allzu populistisch sei ihre Herangehensweise gewesen, die die mitunter schwer täterverachtende, emotionale Polizeiarbeit teils zu glorifizieren scheint und impulsiv bis gewalttätig agierende Staatsdiener zu Helden deklariert. Nun, dem ist zu entgegnen, dass harte, emotional affizierende Polizeifilme sich seit jeher kontroversen Diskursen auszusetzen haben und nicht unbedingt stets als Meinungsmale ihrer Urheber zu werten sind. Zuallererst einmal ist "Polisse" nämlich ein guter Ensemblefilm, der sicherlich Anlass zur Kritik bietet, die ich aber weniger in seiner Mentalität als in formalen Streitpunkten suchen würde. Das Thema und der Umgang finden sich hinreichend sensibel und packend dargestellt, werden trotz aller visuellen Dezenz möglicherweise bei manch einem Erträglichkeitsgrenzen ausloten, zumal der Film gleich zu Beginn bereits verbal in medias res geht. Soweit alles im oberen grünen Bereich. Ansonsten: Maïwenn sieht gut aus, und sie weiß es auch. Oder sie weiß es nicht, oder will es nicht wissen, oder möchte es möglichst oft hören, denn ihre Art, sich selbst zu inszenieren, einerseits hintergründig und zurückhaltend, andererseits jedoch durchaus zentriert und sich wichtig nehmend, lässt darauf schließen. Seit Eastwood habe ich keine(n) FilmemacherIn mehr erlebt, der sich selbst auf eine dermaßen narzisstische Weise ablichtet. Außerdem erscheint mir der wackelige Digicam-Stil einmal mehr als manieristisch. Er ordnet sich zwar weithin der Dramaturgie unter, bleibt aber dennoch omnipräsent. NachwuchsregisseurInnenen scheinen dem Irrglauben zu unterliegen, diese Wahl der Form sei ein Signal für Innovation und Frische. Nö. Trotzdem, "Polisse" ist sehr sehenswert und eine Zier für sein Genre.

8/10

Maïwenn Paris Pädophilie Ensemblefilm


Foto

APPOINTMENT WITH DEATH (Michael Winner/USA 1988)


"I never forget anything: not a name, not a face, not an action."

Appointment With Death (Rendezvous mit einer Leiche) ~ USA 1988
Directed By: Michael Winner

Auf einer Mittelmeer-Kreuzfahrt mit Palästina als Ziel begegnet Hercule Poirot (Peter Ustinov) der leicht betagten Millionenerbin Emily Boynton (Piper Laurie), ihren unter ihrer gehässigen Knute leidenden Kindern und Schwiegerkindern, der eingebürgerten Lady Westholme (Lauren Bacall) sowie der Jungmedizinerin Dr. King (Jenny Seagrove). Bei einer Ausgrabungsstätte in der Wüste findet man Mrs. Boynton schließlich tot vor - vergiftet mit einer Überdosis ihrer Hausarznei Digitalis. Wieder einmal gibt es diverse Verdächtige, aber nur eine Person, die es fertiggebracht hat, einen Mord zu begehen. Für Poirot nur ein mittelmäßig tangierendes Problem.

Nach zwei Kinoauftritten als Hercule Poirot und drei TV-Filmen, in denen er sich ebenfalls als Meisterdetektiv präsentierte, spielt Peter Ustinov seine große Altersrolle in "Appointment With Death" zum endgültig letzten Mal. Diese finale Kino-Reanimation der Christie-Figur ist der Cannon zu verdanken, die mit dem kürzlich leider verstorbenen Michael Winner einen britischen Regisseur unter Vertrag hatte, welcher just auf dem besten Wege war, sich in eine Spätkarriere als B-Regisseur zu verlaufen und für diese Gelegenheit vermutlich nicht undankbar war. Der Schauplatz Israel tat sein Übriges für das Attraktivitätspotenzial bezüglich der Schmiede Golan/Globus. Von den großen Namen der drei vorherigen Poirot-Filme sind nicht mehr ganz so viele vorhanden, dennoch sind die bereits in "Murder On The Orient Express" reüssierenden Lauren Bacall und John Gielgud nochmal zu bewundern. Der Film indes belässt es bei müßiger "Traumschiff"-Atmosphäre, die ihn nicht eben als Reißer ausweist, sondern eher seinen Status als bewegtes, wenngleich etwas staubiges Art-Déco-Kaffeetischbuch zementiert. Dabei macht Winner den bisher entstandenen Filmen alle Ehre, indem er ihre Stilismen und ihren Humor übernimmt, woran natürlich auch und nicht zuletzt der erneut adaptierende Scriptautor Anthony Shaffer seinen Anteil hat.

5/10

Michael Winner Cannon Agatha Christie Hercule Poirot period piece Israel


Foto

EVIL UNDER THE SUN (Guy Hamilton/UK 1982)


"I was wrong about 'cherchez la femme'. It's just got be 'cherchez le fruit'."

Evil Under The Sun (Das Böse unter der Sonne) ~ UK 1982
Directed By: Guy Hamilton

Im Auftrage einer Londoner Versicherungsgesellschaft soll der Meisterdetektiv Hercule Poirot (Peter Ustinov) den Verbleib eines von dem Millioär Blatt (Colin Blakely) als verschwunden gemeldeten Diamanten aufklären. Die vermeintliche Diebin, die Theaterdiva Arlena Marshall (Diana Rigg), findet sich nebst diversen anderen Gästen in einem mondänen Inselhotel vor der Küste Albaniens ein. Jeder der Gäste hat einen privaten Disput mit der arroganten Aktrice und es dauert nicht lange, bis sie dann tatsächlich ermordet wird. Der Diamant jedoch bleibt verschwunden. Poirot lässt seine berühmte Spürnase in Aktion treten...

Nach dem durchweg meisterhaften "Murder On The Orient Express", der mit Albert Finney noch immer den bislang besten Film-Poirot vorzuweisen hat und Ustinovs erster Interpretation des Ermittlers in dem ebenfalls sehr ansehnlichen "Death On Nile" warf der arrivierte Bond-Regisseur Guy Hamilton mit "Evil Under The Sun" den dritten großen Kinoauftritt des exzentrischen Belgiers ins Rennen, sieht man von dem grotesken "The Alphabet Murders" mit Tony Randall ab. In "Evil Under The Sun", der neben Ustinov mit Colin Blakely, Dennis Quilley und Jane Birkin noch drei weitere "Christie-Veteranen" auftreten ließ, ist alles eine Nummer kleiner und bescheidener als in seinen Vorgängerfilmen. Die inszenatorische Kraft und Eleganz eines Sidney Lumet sowie die über alle Maßen grandiose Besetzung eines "Murder On The Orient Express" gehen ihm ebenso ab wie der campige Spaßfaktor von "Death On The Nile", der ja nicht nur einen, sondern gleich mehrere Mordanschläge vorweisen konnte und dabei noch herrlich komisch war. dafür ist die Musik diesmal von Cole Porter und James Mason ist dabei. Ansonsten ein unterhaltsamer Krimi von relativ geringer Markanz, der den Beteiligten mit der mallorquinischen Küste immerhin einen pittoresken Drehort beschert hat.

6/10

Guy Hamilton Agatha Christie period piece Hercule Poirot Albanien Insel Hotel Ensemblefilm


Foto

EYEWITNESS (Peter Yates/USA 1981)


"Whoever killed Long is a hero in my book."

Eyewitness (Der Augenzeuge) ~ USA 1981
Directed By: Peter Yates

Der Vietnamveteran und Hausmeister Daryll Deever (William Hurt) wittert die Chance, endlich seine von ihm seit Langem angehimmelte Lieblings-TV-Journalistin Tony Skolow (Sigourney Weaver) kennenzulernen, indem er ihr vorgaukelt, er wüsste mehr als die Polizei über den soeben passierten Mord an seinem Arbeitsplatz. Ein Asiate namens Long (Chao Li Chi), der seine Finger in teils dunkelsten Geschäften hatte, ist umgebracht worden. Tatsächlich hat Daryll bestenfalls eine Ahnung, wer hinter der Gewalttat stecken könnte; nämlich sein alter Kumpel Aldo (James Woods). Als seine Beziehung zu Tony, die aus reichem jüdischen Elternhaus stammt und eigentlich mit dem zwielichtigen Joseph (Christopher Plummer) liiert ist, sich nach und nach vertieft, ahnt der im siebten Himmel Schwebende nicht, dass er sich in tödliche Gefahr begibt.

"Eyewitness" schlägt Winkelhaken wie ein Karnickel auf der Flucht, bald romantische Liebesgeschichte, bald whodunit, dann die alttypisch hitchcock'sche Mär vom unschuldig Verfolgten, dann wieder Politthriller mit undurchsichtiger Ausprägung. Von allem ein bisschen, aber nichts so ganz. Interessant wird der Film stets dann, wenn er sich Zeit nimmt, Impressionen der Stadt zeigt; wenn Yates gerade mal nicht seiner - ihn offensichtlich selbst nur sekundär tangierenden - Story hinterherzuhecheln braucht und maqßvoll inszeniert. Die zig falsch gelegten Storyfährten interessieren bald auch den Zuschauer kaum mehr und wenn am Ende der Showdown vor ungewöhnlicher Kulisse abgespielt wird, dann ist es einem eigentlich längst egal, wer, warum und weshalb. Dass dabei gute Leute wie Christopher Plummer und Kenneth McMillan faktisch verheizt werden, beäugt man stattdessen mit einigem Bedauern. Immerhin: Die enervierende Szene um Deevers vergifteten und daher tollwütigen Hund Ralph war recht packend. Sauber dressiert, der hübsche Kerl.

6/10

Peter Yates New York Journalismus


Foto

THE FRIENDS OF EDDIE COYLE (Peter Yates/USA 1973)


"Everybody oughta listen to his mother."

The Friends Of Eddie Coyle (Die Freunde von Eddie Coyle) ~ USA 1973
Directed By: Peter Yates

Der alternde Gauner Eddie Coyle (Robert Mitchum) erledigt kleinere Jobs für die wirklich schweren Jungs in und um Boston. Weil er in New Hampshire noch einen Prozess und damit einhergehend eine Verurteilung erwartet, lässt er sich jedoch von dem Schatzbeamten Foley (Richard Jordan) ködern, der Coyle für die Aussicht auf Strafmilderung ein paar Namen entlocken will. Tatsächlich macht derzeit eine Bankräubertruppe um den Gangster Jimmy Scalise (Alex Rocco), für den Coyle Waffen besorgt, Massachusetts unsicher. Dann ist da noch Coyles Lieferant Brown (Steven Keats), für den der ergraute Ganove sowieso nichts übrig hat. Doch Coyle ist nicht der Einzige, der mit den Cops paktiert und vor allem nicht derjenige, der das intrigante Spiel um Verrat und Freundschaft durchschaut...

Mit "The Friends Of Eddie Coyle", vermutlich seinem Meisterstück, schaffte Peter Yates, was bis heute außer ihm nur wenigen gelungen ist: Er transportierte die existenzialistische Kühle der Gangster- und Polizeidramen Melvilles erfolgreich auf neuweltlichen Boden. Boston, die Metropole irischer Einwanderer, dient ihm dabei als Schauplatz für seine messerscharf erzählte, heldenlose Story um einen Personkreis armer Teufel, die allesamt viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt sind, um noch Ehr- und Moralbegriffe walten zu lassen. Dabei bleibt die Aggression stets latent, die figuralen Konnexionen nicht immer ganz durchschaubar. Nur eins ist sicher: Robert Mitchum als Eddie Coyle ist so weit weg wie selten von seinem von ihm selbst über Jahrzehnte geprägten maskulinen Archetypus, von Anfang an ist er der große Verlierer des Spiels und wird am Ende sauber und plangemäß abserviert. Ohne jede Melancholie schildert Yates dieses gewissermaßen sogar verdiente Schicksal mit minutiöser, bald dokumentarischer Exaktheit, stets auf dem Punkt und so sicher wie, mit Ausnahme vielleicht von "Bullitt", keinen anderen seiner mir bekannten Filme. Ein großes Werk, wirklich und wahrhaftig.

10/10

Peter Yates Boston Freundschaft Verrat Heist Herbst New Hollywood George V. Higgins


Foto

THE HOT ROCK (Peter Yates/USA 1972)


"Afghanistan Banana Stand!"

The Hot Rock (Vier schräge Vögel) ~ USA 1972
Directed By: Peter Yates

Der just aus dem Knast entlassene John Dortmunder (Robert Redford) hat erst gar keine Zeit, ehrlich zu werden, denn sein Schwager Kelp (George Segal) stimmt ihn prompt auf das nächste große Ding ein: Der afrikanische Diplomat Amusa (Moses Gunn) will einen im Museum befindlichen Diamanten für sein Land zurückhaben. Dortmunder soll den Job austüfteln, Kelp, der Motorenfreak Murch (Ron Leibman) und der linkische Greenberg (Paul Sand) sind als Gehilfen an Bord. Greenberg wird beim Bruch erwischt, kann den Stein jedoch unbbemerkt verschlucken. Nachdem er per aufwändiger Aktion aus dem Staatsgefängnis befreit wurde, eröffnet er seinen verdutzten Freunden, dass er den Diamanten bereits in seiner Untersuchungszelle versteckt hatte. Dort hat ihn sich wiederum Greenbergs Vater (Zero Mostel), ein Winkeladvokat, unter den Nagel gerissen, mit dem Amusa jetzt Geschäfte machen will. Doch das Gaunerquartett lässt sich nicht so einfach abspeisen...

Turbulent angelegte Caper-Comedy, die einen langen Weg bis zu ihrem Titelobjekt anbahnt: Insgesamt vier große Aktionen stehen Dortmunder und seinehn drei Kumpels bevor, ehe sie endlich das ersehnte Stück in Händen halten dürfen. Vom Pech verfolgt, müssen sie ihrem zunehmend ungehaltenen Auftraggeber immer neue Spesen- und Objektforderungen stellen: Hier etwas Dynamit, da ein paar Uniformen, hier einen LKW, da einen Helikopter. Kein Wunder, dass der gute Dr. Amusa irgendwann die Schnauze gestrichen voll hat. Das Gaunerquartett um den sich brav zurückhaltenden Redford ist toll, Zero Mostel sowieso immer eine Schau und Yates Inszenierung unscheinbar. Ein solides Unterhaltungsprodukt für die prime time ergibt all dies, das alle Jahre wieder Freude macht, allzu große Sprünge jedoch tunlichst unterlässt.

7/10

Peter Yates New York Heist Freundschaft Groteske Hypnose





Filmtagebuch von...

Funxton

    Avanti, Popolo

  • Supermoderator
  • PIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIP
  • 8.268 Beiträge

Neuste Kommentare