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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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LADY IN WHITE (Frank LaLoggia/USA 1988)


"I won't harm you. Open the door!"

Lady In White (Die phantastische Reise ins Jenseits) ~ USA 1988
Directed By: Frank LaLoggia


Der erfolgreiche Gruselautor Frankie Scarlatti (Frank LaLoggia) erinnert sich an das prägende Erlebnis seiner Kindheit vor 25 Jahren: In dem verträumten Ostküstennest Willowpoint Falls treibt ein Kindermörder ein Unwesen, der bereits zehn Opfer auf dem Gewissen hat und bislang nicht gefasst werden konnte. Als Frankie (Lukas Haas) im Zuge eines Dumme-Jungen-Streichs am Vorabend von Halloween in der Klassengarderobe eingeschlossen wird, wird er Zeuge eines geisterhaften Schauspiels. Ein kleines Mädchen (Joelle Jacobi) wird ermordet und der höchst reale Täter vergreift sich hernach auch an Frankie, der jedoch rechtzeitig gerettet werden kann. Als Frankie herausfindet, um wen es sich bei dem Mädchen sowie bei einer die Klippen entlang weißen Geisterfrau (Karen Powell) handelt, ist es beinahe zu spät, denn auch der Mörder gibt sich unfreiwillig zu erkennen...

Nach der "Luzifer"-Pleite von neulich bin ich von diesem zweiten LaLoggia-Film regelrecht begeistert. All die Fehler und Anlasserprobleme seines Erstlings überantwortet der Regisseur und Autor mit "Lady In White" der Vergessenheit und schafft einen visuell überwältigenden, vor optischer Finesse aus allen Nähten platzenden Kleinstadt- und Kindheitsgruselfilm. Zwar mangelt es noch immer an inhaltlicher Ausgegorenheit, dafür ist LaLoggias Zweitling formal betrachtet deutlich konziser und überhaupt ein absolutes Gedicht. Zuweilen scheint es, als würde inmitten der gotisch angehauchten set pieces das dem Zeitkolorit geschuldete, alte Sechziger-Jahre-Technicolor wieder lebendig; die Herbstbäume leuchten vor azurblauem Himmel in knalligen Bonbon-Farben, der Nachthimmel funkelt wie eine Discokugel. Und die von LaLoggia selbst komponierte Musik mit all den Frauenchorälen und ihrem tonalen Bombast dürfte auch einen Danny Elfman mehr als zufriedenstellen. Darüber schert es sogar kaum, dass die offenbar autobiographisch gefärbte und insofern leicht übergebührlich stolz vorgetragene Story unwesentlich mehr bietet als ein romantisches Potpourri aus spielberg'schem Familienkonsens, "Poltergeist", "Ghost Story", "The Changeling", "Stand By Me" und der TV-Serie "The Wonder Years" (incl. Norbert Langer als Geschichtenerzähler in der deutschen Synchronfassung). Immerhin antizipiert "Lady In White" gewissermaßen auch spätere Genreklassiker von Burton bis Shyamalan. Somit lohnt sich der Film für jeden Freund des Genannten und wird mit seiner herrlichen Farbgebung vielleicht sogar Bava- und Argento-Fans berauschen. Mir jedenfalls ging es so. Und vielleicht sehe ich ja auch "Luzifer" beim nächsten Mal mit anderen Augen...

8/10

Frank LaLoggia period piece Kind Serienmord Familie Autor Geister


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LA GUERRA DEL FERRO - IRONMASTER (Umberto Lenzi/I, F 1983)


Zitat entfällt.

La Guerra Del Ferro - Ironmaster (Er - Stärker als Feuer und Eisen) ~ I/F 1983
Directed By: Umberto Lenzi


In grauer Vorzeit entdeckt der böse Urmensch Vood (George Eastman) nach einem Vulkanausbruch ein schwertgleich geformtes Stück Eisen. Mit der neuen Waffe verscheucht er seinen Nebenbuhler Ela (Sam Pasco) und führt künftig den Rest seines Stammes als Eroberer an. Ela freundet sich derweil mit der flotten Isa (Elvire Audray) an, deren Vater Mogo (William Berger) Häuptling eines pazifistisch lebenden Vegetarierstammes archaischer Hippies ist. Vood unterjocht auch Mogos Dorf und es kommt zum finalen Duell zwischen ihm und Ela.

Putziger Rip-Off-Mix nach "La Guerre Du Feu" und "Conan The Barbarian", wobei die Einflüsse von ersterem - der Originaltitel verrät es schon - deutlich überwiegen. Auch bei Lenzi geht es - attenzione, interpretazione - darum, dass die Annalen der schrittweisen Zivilisierung der Welt stets mit dem infolge der Entdeckung neuer Waffen vergossenen Blut geschrieben wurden. Der etwas doofe Held Ela wird dabei von einem leicht stieläugigen Bodybuilder namens Sam Pasco, welcher durchaus physiognomische Ähnlichkeiten mit einer gewissen "steirischen Eiche" aufweist, in dessen einzigem Filmauftritt verkörpert. Der wahre Jakob aber ist und bleibt natürlich Signore Montefiori, der mit seinem um den Kopf gewickelten Löwenfell aus dem Hause Steiff ungefähr so bescheuert aussieht wie selten, ohne den der Film jedoch auch nur halb so gut (oder schlecht, je nach Augenmaß) wäre.
Die meiste Freude fand Lenzi wohl daran, eine wo auch immer herstammende Bisonherde zu fotografieren, inmitten derer wahlweise Pasco oder Montefiori mit erhobenen Armen umherrennen und so tun als wären sie in höchster Lebensgefahr. Eine Gruppe Mammuts sieht bzw. hört man ganz zu Beginn nur in der Ferne trompeten. Wohl auch besser so, denn die Tierchen wirken auch so schon ziemlich traurig animiert. Dann hat es noch eine Horde Affenmenschen, einige lepröse Zombies, ein paar schicke matte paintings und einen satten, zufriedenen Löwen in einer Doppelrolle. Dass man aus solchen Ingredienzien große Kinokirmes für Gummigourmets machen kann, führt uns Lenzi in einem Film vor, der den Niedergang des italienischen Plagiatfilmens wenn schon nicht einläutet, so doch offenkundig macht.

4/10

Trash Umberto Lenzi Europloitation Vorzeit


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FLATLINERS (Joel Schumacher/USA 1990)


"Hookahey."

Flatliners ~ USA 1990
Directed By: Joel Schumacher


Der angehende Chicagoer Mediziner Nelson (Kiefer Sutherland) will erforschen, was nach seinem Tod auf den Menschen wartet. Zusammen mit vier nicht minder neugierigen Kollegen (Julia Roberts, Kevin Bacon, William Baldwin, Oliver Platt) führt Nelson ein berufsethisch fragwürdiges Selbstexperiment durch, bei dem er nach einminütigem Hirntod wieder zu Leben erweckt werden soll, um dann über seine Erfahrungen berichten zu können. Nach und nach folgen auch die anderem seinem Beispiel und müssen mit Erschrecken feststellen, dass sie nach ihrem Ableben von ihren Kindheitstraumata eingeholt werden. Als noch schlimmer erweist sich allerdings, dass ebenjene Erinnerungen sich hernach auch im Diesseits manifestieren und nach Sühne verlangen.

"Flatliners" ist mir vor allem deshalb in wohliger Erinnerung, weil es der erste ab 16 Jahren freigegebene Film war, in den ich mich trotz zweier fehlender Jahre ohne elterliche Begleitung ins Kino schmuggeln konnte, was mich seinerzeit stolz wie Oskar gemacht hat. Ich erinnere mich allerdings, auch darüberhinaus immens fasziniert gewesen zu sein von den Nahtoderlebnissen der fünf "Post-Brat-Packler", zumal ich damals vermutlich noch weitaus empfänglicher war für sakrale Jenseits-Diskurse als es heute der Fall ist.
Was von Schumachers Film bleibt, ist sein mit Fug und Recht durchaus als solcher zu bezeichnender auteurism, der zahlreiche inszenatorische Parallelen zu "The Lost Boys" aufweist und eine zum Schneiden dicke Atmosphäre kredenzt. "Flatliners" spielt, überdeutlich prononciert, im Herbst; permanent herrscht der Gegensatz von diffusem Dämmerlicht und hater Neonbeleuchtung, die Protagonisten werden unentwegt im Schatten sich wiegenden Laubes gefilmt und halsbrecherische Kamerafahrten heben das Gewicht der Mise-en-scène wesentlich weiter über den Geschichtsfluss als es üblich ist. Mir gefällt diese sehr egozentrische Regiearbeit zugegebenermaßen außerordentlich gut, weil sie mein persönliches ästhetisches Empfinden sehr anzusprechen versteht. Ich kann mir aber auch gut vorstellen, dass Menschen, bei denen das nicht der Fall ist, in "Flatliners" wenig mehr als ein aufgeblähtes Stück Schmierentheaters sehen werden. Hinzu kommt auf der Soll-Seite, dass der Regisseur, respektive sein Scriptautor Peter Filardi, zahlreiche inhaltliche Fragen aufwerfen, deren Beantwortung sie schuldig bleiben - ob bewusst oder unbewusst lässt der Film offen. Dennoch: Mit Ausnahme von "Falling Down" hat Schumacher danach bis heute keinen so reichhaltigen Film mehr inszenieren können.

8/10

Nahtoderfahrung Medizin Brat Pack Tod Joel Schumacher Chicago


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PINOCCHIO (Hamilton Luske, Ben Sharpsteen/USA 1940)


"What does an actor want with a conscience, anyway?"

Pinocchio ~ USA 1950
Directed By: Hamilton Luske/Ben Sharpsteen


Eine gute Fee erfüllt dem Tischler Gepetto den Wunsch, dass seine Holzpuppe Pinocchio zum Leben erwachen möge. Doch bis zum "richtigen" Jungen aus Fleisch und Blut ist es noch weit hin: Zunächst muss Pinocchio lernen, dass nicht alles Gold ist, was glänzt, dass ohne Bildung nichts geht im Leben und nur wahre Redlichkeit sich am Ende auszahlt.

Es ist weniger Carlo Collodis etwas hausbackene, mit preußischer Eisenpädagogik gespickte Geschichte des dummen Jungen, dessen Holzkopf erst mit Eselsohren garniert werden muss, bevor er sein Väterlein schlussendlich glücklich machen kann, als Disneys so übermütige wie liebenswert-saubere Animation, die "Pinocchio" zum Klassiker des Animationsfilms macht. Ganz abgesehen davon, dass die Adaption der Geschichte, wie bei Disney üblich, auf sehr losgelöstem Wege geschieht, sind es ohnehin primär die Figuren nebst ihrer Gestaltung, die Rührung und Spannung hervorrufen: Pinocchio selbst, der sympathische alte Gepetto, seine Haustiere Figaro und Cleo, Jiminy Grille, die per Rotoskopie zum Leben erweckte Fee und sogar die beiden Halunken Fuchs und Kater, denen ich persönlich sowieso noch nie böse sein konnte.
Immerhin erst Disneys zweiter Langfilm nach "Snow White And The Seven Dwarves" und dennoch bereits von atemberaubender Perfektion.

9/10

Walt Disney Hamilton Luske Ben Sharpsteen Maerchen Kinder Puppe


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JONAH HEX (Jimmy Hayward/USA 2010)


"I'm all out of wiseass answers."

Jonah Hex ~ USA 2010
Directed By: Jimmy Hayward


Seit dem Ende des Bürgerkrieges zieht der infolge eines Nahtod-Erlebnisses übersinnlich begabte Ex-Konföderierten-Offizier Jonah Hex (Josh Brolin) als einsamer Kopfgeldjäger durch den Westen. Als er erfährt, dass sein früherer Intimfeind Quentin Turnbull (John Malkovich) noch am Leben ist und das Land durch böse Terroraktionen und mittels einer mysteriösen Massenvernichtungswaffe in Angst und Schrecken versetzt, lässt er sich vom Präsidenten (Aidan Quinn) anheuern, um Turnbull endgültig den Hahn abzudrehen.

Angemessen trashig-verrückter, kleiner Comic-Western, der mit seiner Länge von knappen 80 Minuten an die alten B-Film-Beiträge des Genres erinnert und schon insofern eigentlich gar nicht mal verkehrt ist. Mit der gleichnamigen Comicfigur aus dem Hause DC, die in Zeitreise- und Crossover-Abenteuern zuweilen auch mit Batman und Co. zusammenarbeitet, hat der Film manches gemein, übt sich andererseits jedoch auch in sehr freier Dichtung. Die origin der Titelfigur etwa fällt deutlich different aus. Dazu gehört auch die Herkunft von Hex' charakteristischer, vernarbter Visage. Selbige ist den Maskenbildnern ganz gut geglückt, allerdings wollte man Brolin wohl nicht noch zusätzlich durch das berühmte Fletschauge entstellen. Malkovich ist toll, wird aber gnadenlos verschenkt, die Fox habe ich hier zum ersten Mal überhaupt in einem Film gesehen und finde sie durchaus nicht unflott. Ansonsten mag ich noch die quietschbunte Bonbonphotographie, die als Reaktion auf das vergilbte Sepiabild vieler anderer Western der letzten Zeit wie eine freche Replik daherkommt. Kann man sich bei entsprechendem Faible verlustfrei ansehen, man verpasst aber auch nichts, wenn man's lässt.

6/10

Jimmy Hayward Comic Sezessionskrieg DC Comics


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SPOOKIES (Genie Joseph, Thomas Doran, Brendan Faulkner/USA, NL 1986)


"I'm Duke, the horny ghost."

Spookies ~ USA/NL 1986
Directed By: Genie Joseph/Thomas Doran/Brendan Faulkner


Duke (Nick Gionta) und seine Kumpels wollen eine dufte Mitternachtsparty feiern. zu diesem Zwecke eiern sie durch die Provinz und suchen sich eine scheinbar verlassene Villa aus, die bereits durch den zu einem Friedhof umfunktionierten Vorgarten ein besonderes Ambiente bereithält. Im Haus finden sie ein Ouija-Bord, das ihnen unmissverständlich bedeutet: Aus diesem Hause gibt es kein Entkommen! Der Grund dafür ist ebenfalls rasch aufgedeckt. Der bereits semiverweste Magier Magier Kreon (Felix Ward) braucht Seelen für die Frischhaltung seiner vor vielen Jahren verblichenen, jedoch noch immer knackigen Braut Isabelle (Maria Pechukas) und schickt allerlei Dämonen und Zombies auf Duke und seine Baggage los.

Die Beschau von "Spookies" lässt sich vielleicht am Ehesten mit der Fahrt in einer rappeligen, alten Kirmes-Geisterbahn vergleichen: Man weiß von vornherein, dass es darin fürchterlich quietscht und muffig riecht und die einzige Angst, die das Ganze zu vermitteln vermag, besteht darin, mit seiner altersschwachen Gondel vom schlecht geölten Gleis zu fallen. Dennoch, Charme und Spaß dieses billigen Vergnügens lassen sich nicht leugnen und die Unterhaltsamkeit des Ganzen korreliert mit dem individuellen Alkoholpensum und der jeweiligen Gesellschaft.
"Spookies" nun darf sich wohl mit Fug und Recht als beherzt-ambitioniertes Fanprojekt bezeichnen. Inhaltlich eine Fantasy-Variation von "The Evil Dead" hat es hier nicht nur Zombies, sondern auch ein paar phantasievolle Gummimonster, zu denen als Quasi-Höhepunkt sogar eine ganz hübsch gemachte Riesenspinne zählt. Ansonsten ist die deutsche Synchronisation mit ihren adäquat blödsinnigen Dialogen hier quasi ein Pflichteinkauf.

5/10

Trash Independent Thomas Doran Genie Joseph Zombies Brendan Faulkner Magie Dämon


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WATCHMEN: THE ULTIMATE CUT (Zack Snyder/USA 2009)


"In my opinion, the existence of life is a highly overrated phenomenon."

Watchmen: The Ultimate Cut ~ USA 2009
Directed By: Zack Snyder

Meiner im letzten Jahr, nach dem Kinobesuch des Films großspurig getroffenen Ankündigung, "Watchmen" inflationär oft anzuschauen, bin ich bisher leider nur unzureichend nachgekommen. Um genau zu sein, bin ich ihr überhaupt nicht nachgekommen, war dies doch erst das zweite Mal, dass ich mich in den zwingenden Hochgenuss von Snyders Film begab. Wie ich annehme, spielte in die lange, selbst verordnete Zwangspause primär die latente Angst vor eventueller Enttäuschung hinein. Gestern gab es dann also endlich den "Ultimate Cut", die dritte - dem Vernehmen nach "ultimat(iv)e" - Schnittfassung nach der Kinoversion und einem zunächst für die Heimmedien veröffentlichten Director's Cut. In dieser hernach erschienenen Mammutfassung fanden dann endlich auch die eigentlich sowieso unerlässlichen Tricksequenzen um den "Black Freighter"-Horrorcomic Platz. Im Prinzip fehlen jetzt bloß noch die Hollis-Mason-Memoiren zur endgültigen Komplettierung, aber man kann den Film auch so als Manifest der Perfektion stehen lassen. Was "Watchmen" letzten Endes wahrscheinlich davon abhält, als endgültiger Anwärter auf meinen persönlichen Lieblingsfilm durchzugehen, ist die Tatsache, dass die wunderbare Geschichte nebst ihren meisten visuellen Einfällen eben doch auf Alan Moore und seine unübertreffliche Vorlage zurückgeht und Snyder "bloß" als Adapteur und Aufbereiter einer immerhin kongenialen medialen Transponierung bestehen kann. Dafür hat er auf diesem, ebenfalls nicht zu unterschätzenden Gebiet ein opus magnum geschaffen, ein so feinfühliges wie brutales Monster - nicht nur von einem Film, sondern von einem popkulturellen Parallelrealitätsentwurf zudem, das zu seiner endgültigen Inthronisierung immer noch hinreichend eigene Ideen vorweisen kann, um selbst an kalten, weißen Winterabenden und auf der heimischen Röhre noch zu zünden, und zwar mit Afterburner.
Da ich bei mich beeindruckenden Filmen unwillkürlich stets sehr zur Einordnung neige, bin ich gestern jedenfalls zu folgendem Entschluss gekommen: Nach den "Tenenbaums" ist dieser mein Film des Jahrzehnts - ein (da ist es wieder, das unangenehme Elf-Buchstaben-Wort)... Meisterwerk.

10*/10

Verschwoerung Superhelden Parallelrealität Kalter Krieg Apokalypse neo noir Comic Zack Snyder Vietnamkrieg DC Comics D.C.


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THE TEN COMMANDMENTS (Cecil B. DeMille/USA 1956)


"Harden yourself against subordinates. Have no friend. Trust no woman."

The Ten Commandments (Die Zehn Gebote) ~ USA 1956
Directed By: Cecil B. DeMille


Um einem Erlass des Pharao zu entgehen, demzufolge alle neugeborenen hebräischen Kinder getötet werden sollen, setzt die Sklavin Yochabel (Martha Scott) ihr Baby in einem Weidenkörbchen in den Nil. Es landet bei der just verwitweten Sephora (Yvonne De Carlo), Tochter des herrschenden Pharao, die den Säugling Moses tauft und an Kindesstatt annimmt. Jahre später konkurrieren Moses (Charlton Heston) und Ramses (Yul Brynner) um Gunst und Nachfolge des Pharao Sethos (Cedric Hardwicke). Als Moses von seiner wahren Herkunft erwährt, schließt er sich seinem eigenen, versklavten Volk an, wird verbannt und kehrt, nachdem er die Stimme Gottes vernommen hat, nach Ägypten zurück, um das Volk Israel aus seiner Knechtschaft zu befreien. Der missgünstige Ramses, mittlerweile Pharao, bedarf einiger "Überredungskunst", bis er die Hebräer ziehen lässt. Eine von der rachsüchtigen Pharaonengattin Nefretiri (Anne Baxter) initiierte, impulsive Verfolgung der vormaligen Sklaven endet für Ramses' Armee in einer Katastrophe. Schließich muss Moses noch sein eigenes Volk von der Wollust heilen, als es wilde Orgien feiert, derweil er selbst auf dem Berge Sinai die Tafeln mit den zehn Geboten empfängt.

"The Ten Commandments", Remake von DeMilles eigenem, dreiundreißig Jahre älteren Film selben Namens, ist immer wieder eine unglaubliche Schau. "Christploitation" ließe es sich wunderbar taufen, dieses von dem Mogul höchstpersönlich mitkreierte Kino, das biblische Kapitel in gigantische Nummernrevuen verwandelte, stets unter dem wackligen Alibi der religiösen Wahrhaftigkeit. DeMille war, als jemand, der es sich leisten konnte, auch ein immens sakral veranlagter Mensch und wollte, bevor er dereinst selbst in das Himmelreich Einzug halten sollte, offenbar noch ein beständiges irdisches Manifest seines Glaubens hinterlassen. Er ließ es sich denn auch nicht nehmen, höchstpersönlich eine kleine Exposition zu halten, bevor der eigentliche Film beginnt. Dann trompetet sie los, die gewaltige Geisterbahn in Technicolor und Vistavision; von denkbar prächtigster Gestalt an Originalschauplätzen gedreht, von monströser Spielzeit, verschlang sie Tonnen von Requisiten, Abertausende von Statisten und Tieren und einen Herzinfarkt. Nachhaltig eindrucksvoll beweist uns DeMille dabei mit allen Mitteln, dass der "liebe" Gott (im Film wiederum durch die dröhnende Stimme Hestons personifiziert) tatsächlich der größte (weil übernatürliche) Terrorist von allen ist: Statt dem starrköpfigen Pharao des Nachts im Traume Vernunft einzubläuen, lässt er blutige Plagen über das Land herniedergehen, schickt Menschenmassen in den Tod und lässt als Höhepunkt der Zurschaustellung seiner Macht die Pestilenz alle Erstgeborenen holen. Später lässt er das Rote Meer über der ägyptischen Armee zusammenfallen, auf dass diese komplett ersaufe und schickt den ungläubigen, gewinnsüchtigen Dathan (Edward G. Robinson) mitsamt seinem goldenen Götzenlamm in einen sich auftuenden Abgrund. Gott=Angst=Tod, "Final Destination" in Reinkultur. Wer einem solchen Glauben frönt, braucht keine Hölle mehr. "The Ten Commandments" ließe sich ferner auch unschwer als Statement zur globalpolitischen "Cold War"-Situation lesen; auf der einen Seite Christentum, Demokratie und zionistisches Kapital, auf der anderen Seite der glatzköpfige, orientalisch gefärbte und zu allem Überfluss ungläubige Diktator. Widerstreit in Welt und Geist.
Dass DeMilles filmisches Vermächtnis bei all seinem explizit formulierten Größenwahn auch ein Beispiel meisterhafter Inszenierungskunst, minutiös bewältigter Logistik und vor allem großen Entertainments ist, sollte bei aller Kritik nicht verleugnet werden. Die Spezialeffekte wissen selbst heute noch zu beeindrucken; Charlton Heston scheint für die Dauer der Dreharbeiten tatsächlich vom Geist Mose besessen worden zu sein, Brynner, Robinson und Vincent Price als Sklavenbaufseher Baka liefern großes, klassisches Spiel.
Ich behaupte: "The Ten Commandments" ist zugleich Pflichtfilm und unerlässliche Lehrstunde für jeden Hollywood-Apologeten. Und ganz nebenbei ein schillernd-hübscher Farbtupfer für die derzeit gastierende, graue Jahreszeit.

9/10

Cecil B. DeMille Remake Bibel period piece Israel Camp Ägypten


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THE TOMB (Fred Olen Ray/USA 1986)


"The more things change, the more they stay the same."

The Tomb (Das Geheimnis des Grabmals am Nil) ~ USA 1986
Directed By: Fred Olen Ray


Die beiden Grabräuber John (David O'Hara) und Tyler (Craig Hamann) stoßen bei Kairo nichtsahnend auf das Grab der bösen, altägyptischen Vampirpriesterin Nefratis (Michelle Bauer) und befreien diese aus ihrem Sarkophag. Während Tyler sogleich zum Opfer der Blutsaugerin wird, kann John zurück nach L.A. entkommen. Dort verkauft er einige der Reliquien aus Nefratis' Grabkammer an die zwei Wissenschftler Manners (Jack Frankel) und Phillips (Cameron Mitchell), was Nephratis gar nicht gefällt - sie benötigt die Gegenstände nämlich zur Wiedererstarkung ihrer Macht. Die Monsterfrau kommt also nach Kalifornien und nur Manners' wackerer Sohn David (Richard Hench) kann mithilfe von Phillips' Nichte Helen (Susan Stokey) und Dr. Stewart (George Hoth) Nephratis aufhalten.

Anno 86 liefen solche Sauergürkchen tatsächlich noch auf der Leinwand hierzuland - heutzutage absolut nicht mehr vorstellbar. Schon damals war Fred Olen Ray einer der Regisseure, die lange, bevor jemand wie Quentin Tarantino den Film B zum schicken Salonthema erhob, ihren eigenen kleinen "Kult" fabrizierten; und das - zumindest auf kleiner Flamme - sogar hinreichend gewinnträchtig. "The Tomb" versteht sich selbst (neben seinem unvermeidlichen Status als schneller Monetenberapper natürlich) von vorn bis hinten als Hommage. Die Genrealtstars Cameron Mitchell und John Carradine lassen sich kurz blicken, für Sybil Danning gibt es einen prologischen Kurzauftritt und sogar Meyer-Muse Kitten Natividad lässt in einer Stripshow die Möpse kreisen. Angereichert wird dieses Potpourri mit fast dokumentarischen Bildern des nächtlichen Sunset Strip nebst seiner diversen Bars und Sexbunker. Dass die angeblich in Ägypten spielenden Anfangsszenen unverhohlen im kalifornischen Hinterland aufgenommen wurden, läst sich dabei ebenso gut verkraften wie die Tatsache, dass die nominelle Prominenz trotz ihres Cameostatus an den ersten Besetzungslistenstellen rangiert. Vorsätzlicher Nepp gehört hier schlicht zum Usus und kann den wahren Trashgourmet sowieso nicht er-, geschweige denn abschrecken...

5/10

Fred Olen Ray Trash Independent Mumie Los Angeles Vampire


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I PREDATORI DI ATLANTIDE (Ruggero Deodato/I, PH 1983)


Zitat entfällt.

I Predatori Di Atlantide (Atlantis Inferno) ~ I/PH 1983
Directed By: Ruggero Deodato


Die beiden Söldner Mike (Christopher Connelly) und Washington (Tony King) schippern gerade auf ihrer Yacht durch die Karibik als ein gigantisches Seebeben das Meer erschüttert. Ursache: Bei der versuchten Bergung eines Atom-U-Boots kam es kurz zuvor zu einer Kettenreaktion, die dafür sorgt, dass das versunkene Atlantis wieder auftaucht. Da sich dieses unter einer Art Glaskuppel befindet, haben die kriegerischen Einwohner die Zeit überdauern können und fangen nun sogleich an, die benachbarten Inseln zu attackieren. Zusammen mit einigen Freunden wie dem Piloten Bill (Ivan Rassimov) und Professor Saunders (George Hilton) kommt Mike bald hinter die Motive der Atlantiden: Diese wollen der hellsichtigen Forscherin D. Rollins (Gioia Scola) habhaft werden, auf dass sie zu ihrer Hohepriesterin werde!

"I Predatori Di Atlantide" ist wahrscheinlich eins der vordringlichsten Beispiele dafür, dass und warum es mit der italienischen Filmindustrie nach vielen fruchtbaren Jahren um die Mitte der Achtziger nunmehr überaus schlecht stand. Obschon Deodato ganz sicher kein unintelligenter Regisseur ist und sich die Besetzung aus einer ganzen Latte beliebter B-Film-Veteranen rekrutiert - wenn der Kopf nicht weiß, was der Arsch tut, sind Hopfen und Malz verloren! "I Predatori" ist geradezu angefüllt von ungeheurem Dilettantismus. Diverse Plotfügungen bleiben wahlweise im Unklaren oder sind einfach nur völlig sinnlos und die Montage dazu gibt sich, gelinde gesagt, abenteuerlich. Handlungselemente aus allem, was um diese Zeit dafür bekannt war, dem Box-Office Geld anzutragen, kommen irgendwo vor: Ein wenig Science-Fantasy, ein bisschen Abenteuer Marke "Indiana Jones", der Söldnerfilm wird nochmals ausgeschlachtet und ganz besonders gibt sich das Endzeit-Kino, das nach "Mad Max 2" bekanntermaßen eine ganze Welle von Italo-Plagiaten lostrat, ein weiteres Stelldichein - die Atlantiden, zumindest deren kriegerische Variante (wie wir im Laufe des Films erfahren, gab und gibt es dort nämlich zum einen jene Kriegstreiber und zum anderen eine technisierte Hochkultur...), sehen durch die Bank aus wie postapokalyptische Lederpunks und knattern auf entsprechend feingetuntem Motorengefährt durch die Landschaft. Es wird massig geballert und gestorben und in all dem Gewirr weiß irgendwann keiner mehr so recht, wohin und woher, am allerwenigsten der bemitleidenswerte Zuschauer.
Für den Europloitation-Chronisten ist "I Predatori" natürlich ein Muss, allein schon seiner filmhistorischen Bedeutung wegen. Dass ein solch chaotisch entwickeltes und hanebüchnes Projekt überhaupt jemals das Licht der Kinoleinwände erblickt hat, mutet allerdings selbst für Euro-Verhältnisse erstaunlich an, dies ist nämlich kaum mehr denn reinster Giftschrank-Inhalt für jeden halbwegs bei Verstand befindichen Produzenten.

5/10

Atlantis Soeldner Europloitation Ruggero Deodato Apokalypse





Filmtagebuch von...

Funxton

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