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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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NECRONOMICON - GETRÄUMTE SÜNDEN (Jess Franco/BRD 1968)


Zitat entfällt.

Necronomicon - Geträumte Sünden ~ BRD 1968
Directed By: Jess Franco

Die Künstlerin Lorna Green (Janine Reynaud) tritt in einem Lissaboner Club in einer Avantgarde-Show des Impressario Mulligan (Jack Taylor), zugleich ihr Liebhaber. Immer wieder verfällt Lorna in luftigeTagträumereien, die nach romantischen Einleitungen und erotischen Höhepunkten in Gewaltakten enden. Realität und Fantasie vermengen sich zusehends. Am Ende gibt es tatsächlich jeweils einen Toten, doch hat wirklich Lorna sie auf dem Gewissen?

Ein jazziges Vexierspiel, getränkt in Whiskey und Acid, das es unheimlich schick findet, Kunst zu zitieren um daraus selbst im besten Falle welche zu machen. Unaufhörliches Namedropping gehört ebenso dazu wie lax geführte Diskurse zu Psychoanalyse, unmoderne und zeitlose Kultur. Die vordergründige, abgehobene Arroganz von "Necronomicon" verleiht ihm jedoch zugleich einen höchst campiges Flair, denn bei aller mehr oder weniger angestrengt demonstrierten Unzugänglichkeit befindet man hier natürlich immer noch bei Franco und nicht bei Godard oder Resnais. Dennoch ist "Necronomicon", der trotz seines Titels freilich nichts mit Lovecrafts unheilvollem Zauberbuch zu tun hat, ein merkwürdig wunderbarer, vor allem fest mit seiner Entstehungszeit verketteter Film. Die Reynaud wirkt etwas wie eine verruchte, verdrogte Zwillingsschwester von Jane Fonda und der notorische Howard Vernon ist mal wieder ziemlich lustig. Am Ende raucht einem etwas die Birne, aber der Trip war trotzdem ziemlich 'square'.

8/10

Jess Franco LSD Bohème Berlin Lissabon Camp


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ALBINO (Jürgen Goslar/BRD, UK, RSA, RHO 1976)


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Albino (Der flüsternde Tod) ~ BRD/UK/RSA/RHO 1976
Directed By: Jürgen Goslar

Rhodesien in den Siebzigern. Als ein marodierender farbiger Albino (Horst Frank) als Anführer eine Gruppe Guerilleros Sally (Sybil Danning), die Frau des weißen PolizistenTerick (James Faulkner) in dessen Abwesenheit auf seiner heimischen Farm vergewaltigt und umbringt, zieht dieser auf eigene Faust los, um den verhassten Verbrecher zu stellen, seine ehemaligen Kollegen dicht auf den Fersen.

Erstaunlich differenzierte Abhandlung über den Zustand der weißen Kolonialisten in Afrikas Südosten, deren Tage bereits in den Siebzigern längst gezählt waren - glaubt man Goslars finsterer Bestandsanalyse. Die schwierige Situation, es sowohl den Ureinwohnern als auch den Besatzern in der x-ten Generation ein gleichberechtigtes Miteinander zu ermöglichen, wird hier kurzerhand durch die nach außen kanalisierte, blanke Aggression eines in Afrika tatsächlich mythologisierten Wesens gesprengt: Eines schwarzen Albino, den Horst Frank unter einer geradezu unfassbar beklemmenden Maskerade darstellt.
In diversen Gegenden Afrikas werden Albinos noch heute von der Bevölkerung wahlweise geächtet oder als Wesen magischer Kraft mystifiziert; teilweise betreibt man einen florierenden Handel mit ihren Organen und Extremitäten, da diesen Zauberkräfte innewohnen sollen. Daniel Carney, auch Autor der Romanvorlage zu "The Wild Geese", hat dieses Sozialphänomen zum Zentrum seiner Geschichte gemacht: Ausgerechnet jenes außergewöhnliche Menschenexemplar vereint die Wut eines Kontinents in sich und lässt den blutigen Aufschrei der Rebellion durch das altehrwürdige Haus des Feindbildes hallen.
"Albino" setzt weniger auf visuelle Härten, seine unbequeme Atmosphäre, die allenthalben spüren lässt, dass das Leben in diesem äußerlich so schönen Land unter den gegenwärtigen Umständen nur als lebensfeindlich empfunden werden können, da der Hass jederzeit explodieren könnte, macht ihn so sehenswert. Goslars Film, der auch viel von den finsteren Italowestern von Questi und Corbucci in sich vereint, schmeckt vielleicht während des Verspeisens im klassischen Sinne nicht sonderlich deliziös, aber er macht im baldigen Anschluss garantiert für lange Zeit satt und zufrieden.

9/10

Daniel Carney Jürgen Goslar Rape & Revenge Südafrika Afrika Rassismus Transgression


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FLUCHTWEG ST. PAULI - GROSSALARM FÜR DIE DAVIDSWACHE (Wolfgang Staudte/BRD 1971)


"Dir werd' ich's zeigen, du Sau."

Fluchtweg St. Pauli - Großalarm für die Davidswache ~ BRD 1971
Directed By: Wiolfgang Staudte

Der berüchtigte Verbrecher Willy Jensen (Horst Frank) flüchtet aus dem Gefängnis. Sein Plan, sich abzusetzen, geht jedoch daneben: Willys versteckte Beute ist futsch und sein ehrbarer Bruder Heinz (Heinz Reincke), Taxifahrer auf St. Pauli, hat sich mittlerweile häuslich mit Willys Holder Vera (Christiane Krüger) eingerichtet. Der wütende Willy entführt Vera und begeht einen Einbruch bei dem reichen Ehepaar Berndorf, der mit dem Mord an der Gattin (Heidy Bohlen) endet. Die gestohlenen Klunker will ihm jedoch keiner abnehmen, mit solcherlei Aktionen will masn selbst im Milieu nichts zu tun haben. Für den verzweifelten Willy gibt es nurmehr die Flucht nach vorn...

Prima Kiezkrimi, der nicht ganz den sleazigen Hauch eines Rolf Olsen atmet, sich aber vermutlich gerade deshalb als erstklassiges Zeit- und Lokalporträt über die Runden bringt. Horst Frank ist große Klasse als amoklaufender Gewaltverbrecher, dessen anfangs noch kühle Kalkulationsfertigkeit irgendwann dem nackten Angstschweiß weicht und der analog dazu immer bedrohlicher wirkt. Schicke Mädels gibt's zuhauf im Film, allen voran die schöne Christiane Krüger, die einen mit ihrer unwiderstehlichen Schnittigkeit zuweilen darüber sinnieren lässt, ob und warum die Frauen möglicherweise ehedem eine ganz andere Art der Stilsicherheit besaßen.
Klaus Schwarzkopf ist dabei als besonnener Bulle und damit idealer Antagonist Franks, Heinz Reincke spielt einmal mehr sich selbst. "Fluchtweg St. Pauli" ist ergo gerade so gut, wie er es erwarten lässt.

8/10

Wolfgang Staudte Sleaze Europloitation Kidnapping Kiez Hamburg St. Pauli


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IL CINICO, L'INFAME, IL VIOLENTO (Umberto Lenzi/I 1977)


Zitat entfällt.

Il Cinico, L'Infame, Il Violento (Die Gewalt bin ich) ~ I 1977
Directed By: Umberto Lenzi

Nachdem sein alter Erzfeind Maietto (Tomas Milian), genannt 'Der Chinese', einen Mordanschlag auf Commissario Tanzis (Maurizio Merli) Leben verübt hat, muss dieser untertauchen. Offiziell als tot geltend verzichtet Tanzi jedoch darauf, wie ursprünglich mit seinem Boss (Renzo Palmer) verabredet, im fernen Lausanne unterzutauchen, sondern bleibt stattdessen in Rom. Hier macht er sich für seinen Privatfeldzug gegen die Mafia die wachsende Rivalität zwischen dem Chinesen und dem Gangsterboss Di Maggio (John Saxon) zunutze...

Für "Il Cinico, L'Infame, Il Violento", nach "Roma A Mano Armata" der zweite Film um die Figur des römischen Ermittlers Tanzi, nimmt Umberto Lenzi etwas den Fuß vom Gaspedal. Merli, seiner Polizeimarke entledigt und auf Privatfeldzug, schießt hier nicht gleich, sondern verteilt erstmal gehörig schallende Backpfeifen und Tritte in Weichteile, was den Film zwar nicht gleich zur Familienveranstaltung macht, die Kompromisslosigkeit früherer Poliziottesci aber irgendwie doch vermissen lässt. Die Elemente 'Korruption' und 'Übermacht der Gesetzlosen' weichen einer eher possierlichen Rotlichtromantik, ansonsten bleibt aber alles beim genretypischen Alten: Der Held hat gleich auf mehreren, parallelen Baustellen zu tun, vermag jedoch infolge seiner professionellen Cleverness, diese alle unter einen Hut zu bringen und zur Wahrung der allgemeinen Sicherheit zufriedenstellend zu finalisieren. Dass er am Ende dafür selbst als Vigilant verhaftet und in den Bau gesteckt wird, nimmt Tanzi kommentar- und widerstandslos hin. Immerhin ist ja dem moralischen Recht Genüge getan.

6/10

Umberto Lenzi Poliziottesco Rom


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THE DARK KNIGHT RISES (Christopher Nolan/USA, UK 2012)


"I'm not afraid. I'm angry."

The Dark Knight Rises ~ USA/UK 2012
Directed By: Christopher Nolan

Bruce Wayne (Christian Bale) hat nunmehr acht Jahre die Füße still gehalten, sich von der Außenwelt abgeschottet und im Westflügel seines Herrenhauses verkrochen, nachdem ein Duell mit dem zu Two-Face gewordenen Harvey Dent (Aaron Eckhart) für letzteren tödlich geendet ist. Da zieht eine neue Bedrohung am Firmament Gotham Citys auf: Der Terrorist Bane (Tom Hardy) und seine Gefolgsschaft treten an die Öffentlichkeit und stehlen einen von Wayne Enterprises hergestellten Atomreaktor. In einem harten Duell schafft Bane es sogar, den wiedergekehrten Batman zu besiegen und in ein unterirdisches Gefängnis im Nahen Osten zu verfrachten. Freie Bahn für den stahlharten Bösewicht, der noch diverse Trümpfe im Ärmel hat. Doch mit Batmans unbeugsamer Willenskraft rechnet selbst ein Bane nicht...

Den mit Abstand gelungensten Film seiner "Batman"-Trilogie hat sich Christopher Nolan also für den Schluss aufbewahrt. Auch schön, ausnahmsweise einmal wirklich das Prinzip der qualitativen Potenzierung zu beherzigen, zumal sich ja bereits von "Batman Begins" hin zu "The Dark Knight" eine deutliche Steigerung registrieren ließ. Nun machen Nolan und seine Mitautoren endlich auch jenem ein dickes Geschenk, den sie vorher ignoriert bzw. etwas stiefmütterlich behandelt haben: dem Comicnerd nämlich. Mindestens vier der besten, einflussreichsten Miniserien und Storylines der letzten dreißig Jahre hat man in einen Topf geworfen und daraus ein absolut tadellos funktionierendes Kino-Destillat hergestellt: Wichtige Elemente aus Millers "The Dark Knight Returns", Starlins "The Cult", sowie den Crossovers "Knightfall" und "No Man's Land" halten Einzug in die Story, die natürlich wieder diverse sicherlich nicht unwichtige Details mit Füßen tritt, jenen Makel aber diesmal so eloquent wettmacht, dass man dem Film am Ende wohlgesonnenen Mutes bescheinigen kann, sein Blockbuster-Süppchen exzellent gekocht zu haben. Dass Christopher Nolan zu einer Art inszenatorischer Arroganzia zu avancieren scheint, lässt der Film - im Gegensatz zu einem "Inception" etwa - weitflächig übersehen. Über zweieinhalb durchhängerfreie Stunden atemloser Spannung, der Aktion und des Mitfieberns, präsentiert in einer erquicklichen Stilmelange aus traditionell und innovativ, machen hier selbst den eingefleischten Batfan glücklich. Die kapitalen Fehler der beiden Vorgänger werden relativiert bzw. lösen sie sich in Luft auf und weichen stattdessen der Berücksichtigung von unerlässlichen Kardinalstugenden. Die Filmabteilung von DC lernt entscheidend dazu. "The Man Of Steel" und die "JLA" können kommen. Ich sehe ihnen nach diesem begeisternden Erlebnis mit wachsendem Enthusiasmus entgegen.

9/10

Christopher Nolan Batman Superhelden Sequel Terrorismus Atombombe Comic DC Comics


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THE NAKED FACE (Bryan Forbes/USA 1984)


"The family cannot accept things like that."

The Naked Face (Das nackte Gesicht) ~ USA 1984
Directed By: Bryan Forbes

Umgehend nachdem ein Patient des renommierten Chicagoer Psychoanalytikers Dr. Judd Stevens (Roger Moore) auf offener Straße ermordet wird, meldet sich umgehend ein alter Intimfeind - der Polizist Lieutenant McGreary (Rod Steiger) - bei ihm, der Stevens kurzum unter Verdacht stellt. Als sich weitere Morde in Stevens' sozialem Umfeld ereignen, bekommt McGrearys Indizienflickwerk immer mehr Futter, derweil sein Kollege Angeli (Elliott Gould) Stevens zu glauben geneigt ist. Dieser engagiert zusätzlich einen verlotterten Privatdetektiv (Art Carney), der Unglaubliches zutage fördert.

Ein gattungstypischer Thriller seines Jahrzehnts, dessen sich gemächlich verdichtende Story infolge einiger überraschender Wendungen und der Verwendung jener alten hitchcockschen Formel, den Agenten Zuschauer in dieselbe Kenntnislage zu versetzen wie den Protagonisten, stets interessant bleibt. Die Besetzung ist und agiert weithin erfreulich, wenngleich der darstellerisch limitierte Roger Moore in der Rolle des unschuldigen, aber umso verletzlicheren Analytikers, der jede Schlägerei garantiert verliert, nicht allzu vertrauenerweckend wirkt. Immerhin hatte er bereits sechsmal den Tausendsassa James Bond gespielt und stand kurz vor seiner letzten appearance als britischer Geheimagent. Witzigerweise spielt der zweimal als Felix Leiter zu sehende David Hedison Stevens Schwager - "The Naked Face" ist also auch ein kleines Familientreffen. Die produzierende Cannon bemühte sich derweil ganz deutlich um eine seriösere Reputation - wovon auch die etwa zeitgleich entstandenen Werke von Cassavetes, Godard oder Konchalovskiy zeugen. Bekanntlich mit mäßigem Erfolg: "We're Cannon. And we're dynamite."

7/10

Bryan Forbes Sidney Sheldon Chicago Mafia Verschwörung Psychiatrie Cannon neo noir


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DAS UNSICHTBARE MÄDCHEN (Dominik Graf/D 2011)


"Ich soll dafür sorgen, dass du keine Scheiße baust. Dafür bin ich hier."

Das unsichtbare Mädchen ~ D 2011
Directed By: Dominik Graf

Der für ein paar Wochen in die bayrische Provinz zwangsversetzte Berliner Polizist Tanner (Ronald Zehrfeld) ist schon auf der Rückreise in die Hauptstadt, als er eine weibliche Leiche überfährt. Dabei handelt es sich um Eva (Christine Zart), die Frau des einheimischen Arbeiters Wenzel Lorant (Peter Harting). Dieser wird vom aalglatten LKA-Oberkommissar Michel (Ulrich Noethen) kurzerhand des Mordes angeklagt. Tanner findet jedoch heraus, dass die Sache so einfach nicht ist. Eva Lorant hat kurz vor ihrem Tod behauptet, die seit über zehn Jahren vermisste und längst für tot erklärte Sina Kolb in einem Supermarkt nahe der tschechischen Grenze gesehen zu haben. Auch der bereits seit Jahren obsessiv mit dem Fall befasste Ex-Polizist Altendorf (Elmar Wepper) wird hellhörig. Tanner realisiert langsam, dass er in ein versponnenes Wespennest aus politischer Verschwörerei und Kinderprostitution vorzudringen im Begriff ist...

Eine traurige Bilanzierung der bundesdeutschen Sehgewohnheiten stellt sich zwangsläufig ein, wenn man feststellt, dass dummdreiste Volksanbiederung Marke "Eineisäcke" und "Kackaräbäh" Millionen ins Kino locken, während wahrhaft große Filmkunst vom Format "Das unsichtbare Mädchen" sich mit einem abendlichen Platz auf der Mattscheibe zufrieden geben muss. In einer gerechteren Welt wäre es umgekehrt. Ungeachtet der disparaten Qualitätsmaßstäbe dieser zwei Erzählfilmpole hat man es bei Dominik Grafs jüngstem Meisterstück mit einer Kriminalgeschichte dürrenmattscher Dimensionen zu tun, dargebracht vom momentan vielleicht vortrefflichsten aktiven deutschen Regisseur. "Das unsichtbare Mädchen" ist unbequem, fesselnd, packend, hart und in jeder Hinsicht beseelt von dem Drang, ungewöhnliche inszenatorische Strukturen mit konventionellen Narrationsschemata zu kombinieren. Mit Erfolg. Der Film fordert sein Publikum heraus, entführt es in eine Hölle nur allzu realer menschlicher Abgründe und entlässt es am Ende mit einem zumindest ansätzlich wieder geradegerückten Moralbild.
Königsklasse, in jeder Hinsicht.

10/10

Dominik Graf Bayern Pädophilie Prostitution Verschwörung TV-Film


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LA BESTIA UCCIDE A SANGUE FREDDO (Fernando Di Leo/I 1971)


Zitat entfällt.

La Bestia Uccide A Sangue Freddo (Das Schloss der blauen Vögel) ~ I 1971
Directed By: Fernando Di Leo

In der ländlich gelegenen, psychiatrischen Klinik des Professor Dorian (John Karlsen) geht ein irrer Mörder um. Dieser hat sich ein überaus gewinnendes Domizil für seine Blutgier ausgesucht, denn Dorian und sein Oberarzt Dr. Keller (Klaus Kinski) behandeln ausschließlich gutsituierte Frauen in ihren altehrwürdigen vier Wänden. Dafür nutzen sie modernste Methoden wie Elektroschock-Therapien und heiße Dampfduschen, ansonsten bleiben die Patientinnen vornehmlich sich selbst und ihren Obsessionen überlassen. Als der Killer in einer Nacht gleich mehrfach zuschlägt, kommt die schimpfende Polizei ins Haus - und nagelt den Lumpen, nach einem letzten Amoklauf mit Morgenstern, auf klassische Weise.

Lustige Sleaze-Oper von Fernando Di Leo mit so ziemlich allem, was dazu gehört. Täter-Motivation und Geschichte sind noch uninteressanter als in anderen Gialli, vielmehr frönt der Regisseur ganz seiner zuweilen durchbrechenden Zeigelust und präsentiert eine Triangel aus nackerten Episoden, Gewaltausbrüchen und ominösen Füllszenen, deren Dialog (zumindest in der deutschen Fassung, mutmaßlich aber auch in der originalen) von geradezu beispielloser Imbezilität sein dürfte. Besonders der schon ausnehmend unkonzentrierte Kinski bleibt noch in Erinnerung, der hier, man sieht's an der Frisur, offenbar eine mäßig einträgliche Extraschicht kurz vor seinen zwei "Jesus Christus Erlöser"-Auftritten geschoben hat. Mit den Gedanken scheint's schon ganz bei seinen inbrünstigen Rezitationen, kann ihm selbst die flotte Margaret Lee nichts.

5/10

Sleaze Europloitation Giallo Fernando Di Leo Psychiatrie


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AMERICAN PSYCHO (Mary Harron/USA 2000)


"I have to return some videotapes."

American Psycho ~ USA 2000
Directed By: Mary Harron

Patrick Bateman (Christian Bale) lebt gegen Ende der Achtziger als Broker in Manhattan. Sein Lebensinhalt besteht aus Hautpflegemitteln, teuren Restaurants und Clubs, seichter Popmusik und barbarischer Gewalt. In einer sich bereitwillig selbst anonymisierenden Gesellschaft braucht er sich noch nichtmal Sorgen darüber zu machen, für seine Taten zur Rechenschaft gezogen zu werden. Als er nach einem Amoklauf einbricht und seinem Anwalt (Stephen Bogaert) telefonisch seine Missetaten gesteht, zeigt dieser sich leidlich interessiert. Es bleibt eine Gewissensfrage.

Ellis' gewaltige Bestandsaufnahme der Spätachtziger filmisch zu adaptieren entspricht einer von vornherein zum Scheitern verurteilten Idee, da die für eine halbwegs adäquate Verfilmung notwendigen Ingredienzien eine visuelle und akustische Ausnahmesituation schaffen würden, der sich kein Massenpublikum freiwillig zu stellen bereit wäre. Harrons Film ist daher vor allem Reduktion. Sie und ihre Coautorin Guinevere Turner retten vermutlich, was zu retten ist; schälen, entkernen, interpretieren, deuten, planieren, begradigen und schaffen somit einen gemeinhin gefälligen Kinospaß, der sich im Gegensatz zum Buch keine Gedanken über kontroverse Aufnahme beim Feuilleton machen muss, es sei denn, dieses möchte dann vielleicht doch etwas mehr Quellenanbindung.
Harron feminisiert die Perspektive des Romans, der nach seinem Erscheinen Feministenverbände auf die Barrikaden hat steigen lassen, derweil Ellis sich damals, infolge der offen geäußerten Meinung, unter anderem auch ein radikal feministisches Buch geschrieben zu haben, mit nur vorgeblich unverständiger Miene amüsiert haben dürfte. Um der Linie von "American Psycho" umsetzerisch halbwegs zu folgen, bedarf es des Mutes zur Monotonie, zur Beiläufigkeit, zur Ausdehnung, auch in Bezug auf die zur Komplettierung unerlässlichen Darstellung von Batemans Gewaltakten. Von alldem jedoch entfernt sich der Film. Er wählt die satirische Antenne des Romans als vordringlichen Energiespender - ein legitimer, aber eben überaus halbgarer Ansatz. Ferner ist Christian Bale, der Harrons und Turners Ansatz bedingungslos folgt, eine, wenn auch charmante, Fehlbesetzung in der Hauptrolle.
Immerhin befindet sich auf der US-DVD mit der Interviewsammlung "The 80s: Downtown" eine grandiose kleine Doku, die das Erlebnis des nach meiner Auffassung in Ehren misslungenen Films wieder halbwegs ausgleicht.

4/10

Mary Harron period piece New York Wall Street Serienmord Madness Yuppie Satire


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BACKDRAFT (Ron Howard/USA 1991)


"It's a living thing, Brian. It breathes, it eats, and it hates."

Backdraft ~ USA 1991
Directed By: Ron Howard

Dass sein kleiner Bruder Brian (Stephen Baldwin) zur Chicagoer Feuerwehr kommt, ist dem alten Hasen Stephen 'Bull' McCaffey (Kurt Russell) ein Dorn im Auge, ist doch einst bereits ihr Vater (Kurt Russell) bei einem Einsatz ums Leben gekommen. Tatsächlich schafft es Stephen bald, seinen Bruder wieder aus seiner Einheit herauszuekeln, so dass Brian bei den Brandursache-Ermittlern landet. Zusammen mit Donald Rimgale (Robert De Niro), selbst ein früherer Firefighter, setzt sich Brian auf die Spur eines feuerversierten Killers, der seine Opfer mittels gezielter 'backdrafts' mordet.

Ein "Backdraft", das lernt man im Film, kommt dann zustande, wenn ein Brand in einem kleinen Raum sämtlichen Sauerstoff verschlungen hat. Das nunmehr entstandene Vakuum ist jedoch noch heiß genug, um sich bei neuer Sauerstoffzufuhr wieder zu entzünden und einer riesigen Zunge gleich nach vorn zu schnellen. Eine hübsch perfide Art, ahnungslos Türen öffnende Leute umzubringen. Oder eben Feuerwehrleute. "Backdraft" dürfte das Herz eines jeden Pyromanen höher schlagen lassen: Howard inszeniert, orchestriert, choreographiert das Feuer und setzt es mit großer Leidenschaft ins Bild. Der Filmdialog spricht ständig vom Feuer als einer Art lebendem, denkenden Gegner, den es zu durchschauen gilt, bevor man ihn effektiv bekämpfen kann. "Backdraft" versteht sich auch unmissverständlich als Heldenepos und Ehrerbietung an die Feuerwehrleute der USA, einer eingeschworenen Arbeitersubkultur mit hohem Ehrenkodex und von unvergleichlichem Mut. Vor dem Hintergrund dieses Ansinnens schlägt er allerdings permanent über die Stränge; der deutsche Untertitel "Männer, die durchs Feuer gehen" hätte treffender "Männer, die in Zeitlupe durchs Feuer gehen" geheißen. Wenn Kurt Russell, einen kleinen schwarzen Jungen im Arm, zu der schon ekelhaft pathetischen Musik Hans Zimmers in Slo-Mo durch eine brennende Tür bricht, dann sagt der Film alles über sich. Stargespickte Füllszenen, in denen alibihaft uninteressante Beziehungsgeflechte erörtert werden, dienen lediglich dazu, das Ganze auf Länge zu bringen und den Film nicht als eine einzige Pyroshow dastehen zu lassen. "Backdraft" ist so etwas wie der "Top Gun" des Katastrophenfilms, eine selbstverliebte Egoshow Ron Howards, die immerhin als eine stilistische Maßgabe für das noch folgende Neunziger-Kommerzkino Bestand hat und sich ihrer beeindruckenden Feuerszenen wegen anschauen lässt. Ansonsten weist das Ding bereits genau in die Richtung, die mit "Apollo 13", einem für mich wirklich unansehnlichen Stück Scheiße von Film, ihren traurigen Höhepunkt erreichen sollte. Amerika, deine Helden.

5/10

Chicago Ron Howard Gregory Widen Feuer Feuerwehr Brüder Serienmord





Filmtagebuch von...

Funxton

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