Zum Inhalt wechseln


In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


Foto

BROKEN TRAIL (Walter Hill/USA 2006)


"We're all travelers in this world. From the sweet grass to the packing house. Birth 'til death. We travel between the eternities."

Broken Trail ~ USA 2006
Directed By: Walter Hill


Im Jahre 1898 treiben Prentice "Print" Ritter (Robert Duvall) und sein Neffe Tom Harte (Thomas Haden Church) eine große Herde Mustangs von Oregon nach Wyoming, um sie dort für den späteren Einsatz in der britischen Armee zu verkaufen. Unterwegs geraten sie an den üblen Menschenhändler Billy Fender (James Russo), der fünf just nach San Francisco verschiffte chinesische Jungfrauen für die Puffmutter Big Rump Kate (Rusty Schwimmer) nach dem Minenstädtchen Caboo City bringen soll. Fender jedoch kann die kleptomanischen Finger nicht bei sich behalten und baumelt bald an einem Strick. Nun müssen Print, Tom und der mittlerweile ebenfalls hinzugestoßene Tagelöhner Gilpin (Scott Cooper) die Obhut für die fünf Asiatinnen, die kein Wort Englisch sprechen, übernehmen. Als Big Rump Kate vom heldenhaften Auftritt der Cowboys erfährt, reagiert sie jedoch ziemlich ungehalten und schickt ihnen den üblen Pferdedieb und Killer Big Ears (Chris Mulkey) auf den Hals.

"Broken Trail", Walter Hills bislang letzte, als Zweiteiler für das Fernsehen konzipierte Regiearbeit, muss wohl zu den schönsten und geschlossensten Arbeiten des Regisseurs gezählt werden. Alles ist hier im Einklang, es scheint, als wandle Hill direkt in John Fords Fußstapfen, habe das Wesen und den Geist des Alten Westens zur Gänze erfasst und wolle nun den Beweis dafür antreten. Der Film schwelgt in einigen der schönsten Landschaftsaufnahmen, die ich je gesehen habe, erklärt die Menschen, zumindest jene, die es verdienen, zu einem unseparierbaren Teil des Landes, hegt einen ungeheuren Respekt für seine Figuren und vermittelt eine emotionale und atmosphärische Ausgeglichenheit, die von dem Hill von vor 30 Jahren nie denkbar gewesen wäre. Trotz seiner stolzen Erzählzeit hält "Broken Trail", besonders durch die großartige Darbietung von Robert Duvall, seine Zuschauer permanent bei Aufmerksamkeit und Interesse. Unglaublicherweise sind gerade die ruhigsten Szenen, nämlich die am abendlichen Lagerfeuer, in denen im Grunde nichts passiert außer aufrichtigen Gesprächen zwischen desillusionierten alten Männern oder vielleicht einem kleinen Tänzchen zum Fidelspiel, Herz und Motor von "Broken Trail". Und noch manches mehr erfährt man über die alten Tage in der Prärie; dass Cowboys nicht nur Karnickel, sondern auch Biskuit mit Marmelade zu verzehren pflegten zum Beispiel, dass die meisten von ihnen durch den permanenten Sattelsitz irgendwann o-beinig wurden, dass es ziemlich unangenehm sein konnte, sich den Arsch mit Salbeiblättern abzuwischen oder das Hofhunde gern die Samenstränge frisch kastrierter Ochsen schlabbern. "Broken Trail" ist Romantizismus und Wahrheit, beides schmerzhaft ehrlich, beides von traumwandlerischer Schönheit.
Dass dieser Film es mit den geringen, notwendigen Modifikationen vielleicht, nicht ins Kino geschafft hat, ist eigentlich ein Skandal.

9/10

Walter Hill Cowboy Wyoming


Foto

DAY OF THE ANIMALS (William Girdler/USA 1977)


"You see what you want you take - you take it! And I am going to do just that!"

Day Of The Animals (Panik in der Sierra Nova) ~ USA 1977
Directed By: William Girdler


Ein paar Tage in der Zukunft hat das Ozonloch bereits eine beträchtliche Größe erreicht und sämtliche ab einer bestimmten Höhe lebenden Tiere fangen aufgrund der ungefilterten UV-Strahlung urplötzlich an durchzudrehen. Besonders in den höher gelegenen Ortschaften der Rocky Mountains sind die Leute ihres Lebens kaum mehr sicher: Außer von Greifvögeln, Klapperschlangen, Pumas und Wölfen werden sie selbst von gewöhnlichen Haushunde und Ratten attackiert. Der Wanderführer Steve Buckner (Christopher George) und sein Freund Santee (Michael Ansara), die eine Handvoll Wochendabenteurer durchs Gebirge führen, haben alle Hände voll zu tun, ihre Kunden vor den animalischen Übergriffen zu schützen. Als dann sogar die ersten Mitreisenden größenwahnsinnig werden, scheint das Ende nahe.

Wie man weiß, sind Scriptautoren, besonders solche, die sich vornehmlich als Spezialisten im Ersinnen etwas günstigerer Produktionen hervortun, stets etwas schlauer als die Herren Aklademiker von der Wissenschaftsfront. Das gilt besonders für Paläontologen und Behavioristen. Anno 1977 wurde die Leinwand längst bevölkert von Monstren und Mutanten, die aufgrund nuklearer Katastrophen oder anderer, auf die endlose Unvernunft der Menschheit rückschließbarer Ereignisse entstanden waren. Als Mitteende Siebziger dann die Sache mit dem FCKW und der angegriffenen Ozonschicht die großflächige Runde machte, zögerte man nicht lange und erkor jene zum Sündenbock für eine mögliche bevorstehende Änderung im Verhalten unserer tierischen Gefährten und Mitbewohner. In Girdlers Quasi-"Grizzly"-Sequel "Day Of The Animals" spielen sich ausgerechnet die majestätischen Bergfalken als heimliche Chefs und Koordinatoren eines großangelegten Massenangriffs auf uns Zerstörer ihrer Umwelt auf. Als dann inmitten der aggressiven Bären und Großkatzen plötzlich auch noch Leslie Nielsen anfängt auszurasten, schließlich mit gebleckter Brust und irrem Blick während eines gewaltigen Unwetters einen Nebenbuhler (Andrew Stevens) aufspießt und mit blumigen Worten eine bevorstehende Vergewaltigung einleitet, weiß man ganz sicher: Um die Menschheit steht es schlecht. Glücklicherweise kommt am Ende das Militär in schicken silbernen Glitzeroveralls vorbei und rettet ein kleines, sozusagen doppelt und dreifach verwaistes Mädchen, das Ozonloch schließt sich wieder von selbst und die wahnsinnigen Tiere fallen durch die Bank tot um. Nochmal Glück gehabt, Freunde.

6/10

Independent Tierhorror Trash William Girdler


Foto

ALONE IN THE DARK (Jack Sholder/USA 1982)


"There are no crazy people, doctor. We're all just on vacation."

Alone In The Dark (Zwei Stunden vor Mitternacht) ~ USA 1982
Directed By: Jack Sholder


Für den jungen Psychiater Dr. Potter (Dwight Schultz) erweist sich die neue Anstellung in einem New Jerseyer Provinzsanatorium als echte Herausforderung. Nicht nur, dass die Therapiemethoden seines Kollegen Dr. Bain (Donald Pleasence) höchst unkonventionell anmuten, Bain scheint auch selbst nicht ganz richtig im Kopf zu sein. Wirklich prekär wird es, als ein langwieriger Stromausfall die ganze Gegend heimsucht. Vier in Bains Spezialstation 3 einsitzende, wahnsinnige Schwerverbrecher (Jack Palance, Martin Landau, Erland van Lidth, Phillip Clark) können die Sicherheitseinrichtungen überwinden und fliehen aus der Anstalt. Ihr Ziel: Das Haus Dr. Potters. Die vier sind nämlich der fixen Idee aufgesessen, Potter habe seinen Vorgänger Dr. Merton (Larry Pine) ermordet und müsse nun dafür bestraft werden...

Frühes New-Line-Glanzstück von Jack Sholder, der in der nicht zu unterschätzenden, glücklichen Position war, über eine wahre, zudem in Topform befindliche Prachtbesetzung verfügen zu können. Das Slasherthema des sich durch die Reihen seiner Mitmenschen mordenden Psychopathen war gerade hoch in Mode, als Sholder auf die eigentlich naheliegende Idee kam, nicht nur einen, sondern gleich vier archetypisch gestaltete und zu allem Überfluss noch fraternisierte boogey men auftreten zu lassen. Dieses Beispiel machte zwar nicht Schule, erwies sich aber trotzdem als kurzfristig wirkungsvoll. Dass zumindest drei der Irren recht populäre Gesichter ihr Eigen nennen, ist dann für den inneren Rhythmus des Films gewissermaßen wieder kontraproduktiv, letztlich aber kein echter Störfaktor. Diskutieren ließe sich vielleicht über die ziemlich billige, populistische Denunziation der forensischen Psychiatrie, da ich die Thematisierung von reaktionärem Gebahren im Horror- und Splatterfilm aber tatsächlich für eher amüsant denn zweckdienlich halte, lasse ich es an dieser Stelle einfach bleiben.
"Alone In The Dark" ist abseits davon grimmiges, witziges Horrorkino der Klasse A, wobei sich mir die Frage stellt, weshalb der Film eigentlich nur einen so niedrigen Bekanntheitsgrad genießt. Für ein solches Kabinettstückchen schwerstens unverdient.

7/10

Psychiatrie Jack Sholder Slasher Serienmord Belagerung


Foto

THE LAST HOUSE ON THE LEFT (Wes Craven/USA 1972)


"Piss your pants!"

The Last House On The Left (Mondo Brutale) ~ USA 1972
Directed By: Wes Craven


Ein Trip nach New York anlässlich Maris Collingwoods (Sandra Cassell) 17. Geburtstags wird ihr und ihrer Freundin Phyllis (Lucy Grantham) zum Verhängnis. Auf der Suche nach ein bisschen Dope geraten sie in die Fänge des flüchtigen Gewaltverbrechers Krug Stillo (David Hess), seiner zwei Kumpanen (Fred Lincoln, Jeramie Rain) und seines labilen Sohnes (Marc Sheffler). Das sich als veritable Gruppe von Psychopathen entpuppende Gangsterquartett erniedrigt, vergewaltigt und ermordet die beiden Mädchen, zufällig ganz in der Nähe des abgelegenen Hauses von Maris Eltern (Richard Towers, Cynthia Carr). Wegen einer Autopanne begeben sich die Kriminellen nach ihrer Bluttat ausgerechnet zu den Collingwoods. Als diese durch einen dummen Zufall realisieren, wen sie da bei sich zu Gast haben und dass diese Menschen für Maris Tod verantwortlich sind, rächen sie sich auf grausame Weise.

Ein leuchtendes Beispiel dafür, welch reizvolle Blüten New Hollywood trieb und dass die ganze Bewegung nicht nur das Studiosystem verunsicherte und umkrempelte, sondern auch unabhängigen Debütfilmern den Weg ebnete und Nebenschauplätzen wie dem New Yorker Underground Tür und Tor zum internationalen Filmgeschehen öffnete. Für "The Last House On The Left" taten sich die aus dem Horrorfilmgeschäft der achtziger Jahre nicht mehr fortzudenkenden Namen Wes Craven (Autor & Regisseur), Sean S. Cunningham (Produzent) und Steve Miner (Produktionsassistent) zusammen, um, enttäuscht, müde und angepisst von der allgegenwärtigen gesellschaftlichen Verlogenheit und beeinflusst von Bergmans Drama "Jungfrukällan" ein neues, wütendes Subgenre zu kreieren: das des Terrorfilms. Erst vor einigen Jahren wiederentdeckt und zu neuer Aktualität geführt, ankerten die Grundgedanken und -schemata dieser Art Film, die im gegenwärtigen Jargon so gern als "toture porn" bezeichnet wird, erstmalig hier: Unschuldige Menschen, vorzüglich Mädchen aus zumeist bourgeoisem Hause, geraten in die Gefangenschaft brutaler Unholde, die sie emotional und sexuell bedrängen, quälen und häufig töten. Hernach ergibt sich allerdings stets auch eine karthatische Reaktion in Form der noch gnadenloseren Rache der Opfer oder ihrer Hinterbliebenen, die nicht zuletzt dazu fungierte, das Publikum zumindest halbwegs versöhnt entlassen zu können. "Last House" ist aber vor allem auch eine böse Komödie, eine tiefschwarze Satire über die Grenzen der Funktionalität der bürgerlichen Gesellschaft - das liberale Ärzteehepaar vergisst in der Konfrontation der furchtbaren Realität jedwede Zivilisiertheit und verfällt zurück in eine archaische Totschlagsmentalität, die zudem noch ziemlich genüsslich praktiziert wird. Derweil ist ein Großteil der Ereignisse ausschließlich der Inkompetenz zweier dämlicher Provinzpolizisten (Marshall Anker, Martin Kove) zu verdanken, die nicht nur Maris und Phyllis' Martyrium hätten verhindern können, sondern zugleich noch für Deeskalation im Hause Collingwood hätten sorgen können. Stattdessen fressen sie - eine stark symbolbeladene Sequenz - Maris von der Mutter selbst und mit Liebe gebackene Geburtstagstorte auf.
"The Last House On The Left" geriert sich bis in die Gegenwart als ein billiger, schmutziger, unangenehm zu betrachtender, vor allem aber starker, kluger und radikaler Film, wie er nur von jungen Wilden hergestellt werden kann, denen keine Autorität ins rohe Handwerk pfuscht und die noch ernsthaft etwas mitzuteilen haben.

9/10

New York Exploitation Terrorfilm Independent Splatter Wes Craven Rache New Hollywood


Foto

IN THE ELECTRIC MIST (Bertrand Tavernier/USA, F 2009)


"You been drunk a long time. Pretty soon all the trees and alligators will be talking to you."

In The Electric Mist ~ USA/F 2009
Directed By: Bertrand Tavernier


Dave Robicheaux (Tommy Lee Jones), trockener Alkoholiker, Experte für Fischerei im Bayou und außerdem noch bodenständiger, durch fast nichts aus der Ruhe zu bringender Polizist in Louisiana, wird in einem Fall um Prostituiertenmord nicht nur mit dem ihn umgebenden, bedrohlich schwelenden Sumpf aus Korruption und Kriminalität konfrontiert, sondern auch mit seiner eigenen Vergangenheit.

Auch wenn Tommy Lee Jones als knorriger Südstaatenermittler in jüngerer Zeit alles andere als eine Seltenheit darstellt und sich die eine oder andere böse Zunge fragen mag, ob er denn überhaupt noch jemals eine andere Rolle geben wird - "In The Electric Mist", dessen Titel sich ein wenig nach dem eines betagten Gary-Numan-Songs anhört, markiert zumindest nach meiner Einschätzung einen der Höhepunkte des vorverganenen Filmjahres. Der Film strahlt von der ersten bis zur letzten Einstellung eine knochentrockene Poesie und Gelassenheit aus und scheint selbst durch innere beziehungsweise inhaltliche Stürme nicht aus der Ruhe gebracht werden zu können. Alles wird zu einem großen, diesig-schwülen Amalgam - das Land, seine Menschen (selbst die unsympathischeren, hier gespielt von John Goodman und Ned Beatty), Robicheaux, seine liebenswerte Familie (Mary Steenburgen, Alana Locke) und in vorderster Front seine durch einen unfreiwilligen Acidtrip induzierten Illusionen vom Sezessionskrieg, dessen Auswirkungen das Areal bis heute in ihren unausweichlichen Klauen halten sowie seinem künftigen "Berater", dem Konföderiertengeneral Hood (Levon Helm), der freilich nur in Robicheaux' Geist lustwandelt. Es muss wohl Taverniers europäisch gefärbte, lässige Arbeitsweise sein, die "In The Electric Mist" so gleichermaßen mysteriös wie entspannt dastehen und ihn andererseits für das lokale Publikum eher unverständlich, um nicht zu sagen: ungeliebt werden lässt. Ich für meinen Teil hätte gern mehr davon. Viel mehr.

9/10

Sumpf New Orleans Bertrand Tavernier Louisiana Film im Film Suedstaaten


Foto

SUPERNOVA (Walter Hill/USA 2000)


"We die, so stars may be reborn."

Supernova ~ USA 2000
Directed By: Walter Hill


Die sechs Mitglieder umfassende Crew eines zu interdimensionalen Sprüngen in der Lage befindlichen Raumkreuzers empfängt einen Notruf aus den Tiefen des Alls. In der Nähe einer Minenkolonie sitzt der als Glücksritter und Ex-Junkie berüchtigte Karl Larson in irgendeiner Falle. Nachdem das Sciff den Dimensionssprung vollzogen hat, nimmt es den etwas derangiert wirkenden Sohn (Peter Facinelli) Larsons an Bord. Dieser hat ein eigenartiges Artefakt, das angeblich den Zugang zu neuen Technologien ermöglicht, an Bord seiner Rettungskapsel. Als sich der medizinische Assistent Penalosa (Lou Diamond Philips) daran zu schaffen macht und Captain Vanzant (James Spader) gar dafür plädiert, es über Bord zu werfen, reagiert Larson sehr ungehalten...

"Supernova" eilt gemeinhin der Ruf einer filmischen Katastrophe voraus - eine eher an den Entstehungsumständen denn am fertigen Produkt festzumachende Aussage. Insgesamt vier Regisseure dokterten daran herum - neben Hill waren noch Geoffrey Wright, Jack Sholder und Francis Ford Coppola, der die undankbare Aufgabe hatte, den Film umzumontieren, an ihm beteiligt. In den Credits findet sich nurmehr der Name "Thomas Lee", offizieller Nachfolger des mittlerweile zu symbolischem Grabe getragenen Alan Smithee. Bei MGM war man mit der Arbeit Hills offenbar in höchstem Maße unzufrieden, weshalb Coppola im Nachhinein engagiert wurde, um wenigstens ein paar der Kastanien aus dem Feuer zu holen. Dass sich eine solche Prozedur - spätestens, so sie einmal ans Ohr der Öffentlichkeit gelangt ist - stets als höchst nachteilig für den kommerziellen Erfolg eines Projekts erweist, scheint bei den zuständigen executives nicht angekommen zu sein.
Nun, eine gewisse Inkohärenz betreffs der vorliegenden Schnittfassung lässt sich tatsächlich nicht von der Hand weisen, wenn man "Supernova" ansichtig wird. Vieles, wie der frühe Tod des von Robert Forster gespielten Captain Marley, wird angeschnitten und in Rekordkürze abgehandelt, was einen insgesamt unsauberen Eindruck hinterlässt. Andererseits ist "Supernova" immer noch recht ausgesucht bebildert, temoreich, unterhaltsam und hier und da sogar spannend. Es wäre jedoch wünschenswert, dass Hill eines Tages noch seinen DC veröffentlichen darf, um dem gehaltenen Publikum zumindest die Chance zu offerieren, einmal einen Vergleich anstellen zu können.

6/10

Jack Sholder Francis Ford Coppola Walter Hill Raumschiff Mutant


Foto

THE SOUND OF MUSIC (Robert Wise/USA 1965)


"Auf Wiedersehen, darling."

The Sound Of Music (Meine Lieder - Meine Träume) ~ USA 1965
Directed By: Robert Wise


Salzburg, 1938: Die lebenslustige junge Postulantin Maria (Julie Andrews) zerbricht der Mutter Oberin (Peggy Wood) des hiesigen Nonnenklosters durch ihre Unbekümmertheit den Kopf. Um ihr Pflichtbewusstsein zu straffen, muss Maria daher die Aufgabe eine Gouvernante im Hause der Von Trapps übernehmen. Oberst Von Trapp (Christopher Plummer), wohlhabender Marienoffizier im Ruhestand und Witwer, hat sieben Kinder, die Marias diverse Vorgängerinnen teils in Rekordzeit aus dem Haus gewtrieben haben. Mittels ihres offenen Wesens sowie ihrer Herzlichkeit gewinnt Maria jedoch schnell die Herzen der Kinder und nicht nur diese - auch der Oberst entflammt in Kürze für sie. So jedoch nicht für die immer präsenteren Nazis - Die just durchgeführte Annexion, die bald allerorten die Hakenkreuzfahne wehen lässt, akzeptiert der glühende Patriot Von Trapp nicht. Als er für die Reichsmarine eingezogen werden soll, entschließt er sich mitsamt seiner neuen Frau Maria und den Kindern zu einer überstürzten Flucht aus Österreich.

Vor "Oliver!", der nur drei Jahre später quasi das endgültige inoffizielle Ende des Hollywood-Silver-Age markierte, repräsentierte "The Sound Of Music" das letzte der flamboyanten Studiomusicals, das die Herzen der Jury weichzuspülen vermochte. 1970 ward New Hollywood dann auch in der Academy angekommen und mit "Midnight Cowboy" ein kaum zu erwartendes Werk auf dem Siegertreppchen postiert; zugleich letzter Vorhang und Neubeginn.
Hinter dem überaus ambitionierten, vor Ort gefilmten Projekt "The Sound Of Music" standen große Namen ausalten Tagen: Die bombastischen Songs, die bereits seit sechs Jahren aus diversen Broadway-Aufführungen bekannt waren, stammten von Rodgers & Hammerstein, das realitätsbeschönigende Script von Ernest Lehman, Produktion und Regie übernahm Robert Wise.
Sich über die Inhalte von "The Sound Of The Music" zu ereifern, wäre nutzlose Muße, natürlich wirkt der Film oberflächlich naiv, die Realität mit Füßen tretend, klischiert, dumm gar. Was ihn letzten Endes ansehnlich macht, zumindest für Zeitgenossen, die eine grundsätzliche Affinität zu Filmmusicals bei sich ausmachen können, ist genau das, was alle großen Musicals auszeichnet: schöne Bilder, Herz, leidenschaftlicher Kitsch, Surrealismus, rücksichtslose Überlänge. Und kommt es zur (nicht seltenen) Expression großer Emotionen, fangen die Menschen in Musicals eben an zu singen. Und nicht nur, dass ihr Gegenüber sich nicht darüber wundert - es stimmt zumeist auch noch mit ein! Und noch besser: Das Publikum kam in Scharen, um sich das anzuschauen. Die mit ausgebreiteten Armen über eine prachtvolle Alm laufende, "The Hills are alive..." schmetternde Julie Andrews muss schließlich zu den großen, ikonischen Kinobildern gezählt werden. Irgendwas hat Wises Film aller Kritik zum Trotze dann offenbar doch sehr richtig gemacht.

7/10

Österreich Robert Wise Historie Nationalsozialismus Rodgers & Hammerstein Musik Familie


Foto

JAGGED EDGE (Richard Marquand/USA 1985)


"Is that your head talking, or another body part runnin' out of me? Hey, ok, what the hell, fuck me."

Jagged Edge (Das Messer) ~ USA 1985
Directed By: Richard Marquand


Um seine Verteidigung möglichst öffentlichkeitswirksam und glaubwürdig zu gestalten, engagiert der Mordverdächtige Jack Forrester (Jeff Bridges) die gutgläubige Anwältin Teddy Barnes (Glenn Close). Der charismatische Forrester soll seine immens reiche Gattin (Maria Mayenzet) umgebracht haben, um an ihr Vermögen zu gelangen. Er jedoch beteuert seine Unschuld und Teddy ist sehr geneigt, ihm zu glauben - zum einen, weil der gegnerische Staatsanwalt Krasny (Peter Coyote) ein hinterhältiger Hund ist, zum anderen, weil sie sich schwer in ihren Mandanten verguckt...

Nach einem wie üblich maßgeschneiderten, mit diversen four-letter-words angereichertem Script von meinem ganz speziellen "Freund" Joe Eszterhas erwuchs dieser grundtypische Achtziger-Baukastenkrimi, der wie viele seiner Mitläufer auf eine subtile, wie beiläufig-zufällige Weise ein paar widerwärtig oberflächliche, für seine Entstehungszeit charakteristische Existenzmaximen propagiert. Die Dramaturgie des Films folgt dem üblichen, immer wieder bemühten und weitestgehend vorhersehbaren Schema, dass einer ganzen Kohorte von Kriminalfilmen ihre eigenartige Identität verleiht. Dass Marquand Besseres zu fertigen imstand ist, hatte er einige Jahre zuvor mit der ungleich intensiveren und in mehrfacher Hinsicht gewichtigeren Follett-Verfilmung "Eye Of The Needle" unter Beweis stellen können. "Jagged Edge" taugt im Gegensatz zu diesem lediglich gut zu dem, als das ich ihn gestern ohnehin benutzt habe: als unspektakulärer Feierabendfilm, der die nachfolgende, nächtliche Traumwelt garantiert unbehelligt lässt. Ein zumindest unterhaltsames Kinorelikt.

5/10

Richard Marquand Courtroom San Francisco Joe Eszterhas


Foto

4 LUNI, 3 SAPTAMÂNI SI 2 ZILE (Cristian Mungiu/RO 2007)


Zitat entfällt.

4 Luni, 3 Saptamâni Si 2 Zile (4 Wochen, 3 Monate und 2 Tage) ~ RO 2007
Directed By: Cristian Mungiu


Rumänien, 1987. Das Land weiß noch nicht, dass die erlösende Revolution und damit die lang ersehnte Befreiung von der Ceauşescu-Autokratie nurmehr zwei Jahre auf sich warten lassen wird. Für die Studentin Gabita (Laura Vasiliu) jedenfalls kommt die Nachricht ihrer ungewollten Schwangerschaft einer Hiobsbotschaft gleich. Gabitas ängstliche und lethargische Persönlichkeit verhindert eine rechtzeitige Reaktion und so muss ihre Freundin und Zimmergenossin Otilia (Anamaria Marinca) den viel zu späten Schwangerschaftsabbruch organisieren. Dieser und seine unmittelbaren Folgen sind besonders für Otilia von ungeahnter Tragweite.

Von der repressiven Menschenrechtssituation jenseits des Eisernen Vorhangs erzählt Mungiu in seinem erschütternden Vier-Personen-Drama "4 Luni, 3 Saptamâni Si 2 Zile". Die titelspendende Zeitangabe bezieht sich auf die Spanne, die Gabita bereits ihr werdendes Kind mit sich herumträgt. Entsprechend unverantwortlich erscheint ihr spätes Insistieren, entsprechend fürchterlich erwirkt sich das Resultat. Mungiu bezieht sein Publikum ohne zu Zögern in die Schonungslosigkeit der folgenden, quälenden Minuten ein. Auch zuvor bleibt er der bis zur Selbstaufgabe aufopferungsvollen Otilia fast permanent auf den Fersen, einzig für die Zigarettenlänge ihres notdürftig gestifteten Beischlafs mit dem opportunistischen Abtreibungsarzt Bebe (Vlad Ivanov) verlässt sie die Kamera länger als eine Einstellung. Überhaupt operiert "4 Luni, 3 Saptamâni Si 2 Zile" in der Hauptsache mit Zeit und Zeitbegriffen. Quälend lang die unsäglichen Minuten, die Otilia an der Geburtstagstafel der Mutter (Luminita Gheorghiu) ihres Freundes Adi (Alexandru Potocean) zubringen muss - in der Schraubzwinge zwischen der altklugen Larmoyanz und der angesoffenen Großkotzigkeit der übrigen Gäste. Als einmal das Telefon klingelt, spürt man förmlich Otilias zum Sitzenbleiben nötige Willenskraft.
"4 Luni, 3 Saptamâni Si 2 Zile" ist starkes, spannendes Frauenkino von Weltformat mitsamt einem Armageddon im Hotelzimmerformat. Für Freunde berückend-bedrückender, unbequemer Kammerspiele unerlässlich.

9/10


Foto

CAMPING DEL TERRORE (Ruggero Deodato/I, USA 1987)


"You know what I feel about democracy..."

Camping Del Terrore (Body Count - Mathematik des Schreckens) ~ I/USA 1987
Directed By: Ruggero Deodato


Für eine Gruppe vergnügungssüchtiger Teenies wird ein Kurzurlaub in den Rocky Mountains zu einer unerwartet blutrünstigen Angelegenheit: Das Camp, in dem sie sich einquartieren, wird nicht nur durch einen höchst spinnerten Eigentümer (David Hess) bewirtschaftet, sondern zudem noch von einem - scheinbaren - indianischen Dämon, einem uralten Medizinmann, heimgesucht. Dieser holt sich einen nach dem anderen von den Kids, die so dämlich sind, dass sie zunächst gar nicht bemerken, dass sich ihre Reihen immer weiter lichten...

Die Besetzungsliste lässt den Genre-Aficionado zunächst enthusiastisch frohlocken: David Hess, Mimsy Farmer, John Steiner, Ivan Rassimov und Charles Napier geben sich ein Stelldichein. Bereits das zweite Hinschauen allerdings sorgt für rasche Ernüchterung: Steiner und Rassimov sind nur in ganzen zwei Szenen zu sehen, in denen jeweils ausschließlich sie selbst auftreten und die ganz offensichtlich losgelöst vom Rest des Films entstanden sind. Sonderlich blutig fällt Deodatos Beitrag zum Camp-Slasher auch nicht aus; die Auflösung, respektive die schlussendliche Demaskierung des Täters ist bereits nach den ersten Minuten kein Geheimnis mehr. Fürderhin ist manches andere nicht minder unglücklich gewachsen: Die teils abenteuerlich inkompetent beleuchteten, ausschließlich bei Dämmerlicht oder Dunkelheit gefilmten Außenszenen sind natürlich nicht, wie man uns weiszumachen trachtet, bei Aspen, sondern in den Abruzzen entstanden - gerade so, als hätte man nurmehr nach Feierabend Zeit zum Drehen gehabt. Die schnittigen Wortgefechte, in der deutschen Fassung immerhin von einigen Vertretern der Berliner Fachgilde eingesprochen, sind zum Wegschmeißen: "Hey, Charlie. Wenn du nicht die Finger von meiner Frau lässt, leg' ich dich um." - "Wenn du das versuchst, breche ich dir alle Knochen. Schönen Tag noch." Und so geht das unentwegt. Zu lachen gibt es ergo ausreichend. Lohnt das Reinschauen.

5/10

Ruggero Deodato Independent Slasher Trash Camping Europloitation Backwood Splatter Teenager Serienmord





Filmtagebuch von...

Funxton

    Avanti, Popolo

  • Supermoderator
  • PIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIP
  • 8.268 Beiträge

Neuste Kommentare