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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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DIE TODESGÖTTIN DES LIEBESCAMPS (Christian Anders/BRD 1981)


"Kuck mal, wie die auf mir rumhüpft... los, kipp' ihr mal 'nen Cocktail ins Gesicht, damit sie sich ein bisschen abkühlt!"

Die Todesgöttin des Liebescamps ~ BRD 1981
Directed By: Christian Anders


Eine Sektenführerin (Laura Gemser), die ihre Untertanen nur mit "Die Göttliche" anreden, hat auf Zypern ein Liebescamp aufgebaut, in dem sich das oberste Credo aus permanenter Promiskuität sowie wikingerhaften Tischsitten zusammensetzt. Wer nicht mehr zum Rudelbums bereit ist, bekommt umgehend die Siebenschwänzige zu spüren, bis er oder sie sich eben wieder fügsam zeigt. Abtrünnige werden nur zum Schein entlassen und ein paar hundert Meter weiter von Tanga (Sascha Borysenko), dem bulligen Leibwächter der Göttlichen, in eine geheime Erdspalte geschubst. Der jüngste Plan der bereits kritisch von den internationalen Behörden beäugten Göttlichen besteht darin, sich die Tochter (Simone Brahmann) eines wohlhabenden US-Senators (Bob Burrows) gefügig zu machen, um sich mittels deren umfassendem Erbteil wieder gesundstoßen zu können. Dazu benutzt sie ihren in Sachen Kung Fu nicht inkompetenten Hohepriester Dorian (Christian "Ein Griff wie ein Schraubstock" Anders), der sich jedoch unsterblich in die eigentlich eher mittelmäßig aussehende Jungfer verknallt und mit ihr durchzubrennen plant. So lässt die Göttliche aber nicht mit sich umspringen!

Die zweite der beiden in speziellen Kreisen zu Legenden avancierten Regiearbeiten des Schlagersängers und späteren Lichtgurus Christian Anders, der sich selbst einst gern zu einem Zwischenwesen aus blondgelocktem Liebhaber, Martial-Arts-Experten und Sangesstar zu stilisieren pflegte. Thematisch orientiert der spätere Verschwörungstheoretiker sich am seinerzeit kosmopolitisch heißen Eisen des Sektenführers Jim Jones mitsamt Jonestown und dem "Peoples Temple", nominell bereits für zwei andere Sparproduktionen benutzt. Dass Anders' Sprechstimme tonal eher untauglich fürs Publikum sein muss, wird ihm sein Agent oder sonst ein Unverblendeter gesteckt haben, jedenfalls ließ der verhinderte Meisterautor sich von Heiner Lauterbach nachsynchronisieren, was irgendwie eine ziemlich lustige Kombi ergibt.
Für "Die Todesgöttin des Liebescamps" holte sich der später auch als 'Lanoo' bekannte Gammelbarde noch die in Sachen Softsexfilm erfahrenen D'Amato-Veteranen Laura Gemser und Gabriele Tinti mit an Bord, die die natürlich sichtlich brav gestellten Kopulationsszenen mit ihrer Wohlgestalt aufwerten mussten. Zumindest bei der Gemser klappt das, was mich anbelangt, auch fraglos. Ihr kompakter Haussklave Sascha Borysenko dürfte eifrigen Talkshow-Zuschauern noch als der kleine Schuhschrank mit dem lustigen Schnäuzer in Erinnerung sein, der in den späten Achtzigern und frühen Neunzigern in diversen Nachmittagssendungen seine Künste als Prügel-Stuntman zur Schau stellte. Der Mann ist tatsächlich unfassbar untalentiert und scheint darüberhinaus noch stolz darauf zu sein, dass seine ihm ureigene Körperhaltung verhindert, dass die Ellbögen jemals seinen Torso berühren. Permanent dick eingeölt und bekleidet mit einem Röcklein, wie es ihrerzeit Steve Reeves oder Mark Forest als Herkules zu tragen pflegten, lässt er seine Brustmuskeln spielen und steht ansonsten funktionsbefreit in der Szenerie herum wie eine fleischfarbene Statue. Das reicht alles für ganz viel "Käse mit Arsch", wie meine Tante Elke derlei "Qualitätsstoff" gern zu nennen pflegt und ist sicherlich für jeden Exploitation-Freund sowie auch den etwas spezifizierter Ausschau haltenden Fan deutscher Sex-Klamotten sicherlich von unbedingter Verpflichtung.

5/10

Zypern Sleaze Europloitation Trash Christian Anders


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THE LADIES MAN (Jerry Lewis/USA 1961)


"Ma-Ma!!!"

The Ladies Man (Zu heiß gebadet) ~ USA 1961
Directed By: Jerry Lewis


Nachdem seine Freundin ihn rigoros abgesäbelt hat, will Herbert H. Heebert (Jerry Lewis) am liebsten erst gar keine attraktive Frau seines Alters mehr zu Gesicht bekommen. Umso verdutzter reagiert der junge Mann, als er feststellen muss, dass er seine neue Stelle als Hausfaktotum von Miss Wellenmellon (Helen Traubel) nirgendwo anders als in einem Mädchenpensionat anzutreten hat.

Ähnlich wie bereits in "The Bellboy" hält Lewis hier nicht viel von narrativer Stringenz - "The Ladies Man" ist eher eine (bis zur Schmerzgrenze perfektionierte) Abfolge von Slapstick-Nummern, die unter anderem um ein nur scheinbar gefährliches Haustier namens "Baby", diverse exzentrische, weibliche Nachwuchstalente und die von hier ab ständige Lewis-Begleiterin Kathleen Freeman sowie natürlich den titelgebenden Tolpatsch kreisen. Der wahre Star des Films ist allerdings das gigantische, dabei puppenhausgleiche Set, das stets so gefilmt ist, dass in Frontalansicht die sich über drei Etagen verteilenden, diversen Korridore, Treppen und Fahrstühle und darüberhinaus fast sämtliche Räume permanent einsehbar werden lässt. In Kombination mit der exzellenten Kameraarbeit ein veritables Meisterstück der Kulissenkunst. Dann schaut aus unerfindlichen Gründen noch kurz George Raft als er selbst vorbei und demonstriert, dass er entgegen seinem eher finsteren Ruf als Gangster-Adlatus durchaus Spaß verstehen konnte.
Einer von Lewis' Besten.

8/10

Slapstick Hollywood Jerry Lewis


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SPLICE (Vincenzo Natali/CAN, USA, F 2009)


"Eek, eek."

Splice ~ CAN/USA/F 2009
Directed By: Vincenzo Natali


Die für den Pharmakonzern N.E.R.D. tätigen Jungwissenschaftler Clive (Adrien Brody) und Elsa (Sarah Polley) züchten aus einem ganzen Pool unterschiedlicher animalischer Gene die beiden amorphen Tierchen Ginger und Fred, die dann, unter Zugabe menschlicher DNA unter strengster Geheimhaltung das seltsame, weibliche Wesen Dren zeugen. Elsa und Clive verstecken die sich rasend entwickelnde Dren vor ihren Kollegen und Bossen und entwickeln zunächst elterliche (Elsa) und dann erotische (Clive) Gefühle für ihren Zögling. Als Dren dann, zu voller Blüte gereift, das Geschlecht wechselt, wird sie bzw. er zu einer tödlichen Gefahr für die Adoptiveltern.

Das geringfügige Problem mit Natalis immerhin erstem Spielfilm seit dem 03er "Nothing" scheint mir seine mangelnde Eigenständigkeit zu sein. "Splice" geriert sich, um in der biologischen Terminierung des Films zu verharren, wie ein mehr als offenkundiger Hybrid aus dem frühen Cronenberg und Donaldsons "Species". Besonders die thematischen Parallelen zu letzterem erweisen sich als augenfällig bis akut. Immerhin geht Natali in der zweiten Hälfte seines bis dahin eher possierlichen Films auf recht gewagte Art und Weise in medias res, wenn er seine zwischen Science Fiction und latentem Horror pendelnde Geschichte zu einem Eltern- und Quasi-Inzestdrama überhöht, das schließlich mittels einer Art "ödipaler Konklusion" sogar freudianische Züge erhält. Die pharmaziekritischen Aspekte habe ich indes so empfunden, als kämens sie selten über ein recht flaches Behauptungsniveau hinaus, obgleich der entsprechende Ansatz sicherlich gut gemeint und zumindest in der Planungsphase auch kompetent durchdacht worden sein mag. Dennoch, die Bosse von Elsa und Clive bzw. von Ginger und Fred sind mir - für einen phantastischen Film zumindest - am Ende schlicht nicht bösartig genug.

7/10

Paraphilie Genforschung Vincenzo Natali Kanada Mutant Monster Frankenstein Pharmaindustrie


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CINDERFELLA (Frank Tashlin/USA 1960)


"I wanna be a person!"

Cinderfella (Aschenblödel) ~ USA 1960
Directed By: Frank Tashlin


Der Millionenerbe Fowler (Jerry Lewis) ist leider zu dämlich, als dass er merken würde, dass er sich von seiner Stiefmutter (Judith Anderson) und seinen beiden Stiefbrüdern Henry Silva, Robert Hutton) gar nicht herumschubsen zu lassen bräuchte, wie es tagtäglich der Fall ist. Eines Tages erscheint ihm eine gute Fee (Ed Wynn) und erzählt ihm etwas von der großen Liebe, die schon in Form einer europäischen Prinzessin (Anna Maria Alberghetti) am Horizont winkt.

Return to Tashlin: Nach "The Bellboy" also wieder zurück in bewährte Regisseurshände, diesmal im Zeichen einer überdrehten Parodie von Grimm's (fast) gleichnamigem Märchen. Count Basie gibt sich die Ehre mit ein paar flotten Swing-Nummern, Lewis himself gestattet sich einen sanften Vorgriff auf sein späteres Meisterwerk "The Nutty Professor" und schwingt schließlich noch ein wenig die Moralkeule, wenn er in der (zugegebenermaßen wunderschön gefilmten) Schlusseinstellung alles für die wahre Liebe opfert. Denkwürdigste Szene aber: Das Familiendiner, in dem Lewis permanent vom einen zum anderen Tischende rennen muss und dabei andauernd das Sakko wechselt. Als er dann versucht (!), Henry Silva eine Zigarette anzuzünden, muss man nur mal dessen versteinertes Gesicht beobachten - es lohnt!

7/10

Parodie Jerry Lewis Maerchen Slapstick


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THE BELLBOY (Jerry Lewis/USA 1960)


"On the double!"

The Bellboy (Hallo, Page!) ~ USA 1960
Directed By: Jerry Lewis


Die kleinen und großen Abenteuer des schweigsamen, aber stets für eine Überraschung guten Hotelpagen Stanley (Jerry Lewis), der im Luxusschuppen 'Fontainebleau' in Miami Beach angestellt ist.

Weniger klassisches Erzählkino, sonder, wie uns prologisch gleich auch Jack Kruschen versichert, mehr eine sich an einem roten Faden entlanghangelnde Abfolge von Lewis-Sketchen, die selbiger dazu nutzte, seine erste Regiearbeit in eigener Sache zu veröffentlichen. Lewis huldigt sich per self appearance nicht nur selbst in "The Bellboy", er rollt auch den roten Teppich aus für das gesamte US-Showgeschäft: Eine Vielzahl von Komikerkollegen, darunter Milton Berle und der unglaubliche Laurel-Parodist Bill Richmond hüpfen durchs Bild. Die Gags sind mal mehr, mal weniger sinnig, aber immer unterhaltsam zu beobachten, sei es Lewis bei Essen eines unsichtbaren Apfels, Lewis wie er eine frische Tonplastik verunstaltet, Lewis, wie er eine Saal voll Stühle stellt oder Lewis wie er mit seiner Blitzkamera eine Vollmondnacht beendet. Faszinierender Nonsens.

7/10

Florida Hotel Slapstick Jerry Lewis Miami


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ARTISTS & MODELS (Frank Tashlin/USA 1955)


"I never met a lady cartoonist before." - "All lady cartoonists are extremely grateful."

Artists & Models (Maler und Mädchen) ~ USA 1955
Directed By: Frank Tashlin


Die beiden Bohémiens Rick Todd (Dean Martin) und Eugene Fullstack (Jerry Lewis) hausen zusammen in Greenwich Village und halten sich mit kleinen Gelegenheitsjobs über Wasser, da weder Ricks Malerei noch Eugenes ausufernde Fabulierlust zum großen Erfolg führen. Als die Cartoonistin Abby (Dorothy Malone) und ihre Freundin Bessie (Shirley MacLaine) über ihnen einziehen, winkt Rick und Eugene zumindest schonmal das Glück der trauten Zwei- bzw. Viersamkeit, die von feindlichen Agenten allerdings kurz mal durcheinandergebracht wird.

Leider scheint "Artist & Models" der einzige Martin/Lewis-Film zu sein, den es bei uns auf DVD gibt - eine Schande, denn diese kleine Komiker-Sondersektion des Rat Pack ist mir noch vielfach in bester Ferbseherinnerung aus Kindheitstagen. Mit ihren diversen Live- und TV-Shows waren Martin und Lewis einst ein Renner im US-Showgeschäft, der sowohl für gleichermaßen gekonnte wie bizarre Blödeleien als auch für sein musikalisches Potenzial berühmt war. Irgendwann in der zweiten Hälfte der Fünfziger trennte man sich dann im Streit und ließ künftig die Finger voneinander.
"Artists & Models", wie viele Filme des Duos vom eigenwilligen Comedy-Auteur Frank Tashlin inszeniert, ist besonders aufgrund seines prachtvollen VistaVision ein echtes Liebhaberstück. Ich kenne nur wenige Filme, die nach über fünfzig Jahren noch so brillant und farbkräftig aussehen; alles scheint förmlich zu bersten vor lauter buchstäblicher Bildorgiastik. Da geraten Martins und Lewis' nichtsdestotrotz höchst charmant choreographierte Träller- und Albereien fast ins Hintertreffen. Aber nur fast: Die Szene, in der Lewis und seine Partnerin MacLaine zusammen im Treppenhaus "Innamorata" singen und tanzen, ist allerbestes Entertainment, ebenso wie die Comic-Gala im Showdown.

8/10

Frank Tashlin Slapstick New York Comic Satire Martin/Lewis Musik Jerry Lewis


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SOLOMON AND SHEBA (King Vidor/USA 1959)


"Nothing must come between us." - "Not even our gods?"

Solomon And Sheba (Salomon und die Königin von Saba) ~ USA 1959
Directed By: King Vidor


Salomon (Yul Brynner) erbt von seinem sterbenden Vater König David (Finlay Currie) die Regentschaft über das gelobte Land Israel, obschon Salomons älterer Bruder Adonijah (George Sanders) fest mit dieser Würde gerechnet hatte. Die zahlreichen Feinde Israels, darunter Ägypten und Saba, beobachten mit Argwohn, dass der weise und friedliebende Salomon nun zum Monarchen ausgerufen wird. Die Königin von Saba (Gina Lollobrigida) plant, Salomon zu becircen, um ihm dann seine intimsten Geheimnisse zu entlocken und Israel so zu schwächen. Tatsächlich sind die Hohepriester und Untertanen Salomons alles andere als erbaut darüber, dass die dem Vielgötterglauben frönende "Heidin" hier so herzlich willkommen geheißen wird. Mit Salomons wachsender Leidenschaft für die Königin von Saba beginnt daher auch seine Macht zu bröckeln.

Für seinen letzten Film holte der ähnlich wie Cecil B. DeMille von großen Gesten faszinierte King Vidor nochmal alles aus dem Lumpensack, was das kitscherfüllte Bibel- und Mounmentalkino jener Tage zu bieten hatte: Prunk und Plastik allerorten, eine dralle Titelheldin beim Bauchtanz, eine deftige Orgienszene und bigottes Bibelgeschwafel bis dorthinaus. Am Ende gibt es dann sogar die berühmte Schlachtenszene, bei der es dem in der Unterzahl befindlichen Salomon und seiner Armee gelingt, mittels ihrer Schilde die heranstürmenden Ägypter zu blenden und deren Streitwagen dann geradewegs in eine Schlucht stürzen zu lassen. Das ist wieder mal Camp allererster Kajüte und genau der Grund, warum ich dieses alte Monumentalzeug so schätze: Hier wird unter dem ohnehin bereits hauchdünnen Deckmäntelchen der Frömmelei im Prinzip nichts anderes denn reinste Exploitation geboten, die, wenn man für dergleichen offen ist, mit ihrer explosiven Farbgebung und ihrem epischen Aufzug größten Spaß zu bereiten vermag. They don't make 'em like this anymore - und genau das ist der Grund, warum dieser ganze, kostbare Kram in eine dicke Schatztruhe und in alle Ewigkeit gehortet gehört.

7/10

Israel Bibel King Vidor Aegypten Historie period piece


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THE WIND AND THE LION (John Milius/USA 1975)


"You're a great deal of trouble, Mrs. Pedecaris."

The Wind And The Lion (Der Wind und der Löwe) ~ USA 1975
Directed By: John Milius


Marokko, 1904: Der Berber-Sherif Raisuli (Sean Connery) kidnappt die amerikanische Diplomatenwitwe Eden Pedecaris (Candice Bergen) und ihre beiden Kinder (Simon Harrison, Polly Gottesman). Die gesamte westliche Welt empfindet diesen Akt als tiefe Provokation durch die Kolonialvölker und entsendet ihre Streitmächte, um sich gegen Raisuli auf die Lauer zu legen. Für den abenteuerlustigen Präsidenten Roosevelt (Brian Keith) symbolisiert Raisuli indes einen allzulang vermissten, vermeintlich unzivilisierten Kontrahenten. Mrs. Pedecaris kann indes ihre Sympathien für den schlitzorigen Berber kaum mehr verhehlen.

In "The Wind And The Lion" frönt Milius erstmals seinem Faible für filmische Schlachtenstiche, diverse inszenatorische Parallelen zum sieben Jahre späteren "Conan The Barbarian" sind unübersehbar. Raisuli ist darüberhinaus als eine ganz ähnliche Figur angelegt - als wandelnder, sturer Anachronismus, der die Schwelle zum Jahrhundert des kommenden Atomzeitalters schlicht ignoriert und viel lieber die jahrtausendealten Traditionen seines Volkes pflegt. Für Milius ein überaus willkommener Anlass zur Romantisierung eines längst überholten Maskulinismus und damit zugleich zur Schaffung diverser Wildwest-Analogien. Dazu gehört auch die einmal mehr als Entführungsopfer zu sehende Candice Bergen, die sich mal wieder mit ihrem Kidnapper fraternisiert. Die Sympathien des Regisseurs für seinen Protagonisten, der das Duell mit dem Säbel als das einzig Wahre unter "echten Männern" schätzt, und der am Ende gegen (unter anderem kaiserlich-deutsche) Gewehre und Kanonen anzutreten hat (und wegen der unerwarteten Intervention der ihn respektierender US-Infanteristen sogar reüssieren kann), sind dabei wiederum mehr als akut. Milius' These, dass unter anderem dieser historische Zwischenfall, der von ihm allerdings geflissentlich "umgedichtet" wird, ein maßgebliches Schlüsselereignis für den späteren Ausbruch des Ersten Weltkriegs darstellt, mag derweil etwas weit hergeholt scheinen. Wie dem auch sei, sein Hang zur bombastischen Überhöhung besitzt durchaus etwas Verführerisches.

8/10

Marokko period piece John Milius Kidnapping Historie


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E TU VIVRAI NEL TERRORE - L'ALDILÀ (Lucio Fulci/I 1981)


"It'll take as long as it takes."

E Tu Vivrai Nel Terrore - L'Aldilà (Die Geisterstadt der Zombies) ~ I 1981
Directed By: Lucio Fulci

Die New Yorkerin Liza Merril (Catriona MacColl) erbt ein verfallenes Hotel im tiefsten Süden von Louisiana. Sie plant, das Gebäude trotz seiner unrühmlichen Vergangenheit - einst hat man hier den Künstler Schweick (Antoine Saint-John) grausam gelyncht - wieder aufzubauen. Doch schon bald überschlagen sich die Ereignisse. Ein Installateur (Giovanni De Nava) wird, als er die eingemauerte Leiche des im Keller eingemauerten Schweick entdeckt, von mysteriöser Hand dahingeschlachtet und steht kurz darauf wieder auf der Matte; ein blindes Mädchen (Cinzia Monreale) mit Schäferhund taucht auf. Mit alldem scheint ein altes Buch namens 'Eibon' verknüpft zu sein, das von 'sieben Toren des Schreckens' berichtet...

Fulcis Meisterstück, ein, wie Schifferle es so vortrefflich pointiert, "Film des tiefen Südens", in jeder Hinsicht. An einer schlüssigen oder stringenten Narration ist Fulci nur wenig bis gar nicht interessiert; stattdessen legt er Wert auf Atmosphäre, Assoziationen, Schauer- und Ekelgefühle. Die teils ominösen und fast redundanten Dialoge sowie die mitunter einfältigen Gore-Sequenzen gliedern sich auf seltsame Weise in den Kontext der großartigen, vor Ort entstandenen Kamerarbeit ein; mit dem gleichsam faszinierten und befremdeten Blick des Europäers bannt Fulci das tatsächlich von unaussprechlichen Geheimnissen umweht scheinende Louisiana auf seine Bilder und gleicht dem sogar die periphere Akustik an. Aus der Ferne hört man permanent die Nebelhörner der Mississippi-Raddampfer erschallen und das Zirpen der Sumpfgrillen - von Anfang an lässt sich erahnen, dass jeder Großstädter hier verloren sein muss. Fulci demonstriert hier so eingängig wie kaum jemand vor oder nach ihm (mit Ausnahme von Argento freilich), wie bezaubernd pure Leinwandpoesie und billiges, exploitatives Horrorkino miteinander harmonieren können, wenn man sie nur nahe genug aneinander heran lässt.

9/10

Hotel Splatter New Orleans Louisiana Europloitation Zombies Lucio Fulci


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ON THE WATERFRONT (Elia Kazan/USA 1954)


"You wanna hear my philosophy of life? Do it to him before he does it to you."

On The Waterfront (Die Faust im Nacken) ~ USA 1954
Directed By: Elia Kazan


Hoboken, New Jersey: Der Ex-Boxer Terry Malloy (Marlon Brando) arbeitet als Schläger für den korrupten Hafengewerkschaftsboss Johnny Friendly (Lee J.Cobb). Terrys älterer Bruder Charley (Rod Steiger) ist Friendlys rechte Hand und Advokat. Als mit seiner unbewussten Hilfe eines Tages einer von Friendlys Klienten zu Tode kommt, beginnt der bis dahin erstarrte Terry erstmals aufzuhorchen. Mit der Unterstützung eines couragierten Paters (Karl Malden) und Edie (Eva Marie Saint), der Schwester des Ermordeten, beginnt er, gegen Johnny Friendly und seine Gangsterbande aufzubegehren.

Ein Meilenstein im amerikanischen Kino ist "On The Waterfront", da er als eine der ersten Studioproduktionen nahezu völlig auf Romantisierung und althergebrachte Klischees verzichtet und stattdessen trotz mancher expressionistischer Stilisierung ganz bewusst wie on location gedrehtes cinéma verité daherkommt. Kazan scheut sich nicht, pausenlos Dreck, Armut und Unbehagen abzubilden. Seine Figuren sehen mit Ausnahme der, besonders inmitten von Ruß unjd Kälte ätherisch anmutenden (und im Film freilich jungfräulichen) Eva Marie Saint aus wie vom Leben geschundene Individuen; vernarbt, unrasiert, desillusioniert, traurig. Brando, dessen Darstellung später als archetypisces method acting gelten sollte, spielt seinen Terry Malloy nicht, er lebt ihn - und scheint die anderen, kaum minder großartigen Schauspieler gleich mit in seinen Realismusstrudel zu reißen. Dass "On The Waterfront" permanent seinen nachdrücklichen Ruf nach sozialer Gerechtigkeit lauthals und als allgemeingültiges Credo herausposaunt, wirkt hier nebenbei ausnahmsweise nicht geheuchelt, sondern in höchstem Maße glaubhaft.

10/10

New Jersey Armut Hafen Elia Kazan Gewerkschaft





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Funxton

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