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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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PATTON (Franklin J. Schaffner/USA 1970)


"I won't have cowards in my army."

Patton ~ USA 1970
Directed By: Franklin J. Schaffner


Militärischer Genius, luxuriöse Staffage, freches Mundwerk und Reibeisenstimme: Das ist General Patton (George C. Scott), maßgeblicher Feldherr der Alliierten im Zweiten Weltkrieg. Abwechselnd mit Orden dekoriert und in Ungnade fallend, rückt Patton, nachdem er Rommel (Karl Michael Vogler) in Nordafrika geschlagen und Sizilien eingenommen hat, auf Berlin vor und vernimmt quasi Hitlers letzten Seufzer. Doch das Ende des Kriegs bedeutet auf bittere Art auch das Aus für seine Helden.

Auf filmischer Ebene vermutlich ebenso brillant wie seine Titelfigur auf der militärischen, ist "Patton" einer jener Filme, von denen man trotz ihrer stattlichen Länge insgeheim nicht möchte, dass sie überhaupt mal enden, in die man sich hineinschmiegt wie in eine weiche Himmelbettgarnitur. Zwar offeriert der von Coppola gescriptete, späte Abriss einer schillernden Militärbiographie eigentlich kaum Behagliches, doch es ist Scotts ungeheure Darstellung, die einen so hineinsaugt in ihre Gefilde. Patton ist kein Patriot, er könnte im Prinzip auch für die Gegenseite antreten. Das Wesen des Krieges ist, was ihn interessiert, die Optionen, Finten, der bloße Kampf. "Das ist es, was ich lebe, wofür ich geboren bin", sagt er einmal ganz leise und verzückt im Angesicht eines mit verstümmelten Leichen übersäten Schlachtfeldes und macht den Krieg damit, wie des Öfteren, zum lyrischen Objekt. Anflüge von Sympathie hat dieser Eisenfresser bloß für seine Adjutanten und Kammerdiener übrig - und natürlich für seine Gegner auf dem Feld. Ansonsten ist Patton der ultimative Zyniker und Misanthrop. Vielleicht ist er das auch nicht, in jedem Falle erachtet ihn die Welt als einen solchen. Am Ende, nachdem der Kampfeslärm verstummt ist und der Schlachtenqualm sich verzogen hat, bleibt Patton nurmehr sein Hund, ein überaus feiger Bullterrier namens Willi. Böse Schicksalsironie.

9/10

D-Day Ardennen-Offensive Historie Biopic period piece Nordafrika-Feldzug Rommel Francis Ford Coppola Franklin J. Schaffner Militaer WWII


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NOBODY'S FOOL (Robert Benton/USA 1994)


"You're a man among men."

Nobody's Fool ~ USA 1994
Directed By: Robert Benton


North Bath, Upstate New York. In dem kleinen, eingeschneiten Städtchen geht alles seinen idyllischen Gang, auch wenn manche der Einwohner dies vermutlich ganz anders sehen. Besonders der alternde Filou Donald 'Sully' Sullivan (Paul Newman) blickt mit Bedauern auf die meisten seiner Lebensentscheidungen zurück. Und während die meisten seiner Nachbarn ihn für einen Verlierer und Tagedieb halten, ist er doch unentbehrlich für North Bath. In diesem Winter bekommt er die von ihm dann auch wohlfeil genutzte Gelegenheit, auch für sich persönlich Einiges an Vermasseltem wieder gut zu machen.

Wunderbare Altersrolle für Paul Newman; wahrscheinlich sogar die schönste, die er nach 90 noch spielen durfte. "Nobody's Fool" ist das betont realitätsverbundene, warmherzige Porträt einer typischen US-Kleinstadt, in der selbst ein steifer Winter gar nichts mehr verlangsamen kann, weil sowieso alles stets im Zeitlupentempo geschieht. Im Laufe der Jahre hat das Granteln und gegenseitige Beschimpfen in North Bath Methode bekommen und auch, wenn niemand es zugeben würde: Die Leute bilden eine felsebfeste Gemeinschaft und lieben und ehren sich insgeheim alle. Selbst Sully und sein Intimfeind Carl Roebuck (Bruce Willis) sind im Prinzip die besten Freunde und können privat nicht voneinander lassen. Benton profiliert seine Figuren mit unsagbar viel Feingefühl und Sensibilität und räumt selbst Nebencharakteren noch gebührend viel Platz ein, um nicht zu bloßen Schießbudenfiguren degradiert zu werden. Zusammen mit Newmans in so gut wie jeder Szene zu bewundernden, überstrahlend-rührenden Performance summiert sich das zu einem Vorzeigefilm seines Jahrzehnts, der, im besten Sinne, leider zu klein ist, um je für weitflächige Popularität gesorgt zu haben.

9/10

Schnee Richard Russo Working Class Kleinstadt Robert Benton New York


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COMING TO AMERICA (John Landis/USA 1988)


"I want a woman that will arouse my intellect as well as my loins."

Coming To America (Der Prinz aus Zamunda) ~ USA 1988
Directed By: John Landis


Als Prinz Akeem (Edie Murphy), Thronfolger im wohlhabenden, afrikanischen Märchen-Ministaat Zamunda, zum 21. Geburtstag seine ihm vorbestimmte Braut (Vanessa Bell) heiraten soll, entschließt er sich spontan, nach New York zu reisen, um sich dort richtig zu verlieben. Dort angekommen, gibt er sich als armer Bettelstudent und Ziegenhirt aus, um nur ja kein Mädchen nur um des Geldes Willen anzulocken. Bald verkuckt sich Akeem in Lisa (Shari Headley), die Tochter des Fast-Food-Managers McDowell (John Amos). Doch damit fangen die Probleme erst an.

Landis' letzter Film, der noch den alten Esprit konservieren konnte. Einst einer der von mir hochgeschätztesten Regisseure, der unter meinen Lieblingsfilmen immerhin vier Titel platziert, begann für ihn genau nach "Coming To America" die große kreative Talfahrt. Zunächst noch zaghaft mit zumindest halbwegs passablen Arbeiten konsequent gen Bodennähe navigierend, markierte nach dem endgültig letzten Aufglimmen "Bloody Mary" der nichtswürdige "Beverly Hlls Cop III" den Niedergang dieses einst doch so formidablen Komödienfilmers. Ich habe oft darüber gerätselt, welche Ursachen für seinen bedauerlichen Niedergang verantwortlich sein mögen, doch letzten Endes lässt sich ohnehin nichts daran ändern und es bleibt ja immer noch eine umfangreiche, durchweg liebenswerte Hinterlassenschaft, zu der eben auch "Coming To America" gehört. Landis gelingt es darin vorzüglich, seine eigene, lakonische Spezialkomik mit einer Hommage an die alten Hollywood-Märchen von Lubitsch und Capra zu verbinden und so eine oberflächlich als solche bereits hinreichend goutierbare RomCom zu schaffen. Darunter jedoch tut sich eine Rundum-Satire betreffs des schwarzen New Yorker Lebensstils zum Ende der Achtziger auf - das Slumleben von Queens wird aufs Liebevollste karikiert, der unbeirrbare Glaube an großmäulige Eckkirchenprediger lässt sich nicht einschläfern, der wirtschaftliche Emporkömmling indes ist nach wie vor bloß ein armes Würstchen - alles ist Klischee und das Beste ist, der Film weiß das ganz genau. Eine Flut von Querverweisen und Insidergags betreffs des landis'schen Gesamtwerks abfeuernd, wird der Film endgültig zu einem humoristischen Rundumgenuss. See you next Wednesday.

9/10

John Landis Afrika Satire New York Erwachsenenmaerchen Ethnics


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THE STING (George Roy Hill/USA 1973)


"If this thing blows up, the Feds will be the least of our problems!"

The Sting (Der Clou) ~ USA 1973
Directed By: George Roy Hill


Joliet, 1936: Die kleinen Trickbetrüger Johnny Hooker (Robert Redford) und Luther Coleman (Robert Earl Jones) nehmen versehentlich einen Geldboten (James Sloyan) des mächtigen New Yorker Gangsterbosses Doyle Lonnegan (Robert Shaw) aus - was dieser sich nicht gefallen lässt. Nur wenige Stunden später ist Luther tot und Johnny auf der Flucht. Im Süden von Chicago trifft er auf Henry Gondorff (Paul Newman), den ungekrönten Meister aller Abzocker. Zusammen mit ihm will sich Johnny auf subtile Weise an Lonnegan rächen und ihn dort treffen, wo's am meisten schmerzt: Bei seiner Geldbörse.

"The Sting", erst auf den dritten Blick als Sequel zu "Butch Cassidy & Sundance Kid" identifizierbar, wäre wohl das, was am Ehesten als einen 'Evergreen' bezeichnet. Primär durch inflationäre TV-Einsätze eingemeindet in den Kulturkanon der Bevölkerung, innig geliebt, hundertfach genossen und bald unwillkürlich auswendig gelernt. Der große Twist am Ende, bei dem selbst der Zuschauer genarrt wird, ist längst keiner mehr, weil sowieso ein jeder darum weiß. So entblättern sich im Laufe der Jahre und des wachsenden Liebgewinnens erst die anderen, eigentlichen Qualitäten des Films, ganz abseits von der Tatsache, dass er schmerzlich perfektes Erzählkino feilbietet. Obschon die Depressionsära im Umfeld von New Hollywood häufig anzutreffen ist - mit "The Sting" schufen Hill und Davd S. Ward womöglich das ultimative 'period piece', auf verblüffende Weise in seiner authentischen Reproduktion von Lokal- und Zeitkolorit und dabei doch zumindest betreffs einer winzigen Facette ein Puristengreuel - die Ragtime-Musik, die den Score bestimmt, war anno 36 längst schon wieder aus der Mode.

10/10

George Roy Hill Chicago Freundschaft period piece New Hollywood Great Depression


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THE CHASE (Arthur Penn/USA 1966)


"Did you hear...? Bubber Reeves escaped!"

The Chase (Ein Mann wird gejagt) ~ USA 1966
Directed By: Arthur Penn


Eine kleine Stadt irgendwo im Süden. Der Filz der Jahrhunderte lässt sich, diverser Strampeleien der Einwohner zum Trotze, nicht abschütteln. Der reiche Bankier Val Rogers (E.G. Marshall) ist der ungekrönte König der Gegend und hat, auch wenn dieser es nie zugeben würde, selbst den ansonsten vorbildlichen Sheriff Calder (Marlon Brando) in der Tasche. Der hiesige, traditionelle Rassismus schwankt zwischen latent und offensiv, die Idee der sexuellen Revolution wird derweil brutal missverstanden und die Zeit vertreibt man sich mit feucht-fröhlichen Wochenend-Gelagen. In diese explosive Stimmung platzt die Nachricht, dass der junge Tunichtgut Bubber Reeves (Robert Redford) mal wieder aus dem Gefängnis ausgebrochen und möglicherweise auf dem Wege Richtung Heimat ist. Und eine kleine Lynch-Party ist genau das, was den Stadtbewohnern zum ultimativen Amüsement noch fehlt...

Eines der trefflichsten und zugleich erschütterndsten filmischen Porträts über den Süden der USA, auf Augenhöhe mit den Gesellschaftsdramen von Williams. Dekadenz und Neureichtum übermannen hier jede menschliche Regung, die Menschen sind fast durchweg hassens-, um nicht zu sagen verabscheuenswert in ihrer bequemen Kleingeistigkeit. Penn entwickelt für seine zwischen Burleske und bierernstem Drama angesiedelte Theateradaption eine rein ästhetisch betrachtet verführerische Bildsprache mit Scope und leuchtenden Farben, die den oberflächlichen Glanz jener mittelalterlichen Gesellschaft perfekt einfängt und es dem Rezipienten zumindest zu Beginn ein wenig erschwert, sich einen Begriff von jenem sozialen Mikrokosmos zu machen. Auf topographische Angaben verzichtet "The Chase" bewusst, um seine kritische Allgemeingültigkeit nicht zu verspielen. Dem US-Publikum und auch der Kritik ist Penns Film wie viele selbstkritische Werke der Kinogeschichte (ewiges Musterbeispiel: "Heaven's Gate") bis heute verhasst, dabei handelt es sich um eine seiner brillantesten Arbeiten.

9/10

based on play Menschenjagd Arthur Penn Lynchjustiz Suedstaaten Rassismus


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FAREWELL TO THE KING (John Milius/USA 1989)


"I have a special relationship with the spirits."

Fartewell To The King ~ USA 1989
Directed By: John Milius


Pazifik, 1945: Der britische Offizier Fairbourne (Nigel Travers) erhält von der Admiralität den Auftrag, die Ureinwohner auf Borneo für den Kampf gegen die anrückenden Japaner zu gewinnen. Überrascht stellt Fairbourne fest, dass die Dschungelstämme einen Weißen zu ihrem König gemacht haben: Den amerikanischen Deserteur Leearoyd (Nick Nolte). Jener ist tief in die Kultur der eingeborenen eingetaucht, hat eine Familie gegründet und besteht darauf, dass seine Souveränität anerkannt wird, wenn der Krieg ersteinmal vorbei ist. General MacArthur (John Bennett Perry) geht nur zum Schein auf Learoyds Wünsche ein. Nachdem die Japaner unter hohem Blutzoll zurückgeschlagen wurden und der Krieg beendet ist, soll sich Learoyd dann doch vor einem Kriegsgericht verantworten.

Milius' erster Film nach seiner erzreaktionären Drittweltkriegsdystopie "Red Dawn" zeigt sich von deutlich versöhnlicherer Gestalt. Basierend auf einem Roman von Pierre Schoendorffer fügt der auteur diverse Motive nach Conrad ("Heart Of Darkness") und Kipling ("Lord Jim") zusammen, stiehlt einen Hauch Epik von Leans "Lawrence Of Arabia" und antizipiert darüberhinaus noch Malicks "The Thin Red Line", der wie "Farewell To The King" die Zerstörung unschuldiger Natur durch "zivilisiertes" Kriegsgeschehen thematisiert.
Abgesehen davon bleibt der Film in konventionellen Bahnen, müht sich manchmal vergeblich, Empathie für seine Hauptfiguren zu schüren und bietet nur in seltenen Momenten die innere Kraft auf, die man noch von Milius' früheren Werken zu schätzen weiß. Wirklich packend wird es wahlweise eigentlich nur dann, wenn durchschimmert, wie sehr der Regisseur der Faszination der Wildnis vor Ort erlegen ist und die formale Zeit für schwelgerische Bilder findet oder wenn es inhaltlich um ein abgespaltetes Korps der Japaner geht, das sich zu urweltlichen Kannibalen zurückentwickelt hat.
Noltes zum Chargieren neigende Performance verzeiht man ihm, zumal in Anbetracht seiner üblichen Auftritte, gern, wobei der eindrucksvollste Auftritt notabene James Fox zugeschrieben werden muss, der leider nur wenig Spielzeit bekommen hat.

7/10

John Milius WWII period piece Ethnics Militaer Pazifikkrieg Freundschaft Borneo Kannibalismus Pierre Schoendorffer


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PRIVATE SCHOOL (Noel Black/USA 1983)


"Sex education? That's my favorite subject!"

Private School ~ USA 1983
Directed By: Noel Black

Wenn ein Mädchen- und ein Jungeninternat benachbart sind, weiß der geneigte Teeniefilmkucker bereits, was zu erwarten steht: Schwerenot, Samenkoller und Pseudo-Gepimper allerorten. Immerhin kommt gegen Ende auch die wahre Liebe nicht zu kurz.

Alle haben mal klein angefangen, selbst Matthew Modine, der, ein Jahr, bevor er mit dem wundervollen "Birdy" in die Prämiumklasse der Hollywood-Akteure aufstieg, eine schmalsinnige Peinlichkeit namens "Private School" um seine Präsenz bereicherte. Tatsächlich finden sich sogar mehrere klangvolle Namen auf der Besetzungsliste dieser amerikanischen "Eskimo Limon"-Variante, in der der Hauptjokus, offenbar seiner unerschöpflichen Witzigkeit wegen, permanent repetiert wird. Jener besteht - hehe - darin, dass irgendein Spanner - hoho - beim Fensterln vom Sims in die - hihi - Rosenbüsche fliegt. Ansonsten gibt es noch einige flaue Titten- und Wet-T-Shirt-Witzchen, die in der Regel auf das Konto der immerhin überaus wohlgeformten Betsy Russell gehen, jene nunmehr als Serienkillerwitwe zu neuer Semiprominenzblüte gelangt. Die hysterisch-rotbirnige Verklemmtheit, mittels derer diese Gags dargebracht werden, sucht allerdings ihresgleichen und dürfte bestenfalls beim mittfünfzigjährigen Taschenbillardmeister aus Reihenhaus 69b für Belustigung und ausgebeulte Buchsen sorgen. Ich hingegen fand's leider bloß zum Fremdschämen, das aber dafür volle Ölle.

3/10

Softsex Noel Black Teenager Schule


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RAMMBOCK (Marvin Kren/D 2010)


"I bin der Michael. I suach die Gabi."

Rammbock ~ D 2010
Directed By: Marvin Kren


Michael (Michael Fuith) kommt von Wien nach Berlin, um sich mit seiner Ex-Freundin Gabi (Anka Graczyk) zu versöhnen. Doch aus dem romantischen Überraschungsbesuch wird nichts - kaum in Berlin und in Gabis Wohnung angekommen, wird Michael Zeuge, wie eine Art Tollwut-Virus in Windeseile die Hauptstädter heimsucht und in tobsüchtige Zombies verwandelt. Deren nurmehr einzige Motivation besteht darin, andere durch Bisse und Kratzer zu infizieren. Zusammen mit dem Klempner-Azubi Harper (Theo Trebs) verbarrikadiert sich Michael in dem großen Mietshaus, dessen Bewohner nach und nach alle der Seuche anheim fallen...

Ziemlich großartiger, wenn auch leider etwas kurz geratener Beitrag zum apokalyptischen Horrorfilm aus Deutschland. In sepiafarbenen, vintage-artigen Bildern und unterlegt mit einem latent-lakonischen Humor, für den vor allem der wienernde Hauptdarsteller verantworlich zeichnet, erzählen Jungregisseur Kren und sein Autor Benjamin Hessler die bereits seit Romeros "The Crazies" altbekannte und in jübgerer Zeit zunehmend häufig im Film durchgespielten Geschichte einer die Menschheit sich selbst zerfleischen machenden Seuche. Um ein paar kluge Facetten erweitert (der Ausbruch der Krankheit lässt sich etwa durch die Einnahme von Sedativa hinauszögern) gelingt es dem Duo dennoch, seine Geschichte permanent spannend und interessant zu halten und den armen Gutmenschen Michael in immer neue vertrackte Situationen schlittern zu lassen auf seinem Pfad in die Unausweichlichkeit. Der Beweis, dass auch hierzuland tadelloses Genre-Kino entstehe kann, wenn die richtigen Köpfe dahinterstecken.

8/10

Apokalypse Zombies Virus Berlin Marvin Kren


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THE HEIRESS (William Wyler/USA 1949)


"I can be very cruel. I have been taught by masters."

The Heiress (Die Erbin) ~ USA 1949
Directed By: William Wyler

New York, um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Catherine (Olivia de Havilland), die Tochter des wohlhabenden Arztes Dr. Sloper (Ralph Richardson), entwickelt sich zusehends zu einer alten Jungfer. Schüchtern und unbehende wie sie sich gibt wird sie weder von ihrem Vater noch vom Rest der Männerwelt als die durchaus zartfühlende und treuherzige Person wahrgenommen, die sie tatsächlich ist. Daher verdächtigt Dr. Sloper ihren aus heiterem Himmel auftauchenden Verehrer, den mondänen, aber schluckarmen Bonvivant Morris Townsend (Montgomery Clift), der bloßen Mitgiftjägerei. Wie richtig er damit liegt, will die vor Verliebtheit blinde Catherine nicht einsehen, bis es zu spät ist - ihre Rache ist dafür umso kühler.

William Wyler entwickelt sich mehr und mehr zu einem Lieblingsregisseur. "The Heiress", ein sowohl auf dem Roman "Washington Square" von Henry James als auch auf einem Stück von Ruith und Augustus Goetz basierendes New Yorker Gesellschaftsporträt, ist jedenfalls wieder einmal von einer ungeheuren inneren Kraft. Es berichtet von der zivilisatorisch unumgänglichen Zwangsläufigkeit feministischer Emanzipationsbestrebungen, so das weibliche Geschlecht sich nicht an seinen häuslichen Schwächen messen lassen will. Die in "Gone With The Wind" noch als bieder-brave Cousine Melanie zu sehende de Havilland hat somit nun endlich Gelegenheit, sich ihrer wahren Stärke zu besinnen. Der von ihr vortrefflich ausgefüllte Part (seltsamerweise erinnert sie mich in zahlreichen Einstellungen an die alternde Ingrid Bergman) des armen Mauerblümchens Catherine Sloper, das am Ende, mit doppelt gebrochenem Herzen, doch noch wie Phoenix aus der Asche emporsteigen darf, ist jedenfalls die späte Quittung dafür. Später, in Aldrichs "Hush...Hush, Sweet Charlotte", durfte sie es dann ja sogar mit der Davis aufnehmen (wobei man gegen diese natürlich nur den Kürzeren ziehen kann). Doch auch Richardson und Monty Clift bieten Sternstunden ihres Könnens, offenbar von Wyler zu selbigen getrieben.
Ein höchst brillanter, scharf geschriebener Film ist das für Kinofreunde wohl kaum verzichtbare Resultat.

10/10

New York based on play William Wyler Emanzipation Bonvivant Henry James Rache period piece


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INCEPTION (Christopher Nolan/USA, UK 2010)


"Whose subconscious are we going through exactly?"

Inception ~ USA/UK 2010
Directed By: Christopher Nolan


Cobb (Leonardo DiCaprio) versteht sich auf eine ganz besondere Form der Industriespionage: Extractions. Dabei schaltet er sich in die Traumwelt des zu bespitzelnden Subjektes ein, um aus dessen Unterbewusstsein bestimmte Geheimnisse herauszulösen. Als der japanische Magnat Saito (Ken Watanabe) auf Cobb aufmerksam wird, engagiert er diesen gegen einen verführerischen Preis für ein besonderes professionelles Wagnis: Cobb soll mit einem eigens zusammengestellten Team eine 'Inception' vornehmen, die Verankerung einer vorab konstruierten Fremdidee im Hirn seines Opfers. Als Gegenleistung soll Cobb durch Saitos Verbindungen von den US-Fahndungslisten gelöscht werden, auf denen er wegen Mordes an seiner Frau (Marion Cotillard) steht.

Weder der große, als solcher versprochene Überfilm, noch die satanische, nicht minder vollmundig garantierte Kino-Nemesis, stellt "Inception" sich als nicht mehr und nicht weniger vor denn als recht schick anzuschauender Genrefilm, der ebensowenig durch sonderliche inhaltliche Komplexität auffällt wie durch erwähnenswerte formale Extravaganzen. Damit reiht er sich dann auch recht nahtlos in das übrige, spießbürgerlich-risikoarme Nolan-Œuvre ein, dem unbedarftere Filmkucker zwar regelmäßig gern ein Taj Mahal nach dem anderen aus dem Boden stampfen, das tatsächlich aber nichts mehr repräsentiert als so stilsicheres wie konventionelles Unterhaltungskino. Die vielgepriesene Doppelbödigkeit des Films konnte ich jedenfalls zu keiner Sekunde ausmachen, allerhöchstens zunächst groß aufgezogene und dann nicht eingelöste narrative Prämissen erschienen mir augenfällig. Der gedankliche Ansatz, (inhaltlich) die Pforte zum einem Traum innerhalb eines Traums zu öffnen und somit (dramaturgisch) einen szenischen Zugriff auf mehrere parallele Realitäten zu erhalten, ist jedenfalls keineswegs so bahnbrechend wie "Inception" sie uns zu verkaufen trachtet, genauso wenig wie der scheinbar unbedingte Wunsch, ebendieses Konzept nonchalant zu Tode zu reiten.
Dass die Welt des Traums beim gegelten Anzugträger Nolan im negativen Sinne höchst linear erscheint und u.a. ausschaut wie das alpine Actionszenario eines Bond-Films, entlarvt indessen rasch die offenbar traurig eng gesteckten imaginären Grenzen ihres Ersinners. Viel klüger arrangiert als ein "Surrogates" von dem wesentlich weniger klangvoll prononcierten Jonathan Mostow ist das auch nicht, bloß etwa doppelt so lang und doppelt so wichtigtuerisch.

7/10

Identitaetskrise Christopher Nolan Traum





Filmtagebuch von...

Funxton

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