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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE EGYPTIAN (Michael Curtiz/USA 1954)


"Why?"

The Egyptian (Sinuhe, der Ägypter) ~ USA 1954
Directed by: Michael Curtiz


Theben, 1200 v. Chr.: Der als Baby ausgesetzte Sinuhe (Edmund Purdom) verdingt sich wie sein Adoptivvater (Carl Benton Reid) als Arzt der Armen, begleitet von seinem besten Freund Horemheb (Victor Mature) und der ihn liebenden Schankwirtin Merit (Jean Simmons). Dann jedoch verfällt Sinuhe den unguten Reizen der Babylonierin Nefer (Bella Darvi), die ihn vollends in Selbstverrat und Ruin treibt. Zusammen mit seinem Diener Kaptah (Peter Ustinov) verlässt Sinuhe Ägypten und kehrt erst Jahre später als reicher Arzt wieder. Horemheb giert mittlerweile nach der Macht im Staate und plant, den pazifistischen Pharaoh (Michael Wilding) zu entmachten. Angewidert von dem allgemeinen moralischen Verfall wendet sich Sinuhe einer höheren Instanz zu...

Ganz ähnlich Hawks' "Land Of The Pharaohs" ist "The Egyptian" nichts anderes als großformatiger camp; eine aufwändig gestaltete, dabei jedoch von unleugbar kleinem Geiste beseelte Hollywood-Mär der frühen CinemaScope-Tage. Sogar ein wenig film noir steckt drin in Curtiz' Ägypten-Soap, es gibt die verführerische Femme fatale und das brave Liebchen, den intelligenten, aber nicht minder naiven Helden, der wegen seiner Unkontrolliertheit am Ende mit leeren Händen dasteht und dessen egomanischen Freund, der, einmal am brodelnden Kessel der Macht geschnuppert, alles hinter sich lässt. Selbst die Besetzung mit Mature, Simmons und Tierney ist durchaus noir-kompatibel. Natürlich bereiten in erster Linie die in der damals üblichen Epik eingefangenen spektakulären Kostüme, Bauten und set pieces Vergnügen, an denen man sich durchweg ergötzt. Wunderbar wie immer auch Peter Ustinov als schlitzohriger Gauner mit goldenem Herzen und der leider nur kurz auftretende John Carradine als nicht minder sympathischer Grabräuber. Überhaupt ist es das, was "The Egyptian" dann doch ein wenig bleibenden sittlichen Wert verleiht: Dass er die Kleinen, die Loser und die vermeintlich Geisteskranken zu Helden erklärt und die Großen und Starken zu den wahren Übeltätern.

7/10

Historie Biographie Aegypten Michael Curtiz period piece


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DIE HAMBURGER KRANKHEIT (Peter Fleischmann/BRD, F 1979)


"Woran ist die Ratte gestorben?"

Die Hamburger Krankheit ~ BRD/F 1979
Directed By: Peter Fleischmann


Von Hamburg aus breitet sich strahlenförmig eine tödliche Seuche über die Bundesrepublik aus. Bei den Opfern sind im Vorhinein keinerlei Symptome zu entdecken, ebensowenig lässt sich der Inkubationsweg festlegen. Der Tod tritt ganz abrupt ein und hinterlässt seine Opfer in gekrümmter Embryonalstellung.
Der Gerontologe Sebastian (Helmut Griem), die junge Ulrike (Carline Seiser), der dichtende Krüppel Ottokar (Fernando Arrabal) und der Pommesverkäufer Heribert (Ulrich Wildgruber) flüchten in wechselnder Konstellation Richtung Süden, wo Sebastian eine Almhütte besitzt. Die geheimnisvolle Krankheit und die schlecht organisierten, übereifrigen Behörden raffen sie jedoch einen nach dem anderen dahin.

Eine fürstlich groteske Dystopie von Gesellschaftsanalytiker Fleischmann, mit dessen Humorbegriff ich sehr konform gehe. Filme über pestähnliche Seuchen und ihre sozialen Auswirkungen gab es ja besonders in den letzten zehn Jahren zuhauf, wobei die meisten von ihnen sich primär an althergebrachter Zombie-Motivik orientieren. Bei Fleischmann ist die namenlose Krankheit schlicht nichts anderes als die längst überfällige Symptomatik einer überfressen-dekadenten Konsumgesellschaft, deren Luxus sie geradewegs in die Zivilisations-Hölle peitscht. Zwischen seine deliranten Jagdszenen aus Mitteleuropa setzt Fleischmann dann noch diverse bizarre Gestalten wie Rainer Langhans, der einen esoterisch veranlagten Wohnwagen-Überführer spielt, Tilo Prückner als verhärmten Todessehnsüchtigen, der sein Fluchtheil grundsätzlich auf Bäumen und Dächern sucht, oder den Transsexuellen Romy Haag. Als Ulrike sich gegen Ende in eine groteske Heidi verwandelt, deren Alm-Öhi-Großvater, als sie von einem staatlich beauftragten Gebirgsjäger-Korps geschnappt wird, erstmal quer durch die Alpen jodelt, hat der Rezipient nurmehr die Wahl, Fleischmann als Ersinner großer Kunst oder als poteniellen Klapsmühlen-Insassen ins Auge zu fassen. Ich halte ersteres für unabdingbar.

8/10

Hamburg Virus Groteske Road Movie Peter Fleischmann Surrealismus


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THE HOUSE ON SORORITY ROW (Mark Rosman/USA 1983)


"You're the bait."

The House On Sorority Row ~ USA 1983
Directed By: Mark Rosman


Die Mädels einer Studentinnenvereinigung haben es nicht leicht mit ihrer ältlichen Hausmutter Mrs. Slater (Lois Kelso Hunt), die jedes Jahr am 19. Juni noch weniger Spaß versteht als sonst. Vor über 20 Jahren hatte Mrs. Slater nämlich an ebenjenem Datum eine Totgeburt und den Verlust darüber nie verwunden. Als die frustrierte Dame einer in ihrem Hause stattfindenden Party ein jähes Ende bereitet, rächen sich die Schwesternschaftlerinnen an ihr, doch aus dem Spaß wird unvorhersehbarer Ernst und Mrs. Slater ertrinkt im trüben Pool. Doch wer ist es dann, dernoch am selben Abend die sieben Täterinnen und einige Gäste ihrer Abschlussparty mit blutiger Wollust dahinmeuchelt?

Ein kleines Highlight im Bereich des Slasherfilms der frühen Achtziger. Wenngleich angesichts des knappen Budgets die Make-Up-Effekte ziemlich hausbacken anmuten und die Killer-Origin aus bekannteren Vorbildern geklaut ist, so dürfte es dennoch wohl unstrittig sein, dass Rosman es versteht, eine zunehmend unbequeme, in einem furiosen Showdown kulminierende Atmosphäre zu kreieren. In den bravourösen, letzten zehn Minuten lässt Rosman seinen inszenatorischen Ambitionen freuen Lauf, leuchtet die Szenerie aus wie weiland Bava zu seinen besten Zeiten und montiert eine wunderbar surreale Delir-Sequenz für das unter starken Sedativa stehende final girl (Kate McNeil), welches hernach noch ein recht fieses Duell gegen den nunmehr entlarvten Mordbuben zu bestehen hat. Da nimmt man dann doch wesentlich mehr mit aus "House On Sorority Row" als man anfänglich vermutet hatte.

6/10

Independent Splatter Mark Rosman Serienmord Slasher


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MANHATTAN MURDER MYSTERY (Woody Allen/USA 1993)


"Jesus. Claustrophobia and a dead body - a neurotic's jackpot!"

Manhattan Murder Mystery ~ USA 1993
Directed By:


Mithilfe des Nervenkitzels infolge der betont amateurhaften Aufklärung eines Mordfalls in ihrer Nachbarschaft gelingt es dem New Yorker Ehepaar Larry (Woody Allen) und Carol Lipton (Diane Keaton), sein marode Ehe wieder zu kitten.

Allen legt sich selbst einmal mehr ein Feuerwerk an klugen Gags in den schmalen Mund, das jedem Comedy-Gourmet auf der Zunge zergehen muss. Seine lediglich an der oberflächliche vorhandene Kriminalgeschichte ist voll von inhaltlichen und formalen Seitenhieben in Richtung des film noir und der nouvelle vague und selbstverständlich ebenso angefüllt mit Autoreflexionen. Dass Allen trotz differierender Namen und beruflicher Tätigkeiten immer wieder dieselbe mythische Kunstfigur zum Besten gibt, ist nichts neues; ebensowenig die Tatsache, dass seine Nebendarsteller letzten Endes bloß Allens amüsante Mixtur aus Selbstkarikatur und Egomanie stützen. Wesentlich interessanter sind da die kleinen, alibihaften Ausbruchs- und Öffnungsversuche - ein Handicam-Spirenzchen hier, kleine Montage-Fisimatenten dort. Hauptsache, die Leute bekommen zumindest ein bisschen das Gefühl von Frische suggeriert. Dass ich mich von Allen stets gern auf den Arm nehmen lasse, habe ich glaube ich mal erwähnt. Für mich ist der Mann ein ewiges Garant für rundum intelligent ausgefüllte Kurzweil.

8/10

New York Ehe Woody Allen


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RED EYE (Wes Craven/USA 2005)


"Okay, one of *those* flights..."

Red Eye ~ USA 2005
Directed By: Wes Craven


Die Hotelmanagerin Lisa (Rachel McAdams) hat im Flugzeug eine unangenehme Begegnung: Der charismatische Unhold Jackson Rippner (Cillian Murphy) steckt ihr, dass er ihren Vater in der Gewalt habe und dieser sein Leben lassen müsse, wenn Lisa Rippner nicht beim Anschlag auf einen Politiker (Jack Scalia), der in Lisas Hotel residiert, unterstützt. Die taffe Junggesellin hat jedoch bereits Erfahrung mit Gewaltverbrechern und gibt Rippner gehörig Kontra.

Kein solches Gürksken wie der zuvor entstandene "Cursed", mit den Klassikern Cravens allerdings ebensowenig zu vergleichen. Der einstige Horror-Großmeister beackert hier emsig das weite Feld des Suspense und stellt sich selbst explizit prononciert in die Tradition von Filmen wie Hitchcocks "The Man Who Knew Too Much" oder "Nick Of Time", dem "Red Eye" speziell was seine inhaltliche Konstruktion angeht, sehr ähnlich geraten ist. Allerdings muss man Craven im Direktvergleich mit Badhams Echtzeit-Studie zugute halten, dass er dem so geschlossenen wie überschaubaren Aktionsraum 'Flugzeug' recht spannende und intensive Szenen zu entlocken weiß. Am Ende jedoch steht dann doch bloß wieder ein austauschbares Konstrukt um russischstämmige Terroristen und die Unangreifbarkeit der amerikanischen Familieninstitution. Das ist mir bei aller phasenweisen Finesse schlicht zu spießig und zu gewöhnlich, um es noch als 'herausragend' bezeichnen zu wollen.

6/10

Verschwoerung Anschlag Terrorismus Flugzeug Wes Craven


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CURSED (Wes Craven/USA 2005)


"You're a monster!" - "Join the club."

Cursed (Verflucht) ~ USA 2005
Directed By: Wes Craven


Die beiden Geschwister Ellie (Christina Ricci) und Jimmy (Jesse Eisenberg) weder nach einem Unfall in den Hollywood Hills von einem Werwolf attackiert. Während Jimmy gleich ahnt, was los ist, leugnet Elllie hartnäckig die Zusammenhänge. Der nächste Vollmond jedoch naht schon und Ellie und Jimmy, die noch ganz andere private Probleme auszukämpfgen haben, sind nicht die einzigen Werwölfe in Tinseltown...

Craven, Script-Autor Kevin Williamson und die Weinsteins haben sich vermutlich eine Wiederholung der "Scream"-Knallerei gewünscht, das Resultat jedoch pendelt hübsch rhythmisch zwischen 'bescheiden' und 'affektiert'. Williamson kann kaum mehr verklären, dass seine Art zu schreiben zur Masche verkommt; die lutschigen Teenager-Schicksale, mit denen die Einfallslücken von "Cursed" gestopft sind, könnten jedenfalls auch snobistischem Handtaschenblödsinn wie "Melrose Place" et al. entstammen uns gehen mir sowas von am Arsch vorbei, dass ich's schon gar nicht mehr sagen kann. Dass hier ausgerechnet jener Mann Metteur en scène sein soll, der dem Kino einst "The Hills Have Eyes" und "A Nightmare On Elm Street" geschenkt hat, mag man kaum glauben. Aber manchmal blitzt es dann doch noch auf, das unter Schichten von Verjüngungs-Make-Up schlummernde Raffinement des Wes Craven. Wenn Shannon Elizabeths Torso kurz nach Beginn mit weit aufgerissenem Mund versucht, dem Unausweichlichen zu entgehen, dann gibt der Film Versprechen ab, die er leider überhaupt nicht einzulösen vermag. Der computeranimierte Werhund Zipper jedenfalls bringt mein Maß mal echt zum Überlaufen.
O-H M-Y G-O-D.

3/10

Geschwister Hollywood Werwolf Wes Craven


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MRS. MINIVER (William Wyler/USA 1942)


"I think it's lovely having flowers named after you."

Mrs. Miniver ~ USA 1942
Directed By: William Wyler


Die fünfköpfige Familie Miniver lebt ein glückliches, wenngleich ereignisarmes Leben im beschaulichen Londoner Vorort Belham. Als die ersten Wehrmachtsbomber über die Insel fliegen, übt man sich in typisch britischem Stoizismus, doch bald schon lässt sich das unaufhörlich nahende Kriegsgrauen nicht mehr leugnen. Auch das stolze Domizil der Minivers fält einer Fliegerbombe zum Opfer Vin (Richard Ney), der älteste Sohn, tritt freiwillig der Luftwaffe bei. Mrs. Miniver (Greer Garson) hilft derweil mittels unbeugsamer Courage, den Krieg gegen die Deutschen auf heimischem Boden zu gewinnen.

Meisterliches von William Wyler. Zwar lässt sich nicht ableugnen, dass "Mrs. Miniver" "auch nur" einer der vielen Propagandafilme seiner Zeit ist, ebensowenig jedoch, dass er sein Heil jedoch für eine gute Sache einlöst - dafür nämlich, angesichts grausiger Zeiten das persönliche Rückgrat zu stärken. Das macht ihn als Zeitdokument wertvoll, als cineastisches Bravourstück jedoch noch umso wahrhaftiger. Spätestens wenn das hässliche Antlitz des Krieges die Zivilbevölkerung erreicht, wird seine ganze philosophische Absurdität greifbar; wenn kleine Kinder angstvoll unter nächtlichen Bombenblitzen zittern und weinen müssen und Jungverheiratete gleich wieder durch den Tod getrennt werden. Wyler beherrscht die Emotionsklaviatur, die nötig ist, um eine Geschichte wie "Mrs. Miniver" zeitlos und kitschbefreit zu erzählen, geradezu perfekt. Die Menschen, die zwanghaft vom Kriege gezeichnet werden, müssen in Erzählungen wie dieser durchweg liebenswert und aufrecht sein, um den größtmöglichen Effekt zu erzielen. Dass "Mrs. Miniver" nebenbei voll ist von inszenatorischen Kabinettstückchen und einige große Darstellervorstellungen in sich vereint, scheint angesichts seiner sonstigen Größe beinahe zum angenehmen Nebeneffekt degradiert. So mag es sich auch erklären lassen, dass die womöglich bewegendste Szene in diesem mutmaßlichen Kriegsfilm vor dem scheinbar unspektakulären Hintergrund einer Preisverleihung der Blumenzüchter spielt.

9/10

England WWII Propaganda Familie William Wyler London Best Picture


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A BRIDGE TOO FAR (Richard Attenborough/USA, UK, 1977)


"I've got lunatics laughing at me from the woods. My original plan has been scuppered now that the jeeps haven't arrived. My communications are completely broken down. Do you really believe any of that can be helped by a cup of tea?"

A Bridge Too Far (Die Brücke von Arnheim) ~ USA/UK 1977
Directed By: Richard Attenborough


September 1944: Der britische Feldmarschall Montgomery ersinnt die in mehreren Schritten auszuführende "Operation Market-Garden", innerhalb derer alliierte Streitkräfte über die belgische Grenze in Holland einmarschieren und mehrere strategisch bedeutsame Brücken nehmen sollen, um so den Weg um den Westwall herum und hinein ins Ruhrgebiet, das industrielle Herz Nazideutschlands, gewährleisten zu können. Der Widerstand der Wehrmacht ist, besonders bei der Brücke von Arnheim, unerwartet groß und die meisten der beteiligten Soldaten fallen.

Eines der ambitionierten Studio-Großprojekte der siebziger Jahre, die mit gigantischem finanziellen und technischem Aufwand und einer auserlesenen All-Star-Cast gegen die von den Kritikern noch immer heißgeliebte New-Hollywod-Schiene anstinken sollten. "A Bridge Too Far" (im angelsächsischen Sprachgebrauch bezeichnet diese Phrase ganz allgemein das 'kleine Quäntchen zuviel'), gescriptet von dem zuvor für "All The President's Men" und "The Marathon Man" tätigen Drehbuch-Genius William Goldman, meistert seine Mission dabei absolut zuverlässig. Die nicht weniger als fünfzehn renommierte internationale umfassende Besetzung, die meisten darunter ganz nebenbei frühere und spätere Oscar-Preisträger, wird sorgsam auf die unterschiedlichen Szenarien verteilt: Neben den Kommandozentralen werden mehrere Einheiten bei ihren Fortschritten und Rückschlägen beobachtet. Elliott Gould und Paul Maxwell nehmen Eindhoven, Ryan O'Neal, Michael Caine, Robert Redford und James Caan sind um die Gegend von Nijmwegen am Start, Sean Connery sitzt ohne Funk in einem Bauernhaus fest und Anthony Hopkins findet sich gleich an der Arnheimer Straßenbrücke von Hardy Krüger und Maximilian Schell eingekesselt. Gene Hackman und seine Luftlandetruppen eilen zur Rettung, werden jedoch aufgerieben. Laurence Olivier ist ein heldenhafter holländischer Arzt und Liv Ullmann als seine rasch hinzurekrutierte Krankenschwester. Dirk Bogarde und Wolfgang Preiss residieren derweil als zynische Kommentare zum Besten gebende Oberbefehlshaber in kostbaren Samtsesseln und tun bei Tee und gutem Essen, wie ihnen geheißen. Auch wenn Goldman mehrfach beteuert, dass Atteboroughs und sein Werk "einer der wenigen Filme sei, die den Wahnsinn und sie Sinnlosigkeit des Krieges spürbar machten", so haben wir hier natürlich vor allem stupend inszeniertes Actionkino und bare Heldenverehrung im ganz großen Stil. Einzelne Szenen wie die Luftlandung, Caans selbstmörderische Fahrt mit einem Jeep an der deutschen Waldfront entlang und natürlich ganz besonders die am hellichten Tag erfolgte Übersetzung und Aufreibung der alliierten Truppen über die Waal sind meisterlich inszeniert und besitzen zum Teil die Anmut eines filigran choreographierten Balletts. So bleibt "A Bridge Too Far" weniger als ein Film in Erinnerung, der wegen seiner Gehaltfülle trumpft denn vielmehr als ein Erlebnis für die entsprechend justierten Sinne, das beinahe ebenso vom Größenwahn beseelt ist wie die authentischen, historischen Vorbildereignisse.

8/10

Widerstand period piece Operation Market-Garden Historie Nationalsozialismus WWII Richard Attenborough


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ROBIN AND MARIAN (Richard Lester/USA 1976)


"Have you ever tried to fight a legend?"

Robin and Marian (Robin und Marian) ~ USA 1976
Directed By: Richard Lester


Nach fast zwanzig Jahren kehrt Robin von Locksley (Sean Connery) zusammen mit seinem treuen Freund John Little (Nicol Williamson) von den Kreuzzügen nach England zurück - freilich erst, nachdem König Löwenherz (Richard Harris) wegen einer Infektion dass Zeitliche gesegnet hat. Der Sheriff von Nottingham (Robert Shaw) hält die Gegend um den Sherwood Forest noch immer unter seiner Knute, derweil Robins rebellische Vergangenheit in vielen bäuerlichen Mären besungen wird. Die einstige Geliebte Marian (Audrey Hepburn) ist nach einem Selbstmordversuch Nonne geworden, liebt Robin jedoch noch immer. Der übereifrige Edelmann Sir Ranulf (Kenneth Haigh) sorgt schließlich dafür, dass der neue König John (Ian Holm) Robin endgültig aburteilt.

Richard Lester erarbeitete sich nach seinen Anfängen als Auteur in der britischen New Wave über die Dekaden einen ausgezeichneten Ruf als Meister der Dekonstruktion. Nach seinen beiden durchaus ans Bizarre grenzenden Beatles-Filmen "A Hard Day's Night" und "Help!" kam noch eine ganze Kohorte von mehr oder weniger scharf formulierten Satiren, die trotz Lester US-amerikanischer Herkunft stets eine stark britische Konnotation besaßen. Eine davon ist "Robin And Marian", der ein sehr ungewohntes Bild des traditionell auch im Kino stark verklärten und romantisierten Helden bietet. In Lesters Version erleben wir Robin als einen zerzausten, ergrauten Ritter in den Herbstjahren seines Lebens. Statt eines feschen grünen Wams trägt er Sackleinen und höchstens mal einen dreckstarrenden Harnisch, verzichtet auf Unterwäsche wie auf Kopfbedeckung und musste in vielen Lektionen erkennen, dass alles, woran er die vielen Jahre im Dienste seines Herrn geglaubt hat, nicht mehr ist als ein gewaltiges Lügenkonstrukt. Löwenherz, sonst stets das leuchtende Bild des gütigen Mittelalterkönigs, wird von Lester mithilfe eines leider viel zu kurzen Auftritts von Richard Harris als größenwahnsinniger, raffgieriger Despot gezeichnet, der seine ursprünglich vielleicht ehrbaren Ambitionen längst im Blaut und Staub des Heiligen Landes verloren hat. Dass auch vor tausend Jahren schon mehr oder minder Suizidversuche aus Verzweiflung verübt wurden wie im Falle der mittlerweile auch nicht mehr ganz taufrischen Lady Marian, dürfte manchen Ritterromantikern ebenfalls befremdlich vorkommen. Und der Sheriff von Nottingham? Der hätte die Waagschale seiner imerwährenden Rivalität mit Robin gern noch etwas länger in der Balance gehalten und ist deutlich besonnener und sympathischer als in unserer Erinnerung. Immerhin: Ein paar Nebenfiguren, namentlich Bruder Tuck (Ronnie Barker), Will Scarlett (Denholm Elliott) und Little John sind noch gleich auf den ersten Blick als "sie selbst" erkennbar.

8/10

Mittelalter England period piece Robin Hood Kreuzzuege Richard Lester Satire Historie


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COLOSSUS: THE FORBIN PROJECT (Joseph Sargent/USA 1970)


"You are being irrational. Go back to bed."

Colossus: The Forbin Project ~ USA 1970
Directed By: Joseph Sargent


Der Wissenschaftler Dr. Forbin (Eric Braeden) baut einen Supercomputer namens 'Colossus', der die nationale Verteidigung der USA übernehmen soll. Der Grundgedanke besteht darin, dass ein künstlicher, streng logisch und rational arbeitender Verstand keine menschlichen Fehler begehen und so etwa einen impulsiven Erstschlag verlassen würde. Doch Forbin und die anfangs von seiner Idee begeisterten Politiker verrechnen sich: Colossus spürt ein ähnliches System in der Sowjetunion auf, synchronisiert sich mit ihm und hält bald die Fäden der Weltherrschaft in der Hand.

Tolle Reflexion von Kalter-Kriegs-Ängsten, Technokratie und Computerisierung, ganz bestimmt einer der vorrangigen Sci-Fi-Filme der siebziger Jahre. "Colossus" warnt eindringlich davor, die Herrschaft über maßgebliche humane Entscheidungen den Händen der Menschen zu überlassen und sich vor der scheinbaren Kälte eines Kunstverstands zu hüten. Colossus führt seine Mission, den globalen Frieden unter allen Umständen zu wahren, mit der Kompromisslosigkeit des Computergehirns und aller nötigen Konsequenz zu einem erfolgreichen Ende: Niemand hat ihm einprogrammiert, dass er die Menschheit nicht unter seine Knute zwingen darf, weil Freiheit eines ihrer obersten sittlichen Güter darstellt. Spannend bis zum Schluss und keineswegs so furztrocken, wie es zu Beginn noch kurz den Anschein macht, ist dies ein unbedingt sehenswerter, von grandiosem Score (Michel Colombier) und intelligentem Script unterstützter, kleiner Klassiker.

9/10

Kalter Krieg Militaer Computer Technokratie Dystopie Joseph Sargent





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Funxton

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