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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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PINOCCHIO (Hamilton Luske, Ben Sharpsteen/USA 1940)


"What does an actor want with a conscience, anyway?"

Pinocchio ~ USA 1950
Directed By: Hamilton Luske/Ben Sharpsteen


Eine gute Fee erfüllt dem Tischler Gepetto den Wunsch, dass seine Holzpuppe Pinocchio zum Leben erwachen möge. Doch bis zum "richtigen" Jungen aus Fleisch und Blut ist es noch weit hin: Zunächst muss Pinocchio lernen, dass nicht alles Gold ist, was glänzt, dass ohne Bildung nichts geht im Leben und nur wahre Redlichkeit sich am Ende auszahlt.

Es ist weniger Carlo Collodis etwas hausbackene, mit preußischer Eisenpädagogik gespickte Geschichte des dummen Jungen, dessen Holzkopf erst mit Eselsohren garniert werden muss, bevor er sein Väterlein schlussendlich glücklich machen kann, als Disneys so übermütige wie liebenswert-saubere Animation, die "Pinocchio" zum Klassiker des Animationsfilms macht. Ganz abgesehen davon, dass die Adaption der Geschichte, wie bei Disney üblich, auf sehr losgelöstem Wege geschieht, sind es ohnehin primär die Figuren nebst ihrer Gestaltung, die Rührung und Spannung hervorrufen: Pinocchio selbst, der sympathische alte Gepetto, seine Haustiere Figaro und Cleo, Jiminy Grille, die per Rotoskopie zum Leben erweckte Fee und sogar die beiden Halunken Fuchs und Kater, denen ich persönlich sowieso noch nie böse sein konnte.
Immerhin erst Disneys zweiter Langfilm nach "Snow White And The Seven Dwarves" und dennoch bereits von atemberaubender Perfektion.

9/10

Walt Disney Hamilton Luske Ben Sharpsteen Maerchen Kinder Puppe


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8 MILLION WAYS TO DIE (Hal Ashby/USA 1986)


"There are 8 million stories in the naked city."

8 Millon Ways To Die ~ USA 1986
Directed By: Hal Ashby


Nach einem fehlerhaften Einsatz verfällt L.A.-Cop Matt Scudder (Jeff Bridges) dem Alkoholismus. Er verliert seine Frau (Lisa Sloan) und wird vom Dienst suspendiert. Nachdem er wieder eine längere Zeit trocken ist, engagiert ihn die aussteigewillige Gure Sunny (Alexandra Paul) als Beschützer. Als sie ums Leben kommt, fällt Scudder erneut in eine tiefe Sinnkrise. Mit der Hilfe von Sunnys Kollegin Sarah (Rosanna Arquette) findet er schließlich heraus, dass der ölige Koksdealer Angel (Andy Garcia) für Sunnys Ermordung verantwortlich sein muss.

Nachdem der Traum von New Hollywood endgültig ausgeträumt war, blieb Hal Ashby als eine seiner tragischen Reliquien zurück. Der Regisseur, der in den Siebzigern mit einigen der vorrangigen Klassiker jener Jahre glänzen konnte, war in den Achtzigern der Drogen- und Trunksucht verfallen und zur persona non grata für die Studios geworden. Insbesondere seine zuletzt akute Unfähigkeit, die post production seiner Filme termingerecht zu besorgen, galt als berüchtigt. "8 Million Ways To Die", geschrieben von Oliver Stone, bedeutete trotz seiner unleugbaren Qualität und seines heutigen Status als einer der vorrangigen Polizeifilme der Dekade kein Gesundstoßen für Ashby. Noch am letzten Drehtag wurde er gefeuert. Nur zwei Jahre später starb er an Leber- und Darmkrebs.
Ich selbst habe "8 Million Ways To Die" stets sehr geschätzt. Ähnlich wie Friedkins etwa zeitgleich entstandener, monolithischer "To Live And Die In L.A.", zu dem es auch sonst manche Parallelen und Analogien gibt, fungiert der Film vor allem auch als Porträt von Los Angeles, zeigt die flache Wüstenstadt als eine Art gleißenden Höllenvorhof und führt einen klassischen Anti-Helden vor. Für Matt Scudder gibt es nurmehr diese letzte Chance, zwei verpfuschte Jobs und sein verpatztes Leben zu sühnen. Kaputte Cops gab es viele in den Achtzigern, aber Matt Scudder dürfte sie alle in den Schatten stellen. Folglich liefert jener Part auch den Anlass für eine von Jeff Bridges' bravourösesten Leistungen.

8/10

Alkohol Los Angeles Prostitution Hal Ashby Oliver Stone Kokain


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THE GRISSOM GANG (Robert Aldrich/USA 1971)


"Could this have been love?"

The Grissom Gang (Die Grissom Bande) ~ USA 1971
Directed By: Robert Aldrich


Während der späten Tage der Prohibitionszeit in den frühen dreißiger Jahren landet die Grissom-Gang unter Vorsitz der drahtigen Ma Grissom (Irene Dailey) ihren dicksten Coup. Man jagt einer konkurrierenden Bande die gekidnappte Millionärstochter Barbara Blandish (Kim Darby) ab und versteckt sie im eigenen Haus. Nach der widerstandslos gezahlten Lösegeldsumme soll Barbara jedoch nicht freigelassen, sondern fachgerecht "entsorgt" werden. Der zurückgebliebene Slim Grissom (Scott Wilson), der sich in Barbara verliebt hat, ist damit jedoch gar nicht einverstanden. Aufgrund seiner psychotischen Aussetzer respektiert der Rest der Gang Slims Wunsch zähneknirschend und Barbara bleibt mehrere Monate in der Gewalt der Gangster, bis ein findiger Polizist (Eddie Hagan) sie endlich ausfindig macht.

Die Liebe und ihre verschlungenen Pfade.
Aldrichs berüchtigter, brettharter Inszenierungsstil, der weder vor dem Einsatz kurzentschlossenen Mordes noch vor dem brutaler Dunkelmänner kuscht, findet auch in dem ansonsten bald zärtlichen "The Grissom Gang" seine Entsprechung. Bereits vor der Zeit von New Hollywood hatte Aldrich sich mit einer eigenen Produktionsgesellschaft kurzfristig selbstständig gemacht und einige seiner mitunter recht finsteren Spätwerke unter eigener Ägide angefertigt. Sehr gut in diese Zeit passte zudem das retrospektiv während der Depression angesiedelte Gangsterdrama, da spätestens mit Penns "Bonnie And Clyde" praktisch jeder etablierte und/oder aufstrebende Filmemacher in Hollywood die immanent blutige Poesie jener staubigen Tage für sich entdeckt hatte. Aldrich und "The Grissom Gang" befinden sich demnach in illustrer Gesellschaft. Beeindruckend und beängstigend Wilsons intensives Spiel, noch beeindruckender die Charakterentwicklung des den Löwenanteil der Geschichte bestimmenden Paars. Zwei völlige gesellschaftliche Antipoden, ihre zufällige Begegnung, ihr langer, von einem der beiden erzwungener Weg zueinander, schließlich eine verzweifelte Nacht und dann Schluss. Die für den Gangsterfilm dieser Couleur obligatorischen, grellen Tommy-Gun-Aspekte erscheinen da geradezu verschwindend und am Ende bleibt nurmehr Kim Darbys verzweifelte, hoffnungslos entwurzelte Mimesis.

9/10

Kidnapping Kansas Robert Aldrich Great Depression Prohibition


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DER ROTE KAKADU (Dominik Graf/D 2006)


"'N land, in dem die Polizei auf 'n Unbewaffneten schießt, is nicht mehr meins."

Der Rote Kakadu ~ D 2006
Directed By: Dominik Graf


Dresden, 1961: Wenige Wochen vor der Errichtung der Berliner Mauer trifft sich die systemtreue, aber staatskritische Jugend im "Roten Kakadu", einer Szenekneipe, in der man, unter dem äußersten Widerwillen der Stasi, zu "Jailhouse Rock" tanzt. Hier lernt der junge Maler Siggi (Max Riemelt) das Paar Luise (Jessica Schwarz) und Wolle (Ronald Zehrfeld) kennen. Als Wolle es mit seinen derben Späßen aufs Konto eines Staatsfunktionärs (Lutz Teschner) zu weit treibt, bricht die "Kakadu"-Clique auseinander. Doch da hat sich Siggi schon längst in Luise verliebt.

Nicht der beste Graf, aber immer noch sehr anschaubar. Im Gefolge von "Sonnenallee" und "Good Bye Lenin!", die ja eine etwas seltsame "Ostalgie" hervorriefen, nimmt sich dieses eher un- oder auch abgeschminkt agierende Werk wenigstens halbwegs ernsthaft aus. Die Geschichte um die drei Hauptfiguren entwickelt sich allerdings recht träge und führt dazu, dass "Der Rote Kakadu" erst im letzten Drittel die Fahrt gewinnt, derer er eigentlich von Anfang an bedurft hätte. Die repressive Willkür des vorgeblich sozialistischen, dabei jedoch schlicht antidemokratisch arbeitenden Systems wird erst gegen Ende in ihrer ganzen traurigen Konsequenz geschildert. Man fängt gerade an, sich aus dem zuvor emsig um einen herum errichteten Emotionalitätskokon freugraben, da ist Grafs Film dann auch schon wieder vorbei. Schade drum. Im Gegenzug dazu fand ich die Wiederbegegnung mit dem Duo Riemelt/Zehrfeld, mir noch aus "Im Angesicht des Verbrechens" in bester Erinnerung, wirklich erfreulich.

6/10

Dominik Graf DDR Kneipe period piece Republikflucht Historie Systemkritik


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JONAH HEX (Jimmy Hayward/USA 2010)


"I'm all out of wiseass answers."

Jonah Hex ~ USA 2010
Directed By: Jimmy Hayward


Seit dem Ende des Bürgerkrieges zieht der infolge eines Nahtod-Erlebnisses übersinnlich begabte Ex-Konföderierten-Offizier Jonah Hex (Josh Brolin) als einsamer Kopfgeldjäger durch den Westen. Als er erfährt, dass sein früherer Intimfeind Quentin Turnbull (John Malkovich) noch am Leben ist und das Land durch böse Terroraktionen und mittels einer mysteriösen Massenvernichtungswaffe in Angst und Schrecken versetzt, lässt er sich vom Präsidenten (Aidan Quinn) anheuern, um Turnbull endgültig den Hahn abzudrehen.

Angemessen trashig-verrückter, kleiner Comic-Western, der mit seiner Länge von knappen 80 Minuten an die alten B-Film-Beiträge des Genres erinnert und schon insofern eigentlich gar nicht mal verkehrt ist. Mit der gleichnamigen Comicfigur aus dem Hause DC, die in Zeitreise- und Crossover-Abenteuern zuweilen auch mit Batman und Co. zusammenarbeitet, hat der Film manches gemein, übt sich andererseits jedoch auch in sehr freier Dichtung. Die origin der Titelfigur etwa fällt deutlich different aus. Dazu gehört auch die Herkunft von Hex' charakteristischer, vernarbter Visage. Selbige ist den Maskenbildnern ganz gut geglückt, allerdings wollte man Brolin wohl nicht noch zusätzlich durch das berühmte Fletschauge entstellen. Malkovich ist toll, wird aber gnadenlos verschenkt, die Fox habe ich hier zum ersten Mal überhaupt in einem Film gesehen und finde sie durchaus nicht unflott. Ansonsten mag ich noch die quietschbunte Bonbonphotographie, die als Reaktion auf das vergilbte Sepiabild vieler anderer Western der letzten Zeit wie eine freche Replik daherkommt. Kann man sich bei entsprechendem Faible verlustfrei ansehen, man verpasst aber auch nichts, wenn man's lässt.

6/10

Jimmy Hayward Comic Sezessionskrieg DC Comics


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DER FELSEN (Dominik Graf/D 2002)


"Sowas hören Frauen gerne."

Der Felsen ~ D 2002
Directed By: Domink Graf


Im Urlaub auf Korsika wird die Büroangestellte Katrin (Karoline Eichhorn) von ihrem Liebhaber Jürgen (Ralph Herforth) verlassen. Katrin stürzt sich zunächst in ein sexuelles Abenteuer mit zwei Einheimischen und lernt dann den jugendlichen Straftäter Malte (Antonio Wannek) kennen, der auf der Insel in einem Resozialisierungscamp wohnt. Eine seltsame Affäre entbrennt zwischen der frustrierten Frau und dem delinquenten Jungen, die ein blutiges, zugleich aber hoffnungsreiches Ende birgt.

Hier wurde Graf dann mal etwas kunstgewerblicher, missachtet vorsätzlich ein paar narrative Traditionsdogmen wie das der chronologischen Erzählung, flechtet erläuternde, im Präsens formulierte Off-Kommentare einer weiblichen und einer männlichen auktorialen Erzählstimme ein und filmt seine feministische Erweckungsgeschichte mit grobkörniger DV-Kamera. Dem gegebenen naturellen Zauber Korsikas schadet dieses Stilmittel erstaunlicherweise nicht; im Gegenteil entwickelt "Der Felsen" eine zum Schneiden dicke Atmosphäre, die sich selbst vor dem Einsatz transzendentaler Szenen nicht scheut. Am Ende hat man dann eine wirklich berührende, der langen Ahnenreihe flüchtender Kino-Pärchen ausnahmsweise mal einen deutschsprachigen Beitrag hinzusetzende Liebesgeschichte.

8/10

Dominik Graf Korsika Amour fou Teenager


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HOPE AND GLORY (John Boorman/UK, USA 1987)


"The law of life. Cruel isn't it?"

Hope And Glory ~ UK/USA 1987
Directed By: John Boorman


Für Bill (Sebastian Rice Edwards), einziger Sohn und mittleres Kind der Londoner Familie Rowan, ist der heraufziehende Zweite Weltkrieg keineswegs ein Grund für Entsetzen und Traurigkeit. Obgleich sein Dad (David Hayman) sich freiwillig zum Kriegsdienst meldet: Die Bombenangriffe der deutschen Flieger verfolgt Bill zusammen mit seiner Ma (Sarah Miles) und seinen zwei Schwestern (Sammi Davis, Geraldine Muir) aus dem heimischen Luftschutzbunker heraus mit gespannten Adrenalinschüben. Seine beeindruckende Granatsplitter-Sammlung wächst stetig an und in den ausgebombten Ruinen lässt es sich vorzüglich spielen. Der Schulunterricht wrd immer wieder durch Fliegeralarm unterbrochen und die Wochen, die Bill und seine Familie bei dem etwas knarzigen Großvater (Ian Bannen) auf dem Land verbringen, werden zur erlebnisreichsten Zeit überhaupt für ihn.

Ausgerechnet die entbehrungsreichen Jahre des Zweiten Weltkriegs als periodischen Hintergrund für eine nostalgische Kindheitsgeschichte zu nutzen, mag zunächst keinem allzu offensichtlichen Einfall geschuldet sein; was Boorman jedoch daraus macht, ist bestes britisches Philanthropenkino, das nur ganz selten einmal von ernsthaften oder nachdenklichen Momenten durchbrochen wird. Boormans Fokus lagert darauf, zu zeigen, dass sich durch bloßen, kindlichen Enthusiasmus, gekoppelt mit der bedingungslosen Annahme gegebener, durch nichts änderbarer Zustände - schon gar nicht durch die Machtlosigkeit eines Neunjährigen - alles noch so Widrige bewältigen lässt. Diese unbeschwerte, liebenswerte und lebensbejahende Sicht der Dinge macht "Hope And Glory" zu einem von Boormans schönsten Filmen.

9/10

John Boorman WWII England London Familie Kinder


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L'AÎNÉ DES FERCHAUX (Jean-Pierre Melville/F, I 1963)


Zitat entfällt.

L'Aîné Des Ferchaux (Die Millionen eines Gehetzten) ~ F/I 1963
Directed By: Jean-Pierre Melville


Weil er in Frankreich wegen eines lang zurückliegenden Gewaltverbrechens angeklagt werden soll, entschließt sich der reiche Unternehmer Dieudonné Ferchaux (Charles Vanel) nach Amerika ins Exil zu gehen. Zunächst will er seine Konten in New York leeeräumen, um sich dann nach Caracas abzusetzen. Für seine Reise engagiert er den klammen und glücklosen Boxer Michel Maudet (Jean-Paul Belmondo) als seinen Privatsekretär. Auf der überstürzten Reise von New York nach Louisiana entwickelt sich zwischen Ferchaux und Maudet sich eine Art Hassliebe, die auf den jeweilgen Egozentrismus der ansonsten so unterschiedlichen Männer zurückgeht. Schließlich ist Maudet es leid, für seinen zunehmend kränkelnden Chef das Kindermädchen zu spielen...

Wie so häufig bei Melville geht es auch in "L'Aîné Des Ferchaux" um Einsamkeit und wie sie einem das Leben zu durchkreuzen vermag. Sowohl Ferchaux als auch sein junges Pendant Maudet sind misstrauische Individuen bis zur letzten Konsequenz, die nichts und niemanden näher an sich heranlassen würden als unbedingt nötig und stets damit beschäftigt sind, den persönlichen Vorteil Maß walten zu lassen. Erst als der sein Ende herbeikommen sehende Ferchaux bemerkt, dass es langsam zu spät wird für ihn und ihm langsam bewusst wird, dass er niemanden zurücklassen wird, der sich einen Dreck um ihn schert, kommen ihm Zweifel an seiner rücksichtslosen Lebensführung. Was nach Ferchaux' Tod auf den reumütigen Maudet wartet, bleibt ungewiss.
Melville inszeniert sein Road Movie durch den Südosten der USA mit dem faszinierten Blick des Europäers. Wie man spätestens seit Wenders weiß, sieht Amerika in europäischen Filmen oft völlig anders aus als im Hollywood-Kino; umso faszinierender und verwandter Melvilles unmittelbarer Blick. Davon lebt "L'Aîné Des Ferchaux", ebenso wie von der die visuelle Atmosphäre wunderbar unterstützenden Musik von Georges Delerue.

8/10

Jean-Pierre Melville Road Movie New Orleans Flucht


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MOON (Duncan Jones/UK 2009)


"Are you hungry?"

Moon ~ UK 2009
Directed By: Duncan Jones


Sam Bell (Sam Rockwell) arbeitet für die Lunar Corp., die vom Mond aus Energieressourcen für die Erde nutzbar macht. Nach fast drei Jahren Einsamkeit auf dem Erdtrabanten mit dem Stationscomputer GERTY als einzigem Kommunikationspartner endet Sams Vertrag und in zwei Wochen darf er Frau (Dominique McElligott) und Kind (Rosie Shaw) wiedersehen. Da beginnt er, an seinem Verstand zu zweifeln. Die anfänglich noch seltenen, sich später dann aber verdichtenden Momente psychischen Unwohlseins kulminieren schließlich in einer furchtbaren Gewissheit.

Duncan Jones hat seine Hausaufgaben gemacht. "Silent Running", "Outland", "Blade Runner", "Alien", allesamt optisch, inhaltlich und atmosphärisch sorgfältig studiert und zu einer umfassenden Hommage an den Science-Fiction-Film der siebziger und frühen achtziger Jahre legiert. Daraus folgt, dass wenn man die Vorbilder schätzt, man auch "Moon" mögen sollte. Der Film ruht in sich wie der surrende Monolith aus "2001", hat keine billigen Schreckmomente nötig und geht sein Thema der Identitätskrise mit der gebotenen Ruhe an. Dabei werden einige der traditionellen Motive des SciFi-Films, etwa das der Technokratie-Angst, ganz bewusst demontiert. Der stoische Computer GERTY etwa, der in der Originalfassung passenderweise von Kevin Spacey gesprochen wird, darf, anders als sein Urahne HAL 9000, bis zum Ende freundlich und hilfsbereit bleiben. So ändern sich die zukünftigen Zeiten im Kino.

8/10

Zukunft Mond Duncan Jones Computer Klone


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MY SON, MY SON, WHAT HAVE YE DONE? (Werner Herzog/USA, D 2009)


"Mr. McCullum! Would you please come outside?"

My Son, My Son, What Have Ye Done? ~ USA/D 2009
Directed By: Werner Herzog


Der kalifornische Theaterdarsteller, Südamerikareisende und stark ödipal geprägte Brad McCullum (Michael Shannon) streckt eines Tages seine dominante Mutter (Grace Zabriskie) mit einem Schwert nieder und verschanzt sich daraufhin mit zwei zunächst nicht zu identifizierenden Geiseln in seinem Haus. Der ihn belagernde Detective Havenhurst (Willem Dafoe) versucht mithilfe von Brads Verlobter Ingrid (Chloë Sevigny) und seines Regisseurs Lee Meyers (Udo Kier) ein psychologisches Profil des offenbar wahnsinnig Gewordenen zu erstellen und zu rekonstruieren, wie es zu einer solchen Tat kommen konnte.

David Lynch wird "lediglich" als ausführender Produzent genannt, man meint aber, seinen übermächtigen Einfluss auch in mancherlei zum Absurden neigenden Szene wiederzuentdecken. Und davon gibt es einige in "My Son, My Son, What Have Ye Done?". Herzog versucht einen Brückenschlag zwischen ordinärem Kriminalfilm, seiner eigenen Persönlichkeit, der antiken Tragödie, der Psychoanalyse und einer amerikanischen Jugend, die geprägt ist von den alleinerzieherischen Anstrengungen einer herrischen Mutter und die der der Kino-Ikone Norman Bates nichtmal unähnlich ist. Ein auf den ersten Blick sicherlich gewagt scheinendes Konzept, das aber durchaus aufgeht und rundläuft als ungewöhnliches kleines Filmkunstwerk. Herzog probiert manches zur Untermalung seiner sich grotesk ausnehmenden Geschichte; die bizarre Schreitvogel-Symbolik gehört ebenso dazu wie eine Gruppe von New-Age-Spinnern, die Nahnatur-Erfahrungen in Peru sucht, ein Basketball in einem kahlen Bäumchen und einige tableaux vivants, in denen das Bild scheinbar einfriert, die Charaktere jedoch tatsächlich für längere Zeit zu verharren haben. Das Ganze ist nicht unbedingt unsperrig, besitzt jedoch einen ganz speziellen, exzentrischen Zauber, wie ihn ausschließlich Werner Herzog zu evozieren imstand ist. Kombiniert mit der Dreingabe einer sanften Prise Lynch freilich.

8/10

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Funxton

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