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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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A DAY AT THE RACES (Sam Wood/USA 1937)


"Either he's dead or my watch has stopped."

A Day At The Races (Die Marx Brothers: Ein Tag beim Rennen) ~ USA 1937
Directed By: Sam Wood

Das von der jungen Judy (Maureen O'Sullivan) ererbte Sanatorium steht kurz vor der Pleite. Letzte Hoffnung ist die wohlhabende Hypochonderin und Witwe Mrs. Upjohn (Margaret Dumont), deren Milliönchen Judy und ihr Kurzentrum vor dem Ruin retten könnten. Dagegen arbeitet Judys zwielichtiger Buchhalter Whitmore (Leonard Ceeley), der mit dem zwielichtigen Rennstallbesitzer Morgan (Douglas Dumbrille) finstere Plänchen im Hintergrund schmiedet. Glücklicherweise ist bald der von Mrs. Upjohn in höchsten Tönen gelobte Dr. Hackenbush (Groucho Marx), in Wahrheit Pferdedoktor und Hochstapler, zur Stelle, um der netten Dame einen Heiratsantrag sowie sämtliche Krankheitsdiagnosen anzudichten, die sie hören möchte. Ferner sind Judy ihr Hausfaktotum, der freche Tony (Chico Marx), der Jockey Stuffy (Harpo Marx) und das Springpferd Hi Hat behilflich, ihr finanzielles und privates Glück zu erhalten.

Die Rückseite der Marx-/Wood-/Thalberg-Dublone nach "A Night At The Opera". Konzeptionell nahezu identisch gestaltet, gibt es in "A Day At The Races" jeweils eine Neuauflage sämtlicher Highlights des Vorgängerfilms, wobei auch hier diverse im Vorhinein angestellte Vaudeville-Studien der Brüder maßgeblich zur Feinjustierung und zum Gelingen der Gags im Film beitrugen. Die chaotische Ausreizung ohnehin bereits vollkommen verrückter Sequenzen wie der, in der Hackenbush von Tony lediglich einen codierten Renntipp erwerben will und am Ende mit einer Wagenladung Telefonbücher dasteht oder jener, in der Mrs. Upjohn von einem "richtigen" Arzt (Sig Ruman) untersucht werden soll, um ihre eigentlich völlig intakte Gesundheit nachweisen zu können und Hackenbush einen wahren Höllenzirkus entfesselt, nur, um dies zu verhindern. Aufwändiger Gipfel des Ganzen ist die furiose Abschlussszene, in der die drei Brüder mit vereinten Kräften den Start des Rennens hinauszögern, um die Teilnahme von Hi Hat zu ermöglichen. Erneut eine an Höhepunkten nicht arme Revue des anarchischen Humors, die lediglich durch ihren unvermeidlichen Status als "Autoplagiat" eine gewisse qualitative Einschränkung erfährt.

8/10

Marx Brothers Sam Wood Florida Pferderennen Sanatorium Slapstick Hypochondrie Medizin


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I GUERRERI DELL'ANNO 2072 (Lucio Fulci/I 1984)


Zitat entfällt.

I Guerreri Dell'Anno 2072 (Die Schlacht der Centurions) ~ I 1984
Directed By: Lucio Fulci

Im Jahre 2072 lassen sich die Massen vom Fernsehen nurmehr durch gewalttätige Kampfspiele jedweder Kuleur betäuben; je gewalttätiger, desto besser. Weltweit führend sind die beiden TV-Sender "Seven Seas TV" und "W-Basic", die um die höchste Einschaltquote wetteifern. Cortez (Claudio Cassinelli), Programmdirektor bei W-Basic, lässt sich dabei von einem als Weltraumsatellit manifestierten Supercomputer beraten, der ihm suggeriert, den Gladiatoren-Star Drake (Jared Martin) für eine Riesenschlacht im römischen Colosseum zu gewinnen. Da Drake freiwillig nicht mitmacht, braucht man ein paar extraschmierige Tricks, um ihn zur Teilnahme an den Wettkämpfen zu "überreden". Doch Drake tut sich schon im Vorhinein mit seinen eigens für ihn auserwählten Gegnern (u.a. Fred Williamson, Al Cliver) zusammen und kann später mithilfe der hübschen Sarah (Eleonor Gold) eine erfolgreiche Revolte gegen W-Basic initiieren.

"I Guerreri Dell'Anno 2072" ist eines der vorrangigen, weil besonders veranschaulichenden Beispiele für das Scheitern des italienischen Plagiatskinos. Obwohl die Produktion nochmal alles auffährt, was in einen solchen Film hineingehört, sei es bezogen auf die sich wie ein who-is-who der Italoploitation lesende Besetzungsliste, auf den dröhnenden Score von Riz Ortolani, oder auch auf die unverhältnismäßig exzellente Berliner Synchronarbeit. Während des Anschauens von "I Guerreri" kriegt man den Mund dann aber nicht mehr zu. Der Film gleicht in seiner irrlichternden, sich mit ein paar grellen, affektiven Eckpunkten hier und da aufdrängenden, ansonsten aber komplett introvertierten Spielweise eher einem Halluzinogentrip. Nichts passt, alles bewegt sich im selbstbewussten Modus gepflegter Lächerlichkeit, nimmt sich dabei aber so ernst, dass es schon wieder nach Performancekunst duftet. Fürchterliche Stroboskop-Aufnahmen, die man keinem Epileptiker guten Gewissens vorführen könnte gehören ebenso zu dieser Mixtur wie fürchterliche Piepstöne hier und da, die bis zur Unerträglichkeit zerdehnt werden. Die Erzählung folgt ihren höchstselbst aufgestellten Regeln, hat mit klassischen Filmnarrationsoperandi jedoch kaum etwas gemein. Immer wieder wird inmitten glühlämpchenverzierter "Blade Runner"-Kulisse ein neuer Mikrochip oder irgendein Geheimrelais aus dem Hut gezaubert, das dem Helden plötzlich telepathische Kräfte verleiht oder mindestens dazu angetan ist, die Welt zu retten.
Wie erwähnt, man hat kaum Zeit darüber nachzudenken und schluckt das alles geduldig, bis da irgendwann "Ende" steht und man als Postgenuss erstmal die eben zum Fraß vorgeworfenen Puzzleteilchen zu sortieren hat. Man kann es bei allem Bedauern dem internationalen Publikum kaum übel nehmen, dass es dieser Art des Filmemachens irgendwann den Vogel gezeigt hat...

5/10

Trash Lucio Fulci Zukunft Dystopie Fernsehen Europloitation


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THE WOMAN (Lucky McKee/USA 2011)


"So what are you gonna do?"

The Woman ~ USA 2011
Directed By: Lucky McKee

Der erfolgreiche Anwalt und Familienvater Chris Cleek (Sean Bridgers) entdeckt beim Jagen im Wald eine verwahrlost lebende Frau (Polyanna McIntosh). Wie ein Tier fängt er sie ein und kettet sie in seinem Kellerverschlag an. Seiner Familie, Gattin Belle (Angela Bettis), der ältesten Tochter Peggy (Lauren Ashley Carter), Sohn Brian (Zach Rand) und der jüngsten, Darlin (Shyla Molhusen) erklärt Chris feierlich und wie selbstverständlich, er habe sich vorgenommen, die Frau zu domestizieren, sie also im Zuge eines Pseudoexperiments nach und nach der Zivilisation anzupassen, als sei er praktizierender Behaviorist. Tatsächlich wird immer mehr offensichtlich, dass Cleek die Frau nur festhält, um seine sexuellen Gelüste an ihr abarbeiten zu können und dass sich hinter der Fassade der braven Spießerfamilie schon seit Langem ein perverser Albtraum etabliert hat.

Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich bis zur Postlektüre nach dem mich unvorbereiteterweise komplett plattwalzenden "The Woman" noch nie etwas bewusst von Jack Ketchum gehört habe, offenbar jawohl eine unerlässliche Hausnummer innerhalb der modernen Horrorliteratur. Auch wusste ich demzufolge natürlich nicht, dass die Romanvorlage bereits der dritte Teil einer Trilogie ist und der zweite (den ich mir schleunigst nachbestellt habe) bereits verfilmt wurde.
McKees gewaltiger Film, ganz ohne Frage ein Meilenstein des augenzwinkernden transgressiven Kinos, erklärt jedenfalls der postmodernen Misogynie den rücksichtslosen, offenen Krieg und sollte eigentlich zum therapeutischen Pflichtprogramm für jeden (potenziellen) Frauenfeind und Kinderschänder ernannt werden. Chris Cleek, Zerrspiegelbild des gelackten Bourgeois und Familienvaters, hinter dessen glattgebügelter, wohlfrisierter Stirn sich die schlimmsten Testosteronphantasien breitmachen, ist das zugleich bedauerns- und hassenswerteste Individuum, das ich seit langem im Film ausmachen konnte. "The Woman" schürt die sich gegen ihn richtende Verachtung auf eine so effektive Weise, dass sein lyrischer Tod am Ende noch viel zu gut erscheint: Diesem "Menschen" wünscht man Höllenqualen bis in alle Ewigkeit. Nach einem solchen Pygmalion der Paraphilie, dieser bitterbösen Diametralkarikatur des vom Regisseur selbst gespielten Mediziners Itard aus Truffauts "L'Enfant Sauvage", hat man das Gefühl, den Akteur Sean Bridgers aber auch wirklich nie mehr in irgendeinem Film, geschweige denn im realen Leben sehen zu wollen. Auch eine Leistung.
Angesichts der Erfahrungen innerhalb meines Berufsstandes bin ich als Laienfuturologe ja schon seit längerem der latenten Erwartung, dass uns mittelfristig eine Amazonengesellschaft bevorstünde. Im Hinblick auf die von "The Woman" beschworene, katalytische Kraft urtümlicher Weiblichkeit fühle ich mich darin nurmehr bestätigt.
Wollte nach "The Woman" ursprünglich noch einen weiteren Film schauen. Ging nicht. War zu kaputt.

9/10

Satire Lucky McKee torture porn Hommage Kannibalismus Jack Ketchum Terrorfilm Feminismus Splatter Parabel Transgression Sexueller Missbrauch


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HANNA (Joe Wright/USA, UK, D 2011)


"Kids grow up."

Hanna (Wer ist Hanna?) ~ USA/UK/D 2011
Directed By: Joe Wright

Hanna (Saoirse Ronan) ist die vierzehnjährige Tochter des Ex-CIA-Mitarbeiters Erik Heller (Eric Bana), der das Mädchen zeitlebens vor dem Zugriff seiner früheren "Firma" in der Wildnis Finnlands versteckt und dort zur ultimativen Killerin ausgebildet hat. Jetzt verspürt Hanna Sehnsucht nach der Zivilisation und nimmt dafür sogar in Kauf, dass ihre höchstpersönliche Nemesis, die eiskalte Agentin Marissa (Cate Blanchett), ihre Fährte aufnimmt. Für Hanna geht die Reise von Marokko bis nach Berlin, wo sie ihrem Schicksal endlich ins Auge sehen kann.

Auf inhaltlicher Ebene bietet "Hanna" rein gar nichts Besonderes und selbst die Formalia riechen stark nach einer Mixtur aus frühem Tom Tykwer und Luc Besson: Fachkundig ausgeführte Todeskämpfe, spektakulär ausgewählte Sets, diverse Lauf- und Jagdsequqenzen, untermalt mit schmissigen Elektrosounds (hier: von den Chemical Brothers). "Hanna Killertochter", "Hanna rennt!", "Hanna, der Profi", "Die eiskalte Hanna", "Hanna und Gretel"... - die Liste ist praktisch endlos fortführbar. Ein nur scheinbar bizarres, eklektizistisches Konglomerat also aus einer Vielzahl popkultureller Zitate, die immerhin bis zu den im Film häufig zitierten Gebrüdern Grimm zurückreichen. So ist "Hanna" auch als Variante des uralten "Böse Stiefmutter Vs. Unschuldige Königstochter"-Motivs lesbar. Was Wrights Film jedoch trotzdem noch knapp zu etwas Besonderem macht, ist seine ausgewogene Komposition, die bei allem klischierten Verbrauchsmaterial hinreichend zu fesseln versteht, die beeindruckende, teils bewusst wahrnehmungsverzerrende Photographie [eine eigentlich unkomplizierte Schuss-Gegenschussszene, in der Hanna sich mit ihrer Freundin Sophie (Jessica Barden) unterhält, wird beispielsweise spiegelverkehrt wiedergegeben; der Film ist angefüllt mit solchen Finten] und natürlich Saoirse Ronan, ohne deren zarte, ätherische Mördermädchen-Performance das Ganze im Nachhinein undenkbar scheint.

7/10

Finnland Profikiller Berlin Coming of Age Spanien CIA Joe Wright Marokko Road Movie


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THE HOLE (Joe Dante/USA 2009)


"I'm not afraid."

The Hole ~ USA 2009
Directed By: Joe Dante

Die beiden Jungs Dane (Chris Massoglia) und Lucas (Nathan Gamble) ziehen mit ihrer alleinerziehenden Mum in das Kleintädtchen Bensonville. Im Keller ihres neuen Hauses entdecken sie eine wohlfeil verschlossene Luke, unter der ein scheinbar bodenloses Loch schlummert. Zusamme mit dem Nachbarsmädchen Julie (Haley Bennett) kommen sie dem Abgrund auf die Spur: Darin wohnt nämlich eine dämonische Kraft, die ihren Herausforderern deren höchstpersönliche Urängste vor Augen führt.

Zuallererst bin ich Joe Dante schonmal persönlich dankbar, dass er nunmehr die Finger von Bugs-Bunny-Filmen zu lassen scheint. Desweiteren ist "The Hole" aber trotzdem kein unkomplizierter Fall: Dante hat nämlich mit einem - man muss es schlichtweg so hart formulieren - unterdurchschnittlichen Script zu tun, das Genremotive aufbereitet, die schon vor zwanzig Jahren ein alter Hut waren. Das große, finstere Es, das sich von den Ängsten seiner Opfer nährt, kennen wir aus "A Nigfhtmare On Elm Street" und "It". Das tiefe Loch auf dem hauseigenen Grundstück als zusätzliche, paranormale Bedrohung der ohnehin angeknacksten Institution Familie gabe es bereits in "The Gate", das Motiv des ungreifbaren Bösen als letzten Endes kathartisch-therapeutische - und somit durchaus heilsame - Kraft gab es in analoger Form in Flynns "Brainscan". Wahrscheinlich hat Mark L. Smith (nicht zu verwechseln mit dem "Fall"-Vokalisten Mark E. Smith), von dem das Buch stammt, auch mal Liebermans "Satan's Little Helper" gesehen, denn die gesamte Szenerie von "The Hole" erinnerte doch sehr an selbigen. Bruce Dern wird übel verheizt, die Kinderdarsteller sind eher sorgfaltslos gewählt. Aber irgendwas hat der Film, das ihn dann doch noch sehenswert erscheinen lässt, zumindest, wenn man Dantes Motivation beim Filmemachen kennt. Seine Schöpfungen waren eigentlich fast immer subversive Komödien für Adoleszente, so ähnlich wie die monströsen Drive-In-Filme der Fünfziger und Sechziger, bloß mit einem stets verschmitzten Lächeln in den dunklen Gässchen der set pieces. Davon nimmt sich "The Hole" nicht aus; eine (unterforderte) kreative Kraft lässt sich tief in ihm wittern und dann wird die thematische Analogie zu Abrams viermal so teurem und von einer ungleich fetteren Promotion skandiertem "Super 8" offensichtlich, zu dem ich mir neulich noch dachte, dass er eigentlich auch einen guten Dante-Film abgegeben hätte (was mich erst auf die Idee brachte, mir "The Hole" zu besorgen und anzuschauen). Vielleicht ist das alles gar keine hölzerne Plagiatsmaschinerie und vielleicht sollte man dem visuell brillant gestalteten Showdown mehr Bedeutung beimessen, als ich es gegwärtig tue. Vielleicht entpuppt sich "The Hole" inmitten all seiner mäßig aufgeblasenen 3D-Effekte in ein paar Jahren sogar noch als richtig guter Film. Vielleicht...

5/10

Kinder Familie Coming of Age Kleinstadt Joe Dante Teenager 3-D


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BARNEY'S VERSION (Richard J. Lewis/CA, I 2010)


"You look like a king, Dad!"

Barney's Version ~ CA/I 2010
Directed By: Richard J. Lewis

Als die heimtückische Alzheimer Krankheit sein Leben und seine Erinnerungswelt zu infiltrieren beginnt, lässt der Soap-Produzent Barney Panofsky (Paul Giamatti) sein erstaunliche, prall gefüllte Biographie nochmal Revue passieren: Über seine tragische erste Ehe und die übereilte zweite bis hin zur dritten mit seiner großen Lebensliebe Miriam (Rosamund Pike), die Barney selbst in den Sand setzt.

Warum mich "Barney's Version" so sehr mitnahm und berührte, kann ich eigentlich gar nicht ganz genau bestimmen, vielleicht befand ich mich auch lediglich in der richtigen Laune dafür. Das Rad erfindet er ganz gewiss nicht neu. Ich kenne die Romanvorlage von Mordecai Richler (dem der Film gleichsam gewidmet ist) nicht, aber hätte man mich im Vorhinein raten lassen, ich hätte bezüglich der Inspirationsquelle für Barney Panofskys Vita wohl eher auf ein frühes Epos von John Irving getippt. Allzu bizarr und dabei romantisch sind die Erlebnisse dieses Lebemannes, der zu jeder Zeit gute Zigarren und guten Whiskey schätzt, die Tradition seiner jüdischen Herkunft, und darin ähnelt er seinem Vater (fulminant: Dustin Hoffman), nur höchst unzureichend bedient und einen unverfälschten und vor allem unbestechlichen Blick auf das Dasein hat - bis ein wohl von jedermann gefürchtetes Krankheitsbild ihm einen Strich durch die Rechnung macht. Doch "Barney's Version" ist keinesfalls das simple, melancholische Porträt eines schweren Krankheitsverlaufs, er ähnelt mehr der großen, schönen Achtzigerschnulze "Terms Of Endearment", wenn er die so sorgsam vorgestellte Biographie seines Heden irgendwann zu einem - leider nur allzu schlüssigen - Abschluss bringt. Lewis' Film macht sich nicht durch hintergründige Unvorhersehbarkeiten oder Unwägbarkeiten interessant, er will nur in Ruhe seinen Erzählteppich ausbreiten und zu zweistündigem, gemütlichen Verweilen darauf einladen, ohne umstürzlerisch zu wirken oder einen durch eine rezeptionistische Spießrute zu schicken. Das ist manchmal ebenso bequem wie dankenswert.

9/10

Ehe Familie period piece Richard J. Lewis Biopic Alzheimer


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THE BLACK ROSE (Henry Hathaway/USA 1950)


"Never talk important matters where you cannot see who listens."

The Black Rose (Die schwarze Rose) ~ USA 1950
Directed By: Henry Hathaway

England im 13. Jahrhundert. Der angelsächsische Eleve Walter von Gurnie (Tyrone Power) ist mit der Willkür, mit der einige der normannischen Edelleute sich in seiner geliebten Heimat breitmachen, überaus unzufrieden. Um diesem Zustand Abhilfe zu leisten, entschließt sich Walter zusammen mit seinem besten Freund Tristram (Jack Hawkins), gen Osten zu reisen, um dort weltliche Bildung und Abenteuer zu erfahren. Im Orient treffen sie auf den Kriegsherrn Bayan (Orson Welles), dessen Armee sie sich anschließen und mit ihm weiter bis nach China reisen. Bayan entpuppt sich als kluger, jedoch ebenso grausamer Schlachtenführer und als Walter und Tristram ein englischstämmiges Mädchen (Cécile Aubry) aus seinem Harem befreien, nähert sich bei ihnen langsam der Gedanke an Desertierung und Rückkehr in die Heimat...

Besonders wegen seiner herrlichen Farbgestaltung erquickliches Mittelalterabenteuer des in allen Genres beschlagenen Hollywood-Edelregisseurs Henry Hathaway. Für exzessive Schwertkampfduelle oder dergleichen findet sich in "The Black Rose" leider kein Platz; stattdessen nutzt man die fürstlichen exotischen Kulissen zur Illustration der Besinnungsreise des Helden sowie für sein höchstpersönliches Friedenmachen mit sich selbst und den veränderten Zuständen in seiner Heimat. Gekrönt wird dieses Bewusstsein durch die Belohnung des sich als gütig und gerecht erweisenden normannischstämmigen Königs Edward (Michael Rennie). Die Besetzung ist von ersten Gnaden. Den steifen, aber immer liebenswerten Senioren Finlay Currie, Faktotum nahezu jeden quietschcolorigen Historienfilms der Fünfziger, gibt mal wieder den grantelnd-knuffigen Großvater, Orson Welles präsentiert einmal mehr seine unglaublichen Fähigkeiten der Selbst-Chamäleonisierung und irgendwo dazwischen findet man einen noch jungen Herbert Lom als morgenländischen Fiesling.
Klassisches, buntes Aufwands- und Schaukino, wie ich es nicht nur mag, sondern wirklich liebe!

8/10

Road Movie Henry Hathaway period piece China England Historie Mittelalter Jack Cardiff


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GAMES (Curtis Harrington/USA 1967)


"For you the game is over."

Games (Satanische Spiele) ~ USA 1967
Directed By: Curtis Harrington

Jennifer (Katharine Ross) und Paul Montgomery (James Caan) sind ein typisches, wohlhabendes New Yorker Greenwich-Village-Hipster-Ehepaar: Kinderlos, Kunst sammelnd, Kicks suchend. Ihre wie performancegleich inszenierten Partys sind mittlerweile legendär in der Szene. Als die alternde Kosmetikvertreterin Lisa (Simone Signoret) für ein paar Tage bei ihnen einzieht, beginnen die Montgomerys, merkwürdige Spielchen zu spielen, die dazu dienen, sich gegenseitig zu erschrecken. Als dabei eines Tages versehentlich der Lebensmittelbote Norman (Don Stroud) erschossen wird, bekommt insbesondere Jennifer es mit der Angst. Paul entsorgt die Leiche zwar auf geschicktem Wege, doch Normans rachsüchtiger Geist scheint das Haus nicht verlassen zu wollen...

Wer ein wenig in der Horrorthriller-Geschichte der Sechziger beflissen ist, der hat es nicht schwer, vorauszusehen, worauf "Games" inhaltlich hinausläuft: Aldrichs "Hush... Hush, Sweet Charlotte" und vor allem mehrere Filme der britischen Hammer ("Paranoiac", "Nightmare", "Scream Of Fear") bedienten sich allesamt jenes beliebten Verunsicherungsmoments, in dem eine mehr oder weniger vorbelastete Dame von einigen böswilligen bis sadistisch veranlagten Komplottanten aus zumeist rein monetär motivierten Gründen und mittels inszenierten Spuks in die Klappsmühle gebracht werden soll. Hier ist die schöne Katharine Ross das Opfer und ihr Mann, der am Ende jedoch auch nicht viel zu lachen hat, der fiese Drahtzieher des Ganzen. Für den später leider dem - wahrscheinlich infolge seiner bequemen Unkompliziertheiten - lockenden Fernsehen verfallenen Curtis Harrington, dessen Kinoarbeiten Schifferle noch Mitte der Neunziger so treffend als "terra incognita" bezeichnete, war "Games" der vierte von insgesamt leider nur neun Leinwandlangfilmen. Immerhin konnte er dazu auf die Produktionsmittel eines großen Studios (Universal) und eine überaus ansehnliche Besetzung, darunter die Signoret während ihrer kurzen Hollywood-Gastspielreise, zurückgreifen. Dass diese im Film eine Deutsche mit ominöser Vergangenheit spielt, in der deutschen Fassung jedoch als Ungarin veräußert wird, ist für diese Zeit nichts sonderlich Seltsames. Für Harrington jedoch gilt: Die Raumkonstruktion ist sein Star, die Innenausstattung des architektonisch wundervollen New Yorker Hauses ein Traum. Auf dieser inszenatorischen Spielwiese, die Harrington allerhöchstens für minimale Gegenschnittsequenzen (etwa wenn Jennifer telefoniert) verlässt, vollbringt der Regisseur geradezu Meisterliches. Dass seine Geschichte sich eben nicht gerade als die innovativste hervortut, damit muss (und kann) man leben.

8/10

Curtis Harrington New York Ehe


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FINAL DESTINATION 5 (Steven Quale/USA 2011)


"Just what we want."

Final Destination 5 ~ USA 2011
Directed By: Steven Quale

Weil der Firmenangestellte Sam (Nicholas D'Agosto) eine Vision von einem grausligen Busunglück auf einer einstürzenden Brücke hat, können er und sieben seiner Kollegen sich knapp das Leben retten. Nicht für lange jedoch, denn wie wir alle wissen, ist mit dem Grimmen Schnitter nicht gut Kirschen essen.

All quiet on the Southern Front: Nachdem sich James Wong und David R. Ellis bei der Inszenierung der "Final Destination"-Filme immer so schön abgewechselt haben, kommt Wong seinen inszenatorischen Pflichten einfach nicht mehr nach, sondern tritt an den Kinodebütanten Steven Quale ab, der dem Franchise jedoch auch nichts Neues hinzuzufügen weiß. Das bewährte, wiederum genüsslich-zynisch aufgelöste Rezept der Serie bleibt nahezu unverändert, nur, dass der mysteriöse Alleswisser William Bludworth (Tony Todd, nach zweimaligem Aussetzen wieder an Bord) diesmal mit was bislang noch Unbekanntem herausrückt: Wer nämmlich anderen das Leben nähme, so die mörderische These, könne sein eigenes um die verbliebene Lebenszeit des Getöteten verlängern! Also gibt es am Ende erwartungsgemäß einen über all die Greuelfälle wahnsinnig Gewordenen, der genau dies zu praktizieren versucht - mit erwartungsgemäß gelindem Erfolg. Die Schlusspointe ist derweil nicht sonderlich gut durchdacht und passt nicht so recht mit Tony Todds vorherigem Bericht zusammen. Etwas schlampig geschrieben, das Ganze. Ansonsten gefällt insbesondere die wie bei einem Bond-Film komponierte Titelsequenz, und natürlich jenes charakteristische Faktum, dem sei Dank man sich wiederum reuelos und sogar noch untangierter als in den letzten Filmen im computergenerierten Lebenssaft (widersprüchlich? Aber hallo!) suhlen kann. Selbst innerhalb der Filmdramaturgie schert keinen mehr, dass alle Nase lang und auf einen halben Meter Entfernung irgendwem die Birne wegfliegt oder selbiger in tausend Teile zerrissen wird. "Huch, schon wieder von oben bis unten eingesaut. Heute muss ich mich aber oft umziehen..."

6/10

Prequel Steven Quale Splatter


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A NIGHT AT THE OPERA (Sam Wood/USA 1935)


"That's what they call a sanity clause." - "You can't fool me! There ain't no Sanity Claus!"

A Night At The Opera (Die Marx Brothers in der Oper) ~ USA 1935
Directed By: Sam Wood

In der Mailänder Scala ist prominenter New Yorker Besuch zugegen: Der Direktor des New Yorker Opernhauses, Mr. Gottlieb (Sig Ruman), will den ebenso berühmten wie arroganten Tenor Lasparri (Walter Woolf King) nach Übersee eskortieren. Im Schlepptau hat Gottlieb unter anderem seinen Agenten Otis P. Driftwood (Groucho Marx), der statt mit Gasparri einen Vertrag mit dem unbekannten, dafür umso liebenswerteren Sänger Ricardo (Allan Jones) abschließt. Zusammen mit den beiden Chaoten Fiorello (Chico Mark) und Tomasso (Harpo Marx) sorgt Driftwood schließlich dafür, dass Ricardo den seit langem verdienten Erfolg erhält und mit seiner geliebten Rosa (Kitty Carlisle) zusammensein kann.

Der erste Film der Marx-Brüder für MGM, der Legende nach, nachdem Irving Thalberg und Chico einen gemeinsamen Pokerabend verbracht haben. Hier gerinnt die zuvor noch recht lose auf Zelluloid gebannte Anarcho-Comedy der Paramount-Phase, deren Scripts lose auf den Vaudeville-Sketchen der Truppe basierten, endlich zu seiner vollen Reife und erhält ihren ihr zustehenden Rahmen. Bei MGM, dem Studio der Stunde, standen nämlich auch große Musical-Nummern auf der Tagesordnung, Action und Abenteuer. Harpo verwandelt sich in Errol Flynn, baumelt an einem Ankertau und entert die finale Opernkulisse, als handle es sich dabei um ein Piratenschiff. Groucho, bewährt mit Frack und Zigarre, schreitet langen Schrittes durch die nervöse Szenerie, scheint permanent kurz vorm Kreislaufkollaps, flötet seiner Leibpartnerin, der ehrwürdigen Margaret Dumont, süße Beleidigungen zu und erleichtert dämliche Dienstleister noch um ihr letztes Trinkgeld. Und dann gibt es da diese wunderbare, berühmte Szene, in der gefühlte 50 Leute (tatsächlich sind es nur vierzehn, bevor die - eigentlich als Einzige eingeladene - Dumont die Tür aufmacht und die ganze Horde ihr entgegengepurzelt kommt), allesamt von Groucho hereingebeten, in eine Schiffskabine gequetscht werden. Mein ewiger Lieblingsfilm der Marx Brothers, Vokalslapstick in Reinkultur und eine Sternstunde der Filmkomödie!

10/10

Marx Brothers Sam Wood New York Oper Slapstick





Filmtagebuch von...

Funxton

    Avanti, Popolo

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