"So what are you gonna do?"
The Woman ~ USA 2011
Directed By: Lucky McKee
Der erfolgreiche Anwalt und Familienvater Chris Cleek (Sean Bridgers) entdeckt beim Jagen im Wald eine verwahrlost lebende Frau (Polyanna McIntosh). Wie ein Tier fängt er sie ein und kettet sie in seinem Kellerverschlag an. Seiner Familie, Gattin Belle (Angela Bettis), der ältesten Tochter Peggy (Lauren Ashley Carter), Sohn Brian (Zach Rand) und der jüngsten, Darlin (Shyla Molhusen) erklärt Chris feierlich und wie selbstverständlich, er habe sich vorgenommen, die Frau zu domestizieren, sie also im Zuge eines Pseudoexperiments nach und nach der Zivilisation anzupassen, als sei er praktizierender Behaviorist. Tatsächlich wird immer mehr offensichtlich, dass Cleek die Frau nur festhält, um seine sexuellen Gelüste an ihr abarbeiten zu können und dass sich hinter der Fassade der braven Spießerfamilie schon seit Langem ein perverser Albtraum etabliert hat.
Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich bis zur Postlektüre nach dem mich unvorbereiteterweise komplett plattwalzenden "The Woman" noch nie etwas bewusst von Jack Ketchum gehört habe, offenbar jawohl eine unerlässliche Hausnummer innerhalb der modernen Horrorliteratur. Auch wusste ich demzufolge natürlich nicht, dass die Romanvorlage bereits der dritte Teil einer Trilogie ist und der zweite (den ich mir schleunigst nachbestellt habe) bereits verfilmt wurde.
McKees gewaltiger Film, ganz ohne Frage ein Meilenstein des augenzwinkernden transgressiven Kinos, erklärt jedenfalls der postmodernen Misogynie den rücksichtslosen, offenen Krieg und sollte eigentlich zum therapeutischen Pflichtprogramm für jeden (potenziellen) Frauenfeind und Kinderschänder ernannt werden. Chris Cleek, Zerrspiegelbild des gelackten Bourgeois und Familienvaters, hinter dessen glattgebügelter, wohlfrisierter Stirn sich die schlimmsten Testosteronphantasien breitmachen, ist das zugleich bedauerns- und hassenswerteste Individuum, das ich seit langem im Film ausmachen konnte. "The Woman" schürt die sich gegen ihn richtende Verachtung auf eine so effektive Weise, dass sein lyrischer Tod am Ende noch viel zu gut erscheint: Diesem "Menschen" wünscht man Höllenqualen bis in alle Ewigkeit. Nach einem solchen Pygmalion der Paraphilie, dieser bitterbösen Diametralkarikatur des vom Regisseur selbst gespielten Mediziners Itard aus Truffauts "L'Enfant Sauvage", hat man das Gefühl, den Akteur Sean Bridgers aber auch wirklich nie mehr in irgendeinem Film, geschweige denn im realen Leben sehen zu wollen. Auch eine Leistung.
Angesichts der Erfahrungen innerhalb meines Berufsstandes bin ich als Laienfuturologe ja schon seit längerem der latenten Erwartung, dass uns mittelfristig eine Amazonengesellschaft bevorstünde. Im Hinblick auf die von "The Woman" beschworene, katalytische Kraft urtümlicher Weiblichkeit fühle ich mich darin nurmehr bestätigt.
Wollte nach "The Woman" ursprünglich noch einen weiteren Film schauen. Ging nicht. War zu kaputt.
9/10
Satire Lucky McKee torture porn Hommage Kannibalismus Jack Ketchum Terrorfilm Feminismus Splatter Parabel Transgression Sexueller Missbrauch
The Woman ~ USA 2011
Directed By: Lucky McKee
Der erfolgreiche Anwalt und Familienvater Chris Cleek (Sean Bridgers) entdeckt beim Jagen im Wald eine verwahrlost lebende Frau (Polyanna McIntosh). Wie ein Tier fängt er sie ein und kettet sie in seinem Kellerverschlag an. Seiner Familie, Gattin Belle (Angela Bettis), der ältesten Tochter Peggy (Lauren Ashley Carter), Sohn Brian (Zach Rand) und der jüngsten, Darlin (Shyla Molhusen) erklärt Chris feierlich und wie selbstverständlich, er habe sich vorgenommen, die Frau zu domestizieren, sie also im Zuge eines Pseudoexperiments nach und nach der Zivilisation anzupassen, als sei er praktizierender Behaviorist. Tatsächlich wird immer mehr offensichtlich, dass Cleek die Frau nur festhält, um seine sexuellen Gelüste an ihr abarbeiten zu können und dass sich hinter der Fassade der braven Spießerfamilie schon seit Langem ein perverser Albtraum etabliert hat.
Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich bis zur Postlektüre nach dem mich unvorbereiteterweise komplett plattwalzenden "The Woman" noch nie etwas bewusst von Jack Ketchum gehört habe, offenbar jawohl eine unerlässliche Hausnummer innerhalb der modernen Horrorliteratur. Auch wusste ich demzufolge natürlich nicht, dass die Romanvorlage bereits der dritte Teil einer Trilogie ist und der zweite (den ich mir schleunigst nachbestellt habe) bereits verfilmt wurde.
McKees gewaltiger Film, ganz ohne Frage ein Meilenstein des augenzwinkernden transgressiven Kinos, erklärt jedenfalls der postmodernen Misogynie den rücksichtslosen, offenen Krieg und sollte eigentlich zum therapeutischen Pflichtprogramm für jeden (potenziellen) Frauenfeind und Kinderschänder ernannt werden. Chris Cleek, Zerrspiegelbild des gelackten Bourgeois und Familienvaters, hinter dessen glattgebügelter, wohlfrisierter Stirn sich die schlimmsten Testosteronphantasien breitmachen, ist das zugleich bedauerns- und hassenswerteste Individuum, das ich seit langem im Film ausmachen konnte. "The Woman" schürt die sich gegen ihn richtende Verachtung auf eine so effektive Weise, dass sein lyrischer Tod am Ende noch viel zu gut erscheint: Diesem "Menschen" wünscht man Höllenqualen bis in alle Ewigkeit. Nach einem solchen Pygmalion der Paraphilie, dieser bitterbösen Diametralkarikatur des vom Regisseur selbst gespielten Mediziners Itard aus Truffauts "L'Enfant Sauvage", hat man das Gefühl, den Akteur Sean Bridgers aber auch wirklich nie mehr in irgendeinem Film, geschweige denn im realen Leben sehen zu wollen. Auch eine Leistung.
Angesichts der Erfahrungen innerhalb meines Berufsstandes bin ich als Laienfuturologe ja schon seit längerem der latenten Erwartung, dass uns mittelfristig eine Amazonengesellschaft bevorstünde. Im Hinblick auf die von "The Woman" beschworene, katalytische Kraft urtümlicher Weiblichkeit fühle ich mich darin nurmehr bestätigt.
Wollte nach "The Woman" ursprünglich noch einen weiteren Film schauen. Ging nicht. War zu kaputt.
9/10
Satire Lucky McKee torture porn Hommage Kannibalismus Jack Ketchum Terrorfilm Feminismus Splatter Parabel Transgression Sexueller Missbrauch