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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE GREAT SIOUX UPRISING (Lloyd Bacon/USA 1953)


"Too much thinking gives women the wrinkles."

The Great Sioux Uprising (Der große Aufstand) ~ USA 1953
Directed By: Lloyd Bacon

Der einst erfolgreiche und nunmehr kriegsmüde Arzt Jonathan Westgate (Jeff Chandler) kommt während des Sezessionskrieges in ein kleines Nest in Wyoming, wo er sich als Veterinär niederzulassen plant. Dort konkurrieren die Pferdehändler Joan Britton (Faith Domergue) und Stephen Cook (Lyle Bettger) um die Vormachtsstellung bei der Belieferung der Unionssoldaten. Joan möchte die Sioux zu Sympathisanten der Blauröcke machen und dafür sorgen, dass die Indianer ihnen ihre Pferde zu Verfügung stellen; Cook fragt nicht erst lang, sondern stiehlt die Zossen und verkauft sie für teures Geld an die Nordstaatler. Diese, natürlich recht ungehalten über ihren Verlust, treffen sich zusammen mit anderen Stammesabordnungen in der Folge mit dem Cherokee und Konföderierten-General Watie (Glenn Strange), um über eine eventuelle Allianz gegen die Unionsarmee zu verhandeln. Westgate und Joan wollen die Katastrophe verhindern...

Einer der kleinen, proindianischen Western der Universal, derer es in der direkten Erbenreihe des noch von der Fox produzierten, erfolgreichen "Broken Arrow", in welchem Jeff Chandler zum ersten Mal den Apachenhäuptling Cochise spielte, einige gab. Chandler achtete bei seinen Genre-Auftritten stets darauf, nach Möglichkeit in Filmen zu erscheinen, die ein historisch halbwegs gerade gerücktes, gerechtes Bild der natives zeichneten. "The Great Sioux Uprising" macht auch keinen Hehl aus seiner Sympathisierung mit den Streitkräften der Union. In einer durchaus mutigen Szene schlägt der perplexerweise selbst zum Rassisten und Sklaventreiber abgefärbte General Watie völlig grundlos seinen farbigen Diener und besiegelt damit bereits im Vorhinein seine diplomatische Niederlage mit den Indianern. Solcherlei eindeutig formulierter Liberalismus war um diese Zeit im kommerziell orientierten Hollywood-Genrekino noch eine Seltenheit oder zumindest noch auf dem Wege, zum modischen Gestus zu avancieren. Ansonsten ist diese späte Arbeit des Viel- und Auftragsfilmers Lloyd Bacon jedoch kein ausgesprochener Gewinner - der Film leidet unter einem verworrenen, schlecht montierten und extrem unlogischen Script, dessen effektive Undurchschaubarkeit sich oftmals in den verständnislosen Gesichtern der Darsteller widerspiegelt. Die groß aufgezogenen Pferdeszenen sind recht nett arrangiert, ansonsten mag man jedoch guten Gewissens auf den Film verzichten, so man nicht wie ich dem leicht gestörten Ansporn unterliegt, sich ein möglichst komplettes Bild des US-Western anzueignen.

4/10

Lloyd Bacon Indianer Sezessionskrieg Pferde Militär Kavallerie Wyoming


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TWELVE O'CLOCK HIGH (Henry King/USA 1949)


"I think I shall stay drunk until I'm not confused anymore..."

Twelve O'Clock High (Der Kommandeur) ~ USA 1949
Directed By: Henry King

Nachdem Colonel Keith Davenport (Gary Merrill) sich emotional allzu sehr in die Führung der noch frisch in England stationierten 918. Bomberstaffel der USA Air Force hat involvieren lassen, wird er seines Kommandos enthoben. An Davenports Stelle tritt sein guter Freund General Savage (Gregory Peck), der sich vornimmt, einen anderen, deutlich härteren Kurs als Davenport einzuschlagen, was ihm zunächst auch gelingt. Recht bald muss Savage jedoch einsehen, dass sture Geradlinigkeit und menschliche Wärme sich tatsächlich nur schwer auf denselben Nenner bringen lassen.

In einer der besten und differenziertesten Darstellungen, die man von ihm genießen kann, gibt Gregory Peck in diesem Film seines Hausregisseurs Henry King den symbolisch getauften Offizier Frank Savage, der als couragierter Schreibtischhengst ein grandioser militärischer Analytiker sein mag, dessen weicher Kern unter rauer Schale jedoch bald sichtbarer wird als es ihm lieb ist. Als sich unter schweren anfänglichen Interferenzen erstmal die richtige Wellenlänge zwischen ihm und seinen Männern eingestellt hat, beginnt er, exakt dieselben "Fehler" zu machen wie sein Vorgänger und Freund Keith Davenport und bezahlt sein immenses Verantwortungsbewusstsein und den humanistischen Sieg der Empathiefindung mit einem schweren Nervenzusammenbruch, die wiederum eine Kommandoablöse fordern. "Twelve O'Clock High" geht es weniger um die Darstellung des Kriegs als Männerabenteuer, wie es zu dieser Zeit etwa diverse Filme mit John Wayne zu praktizieren pflegten, sondern um die durchaus differenzierte Darstellung des Militärpersonals als austauschbare Zahnrädchen. Menschlichkeit ist für die Stabsführung ein Fremdwort und sollten dioe Sympathien doch einmal allzu innig und damit professionalitätsgefährdend werden, ist ein personneler Wechsel vonnöten. Ähnlich wie später "Saving Private Ryan" gestaltet sich Kings Film in Rückblendenform und ähnlich wie Spielbergs eher von Schauwerten dominiertes Drama nimmt sich "Twelve O'Clock High" heraus, heroischem Soldatenrum eine kleine Heldenballade zu stiften. Nur nimmt man dies hehre Ansinnen dem vorliegenden Werk allein aufgrund seiner periodischen Verbundenheit als wesentlich authentischer ab.

9/10

Henry King WWII Luftkampf England Freundschaft


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HANNIBAL (Ridley Scott/USA, UK 2001)


"Tata."

Hannibal ~ USA/UK 2001
Directed By: Ridley Scott

Zehn Jahre nach seiner Flucht bemüht sich der Serienmörder und Kannibale Hannibal Lecter (Anthony Hopkins) als Dr. Fell um eine Kuratorenstelle in einem Florentiner Museum. Dort wird der gierige Polizist Pazzi (Giancarlo Gianini) nicht nur auf ihn, sondern auch die von Lecters einzig überlebendem, einst schwer verstümmelten Opfer Mason Verger (Gary Oldman) ausgesetzte Belohnung, aufmerksam. Verger hat seine Rache viele Jahre lang geplant und nutzt nunmehr Lecters Faible für die Agentin Clarice Starling (Julianne Moore), um seinen Intimfeind in eine Falle zu locken. Doch Lecter erweist sich einmal mehr als zu gerissen für jedweden Verfolger.

Nachdem sowohl Jonathan Demme als auch Jodie Foster dem Projekt "Hannibal" den Rücken zugedreht hatten, konnte Dino de Laurentiis immerhin Ridley Scott für selbiges begeistern. Bereits das Erscheinen des Romans wurde von einigem Entsetzen über Thomas Harris' potenzierte Detailfreude flankiert - soviel Gedärm und extrahierte Gehirnmasse mochten die etablierten Damen und Herren Prominenz dann doch nicht durchwaten. Die Folge ergibt einen sowohl in narrativer als auch in formaler Hinsicht völlig anders gearteten Film. "Hannibal" schwelgt in Pomp und edlem Stuck, konsumiert Kunst jedweder Kuleur im Dauerakkord und nutzt das Kulturzentrum Florenz als ehrwürdige Kulisse dafür. Gleichermaßen majestätisiert er Unappetitlichkeiten als hieße sein Regisseur Dario Argento, so dass das Werk sich ohne den Gang großer Umwege auch als Hommage an den klassischen Giallo lesen lässt. In den ersten beiden Teilen seiner "Lecter-Trilogie" überließ Harris die forsche Grausamkeit des promovierten Psychopathen noch der sekundären Hand; hier nun rückt der Gute endlich selbst ins Zentrum des Geschehens und erhält einige Gelegenheit, seinen zuvor lediglich angerissenen, barbarischen Habitus in einiger Ausprägung vorzustellen. Jedoch ist Lecter auch nur so kaputt wie seine Umwelt - die Allüren des nicht nur unfreiwillig widerwärtigen Milliardärs Mason Verger sind keinen Deut besser. Überhaupt wählt Hannibal ausschließlich "moralisch verwertbare" Todesarten für seine Herausforderer: den kleinen, von Pazzi beauftragten Taschendieb (Enrico Lo Verso) lässt er verbluten, Pazzi stirbt genau wie Judas auf einer frühmittelalterlichen Darstellung. Verger wird von seinen eigenen Schweinen aufgefressen und Clarices Konkurrenten, den schmierigen Agent Krendler (Ray Liotta), lässt Lecter sich an seinem eigenen Hirn delektieren - an jenem Teil freilich, der, wie man sagt, "für die guten Manieren zuständig" sei. Seine inszenatorische Fabulierfreude und Finesse sowie sein omnipräsenter Hang zur Exploitation im ästhetisch ansonsten so tragfähigen Gewebe machen "Hannibal" nicht nur zu etwas Besoderem, sondern vor allem zu einer von Scotts faszinierendsten Arbeiten.

9/10

Ridley Scott Hannibal Lecter Serienmord FBI Thomas Harris Florenz Rache Schweine David Mamet amour fou


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THE SILENCE OF THE LAMBS (Jonathan Demme/USA 1991)


"They don't have a name for what he is."

The Silence Of The Lambs (Das Schweigen der Lämmer) ~ USA 1991
Directed By: Jonathan Demme

Um einem kalauernd 'Bufallo Bill' getauften Serienmörder auf die Spur zu kommen, macht sich FBI-Stabschef Jack Crawford (Scott Glenn) daran, eine junge Auszubildende namens Clarice Starling (Jodie Foster) mit dem seit acht Jahren in Sicherheitsverwahrung befindlichen Dr. Lecter zusammenzubringen. Clarice soll - ohne davon zu ahnen - die Sympathie und das Vertrauen Lecters gewinnen, um so wertvolle Fahndungshinweise seinerseits bezüglich der möglichen Identität 'Buffalo Bills' zu erhalten. Tatsächlich gelingt Crawfords Plan. Lecter kennt sogar den Killer aus seiner früheren Praxis - lässt jedoch kjeineswegs mit sich schachern, ohne dass Clarice ein Stück ihrer eigenen seelischen Abgründe dafür preisgeben müsste.

Ein vorrangiges Beispiel für perfektioniertes, absolut messerscharfes Filmemachen und auch für die formale Emanzipation des Films der Neunziger von dem seines Vorgängerjahrzehnts. Kaum ein Horrorfilm - und ein solcher ist "The Silence Of The Lambs", noch mehr als dass er dem Thriller zugehörig wäre, vermochte es jemals, selbst das nickelbebrillte Establishment zu einem Kinobesuch zu verleiten und allein dafür gebühren ihm noch immer höchste Weihen. Demme vergisst seine Wurzeln nicht, bringt zum Beweis Roger Corman und George A. Romero in Cameos und hält zusätzlich noch nette kleine Rollen für Charles Napier und Diane Baker bereit. Dazu verschafft er dem Genre eine ungewohnte Respektabilität, indem er es schlichtweg ernst nimmt wie schon lange vor ihm niemand mehr und ihm eine gehörige Portion Abgründigkeit und Weltschmerz hinzusetzt. Die Figuren - die traumatisierte, stets um Selbstbehauptung bemühte Clarice Starling in einer von Männern dominierten (Berufs-)Welt, der ebenso geniale wie wahnsinnige Hannibal Lecter und auch der getriebene Jame Gumb (Ted Levine) - werden in rund 110 Erzählminuten so konturiert ausgebaut wie es sonst nur in umfangreicher Prosa möglich scheint; hinzu kommen eine kraftvolle, immanente Grausamkeit auf der einen Seite und eine gleichsam relativierende, humanistische Sensibilität auf der anderen. Obschon ich Demmes konzentrierten Film seit dem ersten Mal im Kino bestimmt schon gute zwanzig Male gesehen habe, werde ich der Wiederholungen nicht müde. Einfach, weil er so rund, so schön, so toll ist.

10/10

Jonathan Demme Hannibal Lecter Thomas Harris FBI Profiling Serienmord Madness Herbst


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RED DRAGON (Brett Ratner/USA, D 2002)


"Be grateful. Our scars have the power to remind us that the past was real."

Red Dragon (Roter Drache) ~ USA/D 2002
Directed By: Brett Ratner

Special Agent Will Graham (Edward Norton) vom FBI besitzt die Gabe, aufgrund besonderer empathischer Fähigkeiten beinahe mit der Gedankenwelt gesuchter Serienmörder verschmelzen zu können und ihnen so rasch auf die Spur zu kommen. Nachdem er einst den ebenso brillanten wie irrsinnigen Psychiater Hannibal Lecter (Anthony Hopkins) festsetzen konnte und dabei fast zu Tode gekommen wäre, hat sich Graham zur Ruhe gesetzt. Als ein Familienmörder, den die Boulevardpresse "Zahnfee" getauft hat, die Ostküste unsicher macht, überredet Grahams früherer Vorgesetzter Jack Crawford (Harvey Keitel) ihn, ein weiteres Mal als Profiler tätig zu werden. Die Mörderhatz, bei der sich Graham auch auf die Hilfe Lecters stützt, wird bald zu einer wechselseitig zunehmend persönlich gefärbten Angelegenheit.

Die Neuverfilmung von Thomas Harris' erstem Roman seiner späteren "Hannibal-Lecter-Trilogie" kann trotz bombensicherer Produktionsbedingungen mit Michael Manns brillantem, sechzehn Jahre älteren "Manhunter" nicht mithalten. Gegen die fast verschworen wirkende Überstilisierung jenes Films ('tech noir' nennt man es wohl), in dem seinerzeit die nach wie vor eher eingeweihten Kreisen geläufigen Darsteller Brian Cox, William Petersen und Tom Noonan in den maßgeblichen Parts glänzten, wirkt Ratners solide, aber überraschungsarme Regie kaum mehr als beliebig. Benachteiligend hinzu wirkte sich ferner aus, dass nach all den sich um jeweils möglichst finstere Erscheinungsbilder bemühten Serienmörderfilmen, die das Kino der Neunziger und des Jahrtausendwechsels hervorbrachten, der gesamte Topos arg erschöpft und ausgewrungen wirkte. Letzten Endes kann man sich einer untrüglichen Eingebung kaum erwehren, derzufolge es dem Produzenten und Rechteinhaber De Laurentiis um unwesentlich mehr ging als um eine möglichst zeitnahe Auspressung des Franchise mit dem ja auch nicht jünger werdenden Anthony Hopkins. Dazu gesellt sich freilich eine Besetzung, die wohl die traumhafteste sein dürfte, mit der ein Hollywood-Regisseur in der letzten Dekade arbeiten konnte und die "Red Dragon" eigentlich seine komplette Qualität verleiht. Ansonsten rezitiert das Script nochmal die schönsten Dialogfetzen aus Manns Film, kann es mit dessen wallender Vorführung kühler Poesie jedoch wiederum kaum aufnehmen. Somit ist "Red Dragon" ein risikoarmer, wenn auch recht guter Film, der trotz seiner production values immer und ewig darunter leiden wird, lediglich die Zweitbesetzung eines exzellenten Spielmachers zu sein.

7/10

Brett Ratner Profiling Madness Thomas Harris Hannibal Lecter Serienmord FBI Chicago Florida


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JOHNNY BE GOOD (Bud S. Smith/USA 1988)


"You should just spend a minute thinkin', old man."

Johnny Be Good ~ USA 1988
Directed By: Bud S. Smith

Der kurz vor seinem High-School-Abschluss stehende Footballspieler Johnny Walker (Anthony Michael Hall) ist der Star des örtlichen Schulteams und erhält permanent Stipendienangebote und Anwerbungen von Unis aus allen Ecken der Staaten, die das kommende Idol unbedingt unter ihrem Dach parken wollen. Die inflationäre Aufmerksamkeit droht dem aus einem höchst bodenständigen Vorstadt-Haushalt stammenden Johnny schwer zu Kopf zu steigen, schließlich trifft der junge Mann jedoch die sinnvollste Entscheidung.

Nach mehreren Auftritten bei John Hughes als Loser der Nation war es an Anthony Michael Hall, den diametralen Part des frenetisch gefeierten Teenie-Idols zu geben. Als begehrtestem Nachwuchssportler der gesamten Vereinigten Staaten und mit Uma Thurman als knackigem Girlfriend hat er diesmal den Verlockungen der Prominentenkorruption zu begegnen und Stand zu halten. Die Welt der "Football-Unis" mit all ihren irrsinnigen Dekanen und Trainern, in denen Starsportler wahlweise maschinell gezüchtet und überwacht, oder mit hübschen Mädchen, Doping, Alkohol und sonstigen Drogen gefügig gemacht werden, greift mit ihren gierigen Tentakeln nach unserem braven suburbian brat, das mit der schönen Uma und Robert Downey Jr. als best buddy im Rücken natürlich rechtzeitig wieder die Füße auf den Boden zurückbekommt.
Bemerkenswert an Smiths alberner, ansonsten jedoch erstaunlich wenig witziger Komödie, deren Quatsch-Attitüde mithilfe der deutschen Blödelsynchro noch potenziert wird, ist freilich die Besetzung. Große Charakterköpfe aus dem who's who der supporting casts trifft man hier in gesammelter Legion: Paul Gleason, Seymour Cassel, Marshal Bell - Klassedarsteller, deren Namen vielleicht nicht jedermann geläufig, deren Gesichter den Test der Zeit jedoch als umso einprägsamer überstanden haben. Mit Michael Greene, Steve James und John Pankow gibt es außerdem ein kleines Klassentreffen zu "To Live And Die In L.A." - ohne gemeinsame Szene zwar, aber die gab's ja auch zwei Jahre zuvor schon nicht so richtig. Leider genügt das große Hallo nicht ganz, um aus "Johnny Be Good" zugleich einen guten Film zu machen - aber was soll's. Zur rechten Zeit serviert schmeckt 'ne Phosphatstange mit Pommes + Salbe schließlich auch besser als Ente à l'Orange.

5/10

American Football Bud S. Smith Teenager Schule Satire Coming of Age


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PARTY GIRL (Nicholas Ray/USA 1958)


"No, no. Not with me, fella. Not with Rico Angelo."

Party Girl (Das Mädchen aus der Unterwelt) ~ USA 1958
Directed By: Nicholas Ray

Chicago in den frühen dreißiger Jahren: Der verkrüppelte Mobster-Anwalt Tommy Farrell (Robert Taylor) lernt auf einer Party von seinem Boss Rico Angelo (Lee J. Cobb) die Tänzerin Vicki Gaye (Cyd Charisse) kennen. Der eiskalte Teufelsadvokat und die heiße Schönheit ziehen sich wechselseitig an, was eine aufrichtige Liebesgeschichte zur Folge hat. Diese lässt den vormals zynischen Farrell sein Metier überdenken und bald zu dem Entschluss kommen, dass nur ein Ausstieg aus den mafiösen Elementen der Stadt eine aussichtsreiche Zukunft mit Vicki begünstigt. Damit ist Angelo jedoch alles andere als einverstanden. Als Farrell wegen einer Affäre um eines von Angelos Mündeln, den schießwütigen Cookie La Motte (Corey Allen), in Schutzhaft genommen wird, beginnt der sich um Farrells Aussage sorgende Angelo, Vicki zu bedrohen. Farrell weiß: Jetzt hilft endgültig nurmehr die Flucht nach vorn.

Ähnlich wie in "Johnny Guitar" entwirft Ray mit den vorherrschenden filmischen Mitteln der fünfziger Jahre - Technicolor und CinemaScope - eine gestalterische Augenweide, die das Zeug dazu hatte, ein schlafendes Hollywood-Genre zu reanimieren. Im Falle "Party Girl" war es das des Gangsterfilms. Warner hatte nach seiner großen Serie zeitgenössischer mobster movies in den Dreißigern auf diesem Gebiet kaum mehr etwas geleistet, von dem monströsen "White Heat" vielleicht einmal abgesehen. Stattdessen wurden die paar allenthalben herauskommenden Genrestücke formal zunehmend kärglich und entfernten sich mit ihrem moralethischen Zeigefinger und einem starken Hang zur Psychologisierung immer mehr von der flamboyanten Arbeitsweisen eines Mervyn LeRoy, Michael Curtiz oder Raoul Walsh. Nicholas Ray mühte sich jedoch häufig, mit seinen hochemotionalen, sich vor blühendem Camp nicht scheuenden Liebesgeschichten einen neuerlichen Gegenkurs einzuleiten und alte Traditionen mit aktuellen Mitteln wieder aufleben zu lassen. "Party Girl" schwelgt in Farben und Interieurs, kokettiert mit seinem alternden Protagonisten-Charmeur und spendiert Cyd Charisse nicht weniger als zwei ausufernde, jedoch stets bodenständig inszenierte Revueszenen, in denen die edle, damals bereits siebunddreißigjährige Schönheit viel von ihren beeindruckenden Beinen zeigen durfte. Was schert einen angesichts solch flirrender Erotik schon ein vorsätzlich karikierter Gangster, mag er auch von Lee. J. Cobb gespielt werden. Wobei, der ist natürlich auch toll. Wie so ziemlich alles an Rays Film.

9/10

Nicholas Ray period piece Chicago Mafia film noir


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JOHN AND MARY (Peter Yates/USA 1969)


"I can do that most efficiently. I can vanish."

John And Mary (John und Mary) ~ USA 1969
Directed By: Peter Yates

Am Morgen nach einer gemeinsam verbrachten Nacht sinnieren die beiden jungen New Yorker John (Dustin Hoffman) und Mary (Mia Farrow), ob es sinnvoll sein könnte, den jeweils anderen wiederzusehen. Immerhin haben sie sich erst am Abend zuvor kennengelernt und wissen noch so gut wie nichts übereinander. Im Laufe des folgenden Tages müssen sie einiges über sich selbst und ihre Lebensauffassungen lernen.

Der Manhattener Bourgeoisie und ihrer neuen, wagemutigen Auffassung von freier Liebe und Promiskuität hält "John And Mary" einen halbwegs konservativ getönten Spiegel vor. Rein koital orientierte Begegnungen, so versichert uns der Film, können auf Dauer auch sehr oberflächlich und abstumpfend sein; insofern sei es auch sehr viel besser, nach Stabilität und Vetrauen zu streben. Nun, immerhin stellen John und Mary (die sich erst ganz am Ende gegenseitig ihre Namen verraten und dabei kichern wie zwei verknallte Teenager) das puritanische Dogma auf den Kopf, demzufolge erfüllender Sex erst nach kirchlicher (oder staatlicher) Beziehungslegalisierung eintreten dürfte. Für 69 mag dieser antithetische Ansatz bereits etwas spät daherkommen, aber immerhin befinden wir uns hier im Hollywood-Film eines Traditionsstudios, das zeitlich parallel noch immer versuchte, die Realität mit den Farben knallbunter Musicals zu übertünchen. Abgesehen von seinem etwas obsoleten Beziehungsdiskurs kommt man aber immerhin in den Genuss so innovativer wie komplexer Narrationsstrukturen, die sich durch permanente Zeitwechsel und sogar Bewusstseinsströme infolge innerer Monolge auszeichnen. Schließlich sind da noch zwei vorzügliche, grandios miteinander harmonierende Hauptdarsteller.

7/10

Peter Yates New York New Hollywood One Night Stand Bohème


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MAXIMUM OVERDRIVE (Stephen King/USA 1986)


"Honeybun! This machine just called me an asshole!"

Maximum Overdrive (Rhea M... Es begann ohne Warnung) ~ USA 1986
Directed By: Stephen King

Für genau acht Tage gerät die Erde in den Schweif des vorbeiziehenden Kometen Rhea M. Dessen unheiliger Einfluss sorgt dafür, dass diverse, batterie- und netzbetriebene Nutzmaschinen urplötzlich ein mörderischesEigenleben entwickeln und Jagd auf jene machen, denen sie eigentlich dienstbar sein sollten: Die Menschen. Eine kleine Schar davon verschanzt sich in einer Tankstelle mitten in der Provinz von North Carolina, belagert von einer aggressiven Schar führerloser Trucks.

Stephen Kings erste und bis heute einzige Regiearbeit wurde so leidenschaftlich gehasst und geschasst, dass es den Vielschreiber seither nie mehr auf den Regiestuhl zurücktreiben konnte. Eigentlich schade, denn wenngleich "Maximum Overdrive" allzu selbstverliebt erscheint, um dem Phantastischen Film einen wirklich progressiven Beitrag zu bescheren, ist er doch in seiner Mischung aus freiwilliger und unfreiwilliger Komik noch immer einen Blick wert. Vermutlich haben die Leute gänzlich falsche Erwartungen an den Film gesetzt: Wenn Stephen King einen Film macht, so wird man zuversichtlich geglaubt haben, dann muss dieser doch zwangsläufig kreuzunheimlich und ein Ausbund an subtiler Spannung sein. Doch weit gefehlt; "Maximum Overdrive", basierend auf des Meisters eigener short story "Trucks", mag sich vielleicht als Actionfilm oder möglicherweise auch als freche Komödie einordnen lassen - zum wohligen Grusel sollte man jedoch besser ein Häuschen weiter ziehen. Die völlig überzeichneten Figuren lassen das apokalyptische Szenario ganz schnell wieder erkalten und selbst tolle Ideen wie zu Killern werdende Getränkeautomaten oder ein Glockenspiele trällernder Eiswagen - ohnehin ein oftmals auf cineastischem Wege pervertiertes Sinnbild spießigen, US-amerikanischen Vorstadtidylls - verhindern nicht, dass man sich weder um Emilio Estevez noch um den gesicherten Fortbestand der restlichen Menschheit jedwede Sorgen macht. Auch die für die gesamte Soundtrackspur verantwortlichen AC/DC sollten nicht eben die erste musikalische Wahl sein, wenn es darum geht, spitzfindige Suspense-Partituren zum Einsatz zu bringen. Keine Ahnung, was das alte Vierauge sich dabei gedacht hat... Anyway, lieber eine Runde Spaß haben, zwei bis zehn Bier dazu trinken, und die Chose stimmt.

6/10

Stephen King North Carolina Südstaaten Belagerung Trucks Monster Aliens Invasion Apokalypse


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JURASSIC PARK III (Joe Johnston/USA 2001)


"Reverse Darwinism - survival of the most idiotic."

Jurassic Park III ~ USA 2001
Directed By: Joe Johnston

Das Ex-Ehepaar Kirby (Téa Leoni, William H. Macy) hat seinen Sohn Erik (Trevor Morgan) bei einem Kite-Trip über der Isla Sorna verloren. Da sie glauben, dass der Junge noch leben müsse, schleppen sie den mittlerweile von Dr. Sattler (Laura Dern) getrennt lebenden Dr. Grant (Sam Neill) mehr oder weniger unfreilligerweise zu einer Rettungsmission mit zur Insel. Erik kann zwar bald gefunden werden, doch das Entkommen von der Insel gestaltet sich als besonders kompliziert...

"Jurassic Park III" illustriert besonders schön, wie Spielberg im Vergleich zu einem "herkömmlichen" Durschschnittsregisseur wie Joe Johnston inszeniert, der als Techniker sicherlich stets einwandfreie Arbeit leistet, der andererseits dem bloßen Routinement allerdings nie wird entkommen können. Abgekürzt formuliert soll dies heißen: "Jurassic Park III" fehlt ganz eindeutig die unverkennbare formale Signatur der beiden Vorgänger. In diesem dritten Teil des Franchise, der um gut ein Viertel Laufzeit kürzer ist als die beiden anderen, geht es nurmehr um den reinen Spaß am familiären Kinoausflug und nicht mehr um die Kunst, das Publikum nicht bloß kurzfristig, sondern möglicherweise sogar nachhaltig beeindruckt zurückzulassen. Johnstons Film jedoch ist reinste Nummernrevue, vergleichbar in etwa mit einer Fahrt auf der Wildwasserbahn: sauber und mit einiger affektiver Bandbreite konstruiert, garantiert jedoch ohne Hinterlassung bleibender Eindrücke oder gar Schäden mit Ausnahme von zwei drei Tröpchen auf der Bluse. Klar, der Spinosaurus und die Pteranodons sind bestimmt dufte Hingucker, Sam Neills und Laura Derns neuerliche Auftritte liebenswert. Ansonsten spickt Johnston (ja, das reimt sich) seine mediokre Dinomär permanent mit Zitaten und Verweisen an den Erstling und feilt damit nur weiter an seinem durchsichtigen, kreativen Offenbarungseid. Er ist eben nur die Zweit-, wenn nicht gar die Drittbesetzung auf dem "JP"-Regiestuhl.

6/10

Joe Johnston Steven Spielberg Dinosaurier Insel Genforschung Sequel Monster





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Funxton

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