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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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DUEL (Steven Spielberg/USA 1971)


"Look... I want you to cut it out."

Duel (Duell) ~ USA 1971
Directed By: Steven Spielberg

Der kleine Angestellte David Mann (Dennis Weaver) überholt auf dem Weg zu einem Geschäftstermin einen Truck. Diesen wird er fortan nicht mehr los, tatsächlich verfolgt ihn der Lastzug nicht nur, er attackiert ihn auch noch in zunehmend eindeutiger Absicht.

The one to end it all: Mit dieser in Windeseile abgedrehten ABC-Produktion für die Reihe "Movie Of The Week" findet sich die Grabinschrift New Hollywoods bereits unbewusst in Stein gemeisselt. Der Blockbuster bahnt sich seinen Weg, bis "Jaws" vier Jahre später die Studios aus ihrer Flaute herausholen und dem Autorenkino wieder den Hahn abdrehen wird. Und welch ein brillantes Epitaph "Duel" ist: Kino in seiner pursten Form (ironischerweise ausgerechnet fürs Fernsehen produziert), Film der totalen Reduktion, in dem am Ende nichts mehr wichtig ist außer dem Weiterkommen auf gerader Straße und der endgültigen Entledigung des Gegners. David Mann bleibt am Ende als eine vollkommen entleerte tabula rasa zurück, heruntergeschält sozusagen auf das bare Dasein. Dass er nicht noch nackt an der Felsklippe im Sonnenuntergang sitzt, verwundert da geradezu. Dafür wird er wahrscheinlich ein interessanter Fall für die Psychiatrie und der mysteriöse Truckfahrer hat sein Ziel somit zumindest in Teilen erreicht. Alles, was David Mann am Morgen dieses Tages noch bewegte, befindet sich in weiter Ferne: Sein lächerlicher kleiner Ehekrach, der Termin mit seinem Geschäftspartner, seine ganze kleinbürgerliche Existenz. Auch kommt er zwischendurch nie auf die Idee, dem Truck ein Schnippchen zu schlagen. Er müsste bloß umkehren und nach Hause fahren und der Albtraum wäre vorbei. Aber darum geht es irgendwann gar nicht mehr, David Mann will gewinnen, triumphieren, Erster sein. Spielberg, damals 25, inszeniert wie ein Alter und schüttelt bereits als Debüt einen formaltechnisch dermaßen perfekten Film aus dem Ärmel, dass dagegen selbst alte Hasen vor Neid erblasst sein dürften. Für mich bis heute einer seiner wegweisendsten und besten Filme; ehrlich, roh und von allem Ballast befreit.

10/10

Steven Spielberg Road Movie Kalifornien car chase Richard Matheson TV-Film New Hollywood


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FEAR X (Nicolas Winding Refn/DK, UK, CA, BR 2003)


"Stay on him, here I go."

Fear X ~ DK/UK/CA/BR 2003
Directed By: Nicolas Winding Refn

Der Wachmann Harry Caine (John Turturro) fällt in eine tiefe Depression, nachdem seine schwangere Frau Claire (Jacqueline Ramel) ohne ersichtlichen Grund in der Tiefgarage jenes Einkaufszentrums, in dem Harry arbeitet, erschossen wurde. Sein Leben widmet er fortan allein der Suche nach dem Täter und dem Grund für Claires Tod. Als er endlich eine heiße Spur erhält, die ihn nach Montana führt, steht Harry bald Claires reuigem Mörder (James Remar) gegenüber.

Nach einer längeren Pause war "Fear X" Winding Refns dritter Film nach den in Dänemark entstandenen "Pusher" und "Bleeder". Hier arbeitete er erstmals mit einer internationalen, anglophonen Besetzung, die die drei aus diversen renommierten Indie-Produktionen bekannten Darsteller John Turturro, Deborah Kara Unger und James Remar vereinte. Für ein Werk, das rein karrieristisch dazu angetan war, Winding Refn eine zunehmende Popularität zu verschaffen, ist "Fear X" faktisch eine bare Frechheit. Sperrig, provozierend langsam, unverständig und interpretationsbedürftig gibt sich Refn hier, nachdem seine ersten beiden Filme noch eher als zumindest erzählerisch straighte Gangster- bzw. Großstadtramen durchgingen. In "Fear X" widmet sich der Filmemacher ganz einer bleiernen Antibeweglichkeit mitsamt langen Einstellungen und reduziertem Dialog, die zudem auf klassische Narrationsformeln verzichtet und noch die Chuzpe besitzt, den Zuschauer am Ende zum Komplizen ihrer verworrenen Gestalt zu machen. Das Publikum quittierte dieses Experiment mit nicht minder reaktiver Ignoranz. Abseits von einer kleinen Schar Eingeweihter, die mit seinem Namen und seiner Unvorhersehbarkeit als Filmemacher hauszuhalten wussten, mochte sich kein Mensch "Fear X" im Kino ansehen und die erste Inkarnation von Winding Refns Produktionsgesellschaft "Jang Go Star" ging in die Pleite. Die mittlerweile auch schon neun Jahre alte Hinterlassenschaft dieses Films lässt sich vor allem anhand ihrer erstaunlichen Eigenwilligkeit und Konsequenz festmachen. Von "Valhalla Rising" und "Drive" steckt hierin jedenfalls schon eine Menge.

8/10

Nicolas Winding Refn Hubert Selby Jr. Wisconsin Montana Surrealismus


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THURSDAY (Skip Woods/USA 1998)


"Two fridges. Welcome to suburbia."

Thursday ~ USA 1998
Directed By: Skip Woods

Ein ohnehin nicht ganz gewöhnlicher Donnerstag wird für den mittlerweile in spießigen Vorstadtverhältnissen lebenden Ex-Gangster Casey (Thomas Jane) zu einer blutigen Tortur: Nachdem sein alter Kumpel Nick (Aaron Eckhart) sowohl ein Köfferchen voll Heroin als auch eine stattliche Geldsumme in Caseys Haus drapiert hat, tauchen diverse krimninelle Gestalten bei ihm auf, die wahlweise den Stoff oder die Kohle für sich beanspruchen, derweil Nick irgendwo in der Stadt unterwegs ist. Gut, dass zumindest Caseys nichtsahnende Frau Christine (Paula Marshall) einen Geschäftstermin hat, dumm derweil, dass sich just an diesem Tage ein furztrocknener Beamter (Michael Jeter), der Caseys Tauglichkeit in Bezug auf eine geplante Kindesadoption überprüfen will, bei ihm angekündigt hat.

Es gibt ganz bestimmt innovativere Filme als diesen Tarantino-Klon, der zweifelsohne auf dem Mist eines Menschen gewachsen ist, welcher emsigst alles an luftigen Gangsterfilmen von "True Romance" bis "Pulp Fiction" studiert haben dürfte. Nahezu sämtliche formale und inhaltliche Versatzstücke, aus denen "Thursday" besteht, lassen sich nämlich irgendwie in einem der bis dato verfilmten Tarantino-Scripts oder ihrer bereits entstandenen Ableger wiederfinden. Nur gut, dass dieser Casey eine hinreichend coole Sau (mit ätzender Frisur) ist, um der kompletten home invasion, die ihn an diesem Donnerstag heimsucht, den blanken Arsch zu zeigen. Am Ende gibt es eine Menge Leichen, ein paar davon fachgerecht zersägt und im Müll entsorgt, der Rest ein Fall für die korrupte Bullerei. Immerhin entpuppt sich der zuvor als so dreist eingeführte Nick als wahrer Engel mit schmutzigen Flügeln, denn die ganze üble Geschichte ist auf einen ausgeklügelten Plan seiner Wenigkeit zurückzuführen, der Casey und Christine ein von Aufrichtigkeit geprägtes Leben in Saus und Braus ermöglichen soll. Als Fait accompli ganz nett arrangiert, schließlich jedoch kaum mehr als eine nicht sonderlich gescheite, durchschnittliche Proletenphantasie mit einem immerhin schicken Ensemble.

5/10

Skip Woods Heroin Drogen Marihuana Vorort Taranteenie Schwarze Komödie


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LES DIABOLIQUES (Henri-Georges Clouzot/F 1955)


Zitat entfällt.

Les Diaboliques (Die Teuflischen) ~ F 1955
Directed By: Henri-Georges Clouzot

Michel Delassalle (Paul Meurier), Direktor einer Privatschule vor Paris, ist ein veritables Ekel. Sein kleines Kollegium hat unter seiner herrischen Art zu leiden und seine labile und herzkranke Frau Christina (Véra Clouzot), mit deren Vermögen die Schule haushält, wird permanent von Delassalle kleingemacht und erniedrigt. Zusammen mit Delassalles Ex-Geliebter Nicole (Simone Signoret), ebenfalls als Lehrerin an der Schule tätig und unter seinen Boshaftigkeiten leidend, fasst Christina den Plan, Michel umzubringen. Die Umsetzung gelingt, doch seine im trüben Swimming-Pool drapierte Leiche verschwindet. Dafür sorgen scheinbar geisterhafte Erscheinungen dafür, dass Christina es mit der Angst zu tun bekommt. Ist ihr Mann am Ende gar nicht tot oder sucht sie nunmehr als Geist heim?

Ich habe "Les Diaboliques" bereits wiederholt geschaut, aber den bombastischen Lobeshymnen, die ihn zumeist begleiten, mag ich mich noch immer nicht ganz anschließen. Abgesehen vom meisterlichen letzten Drittel, in dem der knautschgesichtige Charles Vanel als Ermittlerfuchs eingeführt wird und einige wirklich brillante Einstellungen ganz unter Verzicht auf das althergebrachte dramaturgische Mittel klimakterischer Musik die Verunsicherung Véra Clouzots (und dazu parallel die des Zuschauers) in nahezu unermessliche Höhen führen, fehlt mir etwas der adäquate Zug. Clouzot nimmt sich für die Installation des Personals und der Szenerie deutlich mehr Zeit als erforderlich und zieht seinen Film damit zu Beginn unnötig in die Länge. Dieses kompositorisch nicht eben geschickte Faktum sorgt für eine gewisse Durchsichtigkeit zu Lasten eines erfahrenen Publikums: Während nahezu jede Szene minutiös ausgearbeitet ist, werden auf die Darstellung des eigentlichen "Mordes" an Michel Delassalle nur Einstellungssekunden und diverse Schnitte verwandt. Damit beraubt "Les Diaboliques" sich zumindest in formaler Hinsicht etwas seiner Pointe. Dem gegenüber stehen allerdings ein hübsch boshaftes, misanthropisch angehauchtes Gesellschaftsbild sowie die durchweg exzellenten Darsteller. Und natürlich handelt es sich um einen zumindest rein motivisch betrachtet erstklassigen Thriller, dem etwa die britische Hammer-Produktion im nächsten Jahrzehnt einen ganzen Zyklus narrativ ähnlich bis analog gelagerter Filme verdankt. Seine filmhistorische Bedeutung würde ich ihm nie in Absprache stellen. Dennoch glaube ich, dass etwas Gefeile hier und dort seitens der Regie ein noch ausgereifteres Werk hätte hervorbringen mögen.

8/10

Henri-Georges Clouzot Paris Internat Intrige Suspense Ehe


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BLACKBEARD'S GHOST (Robert Stevenson/USA 1968)


"Beware all wenches!"

Blackbeard's Ghost (Käpten Blackbeards Spukkaschemme) ~ USA 1968
Directed By: Robert Stevenson

Steve Walker (Dean Jones), neuer Trainer der völlig verlotterten Leichatathletik-Mannschaft vom Godolphin-College, staunt nicht schlecht, als ihm kurz nach seiner Ankunft in dem malerischen Küstenstädtchen der Geist des berüchtigten, ehemals dort beheimateten Piraten Edward Teach (Peter Ustinov) alias Käpt'n Blackbeard erscheint. Der an sich quicklebendige Spukgeselle ist nur für Steves Augen sichtbar, trinkt Rum in rauen Mengen und entpuppt sich auch sonst als rechtes Schlitzohr. Da eine gute Tat den Fluch des Umherspukens von ihm nehmen könnte, mühen sich Steve und Blackbeard, eine nunmehr im Hause des Piraten wohnhafte Oma-WG vor der Pleite zu beschützen.

In Kindertagen war "Blackbeard's Ghost" neben anderen Disney-Filmen wie "The Love Bug" und "Condorman" ein gern gesehener Freitagabend-Gast, der via das Post-Tagesschau-Programm der ARD in schöner Regelmäßigkeit unser Wohnzimmer heimsuchte. Die heurige Auffrischung fiel wie so oft etwas ernüchternd aus. Das possierliche Familienfilmchen passt sich bis auf wenige Ausnahmen dem üblichen Regiestil des späteren Disney-Realfilm-Hausregisseurs Robert Stevenson und dessen abonniertem Hauptdarsteller Dean Jones an. Genauso langweilig wie Dean Jones aussieht waren die meisten Filme des Duos inszeniert: Stiefmütterliche visuelle Gags und eine statische Schuss-Gegenschuss-Kamera, die von einer Erindung namens "Schwenk" noch nie etwas gehört hat. Aber: "Blackbeard's Ghost" verfügt nicht allein über die große Elsa Lanchester in einer possierlichen Nebenrolle, sondern vor allem über Peter Ustinov, der mit seiner spitzfindigen Art aus dem Piratengeist eine Gala-Vorstellung, und damit nicht genug sogar eine seiner schönsten Rollen überhaupt aus dem Dreispitz zaubert, die zu dem Rest des Films eigentlich in keiner Relation stehen. Doch was soll's - dem stets wortgewandten Weltbürger nimmt man die Rum saufende Freibeuterprominenz nur zu gern ab und so wird der Film trotz Stevenson und Jones zu einem kleinen Highlight disneyscher Provenienz.

6/10

Walt Disney Piraten Geister Leichtathletik Trainer Casino Robert Stevenson


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A DANGEROUS METHOD (David Cronenberg/CA, UK, D, CH 2011)


"You ought to go there and beat her up."

A Dangerous Method (Eine dunkle Begierde) ~ CA/UK/D/CH 2011
Directed By: David Cronenberg

Im Jahre 1904 kommt die jüdische Russin Sabina Spielrein (Keira Knightley) als Patientin zu dem Schweizer Psychiater Carl Gustav Jung (Michael Fassbender), der ihre Obsession, die auf ein Missbrauchstrauma aus frühester Kindheit zurückgehen, mit viel Geduld und via Gesprächstherapie kann. Parallel zur sich mehr und mehr intensivierenden Beziehung zwischen Arzt und Patientin korrespondiert Jung mit seinem älteren Wiener Berufsgenossen Professor Freud (Viggo Mortensen), der Jung den freigeistigen Analytiker Otto Gross (Vincent Cassel) als Patient zuschanzt. Gross' Sicht der Dinge hinterlässt tiefen Eindruck bei Jung, der sich schließlich in eine Affäre mit Sabina stürzt. Als Freud davon erfährt, bricht er mit Jung, dem er neben dieser Art beruflicher Unprofessionalität dessen Liebäugeleien mit der Parapsychologie nicht nachsehen mag.

Ein den historischen Kinderschuhen der Psychoanalyse gewidmetes Kostüm- und Historiendrama, das man in der vorliegenden Form viel eher als dem Œuvre eines Regisseurs wie Miloš Forman entstammend vermuten würde denn der Linse Cronenbergs entsprungen. Als sein bis dato unradikalstes und selbst für eine auf Kulturausflug befindliche Seniorengruppe goutierbares Werk ist "A Dangerous Method" vor allen Dingen eines: gepflegt. Reizschwellen jedweder Natur werden hier nicht angestoßen, ein bisschen Popoklatschen auf wallenden Leingewändern dürfte wohl niemand mehr als schockierend empfinden. Nun mag der eine oder andere traditionsbewusste Cronenberg-Anhänger sich angesichts dessen wahlweise etwas verprellt oder gar im Stich gelassen fühlen; tatsächlich jedoch weist die allgemeine Tendenz in des Altmeisters Schaffen bei genauerer Betrachtung bereits seit längerem in diese Richtung. Mit psychischen Defekten und Psychiatrie beschäftigte sich der Filmemacher bereits ("Spider"), ebenso mit gleichermaßen verzerrten wie verzehrenden Romanzen ("M. Butterfly", "Crash") Man bedenke schließlich, dass der Mann annähernd siebzig Lenze zählt und mit solchen erwartungsgemäß nicht mehr den wilden Maxe zu markieren braucht.
In seiner Eigenschaft als Milieuschilderung der mitteleuropäischen psychiatrischen Arroganzia ist "A Dangerous Method" jedenfalls vortrefflich; es wird auf Teufel komm' raus herum- und queranalysiert - so dass unumwunden naheliegende Vermutungen wie jene "Freud schreibt bloß deshalb jede Art von Neurose dem Sexualitätskomplex zu, weil er selbst zu wenig davon hat" eine recht witzige Konnotation erhalten. Ferner nährt der Film die alte Binsenweisheit, dass jeder angehende und bereits ausgelernte Psychologe den Beruf vor allem deshalb ergreift, um eigene Komplexwurzeln zu ergründen. Wie man jene These am Ende bewertet, überlässt Cronenberg allerdings der Mündigkeit seines psychisch hoffentlich ausgewogenen Publikums.

7/10

David Cronenberg Wien period piece amour fou C.G. Jung Sigmund Freud Psychoanalyse Psychiatrie Zürich Biopic


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ZEDER (Pupi Avati/I 1983)


Zitat entfällt.

Zeder ~ I 1983
Directed By: Pupi Avati

Auf dem gebrauchten Farbband der zum Hochzeitstag geschenkt bekommenen Schreibmaschine entdeckt der junge Autor Stefano (Gabriele Lavia) einen seltsamen Text über das "Besiegen des Todes" und die sogenannten "K-Zonen". Seine umgehend angestellten Nachforschungen führen ihn über Umwege auf die Spur des offenbar verschwundenen, vorherigen Besitzers der Schreibmaschine, eines Ex-Geistlichen namens Don Luigi Costa. Dieser verfolgte anscheinend die ungeheuerliche Theorie eines gewissen Paolo Zeder, der der festen Überzeugung war, dass bestimmte Areale die spezifische Eigenschaft aufweisten, der Zeit zu trotzen. Hier würden selbst begrabene Tote alsbald wieder auferstehen. Zusammen mit seiner Frau Alessandra (Anne Canovas) widersetzt sich Stefano allen Hindernissen und macht schließlich selbst eine der K-Zonen ausfindig...

Neben "La Casa Delle Finestre Che Ridono" ist "Zeder" Pupi Avatis bekanntestes und meistgeliebtes Werk. Wenngleich jenes die lyrische Atmosphäre des zuvor genannten Werkes nicht ganz aufzugreifen vermag, ist die von theologischen und physikalischen Erklärungsversuchen eingerahmte Geister- und Zombiegeschichte voll von unheimlicher Motivik und ebensolchen Bildern. Dass sämtliche Versuche, die K-Zonen nutzbar zu machen von einer unheiligen Despektierlichkeit geprägt sind, die selbst Mitarbeiter des Vatikans involviert, ist eine interessante inhaltliche Fußnote. Wer würde schon vermuten, dass ausgerechnet Studien, deren Ziel nichts Geringeres als der Aufschub der letzten menschlichen Bestimmung darstellt, mit päpstlichem Segen durchgeführt werden könnten? Zumal die Resultate ja ohnehin von eher kritischer Färbung sind: Die auferstandenen Toten haben nämlich ihren Verstand verloren und werden zu Marionetten des reinen Bösen. Dass Stefano am Ende wider allen besseren Wissens auf den Effekt der K-Zonen zurückgreift, um den Preis seiner vorherigen Neugier zurückzufordern, kann ergo nur schiefgehen.
Aus "Zeder" lernt man mehrerlei. Dass der italienische Genrefilm der Achtziger ausnahmsweise auch visuell zurückhaltend zu Werke gehen konnte etwa, oder das Stephen King vermutlich ein gewissenhafter Konsument ebenjener Filmgattung ist. Die thematischen Parallelen seines "Pet Sematary" zu "Zeder" sind jedenfalls mehr als augenfällig...

8/10

Pupi Avati Vatikan Rimini Emilia-Romagna Geister Zombies Verschwörung


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LA CITTÀ SCONVOLTA: CACCIA SPIETATA AI RAPITORI (Fernando Di Leo/I 1975)


Zitat entfällt.

La Città Sconvolta: Caccia Spietata Ai Rapitori (Auge um Auge) ~ I 1975
Directed By: Fernando Di Leo

Als ein Gangstersyndikat Antonio (Francesco Impeciati), den jungen Sohnemann des reichen Bauunternehmers Filippini (James Mason) entführt, nehmen sie aus Gründen der Bequemlichkeit auch gleich noch Antonios Freund Fabrizio (Marco Liofredi) mit. Dessen Vater, der verwitwete KFZ-Mechaniker Mario Colella (Luc Merenda), könnte jedoch bestenfalls Almosen als Lösegeld berappen. Der korrupte Filippini erweist sich indes als höchst geizig und ziert sich, die verlangte Summe zu zahlen, bis die Entführer Fabrizio als Warnung hinrichten. Für Colella gibt es kein Halten mehr: Im Alleingang bringt er das gesamte Syndikat zur Strecke.

Profitorientiertes Kidnapping zählte im Italien der Siebziger zum kriminellen Tagesgeschäft, wie es auch Di Leos Film recht schön veranschaulicht. Die Polizei, selbst in Person ehrbarer Beamter wie des in den Fall involvierten Commissario Magrini (Vittorio Caprioli), resigniert angesichts der Ohnmacht, die sie tagtäglich erleben muss. Auf der anderen Seite gibt es die reichen Großbürger, die ihr Kapital selten mit feineren Methoden erwirtschaftet haben als es nunmehr die sie erpressenden Kidnapper tun. Eifersüchtig wie ein seinen Knochen bewachender Köter weigern sie sich, auf die Lösegeldforderungen einzugehen und schachern um die Leben ihrer Lieben. Was passiert, wenn da eine entschlossene Seele vom anderen Ende der Nahrungskette, nämlich ein ebenso grundsolider wie entschlossener Malocher, in eine solche Geschichte verwickelt wird und nichts tun kann als warten, zuschauen und schließlich verzweifeln, genau davon erzählt "La Città Sconvolta". Das dritte Filmakt widmet sich ganz dem ebenso unbarmherzig wie minutiös ausgeführten Racheplan Colellas, dessen Vergeltung keine Atempause kennt und der seinen großen Kehraus ebenso zielstrebig bis zum allerletzten Hintermann durchführt. Wie gut schließlich einer wie Di Leo solche Sachen in Szene setzen kann, das weiß man ja.

7/10

Fernando Di Leo Mailand Kidnapping Rache Selbstjustiz


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CASTAWAY (Nicolas Roeg/UK 1986)


"Hollow... hollow."

Castaway ~ UK 1986
Directed By: Nicholas Roeg

Die junge Londonerin Lucy Irvine (Amanda Donohoe) antwortet auf eine Zeitungs-Annonce des wesentlich älteren Gerald Kingsland (Oliver Reed). Dieser will ein Jahr allein mit einer Frau auf einer unbewohnten Insel im Südpazifik verbringen, um zu testen, ob die vermeintlichen 'Segnisse' der Zivilisation verzichtbar sind, oder nicht. Um ihr "Experiment" offiziell durchführen zu können, müssen die beiden heiraten - für den bereits geschiedenen Gerald kein Problem, für Lucy eine eigentlich unvorstellbare Situation. Dennoch kommt man überein. Nach anfänglich paradiesischen Wohlfühlphasen auf der Insel Tuin folgen bald Hunger, Entbehrung, Krankheiten und sexuelle Notstände. Nach dem vollbrachten Jahr gehen Lucy und Gerald wieder eigener Wege, gleichermaßen glücklich und traurig, den jeweils anderen hinter sich lassen zu können und zu müssen.

Szenen einer Ehe Redux - basierend auf tatsächlichen Ereignissen und einem autobiographischen Roman Lucy Irvines drehte Roeg diese zivilisationskritische Parabel über die Unmöglichkeit, als angepasste Menschen der achtziger Jahre ohne Mindestkomfort glücklich werden, geschweige denn überleben zu können. Dabei drehen sich die Sehnsüchte Lucys und Geralds, basierend auf ihren demografischen, sowie Geschlechts- und Altersdifferenzen um jeweils völlig unterschiedliche Zentren. Während Gerald das lockere Leben liebt und sich seinen Aufenthalt auf Tuin als permante Faulenzer- und Rammelorgie vorstellt, geht es Lucy tatsächlich um Fragen der Ökonomie und Enthaltsamkeit. Stoisch verweigert sie dem geilen Gerald den Geschlechtsverkehr und ganz schleichend tauschen sich parallel zu ihrem körperlichen Verfall infolge von zwischenzeitlichem Trinkwasser- und Nahrungsmangel ihre Prioritäten. Am Ende ist es Lucy, die den Rückweg in die Zivilisation fürchtet und Gerald kann gestärkt und frei von Depression neue Lebenswege auskundschaften.
Die Kritik befand "Castaway" oftmals als schleppend, zäh und langweilig, was sich einem Roeg-Film faktisch immer vorwerfen lässt, sofern einem der richtige Zugang fehlt. Nicolas Roeg macht Filme, die sensuell erfahrbar sein und nicht einfach nur gesehen werden wollen. Damit machen sie es ihrem Publikum nicht leicht, sondern fordern im Gegenteil eine spezifische Breitschaft von ihm ein. Das macht sie gewissermaßen arrogant und elitär für die Einen, für ihre Freunde jedoch zum Hochgenuss. "Castaway" bildet da keine Ausnahme. Ebensowenig wie ich.

8/10

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ICH SPRENG' EUCH ALLE IN DIE LUFT (Rudolf Zehetgruber/BRD 1968)


"Was würde wohl Sergeant Blomfield dazu sagen?"

Ich spreng' euch alle in die Luft ~ BRD 1968
Directed By: Rudolf Zehetgruber

Johnny (Werner Pochath), der jüngere Bruder des beim letzten Coup der beiden zu Tode gekommenen Ganoven Blincky Smith (Herbert Fux), will Rache für das Geschehene. Verantwortlich für Blinckys Tod macht Johnny allein den umtriebigen Sergeant Blomfield (Götz George). Kurzerhand besetzt Johnny, eine Handfeuerwaffe und ein Fläschchen Nitroglycerin im Gepäck, Blomfields Revier in East London. Dumm nur, dass der Sergeant gar nicht vor Ort, sondern unterwegs und mit einem rätselhaften Mordfall in einer noblen Villengegend befasst ist. So hält Johnny Blomfields Kollegen kurzerhand als Geiseln...

Deutscher Krimisleaze aus den späten Sechzigern, der gleichfalls ein bisschen was von den Wallace-Adaptionen und ein bisschen was von Rolands und Olsens St.-Pauli-Geschmiere im Gepäck trägt. Als Handlungssetting muss einmal mehr London herhalten; offenbar klingen englische Namen und Ortsbezeichnungen etwas kosmopolitischer und waren dazu angetan, die spätwirtschaftswunderliche Republik in etwas exotischere Sphären zu versetzen. "Ich spreng' euch alle in die Luft", der später als "Mad Jo" und noch später als "Der Superbulle" wiederveröffentlicht wurde, ist natürlich sehr witzig und baut seine Nägelkaukalkulation auf denkbar putzigste Art. Die Stuntdoubles sehen allesamt garantiert völlig anders aus als ihre Vorbilder und es gibt viel zu lachen über manch einen Troglodyten in Polizeiuniform und die tief verwurzelte, hausbackene Misogynie des Films. Umso erstaunlicher, welch großartige Besetzung Zehetgruber beieinander hatte: Neben George, Pochath und Fux finden sich noch Anthony Steel, Walter Barnes, G.G. Hoffmann, Siegfried Wischnewski, Karl Schönböck und Eddi Arent, als comic relief natürlich.
Lohnt für Freunde des Nostalgisch-Abseitigen das Risiko eines Blicks.

6/10

Sleaze Europloitation London Rudolf Zehetgruber





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