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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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OCTAMAN (Harry Essex/USA, MEX 1972)


"Look out! It's the monster!"

Octaman ~ USA/MEX 1972
Directed By: Harry Essex

Der Wissenschaftler Dr. Torres (Kerwin Matthews) und sein Team finden in Mexiko merkwürdige kleine Polypen, die offenbar infolge nuklearer Strahlung mutiert sind. Tatsächlich sind die Minikraken nur Verwandte eines achtarmigen Krakenmonstermannes (Read Morgan), der in einer Höhle haust und nach Belieben auch auf dem Land herumspazieren kann. Aus dem Plan, das Wesen zu studieren und der Wissenschaft neue Erkenntnisse zu bringen, um es danach in einem Zirkus der Öffentlichkeit zu präsentieren, wird leider nichts. Der Octaman versteht nämlich keinen Spaß!

Eine echte Supergurke aus den frühen Siebzigern, die ihr Ding mit solch unbedarfter Naivität durchdrückt, dass man gar nicht anders kann als sie all ihrer offensichtlichen Schwächen zum Trotze irgendwie gernzuhaben. Natürlich ist praktisch alles an "Octaman" irgendwie käsig und doof; angefangen beim vom jungen Rick Baker entworfenen Gummikostüm des Monsters, dessen Erscheinen überhaupt keine Angst erzeugt, weil es sich 1.) nur total langsam fortbewegen kann, 2.) vor allem Angst hat, was mit Licht und Feuer zu tun hat und 3.) eben nunmal reichlich beknackt ausschaut. Dementsprechend stellen sämtliche Protagonisten sich scriptgemäß so stupide an, dass ihr jeweiliger Intelligenzqupotient sich noch weit unterhalb desjenigen vom Octaman verorten lassen müsste, Titel-Akademiker hin oder her.
Das kleine Ding wurde von Harry Essex, der einst immerhin als halbwegs renommierter Drehbuschschreiber in Hollywood aktiv war und sich einige Meriten mit vielen schönen B- und einigen denkwürdigen A-Produktionen einfahren konnte, offenbar an zwei Tagen verfasst und gleich auch noch heruntergekurbelt. Die zwei alten Genrerecken Kerwin Matthews und Jeff Morrow geben sich in einem ihrer jeweils letzten Filmauftritte die Ehre - angesichts ihrer Karrierespirale nicht weiter verwunderlich.

4/10

Harry Essex Trash Monster Independent


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NEW KIDS NITRO (Steffen Haars, Flip Van der Kuil/NL 2011)


Zitat entfällt.

New Kids Nitro ~ NL 2011
Directed By: Steffen Haars/Flip Van der Kuil

Der Maaskantjer Superasi Richard (Huub Smit) und seine Kumpels geraten stets aufs Neue in Streitigkeiten mit dem aus der Nachbarstadt Schijndel stammenden Dave (Guido Pollemans) und dessen Truppe. Während die Streitigkeiten sich immer mehr hochschaukeln, schlägt in Friesland ein Meteor ein, der sämtliche Leute dort in Zombies verwandelt. Leider bekommt Richard, der keine Nachrichten sieht, davon nichts mit, denn als Dave anfängt, seine Mutter (Juul Vrijdag) zu bedrohen, schickt er sie just zum Urlaub nach Ameland. Bald erfolgt der zu erwartende Hilferuf via Handy und die New Kids eiern, sogar mit Daves Hilfe, nach Friesland, um dort den Kampf gegen die Untoten aufzunehmen.

Mit großer Fabulierfreude und dem Mut zur narrativen Transzendierung (den erzählerischen Rahmen bieten zwei sich den Film im Kino anschauende "New Kids"-Fans, die nicht minder unterbelichtet sind als ihre Kultobjekte) schreiten die selbst als zwei Fünftel der New Kids auftretenden Steffen Haars und Flip Van der Kuil dazu, unser Heldenquintett diesmal nicht nur gegen die nicht minder verblödeten Prolls aus Schijndel antreten zu lassen (zur weiteren Darstellung eherner niederländischer Territorialansprüche taucht allenthalben noch eine dritte Clique aus Woensel auf, die die Jungs aus Maaskantje und Schijndel in ihrem Duellierungswahn jedoch nicht ernst nehmen), sondern auch gegen eine Zombie-Übermacht an der Nordseeküste. Wie für jedes Problem findet sich natürlich auch hier flugs eine Patentlösung. Ein Rennen zwischen dem Autoprofi Rikkert (Wesley van Gaalen) auf Manta GT und einem Zombieopa (Jasper de Groot) auf Ford Capri regelt die Sache gütlich: Die Zombies werden in einen Viehtransport verladen und auf die Reise geschickt. Wohin, das interessiert keinen, und ist auch egal. Eine Menge lustiger, guter, schmutziger Spaß also mal wieder mit den New Kids, die diesmal mit besonderer Vorliebe die lieben Kleinen attackieren oder sich im Wechsel mit den köstlich frittierten Imbissspezialitäten von Gerris Vater an der schlampigen Deborah (Juliette van Ardenne) laben, die sich trotz Hochschwangerschaft unentwegt Bier reinhaut. Vorzüglich.

8/10

New Kids Steffen Haars Flip Van der Kuil Sequel Niederlande Zombies Meteor Satire Groteske


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NEW KIDS TURBO (Steffen Haars, Flip Van der Kuil/NL 2010)


"Godverdomme."

New Kids Turbo ~ NL 2010
Directed By: Steffen Haars/Flip Van der Kuil

Der blonde Vokuhilaträger und Mantafahrer Richard (Huub Smit), stolzer Einwohner des beschaulichen Städtchens Maaskantje, staunt nicht schlecht, als er und seine Kumpels im Zuge der Wirtschaftskrise aus ihren Jobs gefeuert werden und künftig von der Stütze leben sollen. Aber warum nicht - Geld kriegen ohne dafür was tun zu müssen ist doch geil. Nur dumm, dass die Penunze nach ein paar Bier- und Chipseinkäufen schon aufgebraucht ist. Eine harsche Attacke auf den zuständigen Beamten bringt die Jungs auch nicht weiter, im Gegenteil: Jetzt gibt's gar nichts mehr vom Staat, stattdessen kassiert man Handy, Auto, Strom - und somit jedwede Existenzgrundlage. Unterstützt von einem TV-Dokumentationsteam und der öffentlichen Meinung hilft da nurmehr anarchische Gegenwehr: Man klaut, was man braucht. Das lässt sich das holländische Verteidigungsministerium jedoch nicht gefallen; das entfesselte Maaskantje wird zum geplanten Ziel eines Raketenangriffs, dem jedoch das Nachbarstädtchen Schijndel zum Opfer fällt. Kurzerhand besorgen die New Kids sich ein ganzes Arsenal Wehrmachtswaffen aus dem Zweite Weltkrieg und treten den Kampf gegen die Regierungstruppen an.

Von meinem lieben Freund Oliver Nöding, seit Jüngstem erklärter Fan des vorliegenden Epos, fand ich mich gestern mit der notwendigen Behutsamkeit in den höchst bizarren Mikrokosmos der "New Kids" eingeführt, die bis dato weitestgehend an mir vorüberoszilliert waren, vornehmlich wohl, weil mir das reichlich obsolete Erscheinungsbild des Quintetts stets suspekt erschien. "Für Manta-Witze", so in etwa mein durch rein optische Eindrücke evozierter Gedankengang, "ist die Zeit doch wohl längst abgelaufen". Weit gefehlt: Diese fünf Herren (wobei, die New Kids als "Herren" zu titulieren käme einer unverschämten Beleidung eines jeden echten Herrn gleich), waschechte Repräsentanten des westeuropäischen Bildungs-Sub-Sub-Prekariats, markieren tatsächlich so etwas wie einen bärbeißigen Kommentar zur Ellbogenökonomie unserer Zeit. Mithilfe ihrer weitestgehend ausgehöhlten Verstandesblitze reagieren die New Kids auf die urplötzlich anberaumte monetäre Bevormundung des Staates und nehmen sich einfach so, was sie brauchen - ohne zu fragen und mit Fressepolieren. Die sozialkritisch-satirische Dimension dieses pseudopolitischen Existenzstatements ist sicherlich prinzipiell unangreifbar - im Gegensatz möglicherweise zu den garantiert grellen, geschmacklosen und zu geiferndem Gröhlen geeigneten Parawitzen, die das Ganze flankieren und die böse Zungen als "eigentlich doch vollkommen unnötig" verdammen mögen. Niemand in unserer schönen neuen Kapitalismuswelt, am Allerwenigsten die ohnehin Schutzlosen wie kleine Kinder, Schwangere, Behinderte und ethnische Randgruppen, ist sicher vor dem scharf verschossenen Denunzierungsfeuer von Haars und Van der Kuil. Stattdessen eröffnen sie dem allseits beliebten Reservoir politischer Unkorrektheit sogar ganz neue Welten und versäumen es dabei nicht, bei aller rezeptorischen Übersteuerung zum Nachdenken anzuregen.

8/10

New Kids Niederlande Flip Van der Kuil Groteske Satire Steffen Haars


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LAWRENCE OF ARABIA (David Lean/UK 1962)


"My fear is my concern."

Lawrence Of Arabia (Lawrence von Arabien) ~ UK 1962
Directed By: David Lean

Der während des Ersten Weltkriegs in Kairo stationierte britische Leftenent T.E. Lawrence (Peter O'Toole) erhält den Auftrag, auf der arabischen Halbinsel den Beduinenscheich Faisal (Alec Guinness) aufzusuchen und ihn im Kampf gegen die Türken zu beraten. Bei Faisal angelangt, fasst Lawrence den eigenmächtigen Plan, mit fünfzig von Faisals Männern, darunter der mutige Sherif Ben Ali (Omar Sharif) die als unüberwindbar geltende Wüste Nefud zu durchqueren und die türkische Küstenfeste Akaba von der unbewachten Landseite her anzugreifen. Nachdem das Unmögliche gelungen ist und die britische Kommandatur in Kairo informiert wurde, soll Lawrence mit den geeinten arabischen Stämmen einen Guerillakrieg gegen die türkischen Besatzer führen. Seine Gefangennahme und Folter durch einen feindlichen Bey (José Ferrer) hinterlässt tiefe psychische Narben bei ihm, deren Auswirkungen in einer blutigen Racheaktion gegen eine türkische Garnison kulminieren. Die Einnahme von Damaskus markiert Lawrences letzte große Militäraktion, bevor er nach England zurückkehrt.

Nicht der schönste von Leans Monumentalfilmen, das ist und bleibt für mich "Dr. Zhivago", dafür jedoch sein ausgewogenster und in Bezug auf die Darstellung eines Charakters wahrscheinlich sorgfältigster. In kaum einem anderen Werk dieser Prägung wird das gattungsinhärente Missverhältnis zwischen komplexer Persönlichkeitszeichnung und bedingungslosen Schauwerten so kompromisslos ausgehebelt. Im Laufe des Films findet sich die all over England rückblickend frenetisch gefeierte Person des T.E. Lawrence nach und nach ihres mythischen Sockels entledigt und sein Wesen parallel dazu dergestalt heruntergeschält, dass am Ende ein nunmehr befremdlicher, gebrochener Mensch zurückbleibt, der seiner historisch übermächtigen Reputation kaum mehr gerecht werden kann. Nach diversen zuvor als unmöglich eingestuften Aktionen muss der sich auch selbst immens verklärende Mann sich eingestehen, dass er nicht nur keineswegs allmächtig ist, sondern dass er darüberhinaus an seinen inneren und den von außen an ihn herangetragenen Ansprüchen zu zerbrechen droht. Als sich der gewaltige, an ihn gerichtete Erwartungsdruck nach der Einnahme von Damaskus, die die Unmöglichkeit einer langfristigen Einigung der teils seit Generationen verfehdeten arabischen Stammesfürsten transparent macht, in Wohlgefallen auflöst, ist auch Lawrences "Intervention" in Arabien beendet. Von jetzt an finden sich die weiteren Konflikte zwischen Besatzern und landesstämmischer Bevölkerung vornehmlich auf dem Papier ausgetragen und er selbst sich als in diesem Teil der Welt nicht weiter von Belang.
Eines T.E. Lawrence' Entwicklungsgeschichte lässt sich kaum ohne eine gewaltige Visualisierung der ihn begleitenden Ereignisse schildern und für ebendiese Gratwanderung war David Lean fraglos der beste Mann zur Zeit. Wenngleich sein Produzent Sam Spiegel das gewaltige Werk zeitweilig um bis zu runden vierzig Minuten heruntergekürzt hatte, fand sich "Lawrence" knappe drei Jahrzehnte nach seiner Uraufführung dank des eifrigen Restaurators Robert Harris in einer der integralen Fassung zumindest sehr nahe kommenden Version wieder, die man nunmehr umweglos genießen kann. In dieser vollendeten Form taugt "Lawrence" vorzüglich dazu, einem jeden die Phrase von 'filmischer Pracht' nahezubringen, ohne sich in ausufernden verbalen Blumigkeiten zu versteigen. Danach fällt einem dann erstmal gar nichts mehr ein.
Watch it, be amazed and weep gently.

10*/10

David Lean WWI Arabien Naher Osten Wüste Biopic Kolonialismus Best Picture Syrien


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CAST A GIANT SHADOW (Melville Shavelson/USA 1966)


"I'm so damn tired of being proud of you."

Cast A Giant Shadow (Der Schatten des Giganten) ~ USA 1966
Directed By: Melville Shavelson

1946 kommt der während des Zweiten Weltkrieges an der Invasion der Alliierten beteiligte US-Offizier David Marcus (Kirk Douglas) als Militärberater nach Palästina. Für den jüdischstämmigen Kriegshelden zählt seine ethnische Identität nicht viel - außerdem empfindet er die planlose militärische Situation der Israelis vor Ort als katastrophal. Dennoch schafft er es aller Widerstände zum Trotze, die politischen Splittergruppen zu einen und eine gewisse Kampfausbildung zum Standard zu machen. Schließlich wird er der erste General des neuen Staates Israel und leistet wichtige Schützenhilfe bei der Befreiung Jerusalems.

Anders als der thematisch anverwandte, jedoch deutlich ambitionierter wirkende "Exodus" sieht sich "Cast A Giant Shadow" als reines Action- und Starvehikel, dessen politische Botschaft irgendwo im Explosionsrauch verweht. Von ernstzunehmender politischer Vehemenz kann aber ohnehin kaum die Rede sein. In einigen Rückblenden wird David Marcus bereits als kerniger amerikanischer Held mit klarer Vision gezeichnet sowie als ein Mann, der seine private Erfüllung vornehmlich in der Kriegsführung findet. Seine Frau (Angie Dickinson) wähnt sich daheim vernachlässigt, derweil Marcus amourösen Fremdabenteuern im Wechsel mit dem kombattanten Clinch auf der anderen Seite des Globus nicht abgeneigt ist.
Für den wie immer siegesgewiss grinsenden Kirk Douglas war der Film sowohl Herzensangelegenheit als auch überschwängliche Star-Auto-PR. In Gastrollen treten Frank Sinatra, Yul Brynner und John Wayne auf, der sich als mit seiner Performance als dickschädliger General Randolph inoffiziell für Douglas' vorjährige Appearance im Wayne-Vehikel "In Harm's Way" revanchierte. Später traten beide Akteure dann nochmal in gleichberechtigten Parts in Burt Kennedys "The War Wagon" auf. Senta Berger als Marcus' israelische Geliebte lässt angesichts der sie umgebenden Starpower sehr selbstbewusst durchscheinen, welch atemberaubende Schönheit sie ist. Ansonsten ist "Cast A Giant Shadow" allerdings nicht vieler weiterer Worte wert. Man kann ihn wohl gleichermaßen als abenteuerlichen Kriegsfilm vor historisch nicht ganz alltäglichem Hintergrund schätzen oder ihn als imperialistische Männerfantasie verdammen. Beides geht, nichts muss. Ich mag ja solche bunten Breitwand-Trivialismen, "aber des wissen's eh" (in memoriam Kasi).

7/10

Naher Osten Israel Nahost-Konflikt period piece Historie Biopic WWII Ethnics Kolonialismus


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EXODUS (Otto Preminger/USA 1960)


"God, don't let my brother die at the end of a British rope."

Exodus ~ USA 1960
Directed By: Otto Preminger

Zypern, 1946: Der Hagana-Abgesandte Ari Ben Kanaan (Paul Newman) fasst den Plan, rund 600 jüdische Exilanten aus aller Herren Länder nach Palästina zu schleusen, um der Welt nachdrücklich zu vermitteln, dass dort ein zionistischer Staat im Entstehen begriffen ist. Nach einiger Haderei mit den britischen Besatzern gelingt sein Vorhaben. In Palästina geht der Kampf gegen die Briten weiter. Aris Onkel Akiva (David Opatoshu) wählt dafür den militanten Weg: Er macht sich als berüchtigter Irgun-Terrorist einen Namen und ordnet Sprengungen britischer Ziele an. Als Akiva und seine Männer gefangen genommen und in der Gefängnisfestung Acre inhaftiert werden, befreit Ari sie in einer logistisch komplizierten Aktion. Kurz darauf steht die Staatsgründung Israels im allgemeinen Interesse. Für die arabische Minderheitsbevölkerung Palästinas ein Anlass für einen sofortigen Aufruf zum Heiligen Krieg.

Seine Verbundenheit zum biblisch orientierten Monumentalkino bringt Premingers "Exodus" gleich in der Titelsequenz zum Ausdruck: Ernest Golds pathetische Musik könnte ebensogut auch "The Ten Commandments" oder "Ben-Hur" eröffnen. Die ebenso ruhige wie epische Inszenierung weist dann, schon aufgrund des zeitgebundenen Settings, allerdings eher Richtung David Lean. In drei wesentlichen Episoden fasst die Uris-Verfilmung rund ein Jahr zionistischer Zeitgeschichte mit fiktivem, an authentische Personen angelehnten Protagonisten-Personal zusammen. Es gibt wenige Actionsequenzen und für einen Film dieser Größenordnung somit verhältnismäßig wenige Schauwerte. Die bereits anhand Uris' Roman geäußerte Kritik, derzufolge die Geschichte allein die israelische Perspektive beleuchte, lässt sich umstandslos auch auf Premingers Adaption übertragen. Mit Ausnahme von Aris Jugendfreund Taha (John Derek) werden die Araber im Allgemeinen und die Palästinenser im Besonderen als radikale Barbaren gezeichnet, die sich gefällist an bestehende Verhältnisse anzupassen haben, die "Friedensbotschaft" des jüdischen Volkes jedoch ignorieren und, sogar mit der Unterstützung von Nazis, zu unbarmherziem Antisemitismus aufrufen. Dass Ari Taha bald darauf ermordet und als Verräter geschändet in seinem Haus vorfindet, unterstreicht nochmals die Perfidie, mit der die muslimische Gesellschaft in "Exodus" gezeichnet wird. Der Film endet mit der Doppelbestattung Tahas und der fünfzehnjährigen Karen (Jill Haworth), die ebenfalls zum unschuldigen Mordopfer der Araber geworden ist. Eine nur augenscheinlich versöhnliche Geste.
Bei aller Diskutabilität ist "Exodus" nach wie vor ein insbesondere atmosphärischer und visueller Gewinn für Freunde monumentalen Hollywood-Kinos, für das Heimkino-HD geradezu gemacht scheint. Ihn für einen reell vertretbaren Platz im allgemeinen Kanon der Monumentalfilme vorzuschlagen wäre möglicherweise etwas vermessen - für mich persönlich gehört er allerdings längst dazu, wobei die aktuelle Betrachtung dies nochmals nachdrücklich untermauern konnte.

8/10

Otto Preminger Israel period piece Historie Leon Uris Zypern Nahost-Konflikt Naher Osten Kolonialismus Dalton Trumbo


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THE TERMINAL (Steven Spielberg/USA 2004)


"Do you have an appointment?"

The Terminal ~ USA 2004
Directed By: Steven Spielberg

Der Krakhozianer Viktor Navorski (Tom Hanks) kommt nach New York, um seinem Vater posthum einen Wunsch zu erfüllen. Ein während seines Fluges stattfindender Putsch in seinem Heimatland sorgt jedoch dafür, dass Navorski als Staatenloser in den USA landet. Somit ist er nicht befugt, das Terminal Richtung Innenstadt zu verlassen. Als Opfer der bizarren Bürokratie des Sicherheitschefs Dixon (Stanley Tucci) sitzt Navorski fortan eine halbe Ewigkeit im Terminal fest wie in einem Gefängnis. Sein unbefangenes und freundliches Wesen, das Dixon ein ums andere Mal die Nerven kostet, erleichtert ihm seinen unvorgesehen langwierigen Aufenthalt jedoch ungemein.

Die Botschaft von "The Terminal" ist so universell wie naiv: Mit reiner Freundlichkeit und hinreichend Sitzfleisch erreicht man alles, was man möchte. Als bereits zu seinem Entstehungszeitpunkt charmant verjährte Komödie in der Tradition klassischer Genrefilmer wie Lubitsch, Sturges und Capra hatte und hat es "The Terminal" offenbar nicht leicht, einen gegenwärtigen Anhängerstamm aufzubauen. Der unverhohlene Revisionismus des Films wird vielerorts als Kitsch und Kalkül gedeutet. Ich bin mir nicht sicher, welche Sicht näher an der Wahrheit liegt - letzten Endes ist mir das aber auch relativ gleichgültig, schließlich muss ich den Film mögen und nicht die anderen. Vielleicht hilft eine vorsichtige Übertragungsstrategie: Man stelle sich "The Terminal" in schwarzweiß vor, Jimmy Stewart als Navorski, Claudette Colbert als seine Angebetete Amelia und Lionel Barrymore als den verklemmten Bürokratenfurz Frank Dixon (nebenbei eine hübsche Orwell-O'Brien-Reminiszenz). So bekommt der Film gleich eine rundum komfortablere Konnotation. Außerdem hat er den ganz wunderbaren Kumar Pallana als altes Putzfaktotum Gupta. Pallana, der zeitweilig zu Wes Andersons Hauspersonal zählte, spielt hier praktisch nochmal dieselbe Rolle wie in "The Royal Tenenbaums", wo er als Royals leicht paralysierter Diener Pagoda zu sehen ist. Allein seine kleine Kunststückchen während Viktors und Amelias Abendessen sind pures Gold.

8/10

Steven Spielberg Flughafen Satire New York Migration Jazz


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CATCH ME IF YOU CAN (Steven Spielberg/USA, CA 2002)


"I love my job."

Catch Me If You Can ~ USA/CA 2002
Directed By: Steven Spielberg

New York, 1964: Die Scheidung des Ehepaars Abagnale (Nathalie Baye, Christopher Walken) führt dessen Filius Frank Jr. (Leonardo Di Caprio) auf die Skrupellosigkeit der Finanzämter zurück, die seinen Vater in den Konkurs getrieben haben. Mit sechzehn Jahren reißt Frank von zu Hause aus, stets den großen, naiven Plan im Blick, viel Geld zu machen um so die Beziehung seiner Eltern zu kitten. Daraus wird bald eine kriminelle Karriere. Frank lernt rasch, dass Kleider Leute machen und wird darüber hinaus nach und nach zum Hochstapler und professionellen Scheckbetrüger, der sich falsche Ämter als Pilot, Kinderazt und Anwalt ergaunert, bis er von seinem emsigen Verfolger, dem FBI-Agenten Hanratty (Tom Hanks), irgendwann in Frankreich geschnappt werden kann.

Gepflegtes Unterhaltungskino, das mit seiner Darstellung fast intimer, fragiler Menschlichkeit auf den ersten Blick so gar nicht zu Spielbergs jüngerem Bombastkino passen will. Dann jedoch kommen wieder die oftmals verwendeten Motive zum Vorschein, hier freilich unter etwas umgedrehten Vorzeichen. In den Personen der naiven Träumer Vater und Sohn Abagnale findet sich nachgerade etwas von Spielbergs eigener Persönlichkeit wieder und der Topos 'Familie' präsentiert sich unter umgekehrten Vorzeichen, nämlich im Begriff des Bruchs statt wie bisher in seiner konsolidierenden Ausformung, sowie, ergänzend dazu, die Hilflosigkeit im Umgang mit dem Unausweichlichen. Frank Abagnale Sr. (Christopher Walken in einer seiner exzellentesten Darstellungen) durchlebt seinen sozialen Niedergang unter stoisch tapferer Realitätsleugnung; nicht er würde sukzessive vom System zerbrochen, sondern wäre letzten Endes derjenige, der die Behörden permanent an der Nase herumführe. Als sein Filius irgendwann diese mangelnde Fähigkeit zur Selbsteinschätzung begreift, ist er in seinen eigener Welt längst zum monströsen, kriminellen Äquivalent seines Vaters herangereift, zu einem, der seine lausbübischen Aktivitäten über die Rache am System rechtfertigt; tatsächlich jedoch bitterlich vereinsamt und schließlich ausgerechnet in seinem offiziellen Häscher einen Ersatzvater findet.
Ein genauerer Blick auf die personelle Konstellation verrät also doch Spielbergs gesteigertes Interesse an diesem Stoff und er hat einen für seine Verhältnisse äußerst unverkrampften, leichten und wohlfeil konsumierbaren Film daraus gemacht, der vor allem auch seine eigenen, in ständiger Weiterewegung befindlichen Lernprozesse als Filmemacher verdeutlicht.

8/10

Steven Spielberg period piece Historie Biopic FBI Familie New York Ehe


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MINORITY REPORT (Steven Spielberg/USA 2002)


"Sometimes, in order to see the light, you have to risk the dark."

Minority Report ~ USA 2002
Directed By: Steven Spielberg

In den mittleren fünfziger Jahren des 21. Jahrhunderts ist die Mordrate in Washington D.C. gegen 0 gesunken, dabei ist ein strukturierter Polizeiapparat kaum mehr erforderlich. Erreicht werden kann das durch die 'Precrime Division', die aus einer kleinen Spezialeinheit von Polizisten unter der Führung Chief Andertons (Tom Cruise) und drei, in permanentem Dämmerzustand gehaltene Medien besteht. Jene Medien, im Volksmund 'Pre-Cogs' genannt, haben die Gabe, Morde und Totschläge über mehrere Stunden vorauszusehen, wodurch die Gewaltakte bereits vor ihrer Ausübung verhindert werden. Die im Prinzip noch unschuldigen Täter werden in einer gigantischen Verwahrungsstelle schlafen gelegt. Als Anderton just ein paar Tage, bevor Precrime unter großem Medienandrang auf die gesamte Nation ausgeweitet werden soll, auf eine verjährt geglaubte Unebenheit stößt, die der Precrime-Initiator Burgess (Max von Sydow) kurzerhand als "Pre-Cog-Echo" abtut, sieht er sich urplötzlich selbst als Mörder, der in 36 Stunden einen ihm völlig unbekannten Mann töten wird. Zusammen mit dem von ihm entführten Pre-Cog Agatha (Samantha Morton) versucht Anderton, jenes Rätsel zu lösen, stets dicht gefolgt von dem forschen Aufsichtsbeamten Witwer (Colin Farrell) und seinen früheren Partnern.

Hat mich diesmal völlig kaltgelassen. Natürlich ist die auf einer wie immer brillanten Grundidee Philip K. Dicks basierende Future-Motivik nicht übel und wird auch alles andere als visuell uninteressant ausgespielt. Vermutlich liegt aber genau hier der Knackpunkt. "Minority Report" suhlt sich geradezu autoerotisch in seinen Entwürfen der zukünftigen Gesellschaft; in den Appartments und Fahrzeugen sowie den aufdringlichen product placements an allen Ecken und Enden. Auch hat der Film eine sichtlich selbstergötzende Freude daran, seine Uniformträger in ihren schneckenähnlichen Fluggeräten und mit kleinen Antriebsraketen durch die Gegend sausen zu lassen, die als "Spinnen" berüchtigten, mobilen kleinen Augendetektoren auszusenden etc. pp. Bleibt alles anders anno 2054. Nicht zu vergessen die spezielle, milchig-körnige Überstrahlungsoptik. Hübsch stilbewusst, bestimmt. Aber zu keiner Sekunde wirklich fesselnd oder gar mitreißend, da allzu reißbrettartig in der Umsetzung. Von einer diskursiven, sozialthischen Sinnsuche ("Blade Runner"), wie sie bei Dick-Adaptionen bislang eigentlich zum guten Ton gehörte oder auch von einer Meditation über Perzeption und Realitätsempfinden ("Total Recall") kann bei"Minority Report" indes keine Rede sein. Dazu ist Spielberg dann doch ein allzu emotionszentrierter Filmemacher und vermutlich auch schlicht nicht intelligent genug.
140 Minuten cruisescher Selbstsuche und Läuterung plus inszenatorisches Autonomiegewichse bar jeder Bodenhaftung können sich da doch ganz schon ziehen.

5/10

Steven Spielberg Philip K. Dick Zukunft Verschwörung Medizin Washington D.C. Drogen Dystopie


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JUNGLE FEVER (Spike Lee/USA 1991)


"What happened to the color TV?" - "Mama, I smoked the color TV."

Jungle Fever ~ USA 1991
Directed By: Spike Lee

Als der bei einer Architektenfirma angestellte Flipper Purify (Wesley Snipes) die Italoamerikanerin Angela Tucci (Annabella Sciorra) als neue Sekretärin zugeteilt bekommt, ist er zunächst skeptisch. Bald jedoch verliebt er sich in die attraktive, junge Frau. Als Flippers Gattin (Lonette McKee) von der sich ausweitenden Affäre Wind bekommt, setzt sie ihn kurzerhand vor die Tür. Zunächst mietet Flipper downtown ein Appartment für sich und Angie, doch die Widerstände gegen ihre Beziehung werden nicht geringer. Hinzu kommen weitere familiäre Probleme Flippers, die sich in seinem religionsfanatischen Vater (Ossie Davis) und seinem crackabhängigen Bruder Gator (Samuel L. Jackson) manifestieren. Am Ende kehrt Flipper reumütig zu seiner Familie zurück, doch die Stadt hat sich noch wieder mit ihm befriedet.

Nicht minder diskursträchtig als in "Do The Right Thing" findet Spike Lee diesmal eine hypersensible Schnittstelle zwischen Brooklyn und Manhattan, genauer gesagt zwischen Bensonhurst und Harlem. Die von vornherein als unmöglich eingestufte Liebesbeziehung zweier Menschen unterschiedlicher Hautfarbe und vor allem unterschiedlicher ethnischer Hintergründe steht dabei jedoch nur als Hauptstrang inmitten eines kaleidoskopartig entsponnenen Netzes familiärer und freundschaftlicher Beziehungen in New York. Lee findet teils verstörende Bilder für die damals die Stadt heimsuchende, ganze Straßenzüge in Drogenhöllen verwandelnde Crack-Problematik, der das uninformierte Bürgertum wie jeder Form von Sucht nur hilflos gegenüberstehen konnte. Eine großartige Szene zeigt Flipper, wie er sich zu Stevie Wonders "Living For The City" auf die erboste Suche nach seinem älteren Bruder Gator begibt. Gator hat soeben den Fernseher seiner Eltern in Dope verwandelt und ist gerade dabei, ihn zu inhalieren, als Flipper ihn in einem ausschließlich von Crackheads bevölkerten Rohbau ausfindig macht. Dann ist da Angies Jugendliebe Paulie (John Turturro), der die Trinkhalle seines ewig zeterndenden Vaters (Anthony Quinn) führt und der sich in die schwarze Schönheit Orin (Tyra Ferrell) verguckt. Und hier gönnt uns Lee gleich noch einen veritablen Hoffnungsschimmer für die Zukunft: Dieses Paar, ohne familiäre Verpflichtungen, wird entgegen allen Widerständen sein Zusammensein meistern.

10/10

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Funxton

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