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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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DAYS OF WINE AND ROSES (Blake Edwards/USA 1962)


"Magic time."

Days Of Wine And Roses (Die Tage des Weins und der Rosen) ~ USA 1962
Directed By: Blake Edwards

Alkohol ist von Anfang an ein fester Bestandteil der Beziehung und später auch der Ehe der beiden Büroangestellten Joe Clay (Jack Lemmon) und Kirsten Arnesen (Lee Remick). Als ihre Trinkerei pathologisch zu werden beginnt, Joe diverse Jobs verliert und Kirsten im Suff die Wohnung in Brand setzt, erkennt Joe das Problem: Er und seine Frau sind Alkoholiker. Einige Versuche des Entzugs enden irgendwann wieder in mehrtägigen Abstürzen, zu denen sich Joe wegen Kirstens Weigerung, mit dem Trinken aufzuhören, hinreißen lässt. Erst nach einem fatalen Gelage mit schwerer Entgiftung schafft Joe den endgültigen Ausstieg aus der Suchthölle und kann sich wieder um seine und Kirstens kleine Tochter (Debbie Megowan) kümmern.

Bis hierhin gab es nur wenige ernstzunehmende Beschäftigungen Hollywoods mit den fatalen Auswirkungen der Alkoholsucht. Das bekannteste Beispiel ist sicherlich Billy Wilders "The Lost Weekend" mit Ray Milland, der seinerzeit einen gewagten und vielbeachteten Vorstoß markierte, vermutlich wegen seiner unbequemen Art der Observierung jedoch auch lange Zeit unikal blieb. Ansonsten neigte man gemeinhin stets dazu, Trinker als Käuze und Spinner darzustellen und weniger als selbstzerstörerische Alltagsmenschen. Andere Beispiele sind "A Star Is Born" und "Rio Bravo", hervorragende Filme, die sich mit der Darstellung der Trunksucht allerdings nur periher auseinandersetzen. Siebzehn Jahre nach "The Lost Weekend" nahm sich Blake Edwards des Themas an. Ausgerechnet jener vornehmlich als klassischer Komödienregisseur populär gewordene Filmemacher ist - freilich mit einem nicht minder klassischen Komödienakteur in der Hauptrolle - verantwortlich für diesen in seiner Intensität und konsequenten Art der Suchtanamnese bis heute nur selten erreichten Film. "Days Of Wine And Roses" ist ein recht edukativ angelegtes Werk, das besonders dazu taugt, Außenstehenden die Komplexität von Alkoholismus geprägter Biographien nahezubringen. Die im Film als besonders grauenhaft umrissenen Entgiftungsmethoden dürften heute gemeinhin weniger spektakulär ablaufen, ansonsten hat sich an der grundsätzlichen Anamnese und Behandlung der Krankheit jedoch wenig geändert. Die Motivation für einen langfristig erfolgreichen Ausstieg kann ohnehin nur intrinsisch sein. Edwards' besonderes Verdienst liegt eigentlich daran, einen bipolaren Suchtverlauf anhand zweier Ehepartner aufzuzeigen: Während Joe, eigentlich der "Initiator" der beiderseitigen Trunksucht, am Ende praktisch rehabilitiert in die Gesellschaft zurückgekehrt ist, findet Kirsten vorläufig nicht die Kraft für einen Ausstieg. Ein Wink der Wirklichkeit; Alkoholismus endet eher selten versöhnlich.

9/10

Blake Edwards Alkohol Ehe Familie Sucht


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SECRET WINDOW (David Koepp/USA 2004)


"Oh, I'm in trouble."

Secret Window (Das geheime Fenster) ~ USA 2004
Directed By: David Koepp

Die Ehe des erfolgreichen Romanautors Mort Rainey (Johnny Depp) liegt in den letzten Zügen. Seine Frau Amy (Maria Bello) hat sich einen neuen Freund (Timothy Hutton) zugelegt und wohnt mit diesem in einem Vorort von New York, derweil Mort mit Hund Chico das rustikale Landhaus in der tiefsten neuenglischen Provinz bevölkert. Als urplötzlich ein Fremder (John Turturro) auftaucht, der sich als 'John Shooter' vorstellt und behauptet, Mort habe ihm einst seine Kurzgeschichte "The Secret Window" gestohlen und zusätzlich deren Ende aufgeweicht, gibt Mort sich zunächst lediglich genervt. Shooter jedoch, der von Mort wahlweise verlangt, zu beweisen, dass seine Story kein Plagiat ist oder sie andernfalls neu und adäquat zu veröffentlichen, stellt sich nicht nur als extrem beharrlich heraus, sondern darüberhinaus auch als höchst nachdrücklich. Seine Methoden, denen nacheinander der arme Chico und Morts Stadthaus zum Opfer fallen, werden zunehmend aggressiver...

Ich kann auch nach der Zweitbeschau von "Secret Window" im Grunde nur unterschreiben, was sowieso die Meisten - auch die alten FTB-Einträge in unserem Board - über ihn sagen: Dass er nett, unterhaltsam und grundsolide daherkommt, ansonsten jedoch wenig zu überraschen und schon gar nicht zu begeistern vermag. Die Gründe dafür sind multipel: trotz einer sicheren inszenatorischen Hand kann David Koepp sich etwa nicht zwischen den zwei Hauptsträngen der humorigen Satire auf die schaffenskriselnden Nöte eines amerikanischen Allerwelt-Romanciers einerseits und der saftigen Psychose-Studie eines vom Wege der Stabilität Abdriftenden andererseits entscheiden und beschreitet daher kompromissbereit den vagen Mittelweg. Johnny Depp in der Rolle des Geisteskranken ist unpassend, wenn nicht gar fehlbesetzt. In "Secret Window" versucht er, seine übliche Marotte des linkischen Kauzes mit der im Kino nicht minder etablierten Charaktermatrix des irren Gewaltverbrechers zu kreuzen, was erwartungsgemäß schiefgehen muss. Mort Rainey ist trotz seiner Aktionen am Ende nicht die große Bedrohung, die er eigentlich symbolisieren sollte, sondern bloß eine weitere Nummer in der großen Ahnenreihe von Depp gespielter, nebenspuriger Antihelden. Dennoch ist Koepps Film wohl nicht wirklich schlecht - er hat zwei, drei veritable Nägelkauerszenen, eine gemeinhin ordentliche Besetzung und schließt mit dem Auftritt von Timothy Hutton gewissermaßen sogar den Kreis zur ersten fürs Kino umgesetzten, king'schen 'Autorenspaltungsgeschichte' "The Dark Half". Nur, dass dieser mir trotz seiner bekannten Entstehungsprobleme nicht unwesentlich ambitionierter und formvollendeter erscheint.

7/10

David Koepp Stephen King New York Literatur Madness Ehe


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GASLIGHT (George Cukor/USA 1944)


"Because I am mad, I hate you!"

Gaslight (Das Haus der Lady Alquist) ~ USA 1944
Directed By: George Cukor

In Italien lernt die junge Sängerin Paula Alquist (Ingrid Bergman), die zuvor bei ihrer Tante in London lebte, die grausam ermordet wurde, den Pianisten Gregory Anton (Charles Boyer) kennen und lieben. Mit ihm verheiratet kehrt Paula zurück in die englische Metropole und in das leerstehende Haus ihrer Tante. Mit dem Wiedereinzug scheint sich jedoch Paulas psychischer Zustand zu verschlechtern: Urplötzlich vergisst sie alles Mögliche, verliert Dinge und scheint zu halluzinieren. Gregory erweist sich dabei nur als minderwertiger Anker; tatsächlich schirmt er Paula sogar vor der Öffentlichkeit ab und redet ihr noch zusätzlich ein, nicht bei Sinnen zu sein. Derweil wird der umtriebige Detektiv Brian Cameron (Joseph Cotten) auf das Ehepaar Anton aufmerksam...

Cukors eleganter gothic thriller ist die schönste und berühmteste von diversen Verfilmungen des Kriminalstücks "Angel Street", das wohl als eine der elementaren Kulturarchetypen angesehen werden kann für das in der Trivialliteratur oftmals verwendete Thema des zutiefst bösen Ehepartners, der sein Gegenüber mittels mehr oder weniger subtiler Methoden in den Wahnsinn zu treiben versucht. Oftmals stehen dahinter eigennützige Motive oder gar eine sich pathologisch gestaltende Form der Gier. So ist es auch in "Gaslight", der Charles Boyer in ebenjener wunderbaren Studie grundböser Charakteristika vorzeigt. Der Film selbst ist vorbildlich gealtert. Er demonstriert die Studio-Manierismen des alten Hollywood. Dem Vorspann kann man entnehmen, dass Cotten und die Bergman erst von David Selznick ausgeliehen werden mussten, um für die MGM spielen zu dürfen - eine heutzutage kaum mehr nachvollziehbare Praxis, die damals jedoch Alltagsgeschäft bildete. "Gaslight" ist komplett im Atelier entstanden, was ihm einen hochartifiziellen und zugleich muffigen, fast wurmstichigen Touch verleiht, ganz so, als handele es sich bei ihm selbst um eine der hierin vielfach vorgeführten, antiquarischen Kostbarkeiten.
Vorzüglich auch die alte deutsche Vertonung, die nur wenig jünger sein dürfte als der Film selbst und glücklicherweise - dies ist längst keine Selbstverständlichkeit mehr - für die DVD aufgetrieben und konserviert werden konnte. Man hört unter anderem Harald Leipnitz und Peter Pasetti, der Charles Boyer diabolische Vorstellung nicht nur perfekt einfängt, sondern sie sogar noch intensiviert. Ein prächtiges Stück klassischen Hollywoods.

9/10

George Cukor period piece London Ehe Victorian Age Madness


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STARCRASH (Luigi Cozzi/I, USA 1978)


"Computer, stop the flow of time!"

Starcrash (Star Crash - Sterne im Duell) ~ I/USA 1978
Directed By: Luigi Cozzi

Der ultraböse Count Zarth Arn (Joe Spinell) schickt sich arn, Verzeihung, an, die Macht im Universum zu übernehmen. Um ihn davon abzuhalten, engagiert der ultragute Emperor (Christopher Plummer) die beiden Weltraum-Renegaten Stella Star(Caroline Munro) und Akton (Marjoe Gortner). Zusammen mit dem lustigen Roboter L (Judd Hamilton) sollen sie zunächst Simon (David Hasselhoff), den Sohn des Emperors wiederfinden. Nachdem dies vollbracht ist, geht der Angriff gegen Zarth-Arn in die Vollen. Als schon alle Felle verloren scheinen, holt der Emperor zum letzten rettenden Schlag aus: Ein "Star Crash" muss her, ein vierdeminsionaler Angriff!

Zusammen mit Aldo Lados nicht minder tollem "L'Umanoide" überhaupt DAS Italo-Trash-Plagiat zu "Star Wars" mit bunten Glühlämpchen als Sternfirmanent und golden angesprühten Plastikraumschiffen. Die Displays geben nach, wenn man draufdrückt, so ähnlich wie Caroline Munros hübsche Möpse. Überhaupt ist deren Aufzug eine Schau, wenn nicht gar die größte des Films. Obwohl: Stimmt nicht, kann ja gar nicht sein, das ist schließlich Joe Spinell, dessen koksgeweitete Pupillen bereits als eine Vorstudie für seinen Frank Zito, als der er ja dann wiederum auf die Munro treffen sollte, gewertet werden können. Man kannte sich, man mochte sich. Wie man allerdings den schon damals altehrwürdigen Mimen Christopher Plummer dazu gebracht hat, sich in diesen Kunststoffdress zu zwängen und dermaßen hanebüchne Zeilen abzulassen, gehört zu den größten Geheimnissen der Filmhistorie. Vermutlich hat man ihn mit kompromittierenden Bildern erpresst, auf denen er mit Gortner und Hasselhoff im Club "Anale Grande" zu sehen ist. Die zwei Lockenköpfe tuckern um die Wette, dass es eine wahre Freude ist und vor allem bei Gortner frage ich mich jedesmal, da ich ihn sehe, ob ihn zumindest seine Mami hübsch fand.
Ansonsten gebührt "Starcrash" mit all seiner unbeschwerten Blödiotie natürlich noch verspätet der Sonderpreis der Jury blühender Fabulierkunst, der 'Diamantene Hyperbionische Dimensionaltransmitter', für besondere Leistungen unter denkbar widrigsten Bedingungen.

6/10

Luigi Cozzi Trash


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DIE SCHULMÄDCHEN VOM TREFFPUNKT ZOO (Walter Boos/BRD 1979)


"Denkste!"

Die Schulmädchen vom Treffpunkt Zoo ~ BRD 1979
Directed By: Walter Boos

Petra (Katja Bienert) hat Sorgen - die Heroinsucht ihres Freundes Mick (Marco Kröger) verschlingt Unsummen an Marie, die ausgerechnet Petra besorgen muss: Mal muss sie bei einem perversen Freier (Horst Nowack) als zusätzliche Voyeurin antreten, mal beklaut sie ihre Mutter (Dagmar von Thomas) um ihr Sauerverdientes. Irgendwann wird all das Mick zu unangenehm und er macht mit Petra Schluss. Dies bedeutet, dass er selbst zum Stricher werden muss, um seine Sucht zu finanzieren und bald knietief in einen Mordfall verwickelt ist.

Eine wahrlich imponierende Mischung aus Betroffenheitsdrama und typischer LISA-Disco-Komödie haben wir hier. Inspiriert zur Beschau hat mich Francos "Linda", ebenfalls mit Katja Bienert in der Titelrolle. "Die Schulmädchen vom Treffpunkt Zoo", dessen Titel bereits eine Mischung aus der kommerzbewährten Hofbauer-Serie "Schulmädchen-Report" und Christiane F.s erschütternder Tatsachen-Geschichte "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" suggeriert, markierte ihren - sieht man von einer Minirolle bei Chabrol ab - ersten Kinoeinsatz. Trotz ihrer damals knapp 13 Lenze dürfte sie schon problemlos Schnappes für Papa bei Famka bekommen haben, weswegen eben, ich erwähnte es unlängst bereits, auch niemand Karl und seine Spiehsgesellen bei der Kindernothilfe oder beim Jugendamt angezeigt haben wird. Seine hehre Mission, ein realitätsnahes Bild der Berliner Schülerszene und ihrer Drogenprobleme mitsamt Beschaffungskriminalität abzubilden, verfehlt Boosens Film mit beinahe tröstlicher Zielunsicherheit. Dafür gibt es eine Menge der üblichen "Report"-Episoden und -Witzchen, auf das der triste Großstadtalltag nicht gar allzu trist werde. Die LISA wollte schließlich in erster Linie fluffig unterhalten. So gibt es zu Auflockerungszwecken Tobias Meister und Fritz Hammer als zwei dämliche, männliche Jungfrauen, die hinreichend Gelegenheit zur koitalen Betätigung erhalten, sich jedoch allzeit zu blöd anstellen. Zwei von Petras Klassenkameradinnen (Karin König, Martina Engel) kommen derweil auf die gloriose Idee, zwecks Notdendurchschnittsaufbesserung ihren Mathelehrer (Wolfgang Plumhoff) mittels heimlich geschossener Kompromittierungsfotografien zu erpressen, was dieser jedoch ganz cool abschmettert. Wir sind eben nicht beim "Report", wo arme Pauker gleich auf dem Scheiterhaufen landen, wenn sie mal feuchte Hände kriegen. Ein weiteres Highlight: Der CloseUp auf eine Zeitungsschlagzeile des "Abendblatts" (Verwechslungen sollten wohl um jeden Preis vermieden werden): "Mord an einen Homosexuellen". Der Dativ is ja den Akkusativ sein Untergang. Tja, und rate mal mit Rosenthal, wer hier mal wieder sei Glätzle zur Schau stellt? Kleiner Tipp: Er fängt mit "Otto" an und hört mit "Retzer" auf. Ein unbesungener Held des Neuen Deutschen Films.

6/10

Walter Boos Lisa-Film Berlin Drogen Heroin Prostitution


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LINDA (BRD/E 1981)


"Na los, auf zur Meisterschaft im Stabhochwichsen!"

Linda (Die nackten Superhexen vom Rio Amore) ~ BRD/E 1981
Directed By: Jess Franco

Weil sie mit Ron (Antonio Mayans), dem Hausstecher der ebenso bösartig wie nymphoman veranlagten Bordellchefin Sheila (Raquel Evans) in die Kiste steigt, ereilt die deutsche Hotelangestellte Betsy Norman (Ursula Buchfellner) eine perfide Racheintrige: Unter hypnotisierende Dämpfe gesetzt, muss Betsy künftig in Sheilas Edelpuff "Rio Amore" die ausgefallenen Wünsche zahlungskräftiger Gentlemen erfüllen. Ausgerechnet während dieser unglücklichen Entwicklungen kommt Betsys kleine Schwester Linda (Katja Bienert), wohlbehütete Klosterschülerin, zu Besuch und wundert sich, dass Betsy nirgends anzutreffen ist. Sie findet jedoch Trost in den Armen des wackeren Einheimischen Juan.

Ein weiteres Franco-Arrangement für die LISA-Film, diesmal mit Rolf-Eden-Freundin Uschi Buchfellner, einer netten (und vor allem nett anzuschauenden) Dame, wenngleich eine exemplarische Schauspiel-Nulpe, und der damals vierzehnjährigen Katja Bienert in der Auslage, bezüglich der, im Gegensatz zu Eva Ionesco und Lara Wendel, heute nur deshalb kein Hahn mehr kräht, weil sie entkleidetermaßen mit zwölf schon aussah wie andere Mädels mit dreiundzwanzig.
Garniert mit dem ultraschmierigen Dialog einer Hardcore-Produktion (eingesprochen allerdings von der vordersten Münchener Synchrongarde, darunter Elmar Wepper, Dagmar Heller, Uschi Wolff und Michael Habeck) zu mittelkeuschem Softsex sind dabei die üblichen Zutaten des besonders für seine zeitgenössischen Disco-Komödien beliebten Produzenten Karl Spiehs. Für die humorigen Zwischeinlagen verantwortlich ist eine in gestelztem Wienerisch (allerdings mit der Stimme von Eva Kinsky) parlierende Bea Fiedler, der die mit Abstand dümmsten Sprüche des gesamten Films zukommen. Getragen wird das Ganze noch zusätzlich von Francos sleaziger Improvisationskunst, die selbst ausgewiesenem Trash wie diesem zumindest ehedem noch stets eine gewisse Ambitioniertheit abzuringen angetan war. Die Musik, insbesondere der Titelsong, kommt einem nicht von ungefähr bekannt vor - sie entstammen dem zwei Jahre älteren "Die Schulmädchen vom Treffpunkt Zoo". Wobei emsiges Liedgut-Recycling natürlich striktestens zur Arbeitsphilosophie bei LISA gehörte. Macht absolut Laune, das Ding.

6/10

Jess Franco Spanien Bordell Lisa-Film Sexploitation Sleaze


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GHOST RIDER: SPIRIT OF VENGEANCE (USA/AE 2011)


"I don't save people."

Ghost Rider: Spirit Of Vengeance ~ USA 2011
Directed By: Mark Neveldine/BrianTaylor

Der mit dem Fluch eines Rachedämons behaftete Johnny Blaze (Nicolas Cage) sucht in Osteuropa nach innerer Ruhe und Antworten. In Rumänien trifft er auf den unkonventionellen Geistlichen Moreau (Idris Elba), der ihm die Mission auferlegt, ein auserwähltes Kind (Fergus Riordan) in Sicherheit zu bringen, das offensichtlich das Erbgut des Höllenfürsten Roarke (Ciarán Hinds) in sich trägt. Im Gegenzug soll Blaze vom Fluch des 'Ghost Rider' befreit werden. Als Johnny erkennt, dass man ihn selbst, den Jungen und dessen Mutter (Violante Placido) in eine Falle gelockt hat, stellt er sich seinem Schicksal.

Die Tatsache, dass die beiden Krawall-Regisseure Neveldine und Taylor für das Sequel zu Mark Steven Johnsons "Ghost Rider" verantwortlich sind, lässt bereits vorab einen sich ansätzlich durchaus von seinen Wurzeln emanzipierenden Film erwarten. Tatsächlich erweist sich die hyperaktive visuelle Kinetik des Ganzen dann auch als seine vorderste Spezialität. Der Brückenschlag zum sich in eingeweihten Zuschauerzirkeln längst zum heimlichen Kunstprogramm entwickelnden, modernen DTV-Actionfilm ist somit auch als autooperatives Statement zu verstehen: Wer im Genre gegenwärtig etwas zu sagen hat, geht nach Osteuropa. Längst nicht mehr allein der kostengünstigen Produktion wegen, sondern weil das gesamte hier vorherrschende Flair opportunistischer Neuerstehung eine unweigerliche Maßgabe des gegenwärtigen state of the art darstellt. Von dieser ergo keineswegs bloß in ökonomischer Hinsicht begrüßenswerten Entwicklung zehren mittlerweile selbst höher budgetierte Leinwandproduktionen wie das aktuell laufende "Expendables"-Sequel oder eben auch "Ghost Rider: Spirit Of Vengeance". Der Film wirkt, in aller Kürze subsummiert, "enthoben", die inhaltliche Motivlage bietet nurmehr allerälteste Kamelle, die formale Ausführung jedoch Erlesenes. Fast noch mehr als der Erstling steht das Sequel zu seinen comikesken Wurzeln, die den Rider bereits innerhalb seines originären Universums seit jeher zu einer bizarren Ausnahmeerscheinung machten. Nicolas Cage hat einmal mehr Gelegenheit zu psychotischem Augenrollen und hysterischem Gelächter, bis auf Ciarán Hinds und einen eigenartigen Gastauftritt von Christopher Lambert wäre der Rest der Besetzung als vernachlässigenswert zu bezeichnen. Vermutlich wird "Ghost Rider: Spirit Of Vengeance" von keinem Zuschauer spontane Liebesbekundungen zu spüren bekommen, dazu besitzt er dann doch etwas zu wenig 'spirit'. Einen gezielten Blick ist er jedoch durchaus wert.

7/10

Sequel Marvel Comic Satan Rumänien Türkei Kind Sekte


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THE BRINK'S JOB (William Friedkin/USA 1978)


"Your Honor, I can't do no 20 years." - "Well do as much as you can, son."

The Brink's Job (Das große Ding bei Brinks) ~ USA 1978
Directed By: William Friedkin

Der kleine Bostoner Räuber Tony Pino (Peter Falk) hat zeitlebens wenig Glück mit seinen Coups - bis er und sein ihm stets zur Seite stehender Schwager Vinnie (Allen Garfield) auf die Geldtransportfirma 'Brink's' aufmerksam werden. Deren Sicherheitsstandards sind - bis auf einen imposanten Tresor - immens unzureichend. Nach einem ersten, problemlos durchführbaren Überfall auf einen der Transportwagen wagen Tony und Vinnie zusammen mit fünf weiteren Gesellen, Specs (Warren Oates), McGinniss (Peter Boyle), Jazz (Paul Sorvino), Sandy (Gerard Murphy), und Stanley (Kevin O'Connor) einen Überfall auf die Hauptstelle. So weit haut alles wunderbar hin, bis die zwei unvorsichtigen Specs und Stanley wegen eines anderen Delikts hinter Gitter kommen und weichgekocht werden...

Nach dem in jeder Hinsicht nervenaufreibenden Clouzot-Remake "Sorcerer" erbat sich Friedkin mit der noch gänzlich ungewohnten Versuchsanordnung "The Brink's Job" vermeintlich etwas motivische Ruhe. Eine beschauliche Ensemble-Komödie in der Kleingangsterszene wurde es, als period piece zudem in bester New-Hollywood-Tradition stehend. Denkbar sorgfältig und milieugetreu geht Friedkin zu Werke, lässt sich dabei alle notwendige Zeit und verzichtet auf die düstere Weltsicht seinere Vorgängerfilme zugunsten einer guten Portion hoffnungsvoller, stehender Ovation für seine Antihelden. Zwar landen diese am Ende im Bau, jedoch unter den Jubelrufen des Volkes, das in ihnen längst veritable Rebellen wider das Establishment wähnt. Eine epilogische Schrifttafel versichert uns darüberhinaus, dass sie nach ihrer Entlassung mit ihrer wohlfeil versteckten Beute ein mehr als angenehmes Leben führen sollen.
Mit Peter Falk und Gena Rowlands wiedervereint der Film das sich selbst zertrümmernde Ehepaar aus "A Woman Under The Influence" - hier freilich krisenlos -, zudem zwei Leibdarsteller (nebst Ehefrau) von John Cassavetes. Ferner gibt es den großen Warren Oates in einer weiteren fantastischen Performance zu bewundern. Der Film und Friedkin machen also fast alles richtig. Allerdings konnte ich mich eines latenten, zunächst unbestimmbaren Juckens nicht erwehren. Möglicherweise rührte dies aus dem Eindruck, dass der Regisseur bei aller Kunstfertigkeit nie ganz auszublenden vermochte, dass er sich auf thematisch unsicherem Terrain befand. Eine Theorie.

8/10

William Friedkin Heist period piece Boston Freundschaft New Hollywood FBI J. Edgar Hoover


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THE PURPLE ROSE OF CAIRO (Woody Allen/USA 1985)


"You can't learn to be real. It's like learning to be a midget."

The Purple Rose Of Cairo ~ USA 1985
Directed By: Woody Allen

New Jersey zur Zeit der Großen Depression: Die unglücklich verheiratete Cecilia (Mia Farrow) flüchtet sich mittels regelmäßiger Kinobesuche allabendlich in die Glitzerwelt Hollywoods und träumt davon, eines Tages von Fredric March, Leslie Howard oder Fred Astaire aus ihrem tristen Sackgassendasein entführt zu werden. Ihr neuester Lieblingsfilm ist "The Purple Rose Of Cairo", aus dem urplötzlich eine Nebenfigur, der Ägyptologe und Poet Tom Baxter (Jeff Daniels), von der Leinwand herabsteigt und Cecilia seine Liebe gesteht. Die Filmfigur findet sich allerdings nur schwer in der - zudem gegenwärtig düsteren - Realität zurecht, sein Geld ist nichts wert, bei Schlägereien kommen unfaire Ausleger und die Liebe kennt hier keine Abblende. Schließlich kommt Gil Shepherd (Jeff Daniels), der Schauspieler, der Tom Baxter im Film porträtierte, nach Jersey und dient sich ebenfalls Cecilia ein - als greifbarer, echter Mann aus Fleisch und Blut...

Wie man's macht, macht man's falsch - damit geht Woody Allen stets gern hausieren und bedient sich dabei der süßen Bitterkeit verschmitzter Humoreske. So auch in "The Purple Rose Of Cairo", der zwangsläufig ohne den Meister auf der Leinwand auskommen muss, weil in diesem Fantasy-Stück über die Kraft der Imagination kein Platz ist für bebrillte kleine Intellektuelle oder Neurotiker. Die Figuren sind entweder über- oder unterlebensgroß, repräsentieren das Leben in all seinen Schwächen und knauserigen Fügungen oder jenen Hollywood-Eskapismus der frühen Dreißiger, in dem die Screwball-Parallelrealität sich in aller notwendigen Gegenteiligkeit die Bahn frei machte, um die Leute für ein paar Cents zumindest kurzfristig auf andere Gedanken zu bringen und die sich aufstauende Wut ein klein wenig zu sublimieren. Natürlich liebt Allen diese historische Phase, ist sie doch von teilweise autobiographischer Färbung. Ganz wunderbar die kleinen Seitenhiebe auf die soziale, nationale Unsicherheit: Allein die Erwähnung des Kürzels FBI kommt einer Drohung gleich und wenn jemand auch nur das Wort "Solidarität" in den Mund zu nehmen wagt, ist er gleich ein Roter.
Köstlich, schön, liebenswert.

9/10

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STORMY MONDAY (Mike Figgis/UK, USA 1988)


"Can I take you somewhere, Kate?"

Stormy Monday ~ UK/USA 1988
Directed By: Mike Figgis

Während der USA-Woche in Newcastle bekriegen sich der großspurige amerikanische Manager-Gangster Cosmo (Tommy Lee Jones) und der hier heimische Nachtclubbesitzer Finney (Sting). Mitten in deren Konflikt platzt die vorsichtige Romanze zwischen Finneys frisch eingestellter Reinigungskraft Brendan (Sean Bean) und Cosmos Liebchen Kate (Melanie Griffith)

Ein Film der zerfließenden Grenzen: geographisch, kulturell formal. Die USA und Polen mit ihrer jeweils lauten, nassforschen Art brechen sich mittels jeweils mehr oder weniger typischer Exportschlager in der Kohlenmetropole Raum; die Staaten mit einem Gangsterfatzke voller imperialistischem Selbstverständnis, die Polen via eine verrückte Free-Jazz-Truppe, das "Krakauer Jazz-Ensemble". In England treffen sie auf niemand Geringeren als den durch nichts aus der Ruhe zu bringenden Sting (der kurz zuvor in der wirklichen Welt sein musikalisches opus magnum "...Nothing Like The Sun" veröffentlicht hatte und sich somit wohl zu Recht kurzfristig unbesiegbar vorkommen mochte), der ihnen allen die Leviten liest und dem frisch institutionalisierten Liebespaar am Ende seinen Schutzsegen erteilt. Jazz, Blues, Soul; T-Bone Walker, Otis Redding, B.B. King landen in einem Topf, wo die britische Musikkultur doch so reichhaltig scheint. In einer vielsagend-schönen, offenbar improvisierten Einstellung lauschen ein paar lokale Punks dem musikalischen Treiben gleichsam fasziniert wie befremdet.
Ein weithin unspektakulärer, aus heutiger Sicht vielleicht gar etwas befremdlich anmutender Film ist "Stormy Monday", der sich jedoch recht gut der regennassen, neonglitzernden englischen Gangsterfilm-Idiosynkrasie der Dekade, nominell Exempeln wie "The Long Good Friday" oder "Mona Lisa" zugesellen lässt und ein immer noch inspirierend zu betrachtendes Figgis-Werk darstellt.

8/10

Mike Figgis Newcastle Jazz Nacht





Filmtagebuch von...

Funxton

    Avanti, Popolo

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