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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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TERMINATOR 2: JUDGMENT DAY (James Cameron/USA 1991)


"Easy money."

Terminator 2: Judgment Day (Terminator 2 - Tag der Abrechnung) ~ USA 1991
Directed By: James Cameron

Einige Jahre nach der Attacke durch den Terminator sitzt Sarah Connor (Linda Hamilton) in der geschlossenen Psychiatrie - sie hat versucht, eine Computerfabrik zu sprengen. Ihr Sohn John /Edward Furlong) ist mittlerweile dreizehn und lebt bei Pflegeeltern (Jenette Goldstein, Xander Berkeley). Da kommen zwei neue Terminators zurück durch die Zeit - ein von dem zukünftigen John Connor umprogrammiertes Modell 101 (Arnold Schwarzenegger), das sein jüngeres Ich beschützen soll und ein aus Flüssigmetall bestehender, hochentwickelter Killerroboter, der jede beliebige Form menschlicher Ausmaße annehmen kann. Nachdem John und der T-101 Sarah befreit haben, ist diese versessen darauf, den vermeintlich für den Maschinenaufstand verantwortlichen Ingenieur Miles Dyson (Joe Morton) zu töten, um so den "Tag des jüngsten Gerichts" abzuwenden.

Ein ambivalenter Film, der eigentlich nur dann zur Gänze genießbar ist, wenn man ihn weniger als Fortsetzung von "The Terminator" betrachtet denn als eigenständiges Werk, als für ein Großpublikum konzipierte Variation, das dann auch das rund fünfzehnfache Budget des Erstlings verschlang und vor allem durch seine glänzende Oberfläche faszinierte. Der vereinnahmende mentale Überbau des Vorgängers weicht einer ästhetikfixierten, grobmotorischen Vulgärphilosophie, die beim Publikum um Familienanbindung buhlt, durch ein ähnliches Gewaltmaß wie beim Vorgänger jedoch parallel dazu probiert, die Anhänger von "The Terminator" nicht zu verprellen. Dies gelingt - zumindest meiner Person betreffs - mitnichten. Allein dadurch, dass ein über Gebühr geschwätziger, altkluger Adoleszenter mit Schmalzscheitel nicht nur zur dritten Haupt-, sondern ganz offensichtlich auch noch zur potentziellen Identifikationsfigur und, am Schlimmsten: zum neuen Messias (!) gekürt wird, dreht sich "Terminator 2: Judgment Day" selbst ein gehöriges Maß an Saft ab. Über die Zeithandhabung in Relation mit dem Original scheint sich freilich auch niemand in der Scriptüberarbeitungsabteilung hinreichend Gedanken gemacht zu haben. Womöglich baute von vornherein auch auf die Toleranz des Publikums. Oder auf dessen Eigenschaft, ohnehin erstmal alles zu schlucken, was gut aussieht. Wer weiß. Man wird jedenfalls förmlich zur Akzeptanz jener Unlogik, derzufolge John Connor gemäß der Realzeit jetzt nicht dreizehn, sondern sechs Jahre alt sein müsste, dass seine Frau Mama aber dennoch nur um ebendiese Zeitspanne gealtert ist, genötigt.
Die Kamera derweil liebt ihre ILM-Effekte ehrfürchtig und führt sie jeweils genüsslich vor, derweil der ohnehin zwangsläufig zur Staffage degradierte Robert Patrick als Killermaschine in Polizeiuniform ein Witz ist gegen Arnolds bedfrohlich-monolithische Präsentation im Vorgänger. Dessen neuerliche Vorstellung nach sieben Jahren völlig diametraler Imagepflege, ist für sich betrachtet wiederum toll, wird allerdings gleich zu Beginn stark ironisiert, als die steirische Eiche zu "Bad To The Bone" ihre neue Biker-Lederkluft spazierenträgt. Diese Szene gibt repräsentativ den Ton des Sequles vor, der den konsequenten Humorverzicht des Erstlings ebenfalls ins Gegenteil verkehrt. Vom Schicksalsdiskurs ganz zu schweigen: "There's a storm coming," hieß es damals noch mit der unausweichlichen Gewissheit des baldigen Untergangs und die wunderbare Finaleinstellung ließ daran keinen Zweifel. "Terminator 2" entmachtet diese an sich doch so maßgebliche Determinante mit einem legeren Handwischen. Jetzt verbildlicht sich die Zukunft als ein "dunkler, nächtlicher Highway" mit unbekannter Richtungsführung. Es wird doch noch alles gut; der Terminator hat seine eigene Existenzgrundlage terminiert. Herzlichen Glückwunsch dazu, du Blödmann.

7/10

James Cameron Los Angeles Apokalypse Cyborg Sequel Coming of Age Zukunft D.C.


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THE TERMINATOR (James Cameron/USA 1984)


"It absolutely will not stop, ever, until you are dead."

The Terminator ~ USA 1984
Directed By: James Cameron

In der nahen Zukunft übernehmen Computer und Maschinen die Weltherrschaft und lösen einen Atomkrieg aus, der den Großteil der Menschheit mit Ausnahme einiger weniger Widerständler von der Erde fegt. Um bereits die Geburt von deren Anführer John Connor zu verhindern entsenden die Maschinen aus dem Jahr 2029 einen Killercyborg (Arnold Schwarzenegger), den Terminator, zurück nach 1984. Dort lebt die ahnungslose Sarah Connor (Linda Hamilton), die spätere Mutter von John, die der Terminator töten soll. Doch auch die Rebellen schicken einen der Ihren zurück durch die Zeit, den Einzelkämpfer Kyle Reese (Michael Biehn). Dieser hat die Mission, Sarah vor dem Terminator zu beschützen.

Erstaunlich, mit welch nahtlos perfekter Ausgestaltung "The Terminator" auch mit nunmehr knapp dreißig Jahren auf dem Buckel noch daherkommt. Als einer der wesentlichsten Filme seines Jahrzehnts ist er nicht nur maßgeblich für Stil und Darreichungsform der repräsentierten Genres, sondern zugleich der definitive Film von James Cameron, der eine dermaßen Ehrfurcht gebietende, konzentrierte Geschlossenheit wie hier dann auch nie mehr erreichen konnte und mittlerweile ja bekanntlich sowieso in ganz eigenen Sphären schwebt.
Wie alle großen Dystopien ist auch "The Terminator" ein Fest für Paranoiiker, Futurologen und Pessimisten, insbesondere vor dem historischen Hintergrund des Kalten Krieges. Schon damals, das zeigt der Film permanent, leben wir in einem hoffnungslos technikdependenten Realitätsgefüge. Keine Regung ist mehr möglich ohne Microchips und Motoren, die Discos tragen bezeichnende Namen wie "Tech-Noir". Der Mensch wird mehr und mehr zum Virus, von dem die nach Reinheit strebenden Computer den Planeten zu befreien trachten - eine maschinell-kühle, aber letzten Endes doch bloß logische Maßnahme, um der Erde eine langfristige Regeneration zu ermöglichen.
Die Zukunft ist zwar nicht geschrieben, sie ist im Gegenteil variabel und beinhaltet multiple Möglichkeiten - das erklärt auch Kyle Reese seinem anfangs noch unfreiwilligen, verstörten Mündel mit ein paar knappen Worten ("Ich kann Ihnen das jetzt nicht genauer erklären...") - aber am Ende wird sich dann doch alles exakt so fügen, wie er es ankündigt. Dafür bürgen Ereignisse, die genau so eintreffen, wie die Zukunft es weissagt. Ein Tod, eine Schwangerschaft, ein Foto.
Das Sequel, ein formal und seinem Wesen nach vollkommen anders angelegter Film, der im Grunde sämtliche Qualitäten des weitaus intelligenteren Erstlings mit klobigen Füßen tritt, wird die Prämisse der Determination dann kurzerhand wieder terminieren. Vielleicht hätte es besser erst gar keines gegeben.

10/10

James Cameron Zukunft Apokalypse Cyborg Zeitreise Nacht Los Angeles


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ANDROID (Aaron Lipstadt/USA 1982)


"You have been here too long..."

Android ~ USA 1982
Directed By: Aaron Lipstadt

Der exzentrische Wissenschaftler Dr. Daniel (Klaus Kinski) und der Android Max 404 (Don Keith Opper) erhalten unerwarteten Besuch auf ihrer ansonsten verlassen Raumstation: Das Ausbrechertrio Maggie (Brie Howard), Keller (Norbert Weisser) und Mendes (Crofton Hardester) landet mit einem beschädigten Gleiter bei ihnen. Für Dr. Daniel eine willkommene Fügung, denn er arbeitet just an Cassandra (Kendra Kirchner), einem weiblichen Nachfolger für Max 404, für dessen Erweckung er noch spezielle hormonelle Impulse einer Frau benötigt. Durch den gealttätigen Mendes eskaliert die Situation jedoch bald und auch Max 404 sieht nicht ein, sich einfach auf den Schrottplatz der Altwaren schicken zu lassen.

"Android" beweist mit seinem leisem, subtilen Humor nicht nur, dass auch billig produzierte Mini-Produktionen intelligentes und spannendes Genrekino hervorzubringen imstand sind, er ist sozusagen auch der etwas vulgäre kleine Bruder des zeitgleich entstandenen, operesken Prestigeobjekts "Blade Runner". Auch hier geht es nämlich um Kunstmenschen, die mit jeder neuen Generation ein Stück mehr an Humanität erlangen, mehr Bewusstsein, mehr Prinzipien, mehr Stolz, mehr Lebenswillen. In der von "Android" entworfenen Zukunft scheint darüberhinaus der Android den Menschen als vollkommenste Lebensform ablösen zu können - trotz ihrer übermenschlichen Stärke muss man erst einen Entmoralisierungs-Chip einsetzen, bevor die Maschine zu Gewalttaten fähig ist. Die drei Menschen, ohnehin Kriminelle, scheitern letzten Endes an ihrer Unfähigkeit zur Bündnisknüpfung, an ihrer Gewaltbereitschaft und ihrem Misstrauen, derweil Max 404 und Cassandra einer neuen Stufe ethischer Perfektion entgegenstreben.
"There are many more of us on earth," sagt Cassandra mit einer leisen Aufbruchstendenz in der Stimme - die Revolution der futuristischen Frankensteinmonster ist nicht mehr fern.

8/10

Aaron Lipstadt Weltraum Zukunft Androiden Coming of Age


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THE MEN (Fred Zinnemann/USA 1950)


"Go out! Live your life!"

The Men (Die Männer) ~ USA 1950
Directed By: Fred Zinnemann

Ken Wilcheck (Marlon Brando) ist einer von zahlreichen Kriegsveteranen, denen im Krieg der Rücken zerschossen wurde und der dadurch im Rollstuhl gelandet ist. Fast noch schlimmer als die physischen Narben erweist sich jedoch der ihn rapide verlassende Lebensmut. Ken zieht sich völlig in sich zurück und wird zum schweigsamen Eigenbrötler. Erst der Kontakt zu anderen, vom selben Schicksal gebeutelten Patienten und der unermüdliche Kampf seiner Verlobten Ellen (Teresa Wright) um seine Liebe richten Ken nach einigen herben Rückschlägen schließlich langsam wieder auf.

Nach Wylers mitreißendem "The Best Years Of Our Lives", ebenfalls mit der bezaubernden Teresa Wright, ein weiteres Kriegsheimkehrer-Drama, diesmal jedoch deutlich konzentrierter umrahmt und nicht episch, sondern als Kammerspiel angelegt. Brando, dessen Leinwanddebüt der Film ist, wirft gleich ein gutes Pfund seiner Kunst in die Waagschale und zurrt sogleich seinen zukünftigen Ruf als 'angry young man' fest: Als unnahbarer Versehrter, der parallel zum Verlust seiner Beinmuskulatur verlernt hat, sich selbst zu lieben, gibt er einen der beeindruckendsten Schauspiel-Einstände, die ich kenne. Nach Monty Clift in "The Search" war Brando somit bereits der zweite Jungakteur seiner Generation, dem Zinnemann ein Sprungbrett darbot - interessanterweise wieder in einem Nackkriegsdrama.
Der mit knapper Erzählzeit gefasste Film steht und fällt mit den beeindruckenden Darstellern; neben Brando sind das auch die famos aufspielenden Everett Sloane, Jack Webb und eine Teresa Wright, die sieben Jahre nach "Shadow Of A Doubt" wirkt, als sei sie um das Doppelte gereift. Zinnemann indes nimmt sich zugunsten der dramatischen Kraft seiner Geschichte vollkommen zurück und agiert vollends als "unsichtbarer" Regisseur. Das wäre wohl das von jedweder Eitelkeit befreite Genie eines Meisters.

9/10

Fred Zinnemann Stanley Kramer Veteran Los Angeles


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HOUSE OF THE LONG SHADOWS (Pete Walker/UK 1983)


"Don't interrupt me while I'm soliloquizing!"

House Of The Long Shadows (Das Haus der langen Schatten) ~ UK 1983
Directed By: Pete Walker

Der junge Erfolgsautor Magee (Desi Arnaz jr.) wettet mit seinem Verleger Allyson (Richard Todd) um einen stattlichen Betrag, dass es ihm gelänge, in nur 24 Stunden der Abgeschiedenheit einen Roman vom Range eines "Wuthering Heights" zu verfassen. Das auserkorene Haus, ein alter Landsitz in Wales, erweist sich jedoch mitnichten als leerstehend. Binnen kürzester Zeit nach der abendlichen Ankunft des sich dort zunächst einsam wähnenden Magee finden sich dort diverse Fremde ein, darunter ein Seniorenquintett (Peter Cushing, John Carradine, Sheila Keith, Christopher Lee, Vincent Price) von dem sich vier Personen als Familie Grisbane vorstellen, deren Vergangenheit auf diesem Gut ein schreckliches Geheimnis birgt...

"House Of The Long Shadows" hätte ein ganz großer Klassiker werden können, hätte man ihm bloß eine adäquatere Produktion und vor allem einen versierteren Regisseur angedeihen lassen. Die Prämisse der augenwischerischen, doppeldeutigen Erzählung, die sich einerseits selbst von der parodistischen Krimikomödie "Murder By Death" beeinflusst zeigt und ihre Spuren ihrerseits noch viele Jahre danach Großproduktionen wie "The Game" hinterlassen sollte, ist von feinstem narrativen Gespür. Die sich ein Stelldichein gebenden Genre-Grandseigneurs, die sich hier erstmals ihre Szenen teilen durften, blühen sichtlich auf und verleihen dem Film eine Grandezza, die sein ansonsten billiges Gewand leider nicht zu tragen vermag. In den Händen der damals noch im Aufstreben begriffenen, ohnehin sehr auf die Kunst alternder Stars setzenden Schnellfeuerschmiede Cannon war zwar längst nicht alles zu künstlerischem Scheitern verurteilt, dann aber musste zumindest die Inszenierung einen entscheidenden Beitrag leisten. Nun ist der englische Gruselgeiger Pete Walker, dessen letzter Film "House Of The Long Shadows" bezeichnenderweise ist, nicht ganz der Mann für jene Eleganz, derer das Sujet schlichtweg bedurft hätte. Hinzu kommt noch die kulturell vergleichsweise orientierungslose Entstehungszeit, die schlichterdings noch keinen Sinn für Postmodernität entwickelt hatte und daher viel von dem grundsätzlichen Potenzial des Projekts verrauchen lässt. Was bleibt, sind die selbst durch mich nicht zu zerredenden Qualitätsaspekte dieses für jeden Freund klassischer Genrekost nichtsdestotrotz sehenswerten Filmes.

7/10

Pete Walker Hommage Cannon Wales Haus Literatur Michael Armstrong Nacht


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THE RULES OF ATTRACTION (Roger Avary/USA, D 2002)


"In the end all I could think about was..."

The Rules Of Attraction (Die Regeln des Spiels) ~ USA/D 2002
Directed By: Roger Avary

Sean (James Van Der Beek), Lauren (Shannyn Sossamon) und Paul (Ian Somerhalder), allesamt Kinder aus Wohlstandsfamilien, bewältigen ihren orientierungslosen College-Alltag durch Promiskuität und Drogen. Allein die Liebe ist nicht für sie.

Weitgehend beachtliche Ellis-Verfilmung, die vielleicht sogar noch ein bisschen besser geworden wäre, hätte Avary sie in der Entstehungsperiode des Romans, nämlich 1987, angesiedelt. Betrachtet man Ellis' Romanwerk als einen zusammenhängenden, fortlaufenden Geschichten-Zyklus - eine durchaus probate Perspektive, da der Autor sich gemäß seines Alters beim Schreiben jeweils ein anderes Entwicklungsmilieu vorknöpft und darüberhinaus diverse Figuren immer wieder auftauchen (der bald nochmal in "The Informers" auftretende Sean ist der jüngere Bruder von Patrick Bateman, der im Roman berichtende Clay aus "Less Than Zero" findet in der Adaption leider keinen Platz, der schwer drogenbenebelte Victor wird der spätere Protagonist von "Glamorama") - wäre "The Rules Of Attraction" sich als Bindeglied zwischen der in Kalifornien angesiedelten High-School-Bestandsaufnahme "Less Than Zero" und der im Yuppie-Umfeld spielenden Wall-Street-Satire "American Psycho" einzuordnen. Leider lassen die weit voneinander liegenden Verfilmungen die Herstellung einer ähnlichen Komplexität vermissen.
Die Protagonisten von "The Rules Of Attraction" sind Studierende fortgeschrittener Semester, die einmal mehr eine komplett sinnentleerte Existenz führen, bis zu alltäglich gewordenem Luxus hin in ihrem Leben stets alles in Rachen und Arsch geschoben bekommen haben und für die 'Motivation' in jeder Hinsicht ein Fremdwort ist. Wie in seinen umliegenden Geschichten stellt Ellis heraus, dass die amerikanische Oberklasse zugleich das emotionale Prekariat im Lande darstellt, eine dekadente Kaste ausschließlich widerwätiger Personen, von denen man keine zum Freund haben möchte. Manch einer mag das als Hindernis empfinden, sich "The Rules Of Attraction" anzunähern, doch geht es hier nicht um die etwaige Evokation von Sympathie für die Protagonisten, sondern um eine ausdrücklich erwünscht distanzierte Betrachtung, die sich durch Avarys elliptische, teils schon als brillant zu bezeichnende Inszenierung wiederum andient. Dennoch schließt das Sujet grund- und vorsätzlich eine engere Beziehung zwischen Film und Rezipient aus.

8/10

Roger Avary Bret Easton Ellis New Hampshire Winter Drogen College Ensemblefilm


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DODGEBALL: A TRUE UNDERDOG STORY (Rawson Marshall Thurber/USA, D 2004)


"Fucking Chuck Norris."

Dodgeball: A True Underdog Story (Voll auf die Nüsse) ~ USA/D 2004
Directed By: Marshall Rawson Thurber

Um ihr Fitnessstudio 'Average Joe's' vor der Übernahme durch den widerlich selbstherrlichen White Goodman (Ben Stiller), Besitzer des benachbarten 'Globogym', zu retten, entschließen sich Eigentümer Peter La Fleur (Vince Vaughn) und ein paar seiner Stammgäste, an einem hochdotierten Dodgeball-Turnier in Las Vegas teilzunehmen. Dessen Gewinn würde für Peter die nötige Summe abwerfen, um seinen Club retten zu können. Als Goodman davon Wind bekommt, stellt er sein eigenes Team auf.

Völlig typische, nichtsdestotrotz gelunge Frat-Pack-Komödie, in der man einen Gastauftritt von Will Ferrell zwar schmerzlich vermisst, die sich jedoch auch so eben durchaus passabel über die Runden bringt. Cameos gibt es stattdessen von David Hasselhoff, Lance Armstrong, William Shatner und Chuck Norris, die dann auch mehr oder weniger witzig ausfallen. Das Story-Prinzip um die über sich selbst hinauswachsende Verliertruppe ist dabei weniger interessant. Frat-Pack-Filme entwickeln ja ohnehin erst im Hinblick auf ihre gnadenlose Selbstreflexivität ihren überwältigenden Humor. Stets beleuchten sie, ähnlich wie etwa "The Simpsons", den amerikanischen Wahnsinn, die an ihrer sich immer hyperaktiver gerierenden Spaßkultur krankt, zugleich aber just davon lebt. "Dodgeball" karikiert diese Auswüchse ebenso wie diverse urtypische, mittelständische Lebensentwürfe und achtet penibel darauf, dass auch garantiert keiner ungeschoren davonkommt. Daraus, dass der Film und das Milieu, dem er entstammt, selbst fester Bestandteil ebenjener ironisierten medialen Maschinerie sind, macht "Dodgeball" ferner keinen Hehl. Letzten Endes verleiht ihm sogar erst das seine wahre komödiantische Kraft.

8/10

Rawson Marshall Thurber Las Vegas Duell Frat Pack Satire


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DAUGHTER OF DR. JEKYLL (Edgar G. Ulmer/USA 1957)


"These pills will help. But don't you take too much of them!"

Daughter Of Dr. Jekyll (Die Totengruft des Dr. Jekyll) ~ USA 1957
Directed By: Edgar G. Ulmer

Die just 21 gewordene Janet Smith (Gloria Talbott) und ihr Verlobter George Hastings (John Agar) reisen in die englische Provinz zu Janets Vormund Dr. Lomas (Arthur Shields). Dieser eröffnet Janet, nicht nur, dass sie ein großes Vermögen erben wird, sondern dass sie zudem die Tochter des verrückt gewordenen Wissenschaftlers Dr. Jekyll ist, von dem die Bewohner des angrenzenden Dorfes behaupten, er habe sich in Vollmondnächten in einen Werwolf verwandelt. Gleich in der ersten Nacht auf dem Anwesen wird Janet von seltsamen Träumen geplagt, in denen sie das Hausmädchen (Mollie McCard) überfällt, das dann am nächsten Morgen tatsächlich ermordet aufgefunden wird. Es bleibt nicht bei einer Toten. Während Janet langsam zu verzweifeln beginnt, glaubt George jedoch nicht recht an einen mutmaßlich ererbten Fluch - und findet Ungeheuerliches heraus...

B-Film aus Ulmers Spätphase, in der der retrospektiv als angekratztes Genie gefeierte Künstler zum Billig- und Vielfilmer geworden war und vergleichsweise nurmehr wenig zu sagen hatte. In "Daughter Of Dr. Jekyll) blitzt zwar immer wieder Ulmers Talent zur Schaffung abseitiger Szenerien und Stimmungen auf, ansonsten bleibt der Film aber einer seltsam staubigen, manchmal unpassend erscheinenden Tradiertheit verhaftet. Die nebligen Exterieurs, größenteils schlampig zusammengebastelte Modelle, sehen aus wie in den zwanziger oder dreißiger Jahren abgefilmt, Prolog und Epilog wirken lächerlich grotesk und John Agar hat auch schon bessere Tage gesehen. Es wirkt bisweilen, als sei "Daughter Of Dr. Jekyll" eine frühe, halbseidene Hommage an die Universal-Produktionen der Dreißiger und Vierziger. Möglicherweise hat Ulmer ja auch eine sarkastische Distanz zu seinen Arbeitsbedingungen herausstellen wollen und eine gewisse Art der Selbstreflexion im Sinn gehabt. Die entsprechenden Indizien sind mir aber zu dünn, um solcherlei mit Bestimmtheit behaupten zu wollen.
Spaß macht "Daughter Of Dr. Jekyll" gerade wegen seiner merkwürdig amalgamierten Geschichte, die die klassische Jekyll/Hyde-Vorlage mit dem Werwolf-Motiv kreuzt und sich so, einer weiteren Genre-Tradition folgend, gleich in mehreren Gärten seinen Äpfelchen zusammenklaut.

6/10

Edgar G. Ulmer Independent Werwolf Serienmord Mad Scientist Jekyll und Hyde period piece Hypnose Nacht


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THE DARK CORNER (Henry Hathaway/USA 1946)


"How I detest the dawn. The grass always looks like it's been left out all night."

The Dark Corner (Der Feind im Dunkel) ~ USA 1946
Directed By: Henry Hathaway

Der Kunstgalerist Cathcart (Clifton Webb) plant, seinen Nebenbuhler Jardine (Kurt Kreuger) aus dem Weg zu räumen, einen schmierigen Hallodri, der mit Cathcarts wesentlich jüngerer Frau (Cathy Downs) eine Affäre pflegt. Um selbst unbehelligt zu bleiben, wählt Cathcart als Sündenbock Jardines früheren Kompagnon, den Privatdetektiv Galt (Mark Stevens). Jener hat nämlich seinerseits auch mit Jardine noch eine alte Rechnung offen und somit ein vortreffliches Motiv. Der Auftragskiller Stauffer (William Bendix) soll Jardine nun so um die Ecke bringen, dass Galt als Schuldiger dasteht. Doch er und seine fixe Sekretärin Kathleen (Lucille Ball) kommen Cathcart auf die Schliche.

Zusammen mit dem feinen "Kiss Of Death" eine schöne Film-Noir/New York-Dublette von Henry Hathaway, weg von der stets artifiziell anmutenden Studioatmosphäre der meisten Hollywood-Streifen jener Zeit hin auf die Straße und zu Originalschauplätzen. Natürlich sind diverse Szenen immer noch im Atelier entstanden, aber man hat auch vor Ort gearbeitet, was "The Dark Corner" eine kräftige Vitalität verleiht. Clifton Webb gibt mal wieder den bösen, schmalschultrigen Schnösel, der am Ende über seine eigene Arroganz stolpert und seinen perfekt eingefädelten Plan dadurch verrät. Bendix muss eine frühere Inkarnation von James Gandolfini gewesen sein, Lucille Ball, die immerhin die Besetzungsliste anführt, fand ich indes eher leidlich beklatschenswert. Hauptdarsteller ist aber wie erwähnt die Stadt mitsamt all ihrer wunderbaren cinegenen Ausstrahlung.

8/10

Henry Hathaway film noir New York Kunst


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THERE'S ALWAYS TOMORROW (Douglas Sirk/USA 1956)


"I never knew how to give love - only how to take it."

There's Always Tomorrow (Es gibt immer ein Morgen) ~ USA 1956
Directed By: Douglas Sirk

Der Spielzeugfabrikant Cliff Groves (Fred MacMurray) fühlt sich von seiner Familie und besonders von seinr langjährigen Ehefrau Marion (Joan Bennett) vernachlässigt. Stets stehen die Kinder im Vordergrund und Marion findet nichtmal mehr die Zeit, mit ihm ins Theater zu gehen. Da taucht aus heiterem Himmel seine Jugendliebe Norma (Barbara Stanwyck) wieder auf, mittlerweile eine erfolgreiche Modeschöpferin in New York. Bei ihr findet Cliff die Zuwendung und das Verständnis, welche er daheim bereits seit Jahren vermisst. Doch Norma ist zu vernünftig, um mit Cliff durchzubrennen.

Dein Mann, das verletzliche Wesen. Fred MacMurray ist ganz hervorragend als an sich wohlgemuter Familienvater, der urplötzlich feststellen muss, dass er seit langem die letzte Geige im Hause spielt. Seine quäkende Jüngste (Judy Nugent) absorbiert förmlich die gesamte Aufmerksamkeit seiner Frau, die beiden Älteren (Gigi Perreau, William Reynolds) sind verwöhnte, naseweise Teenager, die ihren angenehmen Lebensstandard längst als selbstverständlichkeit verinnerlicht haben. Norma Vale fungiert da eher als Katalysator denn als Bremsstein, denn sie eröffnet, von Cliffs Sohn Vinnie bezüglich der vermuteten Affäre mit seinem Vater zur Rede gestellt, den Geschwistern, dass nicht der Wankelmut ihres Vaters Ursache der Familienkrise ist, sondern ihre eigene Unfähigkeit zu aufrichtiger Dankbarkeit. Das ist natürlich ein starker Topos, besonders im familiär genordeten US-Kino der Fünfziger. Dass ein Mann in den besten Jahren eine solche Vulnerabilität an den Tag legt, dürften damals Viele als geradezu ungeheure Rollenunterminierung aufgefasst haben. Möglicherweise zu Recht.
Eines von Sirks schönsten Meisterwerken.

9/10

Douglas Sirk Los Angeles Kalifornien Familie Amour fou Midlife Crisis





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Funxton

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