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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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OLD SUREHAND (Alfred Vohrer/BRD, YU 1965)


"Au! Das kommt vom Trinken!" - "Ja, genau. Davon wird die Haut so spröde."

Old Surehand ~ BRD/YU 1965
Directed By: Alfred Vohrer

Johnny Garden (Stewart Granger), jenseits des Missouri allerorten als treffsicherer Westmann 'Old Surehand' bekannt, ist seit drei Jahren auf der Suche nach dem Mörder seines Bruders. Als er sich dem Städtchen Madison nähert, scheint sich endlich eine heiße Spur zu ergeben: Ein paar Tramps haben vor der Stadt einen Zug überfallen und sind außerdem dafür verantwortlich, dass die Komantschen fälschlich verdächtigt werden, einen Farmerssohn (Miroslav Buhin) getötet zu haben. Damit nicht genug, ermorden sie noch den alten Goldsucher Ben O'Brian (Vladimir Medar). Surehand, der zunächst auf eine falsche Fährte gelotst wird, die ihm jedoch immerhin seinen alten Kumpel Old Wabble (Paddy Fox) zurückbringt, tut sich mit Winnetou (Pierre Brice) zusammen, um den garstigen Banditen, denen der unehrenhaft entlassene Ex-Konföderierte O'Neille (Larry Penell) vorsteht, den Garaus zu machen. Dank Winnetous Hilfe schlagen sich schließlich sogar die rachsüchtigen Komantschen auf die Seite der Helden.

Ebenso launiger wie witziger Beitrag zur May-Serie der Rialto, mit dem es, wie ja eigentlich mit jedem Film der Reihe, wieder in mehrerlei Hinsicht eine besondere Bewandnis hat: Obgleich er Stewart Grangers letzter von drei Auftritten als Old Surehand markierte, steht er chronologisch vor den beiden eher gefertigten Winnetou/Surehand-Filmen "Unter Geiern" und "Der Ölprinz". Die Dreharbeiten begannen nur wenige Tage nach der Premiere von "Winnetou III", an dessen Ende der Apachenhäuptling ja bekanntlich das Zeitliche segnen muss. Um sich die Gunst des Publikums zu bewahren, kündigte Hotte Wendlandt quasi am Premierenabend an, dass Winnetou nur infolge seines Filmtodes für ihn noch lange nicht gestorben sei, sondern es noch viele weitere Abenteuer mit ihm geben werde. Da Lex Barker für Atze Brauner just an "Im Reiche des Silbernen Löwen" arbeitete, stand er Wendlandt gerade nicht zur Verfügung, der daher nochmal auf Granger zurückgriff und den ursprünglich den vielversprechenden Zusatz "1. Teil" tragenden "Old Surehand" (dem jedoch nie ein zweiter folgte) vom Stapel ließ. Die Chemie zwischen Brice und Granger stimmte allerdings nurmehr vor den Kameras; dem Vernehmen nach benahm der arrogante Granger sich hinter den Kulissen wie die Axt und gab jeder noch so üblen Form von Starallüren nach, was einen weiteren "Surehand"-Film unmöglich machte. Zudem honorierte das Publikum nicht den Drehbuchkurs Fred Dengers, der Winnetou quasi kaum mehr zuschrieb denn den Part eines Stichwortgebers: "Old Surehand" war der erste May-Film, der keine Goldene Kamera mehr einheimsen konnte und der praktisch den allmählichen Niedergang der Reihe einläutete. Dabei ist er durchaus gelungen, gekonnt, amüsant und aufwändig produziert, wenngleich Grangers selbsträsonistisches Gehabe sogar bis in seine Rolle hinein zu spüren ist.

8/10

Alfred Vohrer Karl May Krautwestern Winnetou Freundschaft Indianer


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OLD SHATTERHAND (Hugo Fregonese/BRD, F, I, YU 1964)


"Hier im Westen klingen die Melodien anders."

Old Shatterhand ~ BRD/F/I/YU 1964
Directed By: Hugo Fregonese

Der rachsüchtige Kavallerie-Offizier Bradley (Guy Madison) will einen neuen Indianerkrieg mit den Apachen provozieren. Zu diesem Zwecke intrigiert er gegen den Stamm und verbündet sich mit dem Banditen Dixon (Rik Battaglia) sowie den käuflichen Komantschen, die ihn bei seinen sinistren Plänen unterstützen, die unter anderem Siedlermord, Lynchjustiz, Vergewaltigung und Raub beinhalten. Old Shatterhand (Lex Barker), Winnetou (Pierre Brice), sein Adoptivsohn Tujunga (Alain Tissier) und Sam Hawkens (Ralf Wolter) gehen gegen Bradley vor.

Hotte Wendlandts größter Konkurrent war der CCC-Chef Artur 'Atze' Brauner, den bereits die Wallace-Erfolge der Rialto madig gemacht hatten und der praktisch für jeden von Wendlandts Schachzügen nicht minder geschäftstüchtige Repliken parat hatte. Bezüglich der Wallace-Reihe etwa vermarktete er Romanadaptionen von Wallaces Sohn Bryan Edgar und dachte sich ein den Wallace-Streifen ähnlich gestricktes "Dr. Mabuse"-Revival aus. Der gewaltige Einschlag der ersten zwei von der Rialto produzierten May-Verfilmungen "Der Schatz im Silbersee" und "Winnetou I" wurmte Brauner wiederum, dem sich neuerlich das Problem stellte, dass Wendlandt sich die Rechte an sämtlichen May-Westerntiteln gesichert hatte. Die Figuren jedoch waren frei und so ließ Brauner kurzerhand eine eigene "Winnetou"-Geschichte ersinnen, die den recht offensichtlichen Titel "Old Shatterhand" erhielt. Brauners größter Schachzug bestand in der Folge darin, mit Brice, Barker und Wolter die drei bereits bekannten, wiederum nicht exklusiv an Wendlandt gebundenen Darsteller der zwei 'Vorgängerfilme' zu engagieren. Um Wendlandt nicht nur auf Augenhöhe zu begegnen, sondern ihn wenn möglich gar zu übertrumpfen, steckte Brauner ein immenses Budget in sein Projekt (bis heute das höchste für einen "ernsten" Krautwestern), das sich unter anderem im Engagieren teuren Personals niederschlug. Der Argentinier Hugo Fregonese hatte bereits einige hochgeschätzte Hollywood-Western inszeniert und auch Guy Madison hatte seine Erfahrungen als Held vieler Studioarbeiten gesammelt. Die pompöse Musik stammte von Riz Ortolani und mit der hübschen Daliah Lavi gab es das erste und einzige Mal eine splitternackte Dame in einem May-Western. Das Publikum honorierte Brauners Anstrengungen mit fleißigem Zuspruch.
Man muss wohl einräumen, dass "Old Shatterhand" nicht ganz das Flair der beiden Wendlandt-Filme besitzt. Er wirkt, was ja auch der Realität entspricht, als sei er mit deutlich heißerer Nadel gestrickt. Die Kreierung von Daliah Lavis Figur der vielsagend benannten 'Paloma Nakama, Taube der schäumenden Wasser", dient einzig und allein der visuellen Ausschmückung und der Nebenplot um Winnetous Stiefsohn ist der peinliche Versuch, nach den Toden von Nscho-tschi und Intschu-tschuna neuerliches Publikumsmitleid zu evozieren. Dennoch spürt man, dass hier hollywoodgeschulte Hände am Werk waren, die eine ganz andere Form der Professionalität und Internationalität zu Tage förderten als die von Reinl zuvor.

7/10

Winnetou Karl May Hugo Fregonese Arizona Kavallerie Rache Freundschaft Krautwestern Indianer Treck


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WINNETOU - 1. TEIL (Harald Reinl/BRD, YU, I 1963)


"Mir juckt der Zweitskalp, wenn ich mich nicht irre. E-he."

Winnetou 1. Teil ~ BRD/YU/I 1963
Directed By: Harald Reinl

Der böse Eisenbahnangestellte Santer (Mario Adorf) arbeitet in die eigene Tasche und lässt die Gesellschaft trotz anderslauternder Planung die neue Bahnstrecke mitten durch die Jagdgründe der Mescalero-Apachen bauen. Darüberhinaus ist er auf die Goldvorräte des Stammes scharf. Für seine Pläne verbündet er sich mit dem versoffenen Kiowa-Häuptling Tangua (Tomslav Erak) und dessen Untergebenen. Da kommt ein deutschstämmiger Ingenieur aus dem Osten ins Camp der Eisenbahner, der sich aufgrund seines harten Schlags umgehend den Namen "Old Shatterhand" erwirbt und geht gegen Santers Machenschaften vor. Auch das Greenhorn kann aber nicht verhindern, dass Santer Klekih-petra (Hrvoje Svob), den weißen Lehrmeister des Häuptlingssohnes Winnetou (Pierre Brice) ermordet. Bis zur Freund- und Blutsbrüderschaft Winnetous und Old Shatterhands und bis zu Santers gerechter Bestrafung ist es noch ein weiter Weg...

Nach dem immensen Erfolg von "Der Schatz im Silbersee" erschnupperte Rialto-Chef Horst 'Hotte' Wendlandt rasch, dass er mit den Rechten an den May-Western-Titeln einen goldene Dukaten scheißenden Esel im Stall hatte, bereits den zweiten nach seiner erst vor wenigen Jahren gestarteten Reihe von Wallace-Krimis. Das Publikum liebte das ungleiche Gespann Barker und Brice sowie deren lustigen Kompagnon Sam Hawkens, gespielt von Ralf Wolter. Nach diesem ersten "Winnetou"-Film, der mit wildromantischem Habitus die Anfänge der Freundschaft zwischen dem edlen Häuptling und dem tapferen Westmann nachzeichnete, hatte Wendlandt seine vorläufige Stammzuschauerschaft dann auch endgültig im Sack. Gefilmt wurde mit einer eigens aus den Staaten herangeschafften CinemaScope-Kamera um noch mehr Wildwest-Flair zu erzeugen; die abgefilmten Schauplätze an der jugoslawischen Adria assoziierte Wirtschaftswunder-Deutschland fortan fest mit der Prärie Arizonas. Martin Böttchers berühmte Musik, und damit meine ich nicht nur das Titelthema, ist himmlisch und evoziert als drittes Mosaikelement jene so archetypische "Winnetou"- Atmosphäre. Mario Adorf, der zur Unterstreichung der seine Figur einfordernden Diabolik von Rainer Brandt übersynchronisiert wurde, ist ein toller Santer (der in der Buchtrilogie bis zum Finale immer wieder entwischen kann, hier jedoch bereits einen bunten Doppeltod stirbt - was Wunder, nachdem er Winnetous gesamte Familie ausgelöscht hat, hätte man ihn unmöglich noch länger laufen lassen können), die Gags mit Chris Howland als spleenigem englischen Fotografen derweil sind himmlschreiend albern.
Anstatt des ursprünglich eingeplanten Alfred Vohrer wurde die Rialto praktisch von Publikum und Presse genötigt, nach "Der Schatz im Silbersee" erneut Harald Reinl zu verpflichten, was dann letztlich auch geschah. So ist "Winnetou - 1. Teil" nicht nur einer der schönsten Beiträge zur Reihe, sondern damit einhergehend auch einer der schönsten Krautwestern.

9/10

Harald Reinl Krautwestern Karl May Winnetou Indianer Freundschaft Eisenbahn Prequel


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MADHOUSE (Jim Clark/UK 1974)


"Now I must play the final scene: the death of Dr Death!"

Madhouse (Das Schreckenshaus des Dr. Death) ~ UK 1974
Directed By: Jim Clark

Zwölf Jahre nachdem der einst gefeierte Horrorfilmstar Paul Toombes (Vincent Price) mutmaßlich den Mord an seiner Verlobten (Julie Crosthwaite) begangen hat und in der Folge in einem Sanatorium untergebracht werden musste, bietet sich ihm die Chance der Rückkehr zu früherem Ruhm: Der Produzent Quayle (Robert Quarry) holt ihn via Toombes' alten Freund und Agenten Herbert Flay (Peter Cushing) nach England, um dort Toombes frühere Erfolgsrolle des 'Dr. Death' mittels eines TV-Serials zu reanimieren. Toombes ist kaum auf der Insel angekommen, da geschehen bereits die ersten, grausamen Morde: Macht sich die Figur des Dr. Death erneut selbstständig?

Ganz offensichtlich arrangiert und (um-)geschrieben als Hommage an den wunderbaren Vincent Price gibt es im Film diverse Szenen und Ausschnitte von dessen in den Jahren zuvor für die AIP gefertigten Filme, primär natürlich Diverses aus Cormans Poe-Verfilmungen. Wie diese dabei mitunter formatbeschnitten und entfärbt dargeboten werden, ist mitunter schrecklicher als das Mordgeschehen im Film und lässt einen dankbar dafür sein, wie heute, rund vierzig Jahre später, Filme daheim betrachtet werden können. Doch das nur nebenbei. Die strikt un-übernatürliche Geschichte von "Madhouse", die als Auflösung eine recht schlicht gehaltene (und lange zuvor erahnbare) Serienmord-Kette aus Gier sowie Rach- und Eifersucht bereithält, wird im Gegensatz zu denen der kaum verhohlenen Vorbilder "Theatre Of Blood" und den "Dr. Phibes"-Filmen recht unspektakulär und wenig aufregend dargeboten. Erst die schön eklige Finalszene lässt die längst zuvor herbeigesehnte Horrorstimmung aufkommen; Prices "Dr. Death"-Maske zählt darüberhinaus zu den großen späten Highlights seiner Karriere. Etwas albern indes, wie sportiv man ihre Stuntmen die Aktionsszenen der alternden Gentlemen Price und Cushing darstellen ließ. Aber gut, damit lässt sich auch noch leben.

6/10

Jim Clark Film im Film Amicus England Hommage Freundschaft Serienmord Slasher


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NEEDFUL THINGS (Fraser C. Heston/USA 1993)


"Everybody is insane, everywhere!"

Needful Things (In einer kleinen Stadt) ~ USA 1993
Directed By: Fraser C. Heston

Der Teufel (Max von Sydow) kommt unter dem Namen 'Leland Gaunt' in das neuenglische Kleinstädtchen Castle Rock, um dort auf Seelenfang zu gehen und Zwietracht und Katastrophen zu säen. Zu diesem Zwecke eröffnet er ein kleines Antiquariat namens "Needful Things", in dem jeder Kunde das Objekt seines Herzens findet. Bezahlen lässt sich Leland Gaunt allerdings in blanker Aktion: Jeder soll einem anderen Bürger der Stadt insgeheim einen Streich spielen. Bald entwickelt sich das schelmische Spiel zu handfester Aggressionsentladung und es gibt die ersten Toten. Allein Sheriff Pangborn (Ed Harris) ahnt allmählich, wer Gaunt wirklich ist und was er vorhat.

Seit ich "Needful Things" damals im Kino gesehen habe - den Roman kenne ich, wie die allermeisten von Stephen King, bis heute nicht - mag ich den Film sehr. Daran hat sich nichts geändert, wie ich nach langer Betrachtungspause erneut feststellen konnte. Die überspitzte Satire um kleinstädtische Bigotterie, Nachbarfeindlichkeit und Ignoranz läuft noch immer vortrefflich rein. "Needful Things" ist aber auch und insbesondere ein ganz toller Schauspielerfilm: Ed Harris, J.T. Walsh und Amanda Plummer sind jeweils im Zuge großer Karriere-Höhepunkte zu bewundern und die Wahl von Max von Sydow als ebenso scheingütiger wie diabolischer Leland Gaunt ist eine wahre Erfüllung von Satansdarstellungen auf der Leinwand, so offensichtlich sie im Nachhinein auch erscheint. Dass es bereits ausreicht, dem Jahrhundertakteur ein paar gelblich-brüchige Fingernägel und ein ebensolches Gebiss anzuschminken, um ihn zur Inkarnation des Gefallenen zu machen, spricht für sich. Charlton-Filius Fraser C. Heston inszeniert zwar bestenfalls gediegen und auch weithin überraschungslos, immerhin spricht es jedoch für ihn, dass er sich der anderen ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen, etwa des formidablen Ensembles, durchaus bewusst gewesen zu sein scheint und diesem daher weithin freie Bahn ließ.

8/10

Fraser C. Heston Stephen King Satan Castle Rock Schwarze Komödie


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KILLER JOE (William Friedkin/USA 2011)


"No, he was not all right. He set his genitals on fire."

Killer Joe ~ USA 2011
Directed By: William Friedkin

Chris (Emile Hirsch), Sohn des dümmlichen Trailerpark-Bewohners Ansel Smith (Thomas Haden Church), sitzt in der Scheiße. Er hat beim örtlichen Paten (Mark Macauley) einen ganzen Berg Schulden und weiß nicht, wie er diesen begleichen soll. Als Chris in seiner Verzweiflung den nebenbei als Berufskiller tätigen Cop Joe Cooper (Matthew McConaughey) anheuert, um seine heruntergekommene Mutter zu ermorden und so deren Lebensversicherung einzustreichen, ahnt er nicht, dass sein schlecht ausgearbeiteter Plan in Kürze für einigen familiären Trubel sorgen wird. Als "Sicherheit" für seine womöglich nicht bezahlte Rechnung hat sich Joe nämlich Chris' leicht unterbelichtete Schwester Dottie (Juno Temple) ausersehen - die sein Spiel sogar willfährig mitspielt.

Ich habe mich doch sehr gefreut auf Friedkins neuen Film - nur, um fürs Erste doch recht bitter enttäuscht zu werden. Im Stillen hatte ich gehofft, dass er aus dieser ebenso bärbeißigen wie abseitigen, im südstaatlichen White-Trash-Milieu angesiedelten Story etwas mehr herausholen würde als irgendein x-beliebiger Tarantino-Epigone. Bewerkstelligt hat er es am Ende jedoch nur in bestenfalls halbseitig zufriedenstellender Weise, zumindest, insofern man "Killer Joe" als mehr denn eine bloße Regieleistung zu betrachten geneigt ist. Geschwätzige, asoziale whiteys als Symbol für Amerikas gewaltige Bevölkerungsproblemkomplexe heranzuziehen, ist eine Idee, die in etwa so frisch ist wie ein fünf Jahre alter, stinkender Limburger mit pittoreskem Grünschimmel. Jenem ausgehöhlten Personal dann auch noch die übliche, substanzlose Dummparliererei in den Mund zu legen, zeugt nicht eben von stilistischer Sensibilität.
Allerdings muss man einräumen, dass Friedkins Inszenierung bravourös ist und in keinem Verhältnis steht zu dem wie bereits im Falle von "Bug" von Tracy Letts bearbeiteten Stück. Der Stoff selbst ist es, der sich überschätzt und aufbläht, sich dabei jedoch uninteressant ausnimmt und letzten Endes versagt. Er hat einen Regisseur dieses Formats nicht verdient. Welchen Narren andererseits Friedkin an Tracy Letts' Schreiberei gefressen hat, begreife ich nicht recht. Er wird etwas daran oder auch darin finden, dass sich mir nicht erschließen will. Mein Problem, möglicherweise.

5/10

William Friedkin Profikiller White Trash Südstaaten Louisiana based on play Schwarze Komödie Satire


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WINNETOU UND SEIN FREUND OLD FIREHAND (Alfred Vohrer/BRD, YU 1966)


"Winnetou weiß Hilfe."

Winnetou und sein Freund Old Firehand ~ BRD/YU 1966
Directed By: Alfred Vohrer

Nahe der mexikanischen Grenze treffen der Häuptlingssohn Winnetou (Pierre Brice) und seine Schwester Nscho-tschi (Marie Versini) auf den legendären Westmann und Trapper Jason Waade (Rod Cameron), genannt Old Firehand, und seine Freunde. Und das gerade zur rechten Zeit, denn Winnetou ist einigen Desperados aus der Gang des Banditen Silers (Harald Leipnitz) auf den Fersen, die ihm eine Herde Mustangs entwendet haben. Zusammen mit Old Firehand erledigt Winnetou die Burschen und reitet in das kleine Städtchen Miramonte, um sich dort gesetzliche Hilfe zu holen. Hier ist bereits Silers' jüngerer Bruder (Walter Wilz) bereits in die Fänge von General Mendozza (Rik Battaglia) gegangen, der selbigen als Druckmittel gegen den gefürchteten Halunken einsetzen will. In Mendozza finden Winnetou und Firehand einen wichtigen Verbündeten. Außerdem begegnet Old Firehand seiner alten Flamme Michèle (Nadia Gray) und seinem ihm bislang unbekannten, siebzehnjährigen Sohn Jace (Jörg Marquard). Als die Bürger von Miramonte einen Ausfall wagen, kommt Silers ihnen zuvor, richtet ein Massaker an und stellt die Stadt unter Belagerung. Doch die wackeren Recken stellen sich ihm tapfer entgegen.

Eine "Winnetou"-Werkschau mag man bei sinnsuchender Herangehensweise entweder in der Reihenfolge der insgesamt elf Filmenstehungen begehen oder handlungschronologisch. Diese Methode erlaubt manchen Spielraum und erfordert eigentlich nur dreierlei Berücksichtigungen, nämlich die korrekte Positionierung von "Winnetou I" sowie die passende Wahl des Start- und Endpunktes. Letzterer ist unschwer auszumachen: Am Ende von "Winnetou III" stirbt der berühmte Apachenhäuptling seinen spektakulären Tod. Doch womit beginnen? Mitnichten bildet nämlich "Winnetou I" den zeitlichen Auftakt der Abenteuer des Helden, sondern der noch nach dem Trilogieabschluss entstandene "Winnetou und sein Freund Old Firehand", der vor der ersten Begegnung des Häuptlings mit seinem späteren Blutsbruder Old Shatterhand angesiedelt ist. Winnetous in "Winnetou I" getötete Schwester Nscho-tschi darf hier quasi noch einmal auferstehen und sich in ihr erstes Bleichgesicht (Todd Armstrong) verlieben, Winnetou derweil lernt den ersten seiner diversen "Old-XY-Freunde" kennen (derer sollten es im Film viere sein: Old Shatterhand, Old Surehand, Old Wabble und Old Firehand). Ferner fällt "Old Firehand" um einiges härter aus als die meisten anderen Beiträge zur Reihe, orientiert sich deutlich an der visuellen Kargheit der jüngeren Italowestern, insbesondere der in Mexiko angesiedelten und hält nur vergleichsweise wenig screentime für Pierre Brice (der hier das einzige Mal von Thomas Danneberg gesprochen wird) bereit.
"Winnetou und sein Freund Old Firehand" dürfte außerdem der am wenigsten gezeigte und gesehene sowie der ungeliebteste Beitrag der gesamten Serie sein - dabei sind viele wichtige Grundelemente vorhanden, first of all ein nettes neues musikalisches Thema von Western-Ausnahmekomponist Peter Thomas. Mit Harald Leipnitz gibt es einen erstklassigen Oberschurken (der etwas weniger elegant auftritt als gewohnt) und Rik Battaglia, sonst als Bösewicht zu sehen, darf hier ausnahmsweise auch einmal einen Heros geben. Als beknackter Brite, üblicherweise die Domäne von Eddi Arent oder Chris Howland, ist das erste und einzige Mal Viktor de Kowa zu sehen, der eine herrlich überspitzt-tuckige Darstellung liefert.
Ich habe bei aller(berechtigten) Kritik ja durchaus meinen Spaß mit "Old Firehand", weswegen ich ihn auch nicht ungern als Startschuss nutz(t)e.

6/10

Alfred Vohrer Winnetou Karl May Krautwestern Mexiko Prequel Freundschaft


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GONE WITH THE WIND (Victor Fleming/USA 1939)


"Frankly, my dear, I don't give a damn."

Gone With The Wind (Vom Winde verweht) ~ USA 1939
Directed By: Victor Fleming

Georgia, 1861: Scarlett (Vivien Leigh), älteste Tochter des Plantagenbesitzers Gerald O'Hara (Thomas Mitchell), wird von jungen Männern umschwirrt wie ein Gaslicht von Motten, doch sie interessiert sich nur für den Nachbarssohn Ashley Wilkes (Leslie Howard), der wiederum bereits seiner Cousine Melanie (Olivia de Havilland) das Eheversprechen gegeben hat. In diese romantischen Wirren platzt der Sezessionskrieg, der die kriegslüsternen Konföderierten schwer in die Schranken weist und die eilends mit einem Jungspund (Rand Brooks) verheiratete Scarlett erstmals zur Witwe macht. In unregelmäßigen Abständen begegnet sie auch immer wieder dem zynischen Filou Rhett Butler (Clark Gable), der als bekennender Opportunist mit dem Krieg Geschäfte zu machen versteht, immer wieder jedoch Durchbrüche der Moral erlebt. Als Butler einige Jahre später schließlich Scarletts mittlerweile dritter Ehemann wird, lebt das Paar trotzig aneinander vorbei, obgleich man sich tief im Herzen doch liebt.

Der Schwulst dieses monumentalen Epos kann seine tiefe innere Schönheit zum Glück trotz aller Bemühungen nicht zukleistern. Ebensowenig wie der ihm innewohnende, akute Rassismus, der gegenüber Margaret Mitchells literarischer Vorlage immerhin noch deutlich abgemildert wurde. Dennoch graust es einem doch bisweilen, mit welchem Selbstverständnis das alte Hollywood noch das zwangsläufige Untermenschentum des Afroamerikaners thetoretisierte. Die bloße szenische Darstellung der Schwarzen im Film kann man ihm nicht anlasten, die entspricht vermutlich (wohl eher noch in beschönigender Form) dem südstaatlichen Zeitkolorit der Sklavenära. Dass die 'Neger' allerdings stets als unterbelichtete comic relieves herhalten müssen, deren dunkle Pigmentierung mit einer eindeutigen Form geistiger Behinderung parallelisiert wird, lässt sich nur angesichts des Alters von "Gone With The Wind" guten Gewissens ertragen. Doch welcher Pomp, welch große Gefühle lauern über diesem Trübsal: Eine Farbenpracht von größtmöglicher Schönheit, Verschwendungssucht allerorten und natürlich ein bleibend aktueller Antikriegsfilm. Bei der Betrachtung des Werkes stellt sich unweigerlich eine ganz spezielle Gefühlslage ein; diese kenne ich nur hierher und von den Filmen David Leans. Große Traurigkeit, schicksalhafte Endgültigkeit. Diese Menschen wussten offensichtlich noch, wie man mit Würde zu leiden hatte. Und wie unglaublich die Vergänglichkeit der Zeit: Bei der Kinopremiere von "Gone With The Wind" in Atlanta waren noch wirkliche konföderierte Veteranen unter den Gästen (die von der MGM freilich mit großem Trara dorthingerollt wurden, doch egal) und die Distanz zwischen der Gegenwart und der Filmentstehung entspricht in etwa der zwischen dem Ende des Sezessionskrieges und seiner Premiere. Ein Wahnsinn, das alles.

9/10

Victor Fleming George Cukor Sezessionskrieg Georgia Südstaaten Margaret Mitchell Sam Wood Sklaverei Rassismus Best Picture


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CAT CHASER (Abel Ferrara/USA 1989)


"I don't talk to the cleaning staff."

Cat Chaser (Short Run - Hexenkessel Miami) ~ USA 1989
Directed By: Abel Ferrara

George Moran (Peter Weller), der einst für die CIA im Bürgerkrieg in der Dominikanischen Republik mitinterveniert hat, ist nun Besitzer eines kleinen, aber sauberen Hotels an der Strandzeile von Miami Beach. Da begegnet ihm seine Vergangenheit wieder in Form des "Ex-Berufskollegen" Tyner (Frederic Forrest), der sich in Morans Hotel einmietet. Moran erinnert sich an ein Mädchen, das ihm einst während der Krise geholfen hat und das er nun wiederfinden möchte. An dessen Stelle begegnet er in Santo Domingo jedoch seiner Ex-Flamme Mary (Kelly McGillis) wieder, die jetzt mit dem schwerreichen Ex-Geheimpolizeichef der DomRep, Andres DeBoya (Tomas Milian), verheiratet ist. Mary, die Moran immer noch liebt, beabsichtigt, sich von DeBoya zu trennen, was dieser nur sehr ungehalten aufnimmt. Und dann ist da noch der alternde Schnüffler Scully (Charles Durning), der seine Rente mit DeBoyas Moneten aufzupolieren plant...

Abel Ferrara selbst hasst "Cat Chaser", weil er während der Herstellung mit dem Produzenten Peter Davis aneinandergerasselt ist, worauf dieser dem Regisseur die Verantwortung über den Endschnitt entzog. Der fertige Film, so Ferrara, sei nicht (mehr) seiner und er hätte ihn gern noch einmal gemacht. Zudem sei er mit der angeblich exponierten Freizügigkeit Kelly McGillis' nicht klargekommen (die nach eigenem Bekunden ihrerseits wiederum die Arbeit mit dem Regisseur hasste) - nachzulesen im Interviewbuch "Dark Stars".
Dominik Graf lobt die Leonard-Verfilmung in seiner Essay-Sammlung "Schläft ein Lied in allen Dingen" derweil über den grünen Klee, bezeichnet sie gar als Meisterwerk und schiebt Ferraras ihm unverständliche Unzufriedenheit mit "Cat Chaser" der ohnehin etwas eigenwilligen Art des Regisseurs zu, sich zu gewissen Dingen zu äußern sowie dem etwas merkwürdigen, wenngleich typischen Erzpuritanismus jener Generation italoamarikanischer New Yorker Filmemacher. Meine Wahrheit liegt irgendwo dazwischen. Als Leonard-Verfilmung verzeichnet "Cat Chaser" das nötige, schwülwarme Flair der Kriminalromanze in schwarz, angesiedelt unter den Palmen Floridas. Aus dieser Warte ist alles in bester Ordnung. Auch als misskomponiert würde ich den Film nicht mit Fug und recht bezeichnen wollen, da Ferraras Stil immer auch von bewussten Brüchen und Wechseln zehrt. Man muss ihm also schlicht glauben, wenn er aus den angegebenen Gründen nicht zu "Cat Chaser" stehen möchte. Dass ein Regisseur sein Werk a posteriori negiert, muss ja aber nicht a priori bedeuten, dass es misslungen ist. Wer auch immer "Cat Chaser" am Ende "zurecht"montiert hat (angegeben ist nach wie vor Ferraras Hauscutter Anthony Redman), der hat einen absolut trefflichen Job getan. Wohl kein Film, der es einem gerade leicht macht, aber einer, der die Beschäftigung mit sich reich entlohnen kann.

8/10

Abel Ferrara Elmore Leonard Dominikanische Republik Karibik amour fou neo noir Miami


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THE COMPANY OF WOLVES (Neil Jordan/UK 1984)


"...and that's all I'll tell you, cause that's all I know."

The Company Of Wolves (Die Zeit der Wölfe) ~ UK 1984
Directed By: Neil Jordan

Die pubertierende Rosaleen (Sarah Patterson) rettet sich in eine fieberhafte, barocke Traumwelt, die bevölkert wird von Dörflern, Rokoko-Adel und Werwölfen, die sich mit Vorliebe an jungen Mädchen delektieren. Die warnenden Worte ihrer etwas kräuterhexenhaften Großmutter (Angela Lansbury) ignorierend, findet Rosaleen am Ende jedoch zu sich selbst und ihrem eigenen Weg.

Auf "Rotkäppchen" basierendes Traumlogik-Märchen von Neil Jordan, in das man sich am Besten rückwärts hineinfallen lässt, ohne auf eine große formalästhetische Sinnsuche zu gehen. Dass Riesenschlangen durch den englischen Wald kriechen, wäre jedenfalls eine ganz neue Behauptung! Aber sie passen durchaus in den Film, als die großen Ur-Verführer sozusagen.
Jordan und seine Mitautorin Angela Carter legen das berühmte Märchen der Gebrüder Grimm ganz vernünftig aus. Wie alle ihrer Überlieferungen ist auch die Mär vom "Rotkäppchen" in erster Linie nämlich eine rigoros didaktische: Der Wolf, vor dem es sich so sehr in Acht zu nehmen gilt, das ist die männliche Sexualität, die Zähne, das ist das Gemächt. Doch es gibt noch eine dritte, feministische Möglichkeit zwischen gefressen werden und aufschlitzen: Sich auf halbem Wege zu begegnen nämlich. Das Tier zu domestizieren und sich der eigenen Körperlichkeit hinzugeben, kurz: die Selbstbestimmung. Die Alten haben nämlich auch nicht immer recht mit ihren alten Weisheiten und Lebensformeln. Manchmal lohnt es sich auch, das Leben selbst zu entdecken.
Eine hübsch grauslige Lektion in Sachen Erwachsenwerden von einem hübsch unangepassten Neil Jordan.

8/10

Neil Jordan Parabel Erwachsenenmärchen Gebrüder Grimm Rotkäppchen Wölfe Coming of Age Pubertät Werwolf





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Funxton

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