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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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MICHAEL COLLINS (Neil Jordan/UK, IE, USA 1996)


"If they shut me up, who will take my place?"

Michael Collins ~ UK/IE/USA 1996
Directed By: Neil Jordan

Der irische Rebell Michael Collins (Liam Neeson) vollbringt in den zwanziger Jahren jede nur denkbare - auch terroristische - Anstrengung, um die englischen Besatzer zum Rückzug von der Insel zu bewegen und Irland die Unabhängigkeit zu sichern. Diverse Gefängnisaufenthalte und harte Gefechte, die auch Guerillakampf und Meuchelmord beinhalten, sichern den Republikanern schließlich einen ersten bescheidenen Erfolg: Irland wird zu einem britischen Freistaat unter eigener Flagge und abgespalten vom Norden. Mit dieser Teiletappe sind Collins' frühere Mitstreiter, allen voran der spätere Staatspräsident Éamon de Valera (Alan Rickman), allerdings nicht zufrieden...

Prachtvolles Geschichtskino, unkritische Heldenverehrung inklusive. Liam Neeson war damals der Mann für historische Helden und auch seine Darbietung als irischer Freiheitsaktivist Michael Collins empfahl ihn nachhaltig für derlei Darstellungen, wenngleich eine physiognomische Ähnlichkeit mit dem Original bestenfalls Behauptung bleibt.
Neil Jordan derweil distanziert sich etwas von seinem früheren, exaltierten Inszenierungsstil, der manchmal zum Camphaften tendierte und eigentlich immer als sehr originell identifiziert werden konnte. Von ein paar unauffälligen Montagetricks abgesehen könnte "Michael Collins" nun allerdings auch die Signatur eines Richard Attenborough tragen und jeder würde es ihm abnehmen. Ob man Jordan diese Maßnehmung und Orientierung beim und am klassischen Filmepos ankreiden muss, fühle ich mich nicht ganz in der Lage zu konstatieren; was ichjedoch sicher weiß, ist, dass ich Filme wie diesen, die den Mut zu aufrichtigem Pathos besitzen ohne ins Lächerliche abzudriften und mit stolz geschwelltem Brustpanzer über die Leinwand walzen, stets mit großer Leidenschaft anschaue. Außerdem habe ich wieder frische Lust auf das von mir allzu lang vernachlässigte (Früh-)Werk Jordans bekommen.

8/10

Neil Jordan Irland Kolonialismus Irische Revolution period piece Biopic Historie


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LES RAISINS DE LA MORT (Jean Rollin/F 1978)


Zitat entfällt.

Les Raisins De La Mort (Foltermühle der gefangenen Frauen) ~ F 1978
Directed By: Jean Rollin

Élisabeth (Marie George Pascal) reist mit dem Zug in den Languedoc, um dort ihren Verlobten Michel (Michel Herval), einen Winzer, zu besuchen. Als sie und ihre Mitreisende im Zug von einem Wahnsinnigen mit eitrigen Beulen am Kopf attackiert werden, kann Élisabeth in letzter Sekunde per Notausstieg fliehen. Ihre Odyssee durch die herbstlichen Weinberge führt sie noch zu diversen weiteren Provinzbewohnern, die allesamt dieselbe Krankheit zu teilen scheinen: Pestartige Ausschläge und zunehmenden Irrsinn kombiniert mit aggressiven Handlungen. Haben die Symptome etwas mit der jüngsten Weinernte zu tun...?

Sein Roter ist dem richtigen Franzosen mindestens so heilig wie ein Stück Baguette, das wissen wir nicht erst seit "La Soupe Aux Choux". Umso aufrüttelnder Rollins Warnung vor dem Einsatz unbekannter Pestizide, die nicht nur die Lese verderben, sondern auch noch den Bauern bekloppt machen. Und nicht nur diesen: Jeder, der vom neuen Wein probiert, fängt bald an, in den schönsten Tönen zu eitern und zu bluten, dass es ein wahres Fest ist. Doch befällt der Wahn nicht allein die Traubenfreunde: Aggressive Umstände erforden Adaption. Die schöne Dorfblondine Jeanette (Brigitte Lahaie) bleibt äußerlich makellos, dreht aber trotzdem durch. Der Bauer Paul hat erstmals seit der Résistance wieder einen langersehnten Grund, seine Flinte zu benutzen, nämlich gegen die Verseuchten, was er dann auch mehr oder weniger schamlos ausnutzt und Élisabeth schließlich ihren Lebenssinn wegballert, was er wiederum selbst mit dem Tode zu bezahlen hat.
Aber Rollin wäre nicht Rollin, wenn er diesem etwas, nun ja, arbeiteraffinen Topos nicht eine metapoetische Ebene zu entlocken wüsste. Tatsächlich sind seine Bilder des spätherbstlichen Languedoc von morbider Schönheit und der Diskurs um industriell verdorbene Weinernten (nebenbei erfährt man, dass der Berg zwischen einem Atomkraftwerk und einer Militärkaserne liegt), also einer Existenzgrundlage französischer Lebensart, ist in einem Splatterfilm auch nicht übel aufgehoben.

8/10

Europloitation Splatter Wein Herbst Virus Madness


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MOONRISE KINGDOM (Wes Anderson/USA 2012)


"Our daughter's been abducted by one of these beige lunatics!"

Moonrise Kingdom ~ USA 2012
Directed By: Wes Anderson

Neuengland in den Sechzigern: Der zwölfjährige Waisenjunge und Pfadfinder Sam (Jared Gilman) und seine gleichaltrige Brieffreundin Suzy (Kara Hayward) büchsen gemeinsam aus und flüchten sich in eine einsam gelegene Bucht, wo sie erste romantische Gefühle füreinander entdecken. Die verantwortlichen Erwachsenen, darunter Suzys Eltern (Bill Murray, Frances McDormand), Polizei-Captain Sharp (Bruce Willis) und Scout Master Ward (Edward Norton), brechen derweil in blinde Hysterie aus. Dieser folgt nach dem Einfangen der Kinder ein weiterer, noch weitaus ernster gemeinter Fluchtversuch, dem erst durch Sharps beherztes Eingreifen Einhalt geboten werden kann.

Erneut kann Wes Anderson seinem Herzen für verschrobene Zeitgenossen und ihren Leib-, Magen-und Seelenbedürfnissen Rechnung tragen. Protagonist Sam etwa lässt sich möglicherweise als eine jüngere Version von Max Fischer einsortieren und passend dazu hat auch Jason Schwartzman seinen (obligatorischen) Auftritt im Film. Den skurrilen Humor pflegt Anderson auch weiterhin, wie bereits in den letzten Filmen nimmt er sich diesbezüglich jedoch gepflegt zurück und räumt der zärtlichen Liebesgeschichte seiner beiden Hauptfiguren den Löwenraum ein, ohne, dass diese sich jedweder Lächerlichkeit oder auch nur einem überheblichen Blinzeln preisgeben müssten. Ob diese Distanzaufhebung seine Filme besser macht, weiß ich nicht, ernster, erdiger und auch etwas melancholischer werden sie dadurch auf jeden Fall, selbst wenn ein plötzlicher Blitzschlag sein Opfer kurzfristig und cartoonesk zum Mohren macht. Großer Stilist, der er eben ist ("Buckliger, du sollst nicht reimen!") bleibt Anderson ansonsten seinen einmal installierten Meriten treu und taucht seine entrückte Welt in goldene Herbstfarben, die geradewegs einem der Fantasy-Mädchen-Romane Suzys entsprungen sein mögen. So wie der Titel. Und der Kreis schließt sich.

9/10

Wes Anderson period piece Coming of Age Teenager Pfadfinder Kinder Herbst


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L'AMOUR EN FUITE (François Truffaut/F 1979)


Zitat entfällt.

L'Amour En Fuite (Liebe auf der Flucht) ~ F 1979
Directed By: François Truffaut

Nun doch in der Scheidung von Christine (Claude Jade) begriffen, trifft der noch immer wankelmütige Antoine Doinel (Jean-Pierre Léaud) seine Jugendliebe Colette (Marie-France Pisier) wieder und erkennt nach einigem Hin und Her, dass er doch bei seiner neuesten Flamme, der Schallplattenverkäuferin Sabine (Dorothée) bleiben sollte, da er diese wirklich liebt.

Mit einer Art "Best Of Antoine Doinel" setzte Truffaut neun Jahre nach "Domicile Conjugal" seinem sich über zwei Dekaden erstreckenden Personen-Zyklus ein Ende. "L'Amour En Fuite" lässt nochmal viele Stationen der bisherigen vier Filmbeiträge Revue passieren, verwebt letzte lose, narrative Fäden, indem er etwa Antoine späten Frieden mit seiner toten Mutter machen oder sich endgültig von Colette lösen lässt. Ebendiese Liebe zur Figur und ihre späte Katharsis geben den Film seine Hauptdaseinsberechtigung, denn durch die schon als inflationär zu bezeichnende Verwendung von Rückblenden in Form bekannter Szenen wirkt "L'amour En Fuite" manchmal wie jene unseligen TV-Episoden, die diverse alte Erfolgsmomente wiederverwerten um Arbeitszeit zu sparen. Dass die komplexe Filmbiographie Antoine Doinels dennoch eines logischen Schlusspunkts bedurfte, wird nach der Betrachtung des Films wieder deutlich, dennoch hätte ich persönlich mir als Finalpunkt eine etwas engagiertere Arbeit gewünscht.

7/10

François Truffait Antoine Doinel Biopic Scheidung Paris Autor


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BINGO BONGO (Pasquale Festa Campanile/I, BRD 1982)


Zitat entfällt.

Bingo Bongo ~ I/BRD 1982
Directed By: Pasquale Festa Campanile

Einige Mailänder Anthropologen werden auf einen unter Schimpansen im afrikanischen Urwald aufgewachsenen Mann (Adriano Celentano) aufmerksam. Kurzerhand Bingo Bongo getauft, wird der Affenmensch in die Modemetropole entführt, wo er sich nach einigem mühseligem Hin und Her menschliche Verhaltensweisen aneignet. Dabei unterstützen ihn vor allem die schöne Laura (Carole Bouquet) und ihr Hausschimpanse Renato. Bevor der zivilisations- und liebesfrustrierte Bingo Bongo allerdings wieder nach Afrika flüchten kann, wählen die Tiere der Welt ihn zu ihrem Botschafter.

"Bingo Bongo" ist ein wunderbares Beispiel für eine zeitangebundene Art des Filmemachens. Im Gegensatz zu den bis heute in Dauerschleife im Fernsehen gezeigten Spencer-/Hill-Komödien haben etwa die Giraldi-Filme mit Tomas Milian oder eben die vielen Celentano-Komödien, hinter denen häufig das Produzentenduo Cecchi Gori stand und die in Deutschland durch die Synchronkünste Rainer Brandts einen nochmals speziellen Ton auferlegt bekamen, kaum überlebt. Warum, das zeigt ein Film wie "Bingo Bongo", der für gegenwärtige Sehgewohnheiten ein kaum mehr fassbares Unikat darstellt, ganz vortrefflich auf. Celentano darf seinen lakonischen Humor erst nach rund einer Stunde aufzeigen, davor rekrutiert sich die Komik aus situativ angelegten Gags, in denen nach Stummfilmmanier Paternoster- und Drehtürengags Trumpf sind, ebenso wie eine vollkommen clowneske Szene mit Sal Borgese. Bei aller teils lauen, humoresken Schichtarbeit bewahrt sich der Film aber dennoch einen bizarren, surrealen Charme, der sich für jene, die mit dieser Art Film aufgewachsen sind, glücklicherweise noch präserviert findet.

6/10

Pasquale Festa Campanile Mailand Tarzanade


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DOMICILE CONJUGAL (François Truffaut/F, I 1970)


Zitat entfällt.

Domicile Conjugal (Tisch und Bett) ~ F/I 1970
Directed By: François Truffaut

Antoine Doinel (Jean-Pierre Léaud) hat seine Christine (Claude Jade) mittlerweile geheiratet. Während sie ein Kind erwartet erhält er nach eher brotlosen, aber glücklichen Blumenfärbeexperimenten im Hinterhof eine neue Anstellung, deren Hauptaufgabe in der Koordination ferngesteuerter Modellschiffchen zu bestehen scheint. Dabei lernt er eines Tages die Japanerin Kyoko (Hiroko Berghauer) kennen und verliebt sich in sie, trotz der justamenten Geburt von Söhnchen Alphonse. Als Christine von der Affäre Wind bekommt, schmeißt sie Antoine aus der Wohnung - lange hält sie es ohne ihn jedoch nicht aus.

Der doinelsche Existenzialismus geht in eine weitere Runde, diesmal dräut die biografische Ernsthaftigkeit hinter der Rolle als Ehemann und Familienvater. Unschwer zu erraten, dass der ewige Simplicissimus Antoine auch hierin zunächst scheitert, auf seiner Flucht vor Verantwortung von der blendenden Exotik einer Orientalin verfällt, schon bald jedoch durch das praktisch durchweg nonverbale Zusammensein mit ihr jedwede Lust an einer weiteren Liebesbeziehung verliert und seinen kurzsichtigen Verlust an Christine realisiert. Umso galliger Truffauts ebenso komischer wie bleiern realistischer Epilog, der nach einem vorangehenden herzerwärmenden Wiederaufflammen zwischen Antoine und Christine ihre Ehe als bourgeoise Sackgasse zeigt, die analog zur festgefahrenen Stieseligkeit ihrer deutlich älteren Nachbarn verlaufen wird.

9/10

François Truffaut Antoine Doinel Ehe Familie amour fou Paris Nouvelle Vague


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BAISERS VOLÉS (François Truffaut/F 1968)


Zitat entfällt.

Baisers Volés (Geraubte Küsse) ~ F 1968
Directed By: François Truffaut

Wegen charakterlicher Wankelmut unehrenhaft vom Militär entlassen begibt sich der mittlerweile 22 Jahre alte Antoine Doinel (Jean-Pierre Léaud) auf Jobsuche in Paris. Eine Zwischenstation als Nachtportier führt in zur Detektei Blady, die ihn als Mitarbeiter einstellt. Erste Beschattungsaufträge versaut Antoine durchweg und wird schließlich mit dem pikanten Auftrag betraut, für den schnöseligen Schuhverkäufer Tabard (Michael Lonsdale) herauszufinden, warum alle Welt ihn hasst. Als Antoine Tabards Frau Fabienne (Delphine Seyrig) kennenlernt, ergeht er sich in jugendlicher Schwärmerei, was die reifere Dame als überaus charmant empfindet. Dann ist da noch Antoines Jugendliebe Christine (Claude Jade), die sich nicht recht zwischen Zu- und Abneigung für den kauzigen jungen Mann entscheiden kann.

Neun Jahre nach "Les Quatre Cents Coups" eine mit der Bizzarerie liebäugelnde Komödie über Antoine Doinel, der seine leidenschaftliche Feindschaft zu allen Autoritäten dieser Welt glücklicherweise nicht verlernt hat und nicht ganz zufällig 1968, im Jahr von Studentenunruhen und Langlois-Affäre, den verrücktesten Job annimmt, den Paris zu bieten hat. Er soll ausgerechnet Fakten dafür sammeln, warum ein Bourgeois von seiner Umwelt belächelt und verabscheut wird. Dazu gibt es Irrungen und Wirrungen auf dem Weg zur erotischen Glücksfindung, hier mal eine Professionelle, da die hübsche, aber etwas spröde Christine und dort die in Antoines Augen göttinnengleiche Madame Tabard. Truffaut inszeniert diese Episode mit spitzzüngiger Leichtigkeit und einem einmaligen satirischen Auge, das allerdings nie ganz den Anschluss an die Ungeheuerlichkeiten der gegenwärtigen Realität einbüßt. Somit mein Lieblings-Doinel, zumal ich darüber immer wieder herzhaft lachen kann.

10/10

François Truffaut Paris Coming of Age Satire Groteske Antoine Doinel Nouvelle Vague


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A BRONX TALE (Robert De Niro/USA 1993)


"The saddest thing in life is wasted talent."

A Bronx Tale (In den Straßen der Bronx) ~ USA 1993
Directed By: Robert De Niro

Bronx, 1960: Der kleine Calogero Anello (Francis Capra) wächst nach Kräften behütet von seinem Vater Lorenzo (Robert De Niro) auf, der in der Gegend als Busfahrer arbeitet. Sein heimliches Idol jedoch ist der Gangsterboss Sonny (Chazz Palminteri), der als lokaler Pate das Viertel im Griff hat. Als Sonny eines Tages auf offener Straße einen Mann erschießt, ist Calogero der einzige Zeuge. Er verzichtet jedoch darauf, Sonny bei der Polizei zu verraten und wird bald darauf zum heimlichen Ziehsohn des Gangsters. Von nun an hat Calogero, den Sonny nur kurz C. nennt, zwei Väter, die sich als diametrale Pole ihrer Einwandererkultur jedoch gegenseitig nicht riechen können. Acht Jahre später findet C. (Lillo Brancato) seine erste große Liebe in der Person der farbigen Jane (Taral Hicks), die zwar nur ein paar Straßen weiter wohnt, die infolge ihrer Hautfarbe jedoch Welten von C. trennen. Entgegen aller Widerstände bleiben die Zwei dennoch ein Paar. Für Sonny indes hält das Schicksal noch eine späte Retourkutsche bereit.

Manchmal etwas geschwätzig und sowieso übermächtig beeinflusst vom milieuzeichnerischen Chronismus seines damaligen Hausregisseurs Martin Scorsese stellte Robert De Niro mit "A Bronx Tale", der auf einem Theaterstück Chazz Palminteris beruht, sein Regiedebüt auf die Beine. Der Film ist die typische Coming-of-Age-Story eines junges Italoamerikaners in den Sechzigern und beinhaltet somit auch starke Parallelen zu Generationsporträts wie Kaufmans "The Wanderers", die sich nicht zuletzt in ihrer gewohnt prachtvollen Songauswahl niederschlägt.
Erst der Kern der Geschichte macht den Film schließlich zu etwas Besonderem: Die Väter-Dublette und der daraus resultierende Konflikt. Während C.s leiblicher Vater Lorenzo den harten aber herzlichen, ehrlich arbeitenden Italoamerikaner reräsentiert, der mit der 'ehrenwerten Familie' bis auf einen freundlichen Gruß hier und da nichts zu tun haben will, steht Sonny für das nachbarschaftliche Großtum des neuen Mafioso, behangen mit teurem Zwirn und schicken Klunkern, vor dem jeder in der Gegend Angst hat. Dennoch sind Sonnys Lebensweisheiten denen Lorenzos in bestimmten Punkten deutlich voraus: Den altweltlichen Rassismus hat er längst beigelegt und sein ansozialisiertes Misstrauen gegenüber dem Milieu erweist sich als vollkommen berechtigt. Dennoch beweist sich Lorenzos Konservativismus am Ende als die buchstäblich langlebigere der beiden Strömungen in C.s Leben und auch, wenn er manche der unkonventionellen Leitsätze Sonnys - etwa in Bezug auf die Offenheit anderen Ethnien gegenüber - noch zukünftig beherzigen dürfte, wird sein leiblicher Vater schon aufgrund seiner bedingungslosen Liebe zu seinem Sohn stets der didaktische und pädagogische Gewinner bleiben. Nichtsdestotrotz wird hier das Herandämmern einer neuen, in vielerlei Hinsicht klügeren Generation illustriert.

8/10

Robert De Niro period piece Rassismus Mafia New York Coming of Age Ethnics based on play


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TROUBLE IN PARADISE (Ernst Lubitsch/USA 1932)


"Tonsils! Positively tonsils!"

Trouble In Paradise (Ärger im Paradies) ~ USA 1932
Directed By: Ernst Lubitsch

In Venedig lernen sich die beiden Berufsdiebe Gaston (Herbert Marshall) und Lily (Miriam Hopkins) kennen und verlieben sich vom Fleck weg. Bald darauf, das Paar hat sich mittlerweile bis nach Paris gegaunert, macht Gaston infolge eines leicht missglückten Coups die Bekanntschaft der steinreichen Parfum-Unternehmerin Mariette Colet (Kay Francis). Diese ist von dem Galan so angetan, dass sie ihn umgehend als Privatsekretär engagiert - für Gaston eine hervorragende Gelegenheit, sie um einen hübschen Teil ihres Vermögens zu erleichtern, wäre nur Mariette nicht ebenso attraktiv wie wohlhabend...

"Trouble In Paradise" ist nicht nur eines von Lubitschs größten Meisterstücken, er veranschaulicht auch die zwangsläufige Überlegenheit des Tonfilms bezüglich der Darstellbarkeit komödiantischer Eleganz. Der Film lebt von seinen spitzfindigen Dialogen, die ein Maß an Zeitlosigkeit und Esprit besitzen, das sie noch bis in die Gegenwart illuminiert. Nahezu jede Zeile beinhaltet eine Pointe oder einen Gag. Selbst und insbesondere die Nebenfiguren erhalten dadurch eine liebevolle Charakterisierung, im Speziellen natürlich Kay Francis' zwei spinnerte Hofmacher Filiba (Edward Everett Horton) und der Major, gespielt von meinem Lieblingskomödianten dieser Ära, Charlie Ruggles. Wie sie jeweils ihre dekadente Trotteligkeit ausleben und sich bei aller Ähnlichkeit gegenseitig das Leben schwer machen, das sucht selbst nach achtzig Jahren noch seines humorigen Gleichen. Die prickelnde Dreiecksbeziehung zwischen Hopkins, Marshall und Francis derweil besitzt eine elektrisierende Erotik, die ebenfalls als ein Merkmal der großen Filmkunst jener Zeit gewertet werden muss und somit unwiederholbar ist.
"Trouble In Paradise" ist und bleibt eine einzige Kostbarkeit, für die man als Filmliebhaber nur überschwänglichst dankbar sein kann.

10/10

Ernst Lubitsch Screwball Venedig Paris


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THE TERMINATOR (James Cameron/USA 1984)


"It absolutely will not stop, ever, until you are dead."

The Terminator ~ USA 1984
Directed By: James Cameron

In der nahen Zukunft übernehmen Computer und Maschinen die Weltherrschaft und lösen einen Atomkrieg aus, der den Großteil der Menschheit mit Ausnahme einiger weniger Widerständler von der Erde fegt. Um bereits die Geburt von deren Anführer John Connor zu verhindern entsenden die Maschinen aus dem Jahr 2029 einen Killercyborg (Arnold Schwarzenegger), den Terminator, zurück nach 1984. Dort lebt die ahnungslose Sarah Connor (Linda Hamilton), die spätere Mutter von John, die der Terminator töten soll. Doch auch die Rebellen schicken einen der Ihren zurück durch die Zeit, den Einzelkämpfer Kyle Reese (Michael Biehn). Dieser hat die Mission, Sarah vor dem Terminator zu beschützen.

Erstaunlich, mit welch nahtlos perfekter Ausgestaltung "The Terminator" auch mit nunmehr knapp dreißig Jahren auf dem Buckel noch daherkommt. Als einer der wesentlichsten Filme seines Jahrzehnts ist er nicht nur maßgeblich für Stil und Darreichungsform der repräsentierten Genres, sondern zugleich der definitive Film von James Cameron, der eine dermaßen Ehrfurcht gebietende, konzentrierte Geschlossenheit wie hier dann auch nie mehr erreichen konnte und mittlerweile ja bekanntlich sowieso in ganz eigenen Sphären schwebt.
Wie alle großen Dystopien ist auch "The Terminator" ein Fest für Paranoiiker, Futurologen und Pessimisten, insbesondere vor dem historischen Hintergrund des Kalten Krieges. Schon damals, das zeigt der Film permanent, leben wir in einem hoffnungslos technikdependenten Realitätsgefüge. Keine Regung ist mehr möglich ohne Microchips und Motoren, die Discos tragen bezeichnende Namen wie "Tech-Noir". Der Mensch wird mehr und mehr zum Virus, von dem die nach Reinheit strebenden Computer den Planeten zu befreien trachten - eine maschinell-kühle, aber letzten Endes doch bloß logische Maßnahme, um der Erde eine langfristige Regeneration zu ermöglichen.
Die Zukunft ist zwar nicht geschrieben, sie ist im Gegenteil variabel und beinhaltet multiple Möglichkeiten - das erklärt auch Kyle Reese seinem anfangs noch unfreiwilligen, verstörten Mündel mit ein paar knappen Worten ("Ich kann Ihnen das jetzt nicht genauer erklären...") - aber am Ende wird sich dann doch alles exakt so fügen, wie er es ankündigt. Dafür bürgen Ereignisse, die genau so eintreffen, wie die Zukunft es weissagt. Ein Tod, eine Schwangerschaft, ein Foto.
Das Sequel, ein formal und seinem Wesen nach vollkommen anders angelegter Film, der im Grunde sämtliche Qualitäten des weitaus intelligenteren Erstlings mit klobigen Füßen tritt, wird die Prämisse der Determination dann kurzerhand wieder terminieren. Vielleicht hätte es besser erst gar keines gegeben.

10/10

James Cameron Zukunft Apokalypse Cyborg Zeitreise Nacht Los Angeles





Filmtagebuch von...

Funxton

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