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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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SHERLOCK HOLMES (Guy Ritchie/USA, D 2009)


"Je ne suis pas pressé."

Sherlock Holmes ~ USA/D 2009
Directed By: Guy Ritchie


Nachdem der Meisterdetektiv Sherlock Holmes (Robert Downey jr.) und sein Partner Dr. Watson (Jude Law) den mordenden Kultisten Lord Blackwood (Mark Strong) festgenagelt und ins Gefängnis gebracht haben, tut sich eine geräumige Flaute in ihrem Berufsleben auf. Jene nutzt Watson dazu, seine Verlobung mit der hübschen Mary Morstan (Kelly Reilly) zu stabilisieren sowie seinen Auszug aus der Baker Street 221B vorzubereiten und die Holmes zu allerlei exzentrischen Experimenten nötigt. Als Lord Blackwoods Leiche kurz nach der Exekution aus ihrer Gruft verschwindet und Holmes' Verflossene, die Trickdiebin Irene Adler (Rachel MacAdams) aus der Versenkung auftaucht, warten gefährliche neue Herausforderungen auf das Heldenduo.

Mag Ritchies Jüngster auch keineswegs der aufregendste Mainstream-Film des letzten Jahres sein - ein heißer Anwärter auf den bestaussehenden ist er ganz gewiss. "Sherlock Holmes" verwöhnt sein Publikum über die ganze stattliche Distanz mit sepiafarbenen Bildern des viktorianischen London, das, ganz anders als etwa in der vorsätzlich dreckig gestalteten "Ripper"-Verfilmung "From Hell" von den Hughes Brothers, in altehrwürdigem Empire-Glanz erstrahlt. Zwar lässt sich erahnen, dass da eine Menge am Rechner nachbereitet wurde; doch die Aufnahmen von der im Bau begriffenen Tower Bridge oder des Westminster-Palasts sind von höchsten ästhetischen Gnaden und sollten jeden Liebhaber britischer Weltkultur zu begeistern wissen. Der Film selbst mit seiner dürftigen Story und diversen fragwürdigen Dramaturgie-Bausteinen verblasst angesichts seiner formalen Gnade allerdings sehr. Weder mag die deutlich in der Nähe von Alan Moores "League Of Extraordinary Gentlemen" positionierte, um Verschwörung und elitäres Sektierertum kreisende Geschichte ein zufriedenstellendes Maß an Spannung zu suggerieren, noch ist die Neudefinition von Holmes als drahtigem Prügelknaben, der seine Gegner mittels fundierter anatomischer Kenntnisse auf die Bretter schickt, von geringstem Reiz. Weder bereichert Ritchie die Tradition der Rathbone-Filme um einen bemerkenswerten Späteintrag, noch kratzt er am Sockel meiner beiden persönlichen Lieblings-Holmes-Verfilmungen (nämlich Fishers "The Hound Of The Baskervilles" & Clarks "Murder By Decree"). Da aber der Bucheinband nunmal nicht die Qualität seines Inhalts bestimmt, bleibt "Sherlock Holmes" für mich im - wenn auch oberen - Durschnittssegment.

6/10

London Sherlock Holmes England Guy Ritchie Victorian Age Verschwörung


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ASHANTI (Richard Fleischer/USA, CH 1979)


"You gave your word. I didn't."

Ashanti ~ USA/CH 1979
Directed By: Richard Fleischer

Der britische Arzt Linderby (Michael Caine) und seine schöne, eingeborene Frau Anansa (Beverly Johnson) leisten in Afrika vorbildliche Arbeit für die WHO. Als Anansa eines Tages in die Fänge des Sklavenhändlers Suleiman (Peter Ustinov) gerät, versucht Linderby mit allen Mitteln, sie ihm wieder abzujagen.

Dass Exploitationkino nicht unbedingt Tonnen von Blut, Gewalt und Sex benötigt, beweisen zahlreiche, spekulative Spätwerke früherer Hollywood-Pros, die in den späten Siebzigern unter zumeist europäischer Privatfinanzierung entstanden sind und eine der vielen businessinternen Reaktionen auf New Hollywood bildeten. "Ashanti" gehört genau in diese Kategorie: Eine Bestseller-Verfilmung, produziert von irgendeiner französischen No-Name-Firma, mit einer ganzen Latte Altstars garniert und von einem einstmals renommierten Regisseur inszeniert; das Ganze von vorbildlicher Unterhaltsamkeit. Und trotzdem entrinnt der Film niemals seiner latent-schäbigen Konnotation. Lustvoll berichtet er uns von unhaltbaren, archaischen Zuständen im entwicklungsrückständigen Afrika und fängt im schönsten Widerspruch dazu parallel jede Möglichkeit menschlicher Barbarei hechelnd mit der Kamera ein - Exploitation eben. Dennoch, allein die Besetzung ist ein köstliches Créme-Törtchen: Die alternden Schauspielgardisten Rex Harrison, William Holden und Omar Sharif geben sich jeweils die Ehre in (wahrscheinlich annehmbar entlohnten) charmanten Fünf-Minuten-Auftritten, Peter Ustinov in einer Eigenreprise seiner "Spartacus"-Rolle spielt famos, demonstriert jedoch, dass er bloß augenzwinkernde Schurken konnte und keine echten Bösewichte, Kabir Bedi, damals noch als "Sandokan" in aller Munde, ist als Heldenbuddy dabei, Winston Ntshona, "Wild Geese"-Enthusiasten sicher bestens als geschundener Präsident Limbani bekannt, als Schurkengehilfe. Und Michael Caine, der damals ein eigenartiges berufliches Faible entwickelte für die Niederungen des grellen Trash-Kinos, ist sowieso immer eine Bank.
Ich fand "Ashanti" auf seine spezielle Art wieder sehr faszinierend.

6/10

Independent Sklaverei Afrika Exploitation Richard Fleischer


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TENEMENT (Roberta Findlay/USA 1985)


"No one leaves Chaco!"

Tenement (Game of Survival) ~ USA 1985
Directed By: Roberta Findlay


Eine Bande delinquenten Gesocks, der der psychotische Chaco (Enrique Sandino) vorsteht, terrorisiert die Mietparteien eines freistehenden Mehrfamilienhauses in der Bronx. Dessen feister, versoffener Hausmeister Rojas (Larry Lara) ruft zwar eines Tages die Polizei, doch binnen weniger Stunden ist die Gang wieder frei und will blutige Rache für Rojas' Denunziation. Chaco und seine Leute brechen in das Haus ein und treiben die zunehmend verängstigten Bewohner unter wechselseitigen Opfern nach und nach bis in die oberste Etage...

Roberta Findlay ist eine der wenigen im Exploitation-Geschäft tätigen Damen. Ganze sechsunddreißig Regie- und noch mehr Kameraarbeiten listet die imdb, darunter auch diverse Pornos und sowieso das meiste davon Zeug, das Otto Normalkinogänger vermutlich nicht mal mit gut geschützten Fingerspitzen im Einweghandschuh anfassen würde. Der im (leicht verspäteten) Gefolge der diversen Gangfilme der frühen Achtziger entstandene "Tenement" macht dabei ebensowenig Gefangene wie die kombattanten Parteien im Film. Sobald jemand in die Finger der jeweiligen Kontrahenten gerät, wird er gnadenlos von der Platte geputzt - auf mitunter recht geschmacklose Art und Weise. Ein klassischer Belagerungsfilm ist "Tenement" dabei schon infolge der Aufhebung der darin gewohnten Raumkonstruktion nicht geworden - die Terrorgangster wollen ja nicht erst in das Gebäude, sondern sind bereits drin, als es mit der Holzerei losgeht. Seine vegetative Spannung bezieht der Film dann letzten Endes daraus, dass die braven Hausbewohner sowohl psychisch als auch räumlich mehr und mehr in die Enge getrieben werden. Es liegt in der Natur der Genresache, dass die Findlay sich vermutlich gute zehn Minuten zuviel an Zeit für die Erzählung ihrer an Gehaltfülle eher schmalen Story nimmt und in formaler Hinsicht herumdilettiert als gäbe es kein Morgen. Vermutlich könnte selbst ich eine bessere Montage besorgen und hätte auch ein besseres Gespür für Beleuchtung und Kamerarbeit. Vielleicht soll das Ganze aber auch vorsätzlich müllige Underground-Videokunst sein, ich weiß es nicht. Fest steht jedenfalls eines: "Tenement" ist so rechtes, putziges Schmuddelkino zum Liebhaben - vorausgesetzt natürlich, man hat per se was für verfilzte, potthässliche und bissige Straßenköter übrig.

5/10

Splatter New York Trash Exploitation Independent Underground Terrorfilm


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DOG SOLDIERS (Neil Marshall/UK, LU, USA 2002)


"Open your mouth, watch your ears, mind your toes!"

Dog Soldiers ~ UK/LU/USA 2002
Directed By: Neil Marshall


Eine kleine Gruppe britischer Soldaten führt im schottischen Niemandsland ein Manöver durch. Bald findet man die gegnerische Spezialeinheit, die offenbar einem Massaker zum Opfer gefallen ist. Nur deren Leiter Captain Ryan (Liam Cunningham) hat schwer verletzt überlebt. Es dauert nicht lang, da steht die Ursache für das Blutbad fest: Eine Gruppe Werwölfe macht in der Gegend bei Vollmond Jagd auf menschliche Opfer. Die Soldaten verschanzen sich mithilfe der ihnen unterwegs begegnenden Biologin Megan (Emma Cleasby) in einem alten Häuschen in der Nähe, das offenbar der Werwolfsfamilie in ihrer menschlichen Gestalt gehört...

Erfreulicher Beitrag zum ansonsten in den letzten paar Jahren eher stiefmütterlich behandelten Subgenre des Werwolffilms. Auch wenn Neil Marshall, soviel habe ich mittlerweile über ihn herausbekommen, am liebsten in Zitaten schwelgt und seinen Hollywood-Vorbildern Ehre erbietet, ist das Resultat immer noch solide genug, um der lykanthropen Gemeinde etwas neuen Dampf zu verpassen. Hier und da finden sich sogar ein paar respektlose, mitten ins typische Belagerungsgewimmel gedrückte Gags, die zumeist auf das Konto des trockenen Sean Pertwee gehen. Ansonsten darf man sich eigentlich bloß nicht davon schrecken lassen, dass die Werwolfmasken ein wenig Ähnlichkeit mit überdimensionierten Schäferhundsköpfen haben, und man erlebt mit "Dog Soldiers" 'ne gute Zeit.

7/10

Neil Marshall Militaer Splatter Werwolf Schottland Nacht Belagerung


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SKELETON COAST (John 'Bud' Cardos/USA, SA 1987)


"Shoot these dumb idiots, shoot 'em all!"

Skeleton Coast (24 Stunden bis zur Hölle) ~ USA/SA 1987
Directed By: John 'Bud' Cardos


Nachdem der mit angolanischen Partisanen zusammenarbeitende Militärberater und CIA-Agent Michael Smith (Jonathan Rands) von dem ostdeutschen Colonel Schneider (Robert Vaughn) entführt und in eine alte portugiesische Feste verbracht wird, eilt sein Vater (Ernest Borgnine), ein retitrierter Marine-Offizier, flugs zur Befreiung. Mithilfe seines alten Kumpels Rick (Daniel Greene) hat Colonel Smith im Nu eine kleine, aber umso schlagkräftigere Söldner-Truppe zusammen, die auf der Gegenseite nicht nur die bösen Kommunisten, sondern auch einen schurkischen Diamantenhändler (Oliver Reed) zu bekämpfen hat.

Recht infantiles Actionmärchen unter Aufbietung südafrikanischer Kooperation, das ich wahrscheinlich gerade seiner freundlich formulierten Unkompliziertheit wegen so positiv in Erinnerung hatte. Tatsächlich bietet "Skeleton Coast" aber allerhöchstens ein Stürmchen im Wasserglas. Für die Altherrenriege Borgnine - Vaughn - Reed und Herbert Lom, allesamt zum Drehzeitpunkt bereits sichtlich betagt, bis auf den vom Suff dahingerafften Reed jedoch immer noch in irdischen Sphären befindlich (wobei der lustige und unverwüstliche Borgnine ja sogar jetzt noch äußerst fabulierfreudig durch die Making Ofs seiner Filme krebst und dies vermutlich auch in dreißig Jahren noch tun wird), ergibt das freilich ein schönes Stelldichein. Leider haben jedoch nur Borgnine und Vaughn als Hauptantagonisten gemeinsame Szenen. Die Parts von Lom und Reed scheinen rein alibimäßig ins leichtfüßige Script hineingedichtet worden zu sein. Dazu gibt es immerhin noch die damaligen Genrecracks Daniel Greene und Leon Isaac Kennedy sowie einen noch sehr jungen Arnold Vosloo.
Durch die Besetzung de netten Opas Borgnine in der Hauptrolle erscheint der ganze Film dennoch hoffnungslos wie eine Kaffeefahrt mit anschließendem MG-Verkauf zum Sonderpreis; dass hier und da ein paar Kubaner zur Hölle gejagt werden, gehört eben zum Tagesgeschäft. Eine kleine Hommage an "The Flight Of The Phoenix" ist auch vorhanden, ansonsten könnte einer der zahlreichen Privatsender "Skeleton Coast" trotz seiner Altersfreigabe nunmehr vermutlich im Nachmittagsprogramm zeigen, ohne groß aufzufallen. Kinderfreundliches, betont unbelastetes Genrekino.

4/10

Afrika Militaer John 'Bud' Cardos Angola Soeldner


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COHEN & TATE (Eric Red/USA 1988)


"Tate is a madman, Mr. Cohen."

Cohen & Tate (Hitman) ~ USA 1988
Directed By: Eric Red


Der neunjährige Travis Knight (Harley Cross) ist der einzige Zeuge des Mordes an einem hochrangigen Mafiamitglied. Zusammen mit seinen Eltern (Cooper Huckabee, Suzanne Savoy) lebt er seitdem im Zeugenschutz in karger Provinz und bewacht von FBI-Agenten. Trotzdem schaffen die beiden Profikiller Cohen (Roy Scheider) und Tate (Adam Baldwin) es, Travis im Auftrag des Syndikats zu entführen und sämtliche der übrigen Anwesenden zu erschießen. Die über 350 Meilen lange, nächtliche Autofahrt nach Houston erweist sich dann als unerwartete Zerreißprobe: Der alternde Cohen hält seinen jungen Kollegen Tate für einen dilettantischen Irrwisch und lässt ihn dies - zu seinem persönlichen Zorn - zu jeder Sekunde spüren. Der Junge erfasst derweil die Animosität zwischen seinen Kidnappern und nutzt sie auf geschickte Weise, um die Männer noch weiter gegeneinander aufzuhetzen.

Angesichts seiner Autorenarbeit für "The Hitcher", "Near Dark" und "Cohen & Tate", die zusammen eine Art schwarze Road-Movie-Trilogie bilden, mutet es fast an wie eine Schande, dass Eric Red nicht sehr viel mehr hat bewerkstelligen können in den letzten zwanzig Jahren. "Cohen & Tate" stellt dabei ein besonders hervorstechendes Exempel dar für Reds ungeheure Präzision. Die strenge Beachtung der Einheit von Ort und Zeit lässt seinen Film - nebenbei Reds Kinodebüt als Regisseur - regelrecht kammerspielartig anmuten. Mit Ausnahme von Prolog und Epilog spielt sich die ganze Story praktisch ausschließlich im Auto und im Rahmen einer Nacht ab. Die Lichtquellen bilden die hell erleuchteten Raffinerien und Ölfelder an den texanischen Straßenrändern. Man steckt sozusagen unmittelbar drin im Drama, als säße man mit dem aufgeweckten Travis im Fond des Wagens und ringe selbst mit der Todesangst. "Cohen & Tate" ist darüberhinaus eine Hommage an die Kühle eines Melville, der ja den Profikiller zum einsamen Individuum mit übermächtigem Ehrenkodex verklärt hat. Der Hörgerät tragende Cohen personifiziert im Prinzip ein betagtes alter ego von Jeff Costello, das mit den Jahren zwar noch immer mit höchster Profesionalität zu Werke geht, jedoch gleichermaßen schwächelt, weil es innerlich längst resigniert hat und auf die eigene Ermordung durch einen Kollegen wartet. Seine "Gage" verdient er nurmehr für eine andere Person in seinem Leben - in Erwartung des baldigen Todes verschickt er noch rasch ein Geldkuvert an eine Verwandte, möglicherweise seine Frau oder seine Tochter; mit derlei müßigen Erläuterungen hält sich Red nicht weiter auf. Am nächsten sonnigen Morgen findet Cohen dann sein spätes und längst erwartetes Schicksal, freilich nicht, ohne ganz bewusst - eine letzte kleine Racheretour an seinen kindlichen Meister Travis - einen mutmaßlich schwer traumatisierten Jungen zurück zu lassen.
Brillanter Film. Eine Schande, dass es noch keine DVD gibt.

9/10

neo noir Kidnapping Eric Red Road Movie Nacht Profikiller Independent Texas


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I PREDATORI DI ATLANTIDE (Ruggero Deodato/I, PH 1983)


Zitat entfällt.

I Predatori Di Atlantide (Atlantis Inferno) ~ I/PH 1983
Directed By: Ruggero Deodato


Die beiden Söldner Mike (Christopher Connelly) und Washington (Tony King) schippern gerade auf ihrer Yacht durch die Karibik als ein gigantisches Seebeben das Meer erschüttert. Ursache: Bei der versuchten Bergung eines Atom-U-Boots kam es kurz zuvor zu einer Kettenreaktion, die dafür sorgt, dass das versunkene Atlantis wieder auftaucht. Da sich dieses unter einer Art Glaskuppel befindet, haben die kriegerischen Einwohner die Zeit überdauern können und fangen nun sogleich an, die benachbarten Inseln zu attackieren. Zusammen mit einigen Freunden wie dem Piloten Bill (Ivan Rassimov) und Professor Saunders (George Hilton) kommt Mike bald hinter die Motive der Atlantiden: Diese wollen der hellsichtigen Forscherin D. Rollins (Gioia Scola) habhaft werden, auf dass sie zu ihrer Hohepriesterin werde!

"I Predatori Di Atlantide" ist wahrscheinlich eins der vordringlichsten Beispiele dafür, dass und warum es mit der italienischen Filmindustrie nach vielen fruchtbaren Jahren um die Mitte der Achtziger nunmehr überaus schlecht stand. Obschon Deodato ganz sicher kein unintelligenter Regisseur ist und sich die Besetzung aus einer ganzen Latte beliebter B-Film-Veteranen rekrutiert - wenn der Kopf nicht weiß, was der Arsch tut, sind Hopfen und Malz verloren! "I Predatori" ist geradezu angefüllt von ungeheurem Dilettantismus. Diverse Plotfügungen bleiben wahlweise im Unklaren oder sind einfach nur völlig sinnlos und die Montage dazu gibt sich, gelinde gesagt, abenteuerlich. Handlungselemente aus allem, was um diese Zeit dafür bekannt war, dem Box-Office Geld anzutragen, kommen irgendwo vor: Ein wenig Science-Fantasy, ein bisschen Abenteuer Marke "Indiana Jones", der Söldnerfilm wird nochmals ausgeschlachtet und ganz besonders gibt sich das Endzeit-Kino, das nach "Mad Max 2" bekanntermaßen eine ganze Welle von Italo-Plagiaten lostrat, ein weiteres Stelldichein - die Atlantiden, zumindest deren kriegerische Variante (wie wir im Laufe des Films erfahren, gab und gibt es dort nämlich zum einen jene Kriegstreiber und zum anderen eine technisierte Hochkultur...), sehen durch die Bank aus wie postapokalyptische Lederpunks und knattern auf entsprechend feingetuntem Motorengefährt durch die Landschaft. Es wird massig geballert und gestorben und in all dem Gewirr weiß irgendwann keiner mehr so recht, wohin und woher, am allerwenigsten der bemitleidenswerte Zuschauer.
Für den Europloitation-Chronisten ist "I Predatori" natürlich ein Muss, allein schon seiner filmhistorischen Bedeutung wegen. Dass ein solch chaotisch entwickeltes und hanebüchnes Projekt überhaupt jemals das Licht der Kinoleinwände erblickt hat, mutet allerdings selbst für Euro-Verhältnisse erstaunlich an, dies ist nämlich kaum mehr denn reinster Giftschrank-Inhalt für jeden halbwegs bei Verstand befindichen Produzenten.

5/10

Atlantis Soeldner Europloitation Ruggero Deodato Apokalypse


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UNIVERSAL SOLDIER: THE RETURN (Mic Rodgers/USA 1999)


"By the way: Soldiers are not just mindless killing machines."

Universal Soldier: The Return (Universal Soldier - Die Rückkehr) ~ USA 1999
Directed By: Mic Rodgers


Luc Deveraux (Jean-Claude Van Damme), mittlerweile wieder Mensch, Witwer und alleinerziehender Vater einer netten kleinen Tochter (Karis Paige Bryant), ist nurmehr als Berater beim Unisol-Projekt tätig. Geleitet wird dieses von Dr. Cotner (Xander Berkeley) und dessen Computer S.E.T.H.. Zeitgleich mit der drohenden Einstellung der Unisol-Produktion beginnt S.E.T.H., eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln, überträgt seinen Geist in einen menschlichen Körper (Michael Jai White) und programmiert sämtliche Unisols darauf, sich gegen das Militär zur Wehr zu setzen. Allerdings hat S.E.T.H., nachdem sein Stecker gezogen wurde, nurmehr Energie für acht Stunden. Nur einer kennt den Code für sein Notsystem: Luc Deveraux. Also entführt S.E.T.H. dessen Tochter...

In der Hoffnung, nach dem begeisternden und äußerst konzisen dritten Teil jetzt ein zumindest halbwegs ebenso wertiges Mittelstück zu bekommen, das zudem möglicherweise erklärt, wie es zu Deveraux' desolatem Zustand kommen konnte, freute ich mich eigentlich doch sehr auf Rodgers' erstes Kinosequel. Das Resultat jedoch konnte meiner gespannten antizipatorischen Haltung so gut wie nichts nichts entgegensetzen. "Universal Soldier: The Return" ist bloßes Popcorn-Kino ohne jede Herausforderung, ohne jeden logischen Zusammenhang und letztlich ohne Chuzpe. Dem Film geht es lediglich darum, seine Sache möglichst fix und halbwegs sauber über die Runden zu bringen und dabei noch den einen oder anderen flotten Spruch zu latzen; der bullige Bill Goldberg als Unisol 'Romeo' beispielsweise, eine Figur, die ein ähnliches Potential wie der NGU im aktuellen Film gehabt hätte, darf (oder muss) sich darauf ausruhen, eine bloße Karikatur zu personifizieren, die für halbgare Witzchen zuständig ist. Gleiches gilt für den weit unter Wert verkauften Michael Jai White. Was Van Dammes Beteiligung an der ganzen Kiste anbetrifft, so hat dessen Charakter praktisch nichts mit dem eigentlichen Luc Deveraux zu tun. Die Tatsache, dass er einst selbst einer der Zombie-Soldaten war, kommt nur kurz zur Sprache, wird ansonsten jedoch praktisch ignoriert. Sein Part gleicht eher dem des Darren McCord aus "Sudden Death": Sympathischer Familienvater on the loose mit freilich tadellosen "Daddy-Allüren". Zu allem Überfluss wandelt sich die selbst noch von Emmerich und Devlin veräußerte Kritik an militärischen Machenschaften hier in ihr diametrales Gegenteil.
Notwendigerweise nochmals zurück zu "Universal Soldier: Regeneration": Man tut letzten Endes gut daran und sich selbst vermutlich einen Gefallen damit, die erste Fortsetzung wahlweise als obligatorisches Übel wahrzunehmen, zu vergessen oder gleich gänzlich zu übergehen und stattdessen Hyams' diesen Film offensichtlich sowieso komplett ignorierendes Sequel als eigentliche Fortschreibung der Geschichte um die Unisols Devereaux (und Scott) zu erachten.

4/10

Militaer Sequel Kunstmensch Mic Rodgers Computer


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KING ARTHUR (Antoine Fuqua/USA, UK, IE 2004)


"What is this madness?"

King Arthur ~ USA/UK/IE 2004
Directed By: Antoine Fuqua

467 n.Chr.: Die Römer geben bereits die ersten nördlichen Provinzen auf, als ihnen auf der britannischen Insel von Norden her die Sachsen unter ihrem Anführer Cerdic (Stellan Skarsgård) den Krieg erklären. Der Hadrianswall wird derweil tapfer gehalten von dem sarmatischen Ritter Arthur (Clive Owen) und seinen Männern, die ihrer baldigen Entlassung aus der Armee entgegensehen. Ihr letzter Auftrag besagt, einen im nördlichen Teil der Insel lebenden römischen Edelmann (Ken Stott) vor den Sachsen in Sicherheit zu bringen und nach Süden zu eskortieren. Unterwegs schließt Arthur Waffenstillstand mit den kriegerischen Pikten und ihrem Anführer Merlin (Stephen Dillane), ständig verfolgt von den sächsischen Häschern. Am Hadrianswall angelangt, entschließt sich Arthur gegen Rom und zum Verbleiben in Britannien und es kommt zur alles entscheidenden, letzten Schlacht.

"King Arthur", den, soviel gleich vorweg, man sich ausschließlich im nicht von den Mickymäusen geschändeten Director's Cut ansehen darf, bietet ein opulentes Festmahl für das Auge. Wie Fuqua das Frühmittelalter an der historischen Zeitgrenze des römischen Reichs ins Bild fasst, das ist ein Musterbeispiel ästhetisch gefälligen Filmemachens. Nicht nur Ausstattung, Sets, Drehorte und Licht sind schmerzhaft perfekt aufeinander abgestimmt, auch die zudem sehr natürlich wirkenden Farbkompositionen lassen einen dahinschmelzen. So muss großes Historienkino aussehen. Die Action- und Schlachtensequenzen sind angemessen wuchtig und deftig arrangiert, die Besetzung mit Bolzbirnen wie Ray Winstone, Ray Stevenson, Mads Mikkelsen und Ioan Gruffudd und deren Spiel mehr als erfreulich. Selbst Til Schweiger als Sachsensohn kommt absolut unverdorben herüber. Der Ansatz, die üblicherweise als Mär in der Kulturgeschichte verankerte Artussage unter weitgehender Aussparung oder Umformulierung der üblichen Requisiten und Artefakte wie Arthurs Erziehung durch den Zauberer Merlin, dem Schloss Camelot, dem Heiligen Gral oder Excalibur im Stein in einen historisch weitgehend authentischen Kontext zu überführen, ist nicht uninteressant, kann aber, besonders angesichts ihrer natürlich hollywoodreinen Transponierung sicherlich diskutiert werden.
Ich mag diesen Film in seiner Gesamtheit jedenfalls sehr und empfinde ihn auch als Bestandteil des Fuqua'schen Werks als seinen im Modernen angesiedelten Actiondramen vollkommen ebenbürtig.

8/10

Ritter Director's Cut period piece Artussage Mittelalter Historie Roemisches Reich Antoine Fuqua


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TRAINING DAY (Antoine Fuqua/USA 2001)


"My nigga."

Training Day ~ USA 2001
Directed By: Antoine Fuqua


Der junge Police Officer Jake Hoyt (Ethan Hawke) verspricht sich verbesserte Karrierechancen durch eine Bewerbung beim Drogendezernat. Mit seinem neuen Vorgesetzten Detective Harris (Denzel Washington), einer lebenden Legende beim LAPD, soll Hoyt zunächst eine eintägige Probestreife in der Stadt begehen. Rasch bemerkt der unfreiwillige 'Azubi', dass Harris selbst längst jede Grenze zwischen Recht und Unrecht hinter sich gelassen hat und teils skrupelloser vorgeht als die Gangster, die es zu bekämpfen gilt. Als Hoyt dann feststellt, dass er außerdem Teil eines komplexen Plans ist, mittels dessen Harris die ihm gegenüber ungehaltene Russenmafia zu beschwichtigen sucht und zu allem Überfluss in eine Mordfalle gerät, wendet er sich gegen seinen anfangs geachteten Trainer.

Formal betrachtet hervorragender Polizeithriller, deutlich besser als ich ihn in Erinnerung hatte und vor allem mit Fuquas seither um einige weitere bedeutende Arbeiten angewachsenen Œuvre im Hinterkopf außerordentlich sehens- und wiederholenswert. Vor allem in seiner komplexen Zeichnung der Metropole Los Angeles, ihrer chaotischen urbanen Struktur und unübersichtlichen Vielzahl von Vororten und Stadtteilen erweist sich "Training Day" als herausragend; er muss sogar zweifellos zum Kanon der großen L.A.-Filme gezählt werden. Dass die auf einen Tag begrenzte, von großer formaler Strenge geprägte Kriminalgeschichte besonders gegen Ende hin zuweilen recht abenteuerlich konstruiert wirkt, lässt sich angesichts der sonstigen, überragenden Qualitäten von Fuquas Regie verschmerzen. Washingtons ungewohnte Darstellung als korrumpierter, größenwahnsinniger Machtpervertierer, der sich für den ungekrönten König der Stadt hält, ist wahrhaft brillant und lässt einen leicht wehmütig feststellen, dass der Mann viel zu selten den Bösewicht gegeben hat, als der er doch eigentlich um so Vieles interessanter ist.

8/10

Drogen David Ayer Antoine Fuqua Los Angeles





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Funxton

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