Zum Inhalt wechseln


In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


Foto

COSMOPOLIS (David Cronenberg/CA, F 2012)


"Your prostate is asymmetrical."

Cosmopolis ~ CA/F 2012
Directed By: David Cronenberg

Der milliardenschwere Manager Eric Packer (Robert Pattinson) entschließt sich, sich von seiner Stretch-Limousine zum Frisör am anderen Ende der Stadt bringen zu lassen. Die Fahrt dorthin dauert mit Unterbrechungen infolge kleinerer Pausen und immer wieder zusteigender Mitfahrer fast den ganzen Tag, da zeitgleich der Präsident in der Stadt weilt und diverse Straßenzüge gesperrt sind. Doch nicht nur das Staatsoberhupt muss um seine Sicherheit fürchten; auch Packers Leben wird durch einen unbekannten Attentäter sowie die allgemeine kapitalismusfeindliche Stimmung in der Stadt bedroht.

Leider ist mir Don DeLillos Roman unbekannt, Cronenbergs Film aber finde ich ganz toll. In Dialog und Habitus eine Herausforderung ist die Geschichte eine wunderbar pointierte Abrechnung mit der Hochfinanz, der Schlipsträger derangiert sich selbst und wird schließlich zum verzweifelten Fraß seiner von ihm geschaffenen Monster und sukzessive auch seiner selbst. Cronenberg gelingen gleichermaßen kryptische wie begeisternde Bilder vom Innenleben jener gepanzerten und abdunkelbaren Stretchlimo, in denen die High-Class-Manager gleich zu Dutzenden durch die Millionenstadt kurven, periodisch begleitet von allerlei merkwürdigen bis einprägsamen Zeitgenossen.
Mit jener gleichermaßen verzerrten wie gestochen scharfen Perspektive auf die Dinge des Lebens knüpft Cronenberg an alte Klasse an und lässt nach diversen zwar spannenden, aber doch eher konventionell strukturierten Arbeiten Erinnerungen an Meisterwerke wie "Videodrome", "Dead Ringers" und "Naked Lunch" hervortreten. "Cosmopolis" stellt nachhaltig unter Beweis, dass dieser Regisseur noch lange nicht ausgebrannt ist, sondern dass vielmehr weiterhin mit ihm gerechnet werden muss.

9/10

Wall Street Finanzkrise David Cronenberg New York Don DeLillo Madness


Foto

ERCOLE ALLA CONQUISTA DI ATLANTIDE (Vittorio Cottafavi/I, F 1961)


Zitat entfällt.

Ercole Alla Conquista Di Atlantide (Herkules erobert Atlantis) ~ I/F 1961
Directed By: Vittorio Cottafavi

Herkules (Reg Park) und sein Freund Androklus (Ettotre Manni), König von Theben, wohnen einer nervenaufreibenden Vision bei, die nicht nur das Ende Griechenlands, sondern sogar das der ganzen Welt prophezeit. Zusammen mit Herkules' Sohn Illus (Luciano Marin) und dem lustigen Zwerg Timotheos (Salvatore Furnani) bricht man übers Meer auf, die dräuende Gefahr ausfindig zu machen und zu beseitigen. Jene zeigt sich bald in Form der sagenhaften Insel Atlantis respektive deren Königin Antinea (Fay Spain), einer machtgierigen Diktatorin, die ihrem Machterhalt zur Bedingung ohne zu zögern ihre Tochter (Laura Efrikian) opfern will und mithilfe eines mystischen Steines eine Superrasse züchtet, mit deren Unterstützung sie die Weltherrschaft anstrebt.

Noch schöner als Cottafavis erster "Herkules"-Film mit Mark Forest gestaltet sich dieser Meilenstein des Schundfilms. Herrliche, verschwenderisch mit Goldlack bepinselte Plastikbauten, kurzsichtige Maskenbildnerei (Antineas blondbärtige Ariergarde steht den Heino-Zombies aus "Otto - Der Film" in nichts nach), des Recken bemühter Kampf gegen ein teuflisch kindergartenkostümiertes Monster namens Proteus, das sich wahlweise auch in einen sattgefressenenen, dressierten Zirkuslöwen oder in eine dreißig Zentimeter lange Babypython verwandeln kann und natürlich Reg Park selbst, mein persönlicher Lieblings-Herkules, machen Cottafavis Film zu einem Erlebnis. Meine wie immer überheblich konnotierte Schilderung des Films soll dabei der spürbarten Vitalität der Inszenierung, die vor einem fast kindlichen Enthusiasmus sowie dem Mut zur Ernsthaftigkeit inmitten der eigenen Trashprämisse strotzt bitte nicht den Weg abschneiden. "Ercole Alla Conquista Di Atlantide" ist wirklich italienischer Bodybuilder-/Sandalen-Gurkensalat at its finest accomplishment!

8/10

Vittorio Cottafavi Herkules Griechenland Atlantis Europloitation Griechische Mythologie


Foto

LA VENDETTA DI ERCOLE (Vittorio Cottafavi/I, F 1960)


Zitat entfällt.

La Vendetta Di Ercole (Die Rache des Herkules) ~ I/F 1960
Directed By: Vittorio Cottafavi

Herkules (Mark Forest) kehrt von einem Abenteuer im Hades zurück, an deren erfolgreichem Ende er dem Gott der Rache einen in der Unterwelt aufgespürten Blutdiamanten opfern kann. Doch auch in der Oberflächenwelt geht es heiß her: Der böse Tyrann Eurytos (Broderick Crawford) plant die Eroberung Thebens und sucht dafür willfährige Mitstreiter. Derweil erliebt sich Herkules' Sohn Hylos (Sandro Moretti) in die flotte Thea (Federica Ranchi), ein Umstand, den Eurytos wohlfeil für allerlei Ränke gegen seinen muskelbepackten Erzfeind zu nutzen weiß. Der jedoch schreckt selbst vor Elefanten nicht zurück.

Nach Steve Reeves war Mark Forest der zweite Herkules im italienischen Sandalenopus im ersten von zwei Filmen des immens visuell denkenden Regisseurs Cottafavi. "La Vendetta Di Ercole" hat eigentlich gar keine richtige Geschichte, sondern präsentiert eine Abfolge schaulustiger Szenen, deren Zusammenhang bestenfalls einer surrealistischen Traumlogik folgt. Daher konnte der Film in unterschiedlichen Ländern auch in ganz unterschiedlichen Schnittfassungen ohne besondere strukturelle Einbußen gezeigt werden. So bekamen die Amerikaner etwa noch einen Kampf zwischen dem Halbgott und einem Drachen in Stop-Motion-Animation zu sehen, der bei uns völlig fehlt. Worauf wir glücklicherweise nicht verzichten mussten, ist Herkules' Hades-Abstieg, im Zuge dessen er gegen den Höllenhund Zerberus und gegen ein plüschiges Fledermausmonster kämpfen muss - im Film als Kreaturen zu sehen, die dem "Spezial" in "Spezialeffekt" eine ganz neue semantische Konnotation abringen. "La Vendetta Di Ercole" ist an der Oberfläche zwar doof und billig, in seinen spezifischen Bahnen jedoch getragen von absoluter Könnerschaft sowie inbrünstiger Fabulierfreude und gerade deshalb beseelt von einem unwiderstehlichen Charme.

7/10

Vittorio Cottafavi Herkules Griechenland Europloitation Sandalenfilm Griechische Mythologie


Foto

23 (Hans-Christian Schmid/D 1998)


"Nichts ist wahr. Alles ist erlaubt."

23 ~ D 1998
Directed By: Hans-Christian Schmid

Hannover in den 1980ern: Der junge Computerhacker Karl Koch (August Diehl) ist besessen von Robert Anton Wilsons Roman-Anthologie "Illuminatus!" und deren verschwörungstheoretischen Hirngespinsten. Über die Fiktion hinaus beginnt er selbst, in der Realität Ungereimtheiten festzustellen wie das sich ständig wiederholende Auftauchen der Zahl 23 und ihrer Quersumme 5. Karl glaubt, dass praktisch alles um ihn herum bloß Teilfacetten einer diffusen Weltverschwörung widerspiegelt.
Als er über Gras zum Kokain gerät und mit obskuren Geschäftspartnern anfängt, für den Ostblock Computernetzwerke auszuspionieren, verschlimmert sich seine bereits pathologische Paranoia bis hin zur Psychose. Dennoch scheint nicht alles bloß blühende Phantasie zu sein...

Hm, als Porträt der Achtziger und ihrer historischen Funktion als Schlussakt des Kalten Krieges ist "23" weniger interessant, als psychologisch angelegtes Porträt eines drogeninduzierten Psychotikers dafür umso mehr. Dass Bits und Bytes schon seit jeher dazu angetan waren, Gehirne und vor allem Seelen zu erweichen, wissen Zeitgenossen schon, seit ihre Klassenkameraden sich vor gut 25 Jahren mit Atari und Commodore im heimischen oder benachbarten Kinderzimmer eingeschlossen und halb zu Tode gedaddelt haben. Brenzlig wurde es damals jedoch auch für Leib und Leben, wenn sich das Interesse am Computer in politisch fragwürdige Bahnen überführt fand - sprich, zu Spionagzwecken genutzt wurde. Erst die unheilige Mixtur aus alldem jedoch machte Karl Kochs letzte junge Lebensjahre so brisant: Seine psychische Ausgangssituation, seine Suche nach Zwischenmenschlichkeit, seine Suchtanfälligkeit, schließlich ein formloser Hang zum Protest. Da musste es irgendwann knallen. Als er schlussendlich verschwand und eine Woche später verkohlt in einem Wald aufgefunden wurde, näherte diese myseriöse Entwicklung zunächst natürlich Karls spekulatives Realitätskonstrukt und sorgte für eine gewisse Mythisierung in geneigten Kreisen. Tatsächlich ist davon auszugehen, dass der junge Mann, der aus Gründen der Strafaussetzung mittlerweile gezwungen war, als Laufbursche für die Landes-CDU zu arbeiten, nicht mehr konnte und sich - natürlich mit knapp 24 Jahren - selbst angesteckt hat. Faszinierend und filmreif ist dieses Schicksal sicherlich allemal und entsprechend sehenswert hat Schmid es umgesetzt.

8/10

period piece Hans-Christian Schmid Hannover Drogen Kokain Madness DDR Kalter Krieg Internet Verschwörung Biopic Berlin


Foto

SECRET WINDOW (David Koepp/USA 2004)


"Oh, I'm in trouble."

Secret Window (Das geheime Fenster) ~ USA 2004
Directed By: David Koepp

Die Ehe des erfolgreichen Romanautors Mort Rainey (Johnny Depp) liegt in den letzten Zügen. Seine Frau Amy (Maria Bello) hat sich einen neuen Freund (Timothy Hutton) zugelegt und wohnt mit diesem in einem Vorort von New York, derweil Mort mit Hund Chico das rustikale Landhaus in der tiefsten neuenglischen Provinz bevölkert. Als urplötzlich ein Fremder (John Turturro) auftaucht, der sich als 'John Shooter' vorstellt und behauptet, Mort habe ihm einst seine Kurzgeschichte "The Secret Window" gestohlen und zusätzlich deren Ende aufgeweicht, gibt Mort sich zunächst lediglich genervt. Shooter jedoch, der von Mort wahlweise verlangt, zu beweisen, dass seine Story kein Plagiat ist oder sie andernfalls neu und adäquat zu veröffentlichen, stellt sich nicht nur als extrem beharrlich heraus, sondern darüberhinaus auch als höchst nachdrücklich. Seine Methoden, denen nacheinander der arme Chico und Morts Stadthaus zum Opfer fallen, werden zunehmend aggressiver...

Ich kann auch nach der Zweitbeschau von "Secret Window" im Grunde nur unterschreiben, was sowieso die Meisten - auch die alten FTB-Einträge in unserem Board - über ihn sagen: Dass er nett, unterhaltsam und grundsolide daherkommt, ansonsten jedoch wenig zu überraschen und schon gar nicht zu begeistern vermag. Die Gründe dafür sind multipel: trotz einer sicheren inszenatorischen Hand kann David Koepp sich etwa nicht zwischen den zwei Hauptsträngen der humorigen Satire auf die schaffenskriselnden Nöte eines amerikanischen Allerwelt-Romanciers einerseits und der saftigen Psychose-Studie eines vom Wege der Stabilität Abdriftenden andererseits entscheiden und beschreitet daher kompromissbereit den vagen Mittelweg. Johnny Depp in der Rolle des Geisteskranken ist unpassend, wenn nicht gar fehlbesetzt. In "Secret Window" versucht er, seine übliche Marotte des linkischen Kauzes mit der im Kino nicht minder etablierten Charaktermatrix des irren Gewaltverbrechers zu kreuzen, was erwartungsgemäß schiefgehen muss. Mort Rainey ist trotz seiner Aktionen am Ende nicht die große Bedrohung, die er eigentlich symbolisieren sollte, sondern bloß eine weitere Nummer in der großen Ahnenreihe von Depp gespielter, nebenspuriger Antihelden. Dennoch ist Koepps Film wohl nicht wirklich schlecht - er hat zwei, drei veritable Nägelkauerszenen, eine gemeinhin ordentliche Besetzung und schließt mit dem Auftritt von Timothy Hutton gewissermaßen sogar den Kreis zur ersten fürs Kino umgesetzten, king'schen 'Autorenspaltungsgeschichte' "The Dark Half". Nur, dass dieser mir trotz seiner bekannten Entstehungsprobleme nicht unwesentlich ambitionierter und formvollendeter erscheint.

7/10

David Koepp Stephen King New York Literatur Madness Ehe


Foto

TARZAN AND THE AMAZONS (Kurt Neumann/USA 1945)


"When the sun meets our God, your life will be ending!"

Tarzan And The Amazons (Tarzan und die Amazonen) ~ USA 1945
Directed By: Kurt Neumann

Auf dem Weg zur Begrüßung der just nach Afrika zurückkehrenden Jane (Brenda Joyce) rettet Tarzan einer Amazone (Shirley O'Hara) aus der legendären, verborgen Stadt Palmyria das Leben. Just auf deren Entdeckung ist auch eine Jane begleitende Expedition verkorkster Wissenschaftler unter der Führung des distinguierten Archäologen Sir Guy (Henry Stephenson) scharf. Tarzan, der das Geheimnis der Amazon wohlfeil hütet, lehnt die Bitte nach seiner Führung der Expedition jedoch ab. Der unverständige Boy (Johnny Sheffield) jedoch kennt seit Tarzans Rettungsaktion ebenfalls den Standort Palmyrias und bringt die Männer naiverweise dorthin. Ein Fehler, denn der gierige Konsul Ballister (Barton MacLane) will sich sogleich die Goldschätze der Amazonen unter den Nagel reißen. Deren Rache ist grausam und Boy wird von ihnen gefangen gehalten. Gerade noch rechtzeitig kann Tarzan die entwendeten Insignien der Amazonen zurückschaffen und BVoy somit auslösen.

Ab hier gab die blonde Brenda Joyce, deren etwas krankenschwesterliches, aseptisches Charisma bei aller Sympathie der subtilen Erotik Maureen O'Sullivans zumindest nach meinem Dafürhalten nicht das Wasser reichen konnte, die Jane. Sie "überlebte" sogar Weissmullers RKO-Einsatz, war noch im ersten Lex-Barker-Tarzan "Tarzan's Magic Fountain" dabei und nach O'Sullivan somit die am zweithäufigsten besetzte Jane der Filmgeschichte. Ansonsten bietet jedoch auch dieser "Tarzan" wieder schönstes B-Movie-Flair. Die Geschichte um die Amazonen, bis auf ihre von Maria Ouspenskaya gespilete Hohepriesterin wundersamerweise alle gleich alt bzw. gleich jung und samt und sonders aussehend wie Wonder Woman, ist ja ein stets gern aufgegriffenes, klassisches Motiv des eher günstig gehaltenen Phantastischen Films und macht erfreulicherweise auch Tarzan alle Ehre. Dass Jane trotz ihtrer mittlerweile kosmopolitischen Weltgewandtheit immer noch nicht gescheit ist und jedem dahergelaufenen Zivilisationsrepräsentanten dessen angeblich ehrbare Motive abnimmt, gehört so sehr dazu wie die Schimpansin Cheetah (ebenfalls von einer anderen Primatin dargestellt als in den Vorgängern), die sich diesmal als Anglerin versucht und für einige stressige TNT-Situationen zu sorgen hat. Boy heißt jetzt urplötzlich in der deutschen Synchronisation 'Burt', was zu Recht für verständnisloses Kopschütteln sorgen musste, ansonsten schlagen sich Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein mittlerweile auch bei "Tarzan" nieder. Wenn früher eine Löwenmutti abgeknallt und ihre kleinen Waisen schutzlos zurückgelassen wurden, kommentierte der Film das mit einem Achselzucken (so geschehen in "Tarzan Escapes"), nunmehr adoptiert die liebe Cheetah die knuffigen Drillinge. Harter Realismus zum Quadrat; recht so!

8/10

Kurt Neumann Tarzan Sequel Afrika Amazonen


Foto

MISSION TO MARS (Brian De Palma/USA 2000)


"They're us. We're them."

Mission To Mars ~ USA 2000
Directed By: Brian De Palma

Im Jahr 2020 steht die erste bemannte Marsexpedition der NASA an. Nachdem Flug, Landung und Campaufbau reibungslos von Statten gegangen sind, stoßen die Astronauten auf ein seltsames Artefakt, dass sich gegen die neugierigen Erdlinge zur Wehr setzt. Für die vier Freunde Jim McConnell (Gary Sinise), Woody Blake (Tim Robbins), Terri Fisher (Connie Nielsen) und Phil Ohlmyer (Jerry O'Connell) Anlass zu einer sofortigen Rettungsmission, zumal ihr alter Kumpel Luke Graham (Don Cheadle) sich noch auf dem Mars befindet. Auf dem Roten Planeten angelangt stößt man auf die Spuren einer außerirdischen Zivilisation.

Auch nach mehrfacher Betrachtung fällt es mir sehr schwer, ein auch nur halbwegs stabiles Urteil über "Mission To Mars" zu fällen. Zuallererst einmal ist es ein höchst sonderbarer Film, getragen von einer sehr eigenen Atmosphäre. Unschwer erkennbar setzt er die Tradition jener stets "flächig" umgesetzten SciFi-Motivik fort, die uns Terraner nicht nur mit einer außerirdischen Kultur konfrontiert, sondern uns darüber hinaus noch Aufschluss über unsere Evolutionsgeschichte und unseren künftigen Werdegang gibt. Als herausragende Beispiele dafür fallen einem sogleich "2001: A Space Odyssey" und "Close Encounters Of The Third Kind" in den Schoß. Deren Pfad gen Erkenntnis verfolgt auch "Mission To Mars", der darüber hinaus auch eine Meditation über Freundschaft, Liebe, Opferbereitschaft und Verlust darstellt. Wenngleich die porträtierte Gesellschaft nur zwei Jahrzehnte in der Zukunft stattfindet, hat man doch das Gefühl, sie sei gleich deutlich zivilisierter als die unsrige. Schimpfwörter kommen ebensowenig vor wie aufbrausendes Verhalten; stattdessen scheinen die Leute von einer entspannten Gleichmut beseelt, die sie auch in Extremsituationen nicht loslässt. Diese Mentalität überträgt sich auf den gesamten Film, der sich einem warmen Marihuanarausch gleich über den Zuschauer ergießt. Dabei balanciert er stets erstaunlich nah an der Preisgabe zur Lächerlichkeit entlang. Tim Robbins' Opferszene ist von unendlichem Pathos, das finale Erscheinen des Alienpiloten, der ein CGI-Tränchen vergießt, ist schließlich gefährlich nahe an einer möglichen Selbstdenunziation. Getragen wird all das von Ennio Morricones aufreibenden Tönen, die in einem Science-Fictioner im Grunde vollkommen eklektizistisch anmuten. Dennoch ist "Mission To Mars" das, was man leichtfertig als einen "schönen Film" bezeichnen möchte. Vorausgesetzt, man ist in der richtigen Stimmung für ihn und hat dazu passende Mitschauer. Ansonsten könnte die ganze Chose auch unschwer in einer eineinhalbstündigen Zwerchfellbelastung kulminieren.

7/10

Brian De Palma Zukunft Raumfahrt Mars Freundschaft Aliens


Foto

JACOB'S LADDER (Adrian Lyne/USA 1990)


"According to this, you're already dead."

Jacob's Ladder ~ USA 1990
Directed By: Adrian Lyne

Der Vietnamveteran und Postangestellte Jacob Singer (Tim Robbins) wird urplötzlich Zeuge mysteriöser Vorgänge und Visionen. Dämonische Gestalten scheinen ihn zu verfolgen und auch Personen aus seinem alltäglichen Umfeld wie seine Freundin Jessy (Elizabeth Peña) in ihr höllisches Spiel zu integrieren. Damit nicht genug, durchleben auch andere Männer aus Jacobs ehemaligem Platoon ähnliche Halluzinationen. Der Plan einer Sammelklage misslingt jedoch, da man offensichtlich von höchster Regierungsstelle den gesamten Kriegseinsatz der Männer zu verschleiern sucht. Zudem scheinen missliebige Zeugen kurzerhand ausgeschaltet zu werden. Was steckt wirklich hinter alldem?

Film als Agonie und Todestraum: Am Ende fügt sich alles, und ob Jacob und seine Kameraden an diesem diesigen, blutig endenden Tag in Da Nang wirklich nur miesen Shit geraucht haben oder doch zu unfreiwilligen Versuchskaninchen für aggressionsschürendes LSD geworden sind, wie es Jacobs herbeiphantasierter Botschafter Michael (Matt Craven) berichtet, behält der Film zu guter Letzt für sich. Es spielt auch überhaupt keine Rolle. Hier geht es um einen unter dem bereits herabsausenden Fallbeil ausgetragenen, finalen inneren Konflikt; Blitzlichter, letzte erotische Wunschträume, stream of consciousness. Das Ganze dargeboten mithilfe eines klar umrissenen, bildlichen Bibelkontexts um den Erzvater Jakob und die Himmelsleiter. Letzten Endes dreht sich "Jacob's Ladder" als ergreifender Antikriegsfilm mit gehobenem Verstörungspotenzial in der Tradition von "Johnny Got His Gun" ums Loslassen, um den überfälligen Übergang ins Jenseits, der nach den bösen Erfahrungen der letzten Tage erst wieder in Urvertauen umschlagen und bewerkstelligt werden muss. Eindeutige logische Scriptpatzer wie der, dass der 1971 versterbende Jacob im Zuge seiner Todesvision eine Party besucht, auf der erst drei Jahre später veröffentlichte Songs gespielt werden, muss man da wohl oder übel großzügig nachsehen. Auch wenn sie die Sinnsuche dieses ansonsten brillanten Films unnötig erschweren.

9/10

Adrian Lyne Vietnamkrieg period piece Drogen Militär New York Veteran Verschwörung


Foto

DEAD OF NIGHT (Bob Clark/CA, UK 1974)


"This is the Andy I used to know."

Dead Of Night ~ CA/UK 1974
Directed By: Bob Clark

Zwei Tage, nachdem sie die Nachricht vom Kriegstod ihres Sohnes Andy (Richard Backus) erhalten hat, staunt die Familie Brooks nicht schlecht: Andy steht, scheinbar gesund und wohlauf, nächtens vor ihrer Tür. Doch es dauert nicht lange, da entpuppt sich Andy als keineswegs beieinander: Er reagiert zunehmend aggressiv auf bestimmte Gesprächsthemen, tötet den kleinen Familienhund und hat darüberhinaus bereits einen Trucker (David Gawlikowski) auf dem Gewissen. Der Nächste ist der Arzt und Familienfreund Dr. Allman (Henderson Forsythe). Andy beginnt derweil, körperlich zu verfallen und braucht Blut, um weiter"leben" zu können. Auf seine Eltern (John Marley, Lynn Carlin) wartet angesichts der Realisierung von Andys schrecklicher Veränderung nurmehr Verzweiflung und Tod.

Eine finstere Allegorie zum literarischen Topos 'Rückkehr des verlorenen Sohnes', dabei von diversen literarischen Vorbildern wie den short stories Jacobs' "The Monkey's Paw" oder Buzzatis "Il Mantello" beeinflusst, die ebenfalls ein anderes Wiedersehen mit dem einstweilen Verschollenen schildern als das familiäre / elterliche Umfeld es sich erhoffte. "Dead Of Night" entpuppt sich dabei als durchaus vielschichtig: Nicht nur greift er als einer der ersten Filme die traumatischen Erfahrungswelten der Vietnamheimkehrer auf und verwandelt sie in eine symbolische Bildsprache, es ist auch die Geschichte einer über alle Barrieren hinweg bestehenden Mutter-Sohn-Beziehung. Tatsächlich sind es die telepathisch vernommen Wünsche seiner Mutter, die es Andy Brooks verwehren, ins Jenseits einzukehren (dass er tatsächlich lieber ohne Umweg dorthin gegangen wäre, beweist sein am Ende von ihm selbst geschaufeltes Grab), ebenso wie Christine Brooks sich wider allen besseren Wissens ihren zum Monster gewordenen Sohn aufzugeben oder der Staatsgewalt zu überlassen. Der Patriarch jagt sich derweil eine Kugel durch den Schädel, weil er die schreckliche Gewissheit nicht verarbeiten kann. "Du schuldest mir das, was ich für dich gegeben habe", sagt Andy zu dem Arzt Dr. Allman, bevor er diesen mit einer Spritze niedersticht, um sich hernach dessen warmes Blut zu injizieren und bringt damit die Empörung einer ganzen verlorenen Generation auf den Punkt.

8/10

Bob Clark Vietnamkrieg Vampire Familie Veteran


Foto

CLOSE ENCOUNTERS OF THE THIRD KIND (Steven Spielberg/USA 1977)


"This means something. This is important."

Close Encounters Of The Third Kind (Unheimliche Begnung der Dritten Art) ~ USA 1977
Directed By: Steven Spielberg

Seit über dreißig Jahren vermisste Flugzeuge erscheinen bei Sonora, ein im Bermuda-Dreieck verschwundenes Schiff findet sich derweil in der Wüste Gobi an. In Indien entwickelt sich eine merkwürdige Sektenreligion und überall werden nächtens UFOs gesichtet, die Sonnenbrände auf den Gesichtern ihrer Beobachter hinterlassen, welche zudem fortan äußerst absonderliche Verhaltensweisen an den Tag legen. Auch wenn die Regierungen es leugnen und geheimzuhalten versuchen: Aliens sind dabei, Tuchfühlung mit der Menschheit aufzunehmen. Der Werksangestellte Roy Neary (Richard Dreyfuss) lässt sich nicht beirren und reist zum Devils Tower, einem Tafelberg in Wyoming, von der er permanente Visionen hat. Hier findet der erste Kontakt mit den Außerirdischen statt.

Als nicht nur rein optisches alter ego Spielbergs war Richard Dryefuss nach "Jaws" in "Close Encounters Of The Third Kind" wieder mit an Bord, diesmal als Agent einer Kleine-Jungs-Phantasie, die sich in eine Rolle als Auserwählter hineinträumt, der von Außerirdischen als Menschheitsabgesandter eingeladen wird. Der kulturelle Impact, der von "Close Encounters" ausging, ist gewaltig. Freundliche Aliens tragen bis heute im Massenbewusstsein exakt jenes Antlitz, das Carlo Rambaldi ihnen einst angedeihen ließ - als ätherische Lichtgestalten mit unverhältnismäßig großen Köpfen und Augen. Die Fünf-Ton-Folge, die als eine Art Gruß zwischen Menschen und Außerirdischen fungiert, vergisst niemand mehr, der sie einmal gehört hat.
"Close Encounters" ist ein seltsamer Film. Nach "Jaws" galt Spielberg bekanntermaßen als Regie-Wunderkind und kam dann ausgerechnet mit dieser abgehobenen Idee um die Ecke - einer Art Vulgärariante von "2001: A Space Odyssey", dennoch nur scheinbar tauglich für den unkomplizierten Massenkonsum, warum die Lunte riechende Universal damit auch nichts zu tun haben wollte und Spielberg seinen bis heuer einzigen Film für Columbia herstellte: eine am Ende nämlich auf epische Länge gestreckte, minutiöse Charakter- und Familienstudie, die, abgesehen vielleicht von ihrer Irrealis, im Prinzip nochmal voll in die New-Hollywood-Kerbe schlug, derweil Spielbergs Freund George Lucas bei der Konkurrenz die Wookie-Puppen tanzen ließ um das Studiokino endgültig zu refamiliarisieren. Diverse, sich bei Spielberg immer wieder anfindende Motive, sind hier bereits latent bis akut vorhanden: Die Familie als unerschütterliche, humane Institution, vorstädtisches Zusammenleben, die Angst vorm Militär als unberechenbare Staatsgewalt, der intellektuell ausgeformte, aber schwache Wisseschaftler, Kinder als Medien, Haushaltsgeräte, die bedrohliches Eigenleben entwickeln. Ungewöhnlich derweil, dass Richard Dreyfuss Frau und Kinder ziehen lässt, um seiner "Mission" nachzugehen und mit der alleinerziehenden, verständigen Melinda Dillon möglicherweise einen späteren Neuanfang begehen wird. Solcherlei Realismus wird beim späteren Spielberg stoisch ausgeblendet.

8/10

Steven Spielberg Indiana Wyoming Familie Aliens Verschwörung Militär Hal Barwood





Filmtagebuch von...

Funxton

    Avanti, Popolo

  • Supermoderator
  • PIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIP
  • 8.268 Beiträge

Neuste Kommentare