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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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23 (Hans-Christian Schmid/D 1998)



"Nichts ist wahr. Alles ist erlaubt."

23 ~ D 1998
Directed By: Hans-Christian Schmid

Hannover in den 1980ern: Der junge Computerhacker Karl Koch (August Diehl) ist besessen von Robert Anton Wilsons Roman-Anthologie "Illuminatus!" und deren verschwörungstheoretischen Hirngespinsten. Über die Fiktion hinaus beginnt er selbst, in der Realität Ungereimtheiten festzustellen wie das sich ständig wiederholende Auftauchen der Zahl 23 und ihrer Quersumme 5. Karl glaubt, dass praktisch alles um ihn herum bloß Teilfacetten einer diffusen Weltverschwörung widerspiegelt.
Als er über Gras zum Kokain gerät und mit obskuren Geschäftspartnern anfängt, für den Ostblock Computernetzwerke auszuspionieren, verschlimmert sich seine bereits pathologische Paranoia bis hin zur Psychose. Dennoch scheint nicht alles bloß blühende Phantasie zu sein...

Hm, als Porträt der Achtziger und ihrer historischen Funktion als Schlussakt des Kalten Krieges ist "23" weniger interessant, als psychologisch angelegtes Porträt eines drogeninduzierten Psychotikers dafür umso mehr. Dass Bits und Bytes schon seit jeher dazu angetan waren, Gehirne und vor allem Seelen zu erweichen, wissen Zeitgenossen schon, seit ihre Klassenkameraden sich vor gut 25 Jahren mit Atari und Commodore im heimischen oder benachbarten Kinderzimmer eingeschlossen und halb zu Tode gedaddelt haben. Brenzlig wurde es damals jedoch auch für Leib und Leben, wenn sich das Interesse am Computer in politisch fragwürdige Bahnen überführt fand - sprich, zu Spionagzwecken genutzt wurde. Erst die unheilige Mixtur aus alldem jedoch machte Karl Kochs letzte junge Lebensjahre so brisant: Seine psychische Ausgangssituation, seine Suche nach Zwischenmenschlichkeit, seine Suchtanfälligkeit, schließlich ein formloser Hang zum Protest. Da musste es irgendwann knallen. Als er schlussendlich verschwand und eine Woche später verkohlt in einem Wald aufgefunden wurde, näherte diese myseriöse Entwicklung zunächst natürlich Karls spekulatives Realitätskonstrukt und sorgte für eine gewisse Mythisierung in geneigten Kreisen. Tatsächlich ist davon auszugehen, dass der junge Mann, der aus Gründen der Strafaussetzung mittlerweile gezwungen war, als Laufbursche für die Landes-CDU zu arbeiten, nicht mehr konnte und sich - natürlich mit knapp 24 Jahren - selbst angesteckt hat. Faszinierend und filmreif ist dieses Schicksal sicherlich allemal und entsprechend sehenswert hat Schmid es umgesetzt.

8/10

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Filmtagebuch von...

Funxton

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