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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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BACK TO THE FUTURE (Robert Zemeckis/USA 1985)


"Jesus, it is a wonder I was even born."

Back To The Future (Zurück in die Zukunft) ~ USA 1985
Directed By: Robert Zemeckis


Ein kleinstädtischer Durchschnittsschüler namens Marty McFly (Michael J. Fox) gerät durch die urplötzliche Flucht in einer von seinem zauseligen Freund Doc Brown (Christopher Lloyd) entworfenen Zeitmaschine ins Jahr 1955 - dreißig Jahre zurück in die Vergangenheit. In dieser Ära sind Martys Eltern (Lea Thompson, Crispin Glover) gerade in seinem Alter und kurz davor, sich zu begegnen. Martys unfällige Anwesenheit in dieser Zeit sorgt jedoch für allerlei Durcheinander, das es zu richten gilt, bevor er in seine, unterdessen im durchaus positiven Sinne modifizierte, Gegenwart zurückkehren kann.

Ein Musterbeispiel für die wirkungsvolle Erzeugung und Affizierung von Temporeichtum im Mainstreamkino von vor fünfundzwanzig Jahren. Mit einer im Vergleich zu heutigen, ähnlich gelagerten Genrefilmen lächerlich niedrig erscheinenden Schnittfrequenz, charmanten bis hausbackenen Spezialeffekten und dem Einsatz flotter Popsongs von heute und gestern erzeugt Zemeckis die blanke Illusion filmimmanenter Geschwindigkeit, dies allerdings auf eine so effektive Weise, dass es tatsächlich "zeitlos" wirkt. Eine Fähigkeit, die gute Komödienregisseure auszeichnet; schlag nach bei Wilder, Cukor, Lubitsch. Mir absolut unverständlich, dass Zemeckis mittlerweile zum reinen Virtualienfilmer verkommen ist. Die dem Sujet angemessene, durchaus positiv konnotierte Gestresstheit von "Back To The Future" liegt dabei fast ausschließlich in Script und Dramaturgie begründet; eine Vielzahl von inhaltlichen Koinzidenzen sorgen ganz im Stile der klassischen Serials aus den früheren Kinotagen (die "Back To The Future" bis zum Ende hin konsequent zitiert) für pausenlose Verwicklungen, die es jeweils zu entwirren gilt für den Protagonisten, der ja dem "Fluch" der Zukunftskenntnis aufgesessen ist. Geradezu brillant die Ausweitung des psychologischen Themas ödipaler Sehnsüchte, das durch das Medium Zeitreise ja eine ganz neue Dimension erhält.
Leider steht mein Physikdiplom noch immer aus, daher weiß ich nicht genau, inwieweit die Stimmigkeit der logischen Bestandteile der Geschichte zu werten ist; beispielsweise meine ich, mal gehört zu haben, dass es unmöglich sei, zweimal im Zeitstrom zu existieren, was die Tatsache, dass Marty und sein anderes Ich im Finale in Blickweite geraten, praktisch unmöglich machte. Vielleicht habe ich das aber auch einfach bloß geträumt. Der zweite und dritte Teil scheren sich ja noch weniger um diese disziplinäre Prämisse und machen sie im Gegenteil sogar zu einem wesentlichen Bestandteil ihres Plots.

9/10

Zeitreise Robert Zemeckis Zukunft Sequel Coming of Age Mad Scientist Freundschaft Teenager


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THE SECRET OF MY SUCCE$S (Herbert Ross/USA 1987)


"I hate men." - "Well, glad I'm not one of 'em."

The Secret Of My Succe$s (Das Geheimnis meines Erfolges) ~ USA 1987
Directed By: Herbert Ross


Landei Brantley Cooper (Michael J. Fox) komt von Kansas nach New York, um dort das große Geld zu machen. Der einzige Job, der sich auftreiben lässt, findet sich dann aber in jenem Konzern, dem Howard Prescott (Richard Jordan), Brantleys Onkel um sieben Ecken, vorsteht. Eingesetzt als Postbote nutzt Brantley die unübersichtlichen Personalstrukturen in der Firma, um sich eine inoffizielle Zweitexistenz als Manager zu erschaffen, die zwar den gewünschten beruflichen Erfolg, aber auch allerlei private Verwicklungen mit sich bringt.

Repräsentatives Lehrstück über den Uhrengang in den Achtzigern, der sich selbst zwar vordergründig satirisch gibt, die Freuden des Yuppie-Daseins jedoch allenthalben mit größter Faszination zelebriert. Die Botschaften, die der Film mit dem neckischen Dollarzeichen im Titel, in sich unterbringt, sind dabei unmissverständlich: Ausbildung, unbedingter Erfolgswille und vor allem harte Ellbogen sind genau die drei Dinge, die dich im Leben weiter und irgendwann an den Trog mit dem ganz großen Geld bringen. Zwar quasselt dieser Brantley Cooper (der sich von einem Marty McFly nicht wesentlich unterscheidet) unentwegt davon, dass er es "alleine schaffen" wolle, sein letztendlicher Triumph gründet sich dann aber doch bloß auf der Unterstützung seiner von Brantleys sexuellen Diensten überwältigten Pseudotante. "The Secret" ist sozusagen ein letzter, händeringender Versuch zur romantischen Verklärung der reagonomics, nur wenige Wochen, bevor Oliver Stone mit "Wall Street" um die Ecke kam und all das idealistische Geschwätz um den Traum vom großen Geld bitterbös Lügen strafte.
Was Ross' Film angeht: Ein zwar unterhaltsames, aber grausam hohles Filmmärchen ist das Resultat, aber, wie erwähnt, auch eines, das unentbehrlich ist innerhalb eines umfassenden 80er-Jahre-Kanons. Denn hier haben wir niemand Geringeren als einen Patrick Batemanbeim Berufseinstieg.

6/10

Verwechslung New York Geld Yuppie Herbert Ross


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BILL & TED'S EXCELLENT ADVENTURE (Stephen Herek/USA 1989)


"It seems to me the only thing you've learned is that Caesar is a salad dressing dude."

Bill & Ted's Excellent Adventure (Bill & Ted's verrückte Reise durch die Zeit ~ USA 1989
Directed By: Stephen Herek


Die beiden tumben, unzertrennlichen kalifornischen Teenager und Heavy-Metal-Fans Ted Logan (Keanu Reeves) und Bill S. Preston (Alex Winter) sehen ihre Zukunft gefährdet. Sollten sie nicht binnen 24 Stunden ein Geschichtsreferat zustande bringen, das ihre Noten exorbitant verbessert, würden sie sitzenbleiben. Ted müsste dann zudem auf eine Militärakademie. Außerdem stünde, wovon sie nichts ahnen, die gesamte Zukunft auf dem Spiel. Wie gut, dass ihnen ein seltsamer Mann mit portabler Telefonzelle begegnet: Rufus (George Carlin) jedenfalls weiß, wie man ein ordentliches Geschichtsreferat zustande bringt.

Bill und Ted sind niemand geringerer als die Urväter aller dämlichen Teenieduos von Wayne und Garth bis hin zu Jesse und Chester aus "Dude, Where's My Car?". Eine etwas zweifelhafte Ahnherrschaft vielleicht, nichtsdestotrotz aber eine extrem cremige. "Bill & Ted's Excellent Adventure" ist eine glänzende, und vor allem zeitlose Satire auf den desolaten Kenntnis- und Interessenstand des typischen WASP-Kid, dem große Eisschüsseln, lange Wasserrutschen und der Traum von der eigenen Stadionband allemal wichtiger sind als das geringste bisschen Kopftraining. Bill und Ted kultivieren eine Art eigenen "Dialekt" rund um die Universalbezeichnung aller Menschen als 'Dude', die in der grandiosen deutschen Synchronisation noch wüstere Kapriolen schlägt, aufgrund des unverdienten Misserfolgs des Films hierzulande jedoch leider keinen langfristigeren impact auf die Spaßkultur zu hinterlassen vermochte. Die bunte Kompilierung der historischen Persönlichkeiten und ihre Reaktionen auf die US-Konsumgesellschaft der herandämmernden neunziger Jahre ist dabei sogar von ausnehmender Brillanz. Besonders hervorragend Terry Camilleri als Napoleon, der mit stets seriöser Eroberermiene alles mitnimmt, was an der Westküste existenzelementar ist: Bowlingbahn, Eisparadies, Spaßbad.
Der Film, den ich selbst zu seliger Schulzeit im Philosophieunterricht anschleppte, fand immerhin sogar den Beifall des entsprechenden, weißbärtigen Fachlehrers; bis heute eine ganz private, zusätzliche Adelung für dieses, ist man mal ganz ehrlich, alles in allem intellektuell doch eher bescheidene, kleine Vergnügen.

7/10

Zeitreise Teenager Freundschaft Satire Stephen Herek Groteske Schule


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MARS ATTACKS! (Tim Burton/USA 1996)


"Mon Dieu."

Mars Attacks! ~ USA 1996
Directed By: Tim Burton


Die Erde wird von bösen kleinen Marsmännern attackiert, die alles kurz und klein schießen und schließlich nur mit einer alten Slim-Whitman-Schnulze wieder vertrieben werden können.

Nach meinem persönlichen Lieblingsfilm von Tim Burton, "Ed Wood", kam auch schon jenes Werk von ihm, das, wie ich aktuell wieder feststellen musste, mir am wenigsten gefällt. Ich bin schon kein besonders großer Freund von "Independence Day" und empfand "Mars Attacks" bereits im Kino in seinem Bombast, der die unendliche humanistische Sensibilität von Burtons kleiner Reminszenz an den legendären Schlockregisseur völlig vermissen lässt, als einen "würdigen" Emmerich-Nachfolger. Dies relativiert sich in der Retrospektion doch stark, denn natürlich sind Anlage und Geisteshaltung dieses Films jeweils völlig anders gewichtet als beim schwäbischen Spielberg - "Mars Attacks!" basiert, wie man vielleicht weiß, auf einer alten Trading-Cards-Serie aus den Sechzigern, die wohl entscheidend Burtons geschmäcklerische Auswüchse mitprägte. Allein diese Idee ist ja hinreichend wahnwitzig; dazu kommen aber noch andere groteske Augenblicke wie die unzweideutige Militarismuskritik, die popkulturellen Persiflages, die sadistischen Feixereien der großhirnigen Marsmännchen und nicht zuletzt natürlich die ungeheuerliche Tatsache, dass ein als Verlierer belächelter, tatsächlich etwas tumber White-Trash-Junge (Lukas Haas) im Verbund mit seiner senilen Großmutter (Sylvia Sidney) rein zufällig das Allheilmittel für die extraterrestrische Pest entdeckt. Die Grundstruktur des mit eher flauen Witzchen arbeitenden Scripts bleibt aber wie alle der jüngeren Invasions- und Katastrophenfilme dem teuren Studiobombast geschuldet, und genau das finde ich eher langweilig. "Mars Attacks!" ist bis in die letzte Nische mit Stars vollgepfropft, die sich ihren luxuriösen Spaß daraus machen, ihre Kollegen in punkto exzentrischen Performances gegenseitig an die Wand zu spielen und sich regelrecht darin sonnen, in einem potenziell und prätentiös als "Megatrash" und "Kultfilm" angelegten Großprojekt auftreten zu können. Ein Burton mit geflissentlich schalem Beigeschmack, hier und da sicherlich ganz gut, in seiner Gesamtheit aber kaum meine Art Comedy.

6/10

Mars Aliens Tim Burton Hommage Las Vegas


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RAISING ARIZONA (Joel Coen/USA 1987)


"Sometimes it's a hard world for small things."

Raising Arizona (Arizona Junior) ~ USA 1987
Directed By: Joel Coen


Auf seinen ständigen Wegen in den Staatsknast begegnet der Kleinganove H.I. (Nicolas Cage) immer wieder der Polizistin Ed (Holly Hunter), der er alsbald einen Antrag macht. Doch das glückliche Paar bleibt kinderlos. Um die Welt wieder etwas ins Gleichgewicht zu rücken, entschließt man sich, einen der Fünflinge des reichen Unternehmers Nathan Arizona (Trey Wilson) "zwangszuadoptieren". Doch bleibt die kleine Entführung erwartungsgemäß nicht unkompliziert: Der höllische Kopfgeldjäger Leonard Smalls (Randall 'Tex' Cobb) nimmt bald ihre Fährte auf, H.I.s Knastkumpel, die Brüder Snoats (John Goodman, William Forythe) nisten sich zu Eds Unwillen bei ihm ein und Schwager (Sam McMurray) und Schwägerin (Frances McDormand) rentpuppen sich als die letzten Menschen...

Angefixt von "A Serious Man" mal wieder diese kleine Wundertüte aus dem Regal gefischt, die es zwar noch nicht ganz mit den Hauptwerken der Coens aufnehmen kann, in ihrer Beschwörung einer kinetischen Slapstick-Atmosphäre gepaart mit einem großen Zeh im Inferno aber dennoch unverwechselbar ist, findet sich hier doch eine Art der Bildkommunikation, die zur Entstehungszeit des Films und ganz besonders im Mainstreamkino ziemlich unikal war; brennende Blumen, explodierende Finstermänner und hier und da eine rasante Kamerafahrt, wie man sie sonst - selbstverständlich kein Zufall - nur aus Raimis "Evil Dead"-Filmen kennt. Barry Sonnenfeld, als dp ungleich beredter denn als Regisseur, hat dieses verrückte Märchen für Große photographiert und ihm damit einen Stempel verpasst, der für den Film zugleich wie ein Markenzeichen der Unverkennbarkeit wirkt. Die Brillanz der Coens, die sich hier wunderbar dabei beobachten lassen, wie sie gerade ihr eigenes Filmgenre erschaffen, macht "Raising Arizona" zum frühen Meilenstein eines mit Meilensteinen gepflasterten Weges.

8/10

Erwachsenenmaerchen Groteske Familie Coen Bros.


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A SERIOUS MAN (Joel Coen, Ethan Coen/USA, UK, F 2009)


"Very troubling..."

A Serious Man ~ USA/UK/F 2009
Directed By: Joel Coen/Ethan Coen


Minnesota, 1967: Professor Larry Gropnik (Michael Stuhlbarg), jüdischer Physikprofessor in der Probezeit, hat Probleme. Seine Frau (Sari Lennick) will die Scheidung, um einen furchtbar gönnerhaften Nebenbuhler (Fred Melamed) zu heiraten, sein Sohn raucht Pot, ist fernsehsüchtig, hält eher wenig vom Tanach und fabriziert auch sonst nur Mist, sein auf Larrys Sofa hausender Bruder Arthur (Richard Kind) ist schizophren und taucht seinen Zeh in kriminelle Aktivitäten, einer von Larrys Studenten (David Kang) versucht ihn zu bestechen, um ihn hernach der Verleumdung zu bezichtigen, sein Nachbar (Peter Breitmayer) ist ein Nazi. Und das Schlimmste: Der einzige Rabbi (Fyvush Finkel), der ihm möglicherweise helfen kann, hat keine Zeit für ihn.

Another masterpiece. Die Coens sind ja wahre Sadisten vor dem Herrn. Ausgerechnet wenn sie mal wieder einen ihrer Helden mit Karacho vor die Wand laufen, seine gesamte Existenzgrundlage durchs Eis brechen lassen, sind sie am Besten. Das sind dann meist ihre stilleren Filme, die ohne exponentiellen Kriminal- oder Noirgehalt, die, bei denen man sich nicht ganz sicher sein kann, ob man mit dem Protagonisten weinen oder über ihn lachen soll: "Barton Fink", "The Man Wo Wasn't There" und jetzt "A Serious Man", letzterer das mit Abstand jiddischste Werk, das die Brüder je zusammengestoppelt haben, und ganz gewiss eines ihrer komischsten. Larry Gropnik, schon jetzt einer der ganz großen Antihelden im coen'schen Universum, durchlebt sein ganz privates, kleines Armageddon. Alles bricht über ihm zusammen, und er ist viel zu sittsam, um sich mittels eines bitternötigen, befreienden Amoklaufs zumindest ein klein wenig inneren Frieden zu verschaffen. Bloßes Gottvertrauen mag da zumindest befristet helfen, doch am Ende, gerade, als ein Silberstreif am Himmel sichtbar wird, kommt mit Pauken und Trompeten die nächste Apokalypse - und diesmal im großen Stil. Schwärzer geht's nimmer.

9/10

Familie Religion Coen Bros.


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YANG CHI (Chih-Hung Kuei, Ernst Hofbauer/USA 1974)


Zitat entfällt.

Yang Chi (Karate, Küsse, blonde Katzen) ~ HK/BRD 1974
Directed By: Chih-Hung Kuei/Ernst Hofbauer

Eine Gruppe britischer Damen (u.a. Sonja Jeannine, Tamara Elliot) gerät im gelben Meer in die Fänge chiensischer Piraten und wird an den Gangsterboss und Lüstling Chao (Hsieh Wang) verscherbelt. Dieser bugsiert die wie Kesselflicker Sprüche kloppenden Mädels erstmal in seine im Keller befindliche Liebesschule, wo sie zu ordentlichen Konkubienen ausgebildet werden und danach Stück für Stück im Zuge einer Versteigerung an den Meistbietenden veräußert sollen. Doch die schlagkräftige Frauentruppe lässt sich nicht unterkriegen und lernt von der findigen Hausdame Ko Mei Mei (Hui-Ling Liu) diverse Kampftechniken, u.a. das tödliche Olivenkernspucken, auf dass sie ihre Unschuld behalten und das geile chinesische Geschäftemacherpack perforieren mögen (was sie dann auch tun).

Hinreißender Blödsinn, der so notorisch lustig wie zeitgebunden ist. Die damals typische Klamaukkomik der Münchener LISA-Filme, etwa der legendären "Tanten-Trilogie" mit Carrell und Richter (wobei das hier die Rapid verantwortete), vermischt sich in diesem bizarren internationalen Kooperationsmärchen mit der erzkeuschen Fummelerotik des Ernst Hofbauer und den Martial-Arts-Künsten der Hongkonger Shaws. Das Resultat ist mindestens so wahnwitzig wie die Beschreibung es vermuten lässt und verpflichtet ohne jeglichen Zweifel zur Ansicht der deutschen Synchronfassung, in dem die alte Münchener Synchronsprechergarde um Fred Maire, Wolfgang Hess und Christian Marschall (auf der weiblichen Seite hat's u.a. die rotzige Marianne Groß, Eva Kinsky und Constanze Engelbrecht) vom Leder zieht, dass sich die Balken biegen, und nicht nur diese. Die kurze, aber deftige Zensurgeschichte des Films, die ihm bis heute einen Platz auf dem Index beschert, angesichts des sittlichen und intellektuellen Kindergartenniveaus des Films allerdings - und das ist weder Witz noch Untertreibung - eine Gegenwartsfreigabe ab 12 Jahren verdiente, verhinderte wohl, dass einige derbere Einstellungen im Film verbleiben konnten. Macht aber nichts, denn die Schnitte gehen sauber und weithin unmerklich von Statten und so bleibt "KKbK" tatsächlich das, was er zweifelsohne zu sein wünscht: Kasperltheater für den gesenkten Anspruch.

5/10

Chih-Hung Kuei Trash Martial Arts Crossover Ernst Hofbauer Shaw Bros. Europloitation


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THE MEN WHO STARE AT GOATS (Grant Heslov/USA, UK 2009)


"I'm liberating this base!"

The Men Who Stare At Goats (Männer die auf Ziegen starren) ~ USA/UK 2009
Directed By: Grant Heslov


Als der Journalist Bob Wilton (Ewan McGregor) angeffüllt von Trennungsschmerz in den Irak geht, um dort Kriegsberichterstatter zu werden, lernt er den ihm spinnert erscheinenden Lyn Cassidy (George Clooney) kennen. Von diesem erfährt Bob, dass es rund zwanzig Jahre zuvor in der US Army eine Spezialeinheit gab, die intern als "New Earth Army" oder "Jedi-Krieger" bekannt war. Dabei handelte es sich um Soldaten, die unter Leitung des hippiefizierten Vietnam-Veteranen Bill Django (Jeff Bridges) mit obskuren New-Age-Praktiken und Acid-Experimenten auf den Pfad des Friedens geführt werden sollten, eine Art Regenbogenarmee. Bob begleitet Lyn auf einer angeblich geheimen Mission und landet schließlich mit ihm in einem von Lyns altem Intimfeind Larry Hooper geleiteten Armeecamp, in dem unter anderem feindliche Kriegsgefangene gefoltert werden.

Alle paar Jahre eine Armee- oder Kriegssatire und die globale Zuschauerschaft kann aufatmen und versichert sein, dass Hollywood noch zu was gut ist. Nach "Buffalo Soldiers" wurde die Zeit nun langsam wieder reif für eine Geschichte wie diese, in der die Armee als moralisch überkommene Institution dargestellt wird und als Verein, der durch innere Aktivitäten, Geheimprojekte und Top-Secret-Weisungen längst zum Milliarden-Dollar-Treppenwitz geworden ist. Mit Bill Django ist es, als habe sich Reagan seinerzeit Jeff Lebowski (den "kleinen" natürlich) persönlich ins Nest geholt und ihm erlaubt, seine ganz eigene Vorstellung von Weltpolizei zu realisieren - im Kleinen natürlich, schließlich soll die U.S. Army keine unfreiwillige Lachnummer werden. Diverse "Kampfestaktiken" wurden dort geübt, die von Ausdruckstanz zu Billy-Idol-Songs über hellseherische Experimente bis hin zu speziellen Tötungstaktiken ohne Waffen oder körperlichen Kontakt mit dem Gegner reichten. Von all jenem berichtet der Film in einer Mischung aus journalistischer Objektivität und gebotener Ungläubigkeit; und: selbst einen unmissverständlichen Kommentar zu Guantanamo verkneift er sich nicht.
Dass ausgerechnet Ewan McGregor sich verständnisbefreit erkundigt, was denn wohl bitte ein "Jedi-Krieger" sei, ist dabei als In-Joke vielleicht ein bisschen sehr offensichtlich, aber immer noch hinreichend witzig.

7/10

Militaer Golfkriege Grant Heslov Satire Groteske LSD Drogen


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THE BIG LEBOWSKI (Joel Coen/USA 1998)


"Shomer fucking shabbos!"

The Big Lebowski ~ USA 1998
Directed By: Joel Coen


Los Angeles, 1991. Jeff Lebowski (Jeff Bridges), genannt "Dude", sieht sich einer verhängnisvollen Verwechslung ausgesetzt: Ein paar dämliche Ganoven halten ihn für seinen reichen Namensvetter Jeffrey Lebowski (David Huddleston), dessen leichtlebige Frau Bunny (Tara Reid) selbigem allerhand Kummer bereitet. Dabei würde der Dude doch so gern seine kostbare Zeit darauf beschränken, White Russians zu trinken, hier und da einen Spliff zu verknusen und mit seinen Kumpels Walter (John Goodman) und Donni (Steve Buscemi) zum Bowling zu gehen. Doch die Welt ist ungerecht und der Dude gerät mitten hinein in eine anstrengende Detektivgeschichte, die sich durch den Übereifer des cholerischen Vietnamveteranen Walter nur noch verkompliziert.

Noch eine weitere, prachtvolle Bildmoritat aus dem Hause Coen und mir, wie ja vielen anderen auch, eine ihrer liebsten. "The Big Lebowski", eine Americana für den weltoffenen Späthippie und Hänger, kartographiert das reale Slackertum und schleudert der (nichtamerikanischen) Welt einen lustvoll abgefressenen Mittelfinger entgegen. Von Beschleunigung und Geschwindigkeit hält der Film, wie wie es ohnehin von den Coens gewohnt sind, überhaupt gar nichts; er präsentiert uns im Gegenteil dazu sogar, wie man im Tuckertempo jedes Rennen gewinnt und begnügt sich darüberhinaus nur mit dem Allerhöchsten, bezogen auf jedes einzelne Partikel. Am Schönsten wird es stets, wenn der Dude sich, wieder einmal ausgeknockt, in einem seiner verrückten Bowlingträume wiederfindet, in denen wahlweise viele bunte Sterne, Saddam Hussein, Wikingerwalküren oder Peter Stormare als überdimensional bescherter Kastrator aufkreuzen. Als ob dies nicht genügte, verfügt "The Big Lebowski" über die ultimative Detektivfilmszene: Einer seiner wenigen Geistesblitze ereilt den Dude, als der Pornokönig Jackie Treehorn (Ben Gazzara) in seinem komfortablen Wohnzimmer irgendwas auf den Telefonblock kritzelt, dass es dann anhand der Abdrücke abzupauschen gilt. Was dann dabei herauskommt, ist einer der größten Lacher nicht nur im Coen-Universum, sondern im Universum überhaupt.

10/10

Groteske Farce Golfkriege Freundschaft film noir Vietnamkrieg period piece Americana Los Angeles Coen Bros. Bowling neo noir


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BARTON FINK (Joel Coen/USA, UK 1991)


"I sure do forget myself sometimes."

Barton Fink ~ USA/UK 1991
Directed By: Joel Coen


Der Theaterautor Barton Fink (John Turturro) wird über das Filmstudio 'Capitol Pictures' von New York nach Hollywood abgeworben. Sein erster Auftrag besteht darin, einen Catcher-Film zu scripten. Einquartiert in ein marodes Belle-Epoque-Hotel, in dem sich infolge der unerträglich schwülen, kalifornischen Hitze die Tapeten von der Wand schälen, steht Barton urplötzlich vor dem kreativen Nichts. Keine Idee, die zu Papier gebracht werden könnte und dazu schleichende Einsamkeit und Depression. Einzig sein fideler Nahbar Charlie Meadows (John Goodman) baut ihn mit seinen Kurzbesuchen etwas auf und auch Audrey (Judy Davis), die Mätresse des versoffenen Autors W.P. Mayhew (John Mahoney), scheint ihm wohlgesonnen. Als eine gemeinsame Nacht mit Audrey in einem entsetzlichen, vor allem jedoch für Barton unerklärlichen Blutbad endet, scheint die Spirale des Wahnsinns sich noch weiter zu beschleunigen...

Ein epochaler Film, dessen wahre Größe ich glaube ich trotz rund dreißigmaliger Betrachtung immer noch nicht ganz zu fassen bekommen habe. Möglicherweise kommt mir die ultimative Erleuchtung ja dereinst auf meinem Sterbebett - da gehört sie angesichts des nekrophagen Humors von "Barton Fink" vermutlich ohnedies hin. Wie die Coens hier virtuos mit Symbolismen, Metaphern und dem echten Unfassbaren hantieren, das sollte man nicht bloß, das MUSS man gesehen haben. Jede Einstellung, jeder einzelne Augenblick, ist sein Gewicht in Gold wert. Eine technische und formale Sorgfalt, die dem allumfassenden Perfektionismus eines Stanley Kubrick ohne Weiteres das Wasser reicht, schleift dieses apokalyptische Kammerspiel endgültig zu einer formvollendeten Kinoplastik. Die Eindrücke brennen sich in Aug und Ohr, seien es der aus seinem Kellerloch kommende Steve Buscemi, Bartons Zimmertür, die beim Öffnen und Schließen ein Geräusch fabriziert wie das Schiebeportal zu einem Schlachthof; der schwitzende John Goodman und sein eiterndes Ohr, Michael Lerner beim Füßeküssen und später in seinem viel zu engen Uniformkostüm; der brennende, meilenlang scheinende Hotelkorridor. Und natürlich das kleine Bild von der Frau am Stand, Symbol für Hoffnung, Träume, Erlösung, Freiheit, das zum Sich-Verlieren einlädt. Oder geht es am Ende doch bloß um eine an Herzinfarkt eingehende Möwe? Entscheiden Sie selbst, aber, um Himmels Willen, entscheiden Sie!

10*/10

period piece Hollywood Film im Film Serienmord Groteske Coen Bros.





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