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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE 6TH DAY (Roger Spottiswoode/USA 2000)


"That's enough philosophy for now."

The 6th Day ~ USA 2000
Directed By: Roger Spottiswoode

In naher Zukunft gehört die Klontechnologie zum Alltagsgeschäft. Sowohl Nahrungsmittel als auch Organe und sogar Haustiere können bei Bedarf mühelos und in Windeseile durch künstlich produzierte, dem Original jedoch durchweg ähnelnde Substitute ersetzt werden. Einzig gegen das Konen von Menschen gibt es einen gesetzlichen Erlass; so flexibel ist selbst die zukünftige Ethik noch nicht. Der Wissenschaftler Weir (Robert Duvall) und der Magnat Drucker (Tony Goldwyn) jedoch setzen sich insgeheim längst über dieses Verbot hinweg - der eine aus privaten Gründen, um seine geliebte Frau (Wanda Cannon) nicht verlieren zu müssen, der andere mit dem möglichen Wirtschaftsmonopol im Hinterkopf. Als Drucker das Attentatsopfer eines Antiklon-Fundamentalisten wird, droht sein größtes Geheimnis aufzufliegen: Er hat sich bereits selbst geklont und kann dies mithilfe von Memo-Discs beliebig wiederholen. Davon droht jedoch der Mietpilot und Familienvater Adam Gibson (Arnold Schwarzenegger) Wind zu bekommen, weshalb auch er als Zeuge beseitigt werden muss - und natürlich durch einen lupenreinen Klon ersetzt wird. Als Original-Gibson und Klon-Gibson Wind von Druckers Machenschaften bekommen, setzen sie sich im Doppelpack zur Wehr...

Unintelligent waren die SciFi-Filme, in denen Schwarzenegger auftrat, vom zweiten "Terminator"-Sequel vielleicht einmal abgesehen, eigentlich nie so ganz; tatsächlich verbarg sich hinter ihnen oftmals sogar eine sophistische Doppelbödigkeit, die, mal mehr ("Total Recall") mal weniger ("The Running Man") subtil dafür Sorge trug, dass jene Genrewerke als die wohl nachhaltigsten in Schwarzeneggers Œuvre Bestand pflegen.
Im Falle von "The 6th Day" fällt zunächst allerdings einmal deutlich auf, dass er, seinen betont diskursiv angelegten main plot ausgeklammert, wenig Eigenständigkeit besitzt. Vor allem Verhoevens "Total Recall" verdankt Spottiswoodes Film eine Menge, vom Design bis hin zum situativen Einstieg: Ein gesetzter Ehemann/Familienvater hadert mit sich, nach einem gewöhnlich anmutenden Arbeitstag eine kommerziell ausgerichtete, gleichermaßen jedoch fragwürdige Institution aufzusuchen (hier: "Re-Pet" statt "Rekall"), kommt hernach heim und findet seine gewohnte Existenz in Scherben. Die Geburtstagsfeier, die der ungläubige Adam Gibson hier durchs Fenster beobachtet, ist nicht die eigene, sondern die seines Klons (dessen Welterblicken ganz zufällig auf denselben Tag datiert), der hier fröhlich und unbedarft mit Frau, Kind, Familie, Freunden und geklontem Hund an der Torte nascht. Dabei ist Gibson bloß das Opfer einer dummen Verwechslung geworden und hätte normalerweise völlig ungeschoren aus der Sache herauskommen mögen, wäre da nicht sein vorlauter Arbeitskollege Hank Morgan (Michael Rapaport), der sich ausnahmsweise für Gibson ausgegeben hatte. Kompliziert, verwirrend, semi-suspenseful - und dabei doch nicht unschwer zu folgen. Erwartungsgemäß folgt gegen Ende noch ein großes Verwechslungsrätsel in Bezug darauf, wer denn nun der Klon ist und wer das Original. Selbst den Zuschauer überrascht der doppelte Arnold da noch mit doppeltem Arnold-Schmalz. Allzu ausgiebiges Philosophieren jedoch, das lässt er kurz und bündig verlauten, liegt ihm selbst im Zwiegespräch mit sich selbst nicht.

7/10

Roger Spottiswoode Klone mad scientist Buddy Zukunft


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END OF DAYS (Peter Hyams/USA 1999)


"How do you expect to defeat me when you are but a man, and I am forever?"

End Of Days ~ USA 1999
Directed By: Peter Hyams

Der Silvesterabend des Jahres 1999 naht. Ein alltäglicher Auftrag wird für den Ex-Cop und Personenschutzangestellten Jericho Cane (Arnold Schwarzenegger) zum Auftakt einer Kette unheimlicher Ereignisse. Es scheint, als habe Luzifer persönlich sich einen menschlichen Wirt (Gabriel Byrne) gesucht, um mit einer Auserwählten namens Christine York (Robin Tunney) seinen irdischen Sohn zu zeugen und damit die ganze Welt in Dunkelheit und Chaos zu stürzen. Für den seit der Ermordung seiner Familie zum Atheisten gereiften Cane eine nur schwerlich zu begreifende Angelegenheit. Dennoch findet und schützt er Christine sowohl vor den satanischen Heerscharen als auh vor einer Gruppe radikaler, vatikanischer Ordensritter, die die junge Frau ermorden wollen, bevor sie die Teufelsbrut empfangen kann. Doch gegen den Gehörnten nutzt selbst die größte Feuerkraft nichts, wie Cane feststellen muss. Hier bedarf es etwas mehr...

Dem damals grassierenden Y2K-Hype begegnete die stets spürnasige Studios Ende der Neunziger mit einer ganzen Kohorte mehr oder minder gelungener Teufels- und Dämonenfilmen, darunter "End Of Days", in dem Arnold Schwarzenegger mit viel Firepower gegen His Satanic Majesty persönlich antrat. Wie die meisten Filme von Peter Hyams genießt auch "End Of Days" keinen besonderen Leumund, wie den meisten Filmen von Hyams geschieht ihm damit Unrecht - vor allem retrospektiv betrachtet, da man ihn halbwegs losgelöst von der besagten Welle betrachten kann.
Die PR-Maschine ließ damals stolz verlauten, Schwarzenegger spiele gegen sein Image an, was auf den zweiten Blick natürlich Blödsinn ist. Er soll einen verzeifelten und infolge dessen verlotterten Ex-Polizisten geben, der Alkoholiker ist und zudem akut depressiv und selbstmordgefährdet. Das haut erwartungsgemäß nicht hin. Wenngleich Cane sich in seiner ersten Szene verkatert eine Knarre an die Stirn hält und sich danach einen Ekel-Frühstücks-Shake mixt, den nur ein Abartiger genießen kann, sieht er kurz darauf schon wieder aus wie aus dem Ei gepellt, die athletische Figur unter dem Mantel mühselig verbergend und präsentiert sich im Zuge der entbrennenden Verfolgungsjagd auf einen Attentäter fitter als ein Turnschuh. Ein Dreitagebart reicht eben nicht ganz aus zum Verkauf von Verwahrlosung. Kurzum spielt Arnold also einmal mehr seinen gewohnten Typus, diesmal vielleicht etwas problembehafteter und somit ausdifferenzierter als gewohnt. Damit arrangiert läuft dieser Hybrid aus Action und Horror ganz gut rein; inszenatorisch leistet Hyams keinerlei Schnitzer und der unter anderem von Stan Winston betreute Effektezauber sieht noch immer ordentlich aus. Das streng christlich konnotierte Ende, an dem Jericho Cane sich als moderne Christus-Inkarnation quasi für die Sünden der Welt opfert und ins Schwert stürzt, muss man gezwungenermaßen hinnehmen. Gegen Luzifer hilft eben auch der dickste Granatwerfer nichts, selbst, wenn Schwarzenegger ihn bedient. Da kann nur wahres Märtyrertum Abhilfe schaffen. Hätte man sich dieses forcierte Happy End geschenkt, "End Of Days" wäre richtig knorke geworden. So gefällt er mir immerhin noch gut.

7/10

Peter Hyams New York Y2K Silvester Satan Kirche Verschwörung Glauben Apokalypse


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THE PASSION OF DARKLY NOON (Philip Ridley/UK, D, B 1995)


"Who will love me now?"

The Passion Of Darkly Noon ~ UK/D/B 1995
Directed By: Philip Ridley

Der auf der Flucht befindliche Darkly Noon (Brendan Fraser) wird nach einem Zusammenbruch von dem Bestattergehilfen Jude (Loren Dean) aufgelesen und zum einsam im Wald gelegenen Haus von Callie (Ashley Judd) und Clay (Viggo Mortensen) gebracht. Clay ist gerade auf einer seiner Waldwanderungen und Callie mit Darkly vorübergehend allein. Während der folgenden paar Tage erfährt man voneinander: Der stotternde, schüchternde Darkly stammt aus einer Enklave gottesfürchtiger Sektierer, die niedergebrannt wurde. Seine bald erwachenden, erotischen Empfindungen für Callie kann er weder einordnen noch akzeptieren. Callie sieht in dem naiven jungen Mann derweil einen potenziellen Kindesersatz, der mit ihr und Clay eine Familie komplettieren könnte. Als Clay zurückkehrt, projiziert Darkly all seinen Hass auf den sich als stumm herausstellenden Sargmacher. Dass er mit Callie in "wilder Ehe" lebt, gibt dem jungen Mann nur noh mehr Grund zur Eifersucht, ebenso wie seine Bekanntschaft mit Clays gestörter Mutter Roxy (Grace Zabriskie), die in ihrem Hass auf Callie Darkly zu ihrem Instrument macht...

Philip Ridleys zweiter Ausflug in den Bible Belt und seine monströsen Auswüchse geistlichen Weltbegreifens. Anstatt in die sonnendurchflutete Kornkammer geht es diesmal in den tiefen Wald, der wiederum ebenfalls als Natursymbol fungiert: "Man kann einen Wald, so heißt es, immer nur zur Hälfte durchqueren. Danach befindet man sich bereits wieder auf dem Weg hinaus." Dieser klassische Märchenschauplatz führt drei ganz unterschiedliche Menschen in eine unheilige Beziehungstriangel, die durch den Wahnsinn eines von ihnen in Rauch und Feuer aufgeht. Darkly Noon ist ein bemitleidenswertes Opfer religiöser Indoktrination und wird, ohne den Schutz von Eltern und Gemeinde, verrückt, als seine sich ohnehin sehr verspätet meldende Libido erwacht. Doch ist auch die eigentlich wohlmeinende Callie mit schuldig an seiner sich entzündenden "Passionsgeschichte". Sie nutzt die Abwesenheit ihres Lebenspartners, um dem armen Darkly den Kopf zu verdrehen und offeriert ihm ihre Reize, ohne ihn ernstlich zum Zuge kommen zu lassen. Bei Ridley sind die Frauen immer auch sphinxartige Mysterien, beseelt von einer unirdischen Urkraft. Wunderschöne Szenen finden sich dazwischen; eine Hundebestattung in einem brennenden Riesenschuh-Boot auf dem Wasser oder Darklys finale Transformation in einen Quasi-Indianer auf dem Kriegspfad. Da greift Ridley dann noch mal eben nebenbei den Genozid an den amerikanischen Ureinwohnern auf.
Dem einen oder anderen mag diese wirklich offensive Symbol-, Bilder- und Gleichnisüberladung etwas supratendenziös erscheinen, bei entsprechender Wappnung jedoch sollte man sich ihr ausliefern. Die Belohnung folgt garantiert.

8/10

Philip Ridley amour fou Fanatismus Madness Bible Belt Wald Erwachsenenmärchen


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MARLOWE (Paul Bogart/USA 1969)


"I do like her, but why should she get all of the goodies?"

Marlowe (Der Dritte im Hinterhalt) ~ USA 1969
Directed By: Paul Bogart

Auf der Such nach dem Aussteiger Orrin Quest (Roger Newman), dessen Schwester Orfamay (Sharon Farrell) ihn engagiert hat, stößt Philip Marlowe (James Garner) alsbald auf die ersten Leichen seines neuesten Falles, allesamt Kleingangster, die mit einem Eispickel im Genick enden. Außerdem trifft er die allseits beliebte Fernsehschauspielerin Mavis Wald (Gayle Hunnicutt), die eine Affäre mit dem stadtbekannten Gangsterboss Sonny Steelgrave (H.M. Wynant) pflegt und durch prekäre Fotos, die beide gemeinsam zeigt und die Mavis' Karriere schlagartig beenden könnten, erpresst wird. Marlowe steht bald zwischen allen Fronten und muss sich mehrfach seiner Haut erwehren, bis er die wahren Hintergründe des Puzzles aufgelöst hat.

Nach immerhin ganzen 22 Jahren Pause fand Chandlers Privatdetektiv Philip Marlowe in der Gestalt James Garners wieder auf die Leinwand zurück. Was als Startschuss für eine mögliche Kino- oder, noch passender, als Pilot für eine TV-Serie hätte stehen können, ging aus naheliegenden Gründen ziemlich sang- und klanglos unter. Die Hauptschuld dafür würde ich ganz nonchalant bei Bogarts Inszenierung verorten. Um es pointiert zu formulieren: Dass der Mann in erster Linie fürs Fernsehen arbeitete, ist unverkennbar. "Marlowe" findet sich überraschungsarm, schmucklos und vor allem überaus "gängig" inszeniert; dass da gerade irgendwo 'New Hollywood' dämmerte, lässt sich bestenfalls an der Wahl des Stoffs sowie anhand des unverhältnismäßig qualitätsbewusster verfassten Scripts (Stirling Silliphant) ablesen.
Was ein befähigterer Regisseur aus der Geschichte gemacht hätte, lässt sich wie so oft bloß mutmaßen; wie jedoch ein zeitgenössischer Chandler auszusehen hatte, ließen Robert Altman und Dick Richards relativ kurz darauf miterleben. Dabei ist James Garner in der Titelrolle gar nicht mal verkehrt, wenn auch bestimmt kein Bogey oder Elliott Gould. Nicht unerwähnt bleiben darf natürlich die Fußnote, dass Bruce Lee sich als henchman zwei Auftritte liefert (die, bei einer Netto-Screentime von vielleicht sechs Minuten, noch heute für eine geringfügig etikettenschwindlerische DVD-Vermarktung als "ein echter Bruce Lee" missbraucht werden): Im ersten zerlegt er lautstark Marlowes Büro, im zweiten stellt er sich dann im Zweikampf mit Garner so dumm an, dass er mit Anlauf vom Dach fliegt. "Kentucky Flied Movie" lässt glüßen.

7/10

Paul Bogart Philip Marlowe Raymond Chandler Los Angeles Hollywood film noir neo noir hard boiled


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LE CLAN DES SICILIENS (Henri Verneuil/F 1969)


Zitat entfällt.

Le Clan Des Siciliens (Der Clan der Sizilianer) ~ F 1969
Directed By: Henri Verneuil

Weil er ein großes Ding, nämlich die Existenz unschätzbar wertvoller Juwelen auf internationaler Museustournee, im Knast aufgetan hat, wird der Häftling Sartet (Alain Delon) von dem Gangsterpatriarchen Manalese (Jean Gabin) während eines Gefangenentransports befreit. Den fanatischen Bullen Le Goff (Lino Ventura) wegen Sartet stets dicht auf den Fersen, entwickelt Manalese mit seinem alten Freund Nicosia (Amedeo Nazzari) einen spektakulären Plan für den Raub der Klunker. Diese werden an Bord einer Passagiermaschine von Rom nach New York geflogen, die Sartet, Manalese und Komplizen entführen und auf einem Highway in der Nähe des Bestimmungsflughafens landen. Fast sieht es so aus, als wäre dieser grandiose Coup auch folgenlos durchgeführt worden, da jedoch kommt heraus, dass Sartet mit Manaleses Schwiegertochter (Irina Demick) ein kurzes Techtelmechtel hatte...

Am Ende sind sie alle fällig - immerhin ist die Familienehre wieder hergestellt. Ich wäre ja lieber mit den Steinen bzw. dem Erlös durchgebrannt und hätte mir eine solch absehbar folgenreiche Vendetta eraspart. Aber ich bin schließlich auch kein Sizilianer und noch weniger Mafioso. Im Gegensatz zu Jean Gabin, der in "Le Clan Des Siciliens" einen der wahrscheinlich liebenswertesten Cosa-Nostra-Patriarchen überhaupt spielt, einen richtig netten, gewitzten Opa, der die ganze Härte, zu der er fähig ist, dann auch erst zum Ende hin ausspielt. Allerdings ist Verneuil kein Melville und sein Gangster-Epos entsprechend leichtfüßiger. Den ganz großen Existenzialismus versagt sich "Le Clan" und beschränkt sich darauf, ein ausgebufftes Genrestück zu liefern, in dem es weniger um die unausweichliche Folge des zwangsläufigen Scheiterns geht (das trotz des hoffnungsvollen Eingangszitats ohnehin als moralisch unausweichliche Folge feststeht), denn um das aufregende Abenteuer Kriminalität.

8/10

Henri Verneuil Mafia Heist Rache Paris Rom New York


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SABOTAGE (David Ayer/USA 2014)


"Your people don't seem like cops."

Sabotage ~ USA 2014
Directed By: David Ayer

John Wharton (Arnold Schwarzenegger), genannt 'Breacher' und sein neunköpfiges Team gelten als die härteste Undercover-Truppe der DEA. Nach einem Einsatz, bei dem ein mexikanischer Kartellboss hochgenommen wird, verschwindet eine Riesenmenge Drogengeld, von dem die Truppe zumindest einen ordentlichen Obolus abzuschöpfen plant. Doch auch dieser scheint, zuvor sorgfältig versteckt, plötzlich unauffindbar. Breacher und seine Leute werden des Diebstahls verdächtigt und beschattet, dürfen nach einer langwierigen, ergebnislosen Unterschung jedoch wieder ins Feld. Da ermordet ein Unbekannter plötzlich einen nach dem anderen aus der Truppe auf höchst unapptetitliche Weise. Zusammen mit der FBI-Agentin Caroline (Olivia Williams) versucht Breacher, den oder die Täter zu finden.

Gewohnt solide Qualität von David Ayer, andererseits nach seinem wirklich phantastischen "End Of Watch", der den Autoren wohl auf seinem Zenit präsentierte, jedoch wiederum auch ziemlich regressiv geraten. "Sabotage" ist auf (s)eine ziemlich prollige Weise sicherlich spaßig, versagt sich jedoch jegliches Gewicht und liebäugelt stattdessen unentwegt damit, eine alternde Ikone gewinnbringend auszustellen. Schwarzenegger passt sich analog dazu dann auch gleich der filmischen Postmoderne an: Noch nie hat die Kamera um ihn herum so halbdokumentarisch gewackelt, gezoomt und an der Schärfe herumreguliert, noch nie hat Arnie in einem Film dermaßen oft 'fuck' in allen möglichen Variationen sagen dürfen, geschweige denn so viele Kubaner qualmen. Mit gestrenger Gestapo-Frisur stürzt sich der alte Mann ins Geschehen und macht natürlich doch alles richtig. Seine Leinwandeinnahme erweist sich trotz diverser Falten und zunehmend akuter Dickfälligkeit als ungebrochen und es macht weiterhin Freude, ihm bei der Arbeit zuzuschauen. Entsprechend eminent für Ayers Film ist Schwarzeneggers bloßer Anwesenheitsfaktor; mit einem weniger präsenten Hauptdarsteller hätte "Sabotage" die Durchschnittsmarke kaum knacken mögen.

7/10

David Ayer Korruption Georgia Atlanta Südstaaten Freundschaft Rache


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IN FEAR (Jeremy Lovering/UK 2013)


"Did you tell her? Tom? Tom?"

In Fear ~ UK 2013
Directed By: Jeremy Lovering

Tom (Iain De Caestecker) und Lucy (Alice Englert) kennen sich erst seit zwei Wochen. Dennoch lässt Lucy sich von Tom überreden, mit ihm per Auto zu einem Festival in der irischen Provinz zu fahren. Man trifft sich bereits einen Tag vor Beginn der Veranstaltung und reist durch die Landschaft. Ein Zwischenstopp in einem Pub endet unerfreulich, es gibt einen kleinen, aber scheinbar unbedeutenden Konflikt mit den einheimischen Gästen. Auf der Weiterfahrt bietet Tom Alice an, eine Nacht mit ihm in einem abgelegenen Hotel zu verbringen. Das Zimmer habe er bereits von daheim aus online gebucht. Trotz Navigationsgerät und Beschilderung verfahren sich die beiden in der entlegenen Gegend und bewegen sich dazu noch im Kreis. Bald geht ihnen auf, dass sie nicht allein sind und irgendwer ein perfides Spiel mit ihnen treibt. Als sie den verletzten Max (Allen Leech) im Wagen mitnehmen, kulminieren die Ereignisse.

Ein weiterer, vielversprechend beginnender Film, der am Ende durch seine akute Erklärungsnot in sich zusammenfällt. Der zweite von vier Akten spielt die große Stärke und zudem die sicher auch grundierende Prämisse der Geschichte aus: Eine scheinbar end- und ziellose Fahrt durch weit abgelegene Wald- und Feldwege, Einbahnstraßen ohne echte Orientierungspunkte, mit vertauschten Wegsweisern, bei zunehmend schlechtem Wetter und dämmerndem Licht. Verirrung. Zu diesem Zeitpunkt ist nicht klar, warum all das eigentlich geschieht; die Analyse-Optionen gestalten sich noch multipel; die Verunsicherung des den Protagonisten in ihrem Wissen gleichgestellten Zuschauers erweist sich als Initiallösung für die wachsend unangenehme Atmosphäre. Wer oder was steckt hinter der ganzen Irreführung? Einheimische Spaßvögel vielleicht? Möglicherweise die Leute aus dem Pub, mit denen der Stadtmensch Tom sich angelegt hat? Vielleicht ist er selbst gar ein Unhold? Oder ist nachher doch alles bloß Einbildung im Angesicht sich steigernder Verunsicherung bis hin zu einer halbwegs irrational bedingten Panik? Dann jedoch holt Lovering sein Publikum genau da ab, wo es im Idealfall gar nicht erst hingewollt hätte und "In Fear" ergibt sich der biederen Konventionalität vorgefertigter Expertise. "The Hitcher" lässt grüßen, der ebenso geisteskranke wie todessehnsüchtige Max stellt sich als derjenige heraus, der hier die ganze Zeit für psychische Derangierung seiner Opfer gesorgt, auf der Terrorklaviatur gespielt und Alice demonstriert hat, dass sich in jedem Menschen, so es ihm nur hinreichend bedrohlich an den Kragen geht, ein unerbittlicher Opportunist verbirgt. Ob Lovering auf den Verkauf dieser Erkenntnis sonderlich stolz ist, weiß ich nicht, aber ich finde es einigermaßen bedauernswert, dass selbst im Genrefilm nichts mehr zu gehen scheint ohne die Bemühung strenger Rationalität.

5/10

Jeremy Lovering Irland Provinz amour fou Madness Nacht Terrorfilm


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SAVAGED (Michael S. Ojeda/USA 2013)


"Baby's still alive!"

Savaged ~ USA 2013
Directed By: Michael S. Ojeda

Die taubstumme Zoe (Amanda Adrienne) fährt allein mit dem GTO ihres verstorbenen Vaters zu ihrem Freund Dane (Marc Anthony Samuel) an die Westküste, den sie dort heiraten will. In Acme, New Mexico überfährt sie beinahe einen Apachen (Rick Mora), dem sie noch zur Hilfe eilen will, der dann jedoch von einer ihn jagenden Gang von Rednecks ermordet wird. Die Männer überwältigen Zoe, nehmen sie mit, vergewaltigen und quälen sie, um sie dann zu ermorden und in der Wüste zu verscharren. Ein alter Medizinmann (Joseph Runningfox) findet ihren geschändeten Leichnam und versucht, sie wieder zum Leben zu erwecken. Bei diesem Ritual fährt jedoch der Geist des vor hundert Jahren verratenen und ermordeten Häuptlings Mangas in Zoes Körper. Als Untote mit zwei Seelen in der Brust begibt sich Zoe nun auf einen gnadenlosen Rachefeldzug, denn die Männer, die sie getötet haben, sind just die Nachkommen von Mangas' Mördern.

"Savaged" erweist sich schnell als kein besonders cleverer Film, der sich jedoch mittels schicker, ausgeblichener Photographie und einer an längst verjährt geglaubte MTV-Ästhetik orientierten, ruhelosen Bildsprache eine besondere Bedeutung zu verleihen sucht. Im Hinblick auf die übrigen Aspekte des Films muss man dies als im großen Stil gescheitert bezeichnen. "Savaged" erweist sich bereits nach den ersten Erzählminuten primär als ein Film der Zitate und der Revision: Neowestern um überlegene indianische Outlaws von "Billy Jack" über "Johnny Firecloud" bis hin zu De Angelis' "Thunder"-Trilogie wanderten hier ebenso in Lewis' großzügig angelegten "Inspirationsfundus" wie Girdlers "The Manitou", klassische Rape-&-Revenge-Movies von "I Spit On Your Grave" bis, noch eindeutiger, "Ms. 45" und natürlich "The Crow", dessen morbide Liebesgeschichte sich in leicht abgewandelter Form auch hier wiederfindet. Entsprechend diesen diversen Vorbildern und Motivlieferanten nebst ihrer freizügigen Ausbeutung kann von innovativem Genrekino kaum mehr die Rede sein. Was man Lewis dennoch zugute halten kann, ist das unerschütterliche Selbstbewusstsein, mit dem er zu Werke geht: Eine zumindest für Gattungsfreunde ansprechende Konturierung besitzt sein Film nämlich trotz aller Analogien und bietet zudem eine Menge reueloser Gekröse-Matschereien plus einem gloriosen, finalen Duell Tomahawk gegen Motorsäge, bei dem dann wahrlich der Busch brennt. Man erwarte wenig Hochwertiges und finde sich damit zufrieden.

5/10

Michael S. Ojeda Dämon New Mexico Rache Vergewaltigung rape & revenge Indianer Splatter Slasher


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THE THAW (Mark A. Lewis/CAN, USA 2009)


"I just had the most painful piss of my life."

The Thaw (Frozen - Etwas hat überlebt) ~ CAN/USA 2009
Directed By: Mark A. Lewis

Der renommierte Klimaforscher Dr. Kruipen (Val Kilmer) entdeckt in der rasant abtauenden Arktis ein gut erhaltenes Wollhaar-Mammut. Dieses wimmelt von wurmartigen Parasiten, die sofort alles und jeden anfallen, das oder der in ihre Nähe gerät und ihre Eier im jeweiligen Wirt subkutan ablegen. Die ausschlüpfende Brut ernährt sich dann vom Fleisch des infizierten, rasch an Fieber sterbenden Opfers. Kruipens alsbald infizierte Lebensgefährtin und Kollegin Jane (Anne Marie DeLuise) ahnt, dass der fantaische Wissenschaftler mehr mit den Parasiten vorhat als deren bloße Erforschung. Derweil reisen Kruipens Tochter (Evelyn (Martha MacIsaac) und drei Studenten (Aaron Ashmore, Kyle Schmid, Steph Song) Richtung Nordpol, um an Kruipens Forschungen zu partizipieren. Sie ahnen nicht, welches Grauen sie erwartet.

Spätestens seit Cronenbergs "Shivers" gehören parasitäre Schleimwürmer, die die von ihnen befallenen Leiber okkupieren und physisch und/oder psychisch verrotten, zum festen Inventar des Genrefilms. Die letzten erwähnenswerten Ausläufer um die kleinen Ekelpakete vor "The Thaw" waren Lawrence Kasdans "Dreamcatcher" und James Gunns "Slither", in denen die Kreaturen jeweils als Vorhut einer extraterrestrischen Invasion tätig waren. Welcher Herkunft sie bei Lewis sind, erfährt man nicht recht, grundsätzlich geht er jedoch den umgekehrten Weg. Hier sind die - übrigens als Wirbeltiere klassifizierten - Parasiten Relikte archaischer Zeiten, die die letzte Eiszeit wohlig schlummernd in ihrem Opfer überdauerten, um jetzt, im Zeitalter der Polkappenschmelze, wieder in Aktion zu treten. Ihre blitzartige Vermehrung und Infizierung jeglicher organischer Wirte könnte in der Zivilisation gigantische Schäden und Dezimierungen anrichten. Der wahnsinnig gewordene Kruipen plant, mithilfe der Parasiten und um sich selbst als Märtyrer, ein warnendes Signal gegen die Klimakatastrophe zu setzen und seine kleinen Freunde auf die Menschheit loszulassen. Ausgerechnet seine ihm seit jeher ohnehin ambivalent gegenüberstehende Tochter bildet schließlich die letzte Bastion der Gegenwehr.
Ein paar ansprechende Splatter- und Ekeleffekte, darunter eine pittoresk abgefressene Leiche, wiegen die ansonsten recht konventionelle Inszenierung des Films, dessen größten Minuspunkt die zumeist drittrangigen Darsteller bilden, zumindest zu Teilen auf. Hier und da wirkt Lewis' Regie unbeholfen und ratlos, dann gewinnt sie wieder ordentlich an Fahrt, um nach kurzem Aufatmen im erwartungsgemäßen Cliffhanger zu kulminieren.

6/10

Mark A. Lewis Alaska Virus Parasiten Arktis mad scientist Madness


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THE BUTTERFLY EFFECT (Eric Bress, J. Mackye Gruber/USA 2004)


"You can't play God, son."

The Butterfly Effect ~ USA 2004
Directed By: Eric Bress/J. Mackye Gruber

Der Student Evan Treborn (Ashton Kutcher) blickt auf eine Vergangenheit mit vielen schlimmen Erlebnissen zurück, die seltsamerweise stets mit einem Blackout bei ihm verbunden sind. Sein Vater (Callum Keith Rennie) sitzt schon seit Evans Geburt in einer geschlossenen, psychiatrischen Anstalt. Als Evan sich seiner Jugendliebe Kayleigh (Amy Smart) erinnert und sie aufsucht, endet dies mit Amys Selbstmord. Durch Zufall entdeckt Eva in der Folge Unglaubliches: Er besitzt die Fähigkeit, bei der Lektüre seiner alten Tagebücher in seiner eigenen Geisteswelt zurück in die Vergangenheit zu reisen und zwar just in jene Momente, in denen er seinerzeit einen seiner Blackouts hatte. Dies gelingt allerdings jeweils nur einmal, dann ist die entsprechende Erinnerungslücke gefüllt. Evan versucht, die diversen Fehler in seiner Vergangenheit nach und nach wieder gutzumachen, ruft dadurch jedoch jedesmal prompt eine neuerliche Katastrophe hervor, die mit seiner Biographie in Verbindung steht. Zudem bleibt jedes seiner alternativ gelebten Leben in seinem Geist bestehen, was einen ähnlichen Wahnsinn hervorzurufen droht, wie ihm sein Vater aufsitzt; Evans Fähigkeit entpuppt sich als Familienfluch. Am Ende bleibt Evan lediglich die insgeheim längst offensichtliche, einzig logische Schlussfolgerung: Um die Menschen in seinem Umfeld zu schützen, darf er nie exististiert haben...

What if...?
Ich hab's ja sonst nicht so mit Ashton Kutcher und empfand den jungen Herrn (zumal aufgrund seiner physiognomischen Ähnlichkeit mit einem alten Schulkameraden) umwillkürlich immer als ein bisschen beschränkt. Mit der Rollenauswahl betreffs "The Butterfly Effect" hat er jedoch wirklich einmal ein großes Los gezogen. Der Film ist, zumindest im Director's Cut, der glaube ich, einige konsequente Modifikationen gegenüber der komplexitätsreduzierten, versöhnlicheren Kinofassung aufweist, eine fesselnde, an Capras "It's A Wonderful Life" gemahnende Moritat mit einem für Hollywood-Verhältnisse ungewöhnlich philosophisch-diskursivem Überbau: Welche Funktion erfüllt der Einzelne im globalen, sozialen Gefüge; was würde sich ändern, hätte er in bestimmten Situation wohlweislicher gehandelt, was gar, hätte es ihn nie gegeben? Capras Klassiker fand für letztere Frage noch eine versöhnliche, eben weihnachtliche Antwort: Ohne George Bailey würde Bedford Falls zum Teufel gehen, er ist Herz und Seele der Stadt, wird gebraucht. Anno 2004 sieht die Sache da schon wesentlich düsterer aus: Evan Treborn muss die furchtbare Erfahrung machen, dass er ein Mensch ohne Lebenslinie und ohne Seele ist, einer, der nie dazu bestimmt war, auf die Welt zu kommen, einer, der all jene, die mit ihm zu tun haben, wenn auch unwillkürlich, verletzt und langfristig verdammt. So bleibt ihm, anders als George Bailey, nur eine Alternative: Er muss aus dem Gefüge des Schicksals verschwinden, sich selbst aus der Welt tilgen, bevor es ihn überhaupt geben kann. Durch sein Opfer fügt sich dann tatsächlich alles zum Guten. Eine starke, nicht unböse Lebensreflexion der beiden Autoren Bress und Gruber, fein, geschickt und durchdacht inszeniert, wenngleich mit der allzu sehr in die Länge gezogenen, klischierten Knastsequenz etwas übers Ziel hinausschießend und somit nicht ganz perfekt. Dennoch einer der nachhaltigsten US-Filme der letzten Dekade.

9/10

Eric Bress J. Mackye Gruber Zeitreise D.C. Gefängnis College Freundschaft





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Funxton

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