Zum Inhalt wechseln


In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


Foto

FORCE: FIVE (Robert Clouse/USA 1981)


"Thank God for Black an' Decker!"

Force: Five (Die Macht der Fünf) ~ USA 1981
Directed By: Robert Clouse

Der teuflische Reverend Rhee (Master Bong Soo-Han) leitet eine Erleuchtungssekte, die ihm lediglich als Fassade dient, um in Ruhe seine Drogengeschäfte abwickeln und die zumeist aus reichem Hause stammenden Schäfchen um ihre dicken Börsen erleichtern zu können. Dem wohlhabenden William Stark (Michael Prince) sind Rhees Umtriebe seit Langem ein Dorn im Auge, doch jeder Versuch, dessen Organisation zu sprengen, schlug bislang fehl. Also heuert er den Kampfsportmeister Jim Martin (Joe Lewis) an, der wiederum ein sich aus bewährten Kampfprofis rekrutierendes Quintett (Sonny Barnes, Richard Norton, Benny Urquidez, Pam Huntington, Ron Hayden) um sich schart. Nachdem auch noch Stark von Rhees Handlangern ermordet wird, kennen Martin und seine Force: Five keine Gnade mehr.

Ein Remake in eigener Sache - "Force: Five" ist schon auf den ersten Blick nichts anderes als eine lediglich geringfügig modifizierte Variation von Clouses eigenem Schlager "Enter The Dragon". Anstelle von Bruce Lee ist nun Kickbox-Champion Joe Lewis zu sehen, der seine Mitstreiter allerdings nicht wie ehedem zufällig, sondern ganz gezielt auswählt, um den fiesen Obermotz zu vernichten. Jener wird - eine besonders hübsche Fußnote - von Master Bong Soo Han interpretiert, der wenige Jahre zuvor in der Enter The Dragon"-Parodie "A Fistful Of Yen", einem Segment aus John Landis' "The Kentucky Fried Movie", mit einem gewissen Dr. Klahn das Äquivalent zu Bruce Lees vormaligem Gegner Han (Shih Kien) spielte und am Ende durch eine Wasserdusche ("I'm melting, I'm melting!") besiegt wird. Allein jener "Besetzungscoup" verhindert, dass "Force:Five" sich auch nur ein Fünkchen Ernsthaftigkeit erwirtschaften kann. Doch auch der Rest des Films entspricht einer durchweg bizarren Scharade, die mehr mit den beiden um diese Zeit entstandenen Christian-Anders-Filmen "Die Brut des Bösen" und "Die Todesgöttin des Liebescamps" gemein hat als mit auch nur semiseriösem Genrekino. Dass der end boss hier in Form eines wilden Stiers daherkommt, scheint da nurmehr konsequent.
Ein wahlel Blüllel, wenn Sie mich flagen.

5/10

Robert Clouse Martial Arts Exploitation Trash


Foto

THE SACRAMENT (Ti West/USA 2013)


"I ain't goin' to heaven..."

The Sacrament ~ USA 2013
Directed By: Ti West

Die drei Dokumentaristen Patrick (Kentucker Audley), Sam (AJ Bowen) und Jake (Joe Swanberg) spüren einer geheimnisvollen Sekte nach, in der Patricks vormals drogensüchtige Schwester Caroline (Amy Seimetz) ein neues Leben begonnen hat. Die religiöse Gemeinde hat ein Hauptquartier jenseits der US-Grenzen, versteckt im Dschungel, die ausschließlich per Hubschrauber zu erreichen ist. Es gelingt dem Trio, eine Einladung nach "Eden Parish", wie sich das Sektendorf nennt, zu erhalten. Bereits der Empfang mit stark bewaffneten Wächtern macht einen wenig positiven Eindruck auf die drei jungen Männer, doch der bald auftauchenden Caroline gelingt es, sie zu beschwichtigen. Zudem machen die Bewohner des Camps einen überaus zufriedenen, ausgeglichenen Eindruck. Das bald stattfindende Interview mt dem charismatischen Sektenführer "Vater" (Gene Jones) gestaltet sich als das erwartungsgemäße Gespräch mit einem psychologisch wie rhetorisch gebildeten Mann, der kritische Fragen betreffs der Finanzierung seiner Sache oder möglicher Aussteiger geschickt herunterspielt oder abwälzt. Tatsächlich wurden die meisten der Sektierer einer Gehirnwäche unterzogen, mussten Folterungen erdulden und werden, so sie sich nicht Vaters Anweisungen fügen, hier festgehalten. Als Patrick, Sam und Jake die Wahrheit offenlegen, kommt es zur Katastrophe.

Nach dem von mir als sehr enttäuschend empfundenen "The Innkeepers" vollzieht Ti West mit "The Sacrament" wieder einen deutlichen Schritt nach vorn. Zwar ist seine Sekten-Observation im Prinzip alles andere als originell, doch vermag West es darin ein beträchtliches Maß an Atmosphäre, die von nachhaltiger Bedrohlichkeit und einigen Parallelen zum klassischen Genrekino geprägt ist, zu kreieren. "The Sacrament" bleibt über seine gesamte Distanz durchweg interessant und es gelingt ihm, seine unterschwellige Angststimmung konsequent zu schüren. Dabei ist der Kollektiv-Selbstmord einer radikalchristlichen Sekte, deren Führerfigur mit Personenkult, Abschottung, Autarkie-Illusionen und Suggestionen arbeitet ein ganz alter Hut in Film und Realität. Die Figur des "Father" und auch seines Ordens orientiert sich unzweideutig an dem realen Jim Jones und seiner Sekte "People's Temple", die sich im November 1978 infolge politischen Drucks durch einen von Jones befohlenen Massensuizid ein Ende setzte. In "The Sacrament" sind es allerdings nicht Menschenrechtswächter, sondern die heute noch omnipotenteren Massenmedien, die Father den entscheidenden Tiefschlag versetzen. Sein auf Gerechtigkeit und Philanthropie fußendes Moralkonstrukt bekommt starke Risse, als eine Mutter (Kate Lyn Sheil) die letzte Fluchtmöglichkeit für ihre bereits schwer bestörte, kleine Tochter (Talia Dobbins) wittert und den Reportern gegenüber unbequeme Wahrheiten ans Tageslicht bringt. Damit ist der Traum "Eden Parish" ausgeträumt und wer seinen Zyanid-Shake nicht freiwillig schluckt, wird abgeknallt. Father erweist sich derweil als ein seinem utopistischen Wahn verfallener, koksschnupfender Späthippie, dessen Konzept von Lieben und Friede mit sich durchsetzender Waffengewalt von Anfang an völlig verlogen war.
Dass West seinem Mockumentary-Stil nicht immer sicher sicher nachgeht und hier und da formale Brechungen in Kauf nimmt, um seinem Film über die eine oder andere Hürde zu hieven, sei ihm angesichts des mitreißenden Resultats verziehen. So kann es gern weitergehen.

7/10

Ti West Sekte Bruder & Schwester embedded filming Eli Roth


Foto

SCHREIE IN DER NACHT (Antonio Margheriti/BRD, I 1969)


Zitat entfällt.

Schreie in der Nacht ~ BRD/I 1969
Directed By: Antonio Margheriti

England in den Spätzwanzigern: Auf dem Weg zu seiner Villa in Brighton bleibt der Wagen des reichen Archibald Barrett (Giuliano Raffaeli) im regennassen Matsch stecken. Ihn begleiten sein Notar Ben Taylor (Joachim Fuchsberger), dessen Frau Vivian (Marianne Koch), Barretts Frau Margarete (Dominique Boschero) und das Hausfaktotum Alfred (Claudio Camaso). In der Nähe befindet sich weit und brei lediglich ein finsteres, altes Haus, in dem die Gruppe Unterschlupf findet. Dort findet man den merkwürdigen Uriat (Luciano Pigozzi) und seine noch merkwürdigere Mutter (Marianne Leibl) vor - offenbar ein Medium. Flugs lassen sich die Herren der Runde nach einem Glas speziellen Weines zu einer Séance überreden und werden daraufhin mit ihren alten Sünden konfrontiert. Denn jeder der Anwesenden hat schweren Dreck am Stecken...

Nicht ganz so spektakulär wie der zuvor gesehene Trash-Reißer "I Criminali Della Galassia" kommt dieser Versuch Antonio Margheritis daher, sein Faible für gothic horror mit der bereits Abebben befindlichen Wallace-Welle zu kombinieren. Vielleicht war die meinerseitige Erwartung auch schlicht eine andere, zu diesem Zeitpunkt unerfüllbare. Jedenfalls hält sich "Schreie in der Nacht", der im Co-Produktionsland Italien als "Contranatura" lief, eher an gedeckte Sepia-Farben, erfreut sich am ruchhaften Zwanziger-Look mit Zigarettenspitze und pomadiertem Mittelscheitel und seinem etwas albern veräußerten Naiv-Mystizismus, von dem man nach dem etwas verwirrenden Ende gar nicht recht weiß, ob er nun real war oder doch bloß in den Augen der von schlechtem Gewissen geplagten, schuldigen Intriganzia existierte. Dazu gibt es noch etwas unausgegorene Lesben-Erotik, der ausgerechnet die zumindest mir stets als etwas biedere Dame im Sinn befindliche Marianne Koch als geifernde Schöpfkelle vorsteht, die jeder anderen Frau unbedingt (und immer erfolglos) an die Wäsche will.
War wie erwähnt nicht ganz so mein Fall, trotzdem wohl okay.

5/10

Antonio Margheriti period piece Rache Haus Nacht amour fou Mutter & Sohn


Foto

MORTE SOSPETTA DI UNA MINORENNE (Sergio Martino/I 1975)


Zitat entfällt.

Morte Sospetta Di Una Minorenne (The Suspicious Death Of A Minor) ~ I 1975
Directed By: Sergio Martino

Im Zuge eines Undercover-Einsatzes macht sich der Mailänder Commissario Germi (Claudio Cassinelli) an die junge Prostituierte Marisa (Patrizia Castaldi) heran - nur um diese kurze Zeit später mit durchschnittener Kehle in ihrer Wohnung aufzufinden. Seine nachfolgenden Ermittlungen mithilfe des Trickganoven Giannino (Adolfo Caruso) führen Germi nicht nur tiefer ins Rotlichtmilieu, sondern auch zu einer längst geklärt scheinenden Kindsentführung, Versicherungsbetrug im großen Stil und schließlich einem Verbund arrivierter Geschäftsmänner, dem der aalgatte Pesce (Massimo Girotti) vorsitzt. In diesem hat Germi bald seinen persönlichen Intimfeind, zumal sein Chef (Mel Ferrer) zwecks Skandalsvermeidung um jeden Preis verhindern will, dass Pesce öffentlich an den Pranger gestellt wird...

Mit "Morte Sospetta Di Una Minorenne" legte Alleskönner Sergio Martino einen ebenso schönen wie ungewöhnlichen Spagat zwischen den drei damals aktuellen Erfolgslinien im italienischen Kriminalfilm vor: Das Stück beginnt wie ein Giallo, verwandelt sich später, nachdem die zuvor mysteriös gehaltene Rolle des Protagonisten Germi sich geklärt hat, in einen Poliziottesco und enthält darüberhinaus latente, an die Rizzo- und Giraldi-Reihen angelehnte Humor-Elemente, die natürlich zumeist im Zusammenhang mit den Auftritten von Germis Sidekick Giannino stehen; darunter eine ebenso actionreich wie komisch inszenierte Verfolgungsjagd mit Ente. Hinzu gesellen sich die Aufklärung einer brutalen Mordserie, für die vordergründig ein Killer mit verspiegelter Sonnenbrille verantwortlich zeichnet, die übliche Dosis Gesellschaftskritik, die hinter den organisierten verbrecherischen Schweinereien die ehrbarsten Gesellschaftsmitglieder der Stadt nebst einer mundtot geschalteten Justiz verortet un ein klein wenig Exolitation. Alles in allem ergibt das einen kleinen Sonderling auf dem großzügig beackerten Areal des mediterranen Thrillers, in dem ganz besonders Claudio Cassinelli zu glänzen weiß. Wie der sich nach einer scheinbar resignierten Fügung in den Lauf der ungerechten Dinge doch noch zum Racheengel aufschwingt, das ist einfach überaus wohlschmeckend.

8/10

Sergio Martino Mailand Giallo Poliziottesco Rache Freundschaft


Foto

AMORE E MORTE NEL GIARDINO DEGLI DEI (Sauro Scavolini/I 1972)


Zitat entfällt.

Amore E Morte Nel Giardino Degli Dei (Liebe und Tod im Garten der Götter) ~ I 1972
Directed By: Sauro Scavolini

Ein alternder, habilitierter Ornithologe (Franz von Treuberg) mietet sich zwecks Studien der Vogelart 'Indikator' in eine leer stehende, umbrische Villa ein. Bei einem Gang über das dazugehörige, große Naturgrundstück entdeckt der Professor ein abgespultes Tonband. Nachdem er dieses wieder hergerichtet und gesäubert hat, hört er es sich an: Es enthält die Aufnahmen der therapeutischen Sitzungen eines Psychiaters (Ezio Marano) mit seiner Patientin Azzura (Erika Blanc). Jene hatte scheinbar ihren Selbstmord zu inszenieren versucht, jedoch erfolglos. Daher nahm sich der geschulte Freund ihres Mannes, des Tenors Timothy (Rosario Borelli) ihrer an. Der Professor lauscht einer Vielzahl intimer Geständnisse und erfährt unter anderem, dass Azurra ein langes, inzestuöses Verhältnis mit ihrem Bruder, dem Künstler Manfredi (Peter Lee Lawrence) pflegte. Dieser hat mittlerweile den Verstand verloren und lauert nach mehrfachen Morden nun auf den Professor, den letzten, unfreiwilligen Mitwisser seiner Verbrechen...

Ein sehr gemächlich erzählter Giallo, den der in der Hauptsache als Autor für Sergio Martino beschäftigte Sauro Scavolini mithilfe seines etwas bekannteren Bruders Romano herstellte. "Amore E Morte Nel Giardino Degli Dei" enthält sich weitgehend jeglicher Schlüpfrigkeiten und lautstarke Brutalitäten, verzichtet somit auf übermäßig Exploitatives und lässt sich eher zu den gemächlich erzählten, ruhigen Gattungsexemplaren rechnen. Mit dem ornithologisch tätigen Professor erhält der Zuschauer einen besonders entspannten, ruhigen Klienten, der seiner detektivischen Arbeit aus Neugier betont langsam, Kaffee trinkend und permanent rauchend nachgeht. Die entsprechenden Rückblenden, die sich aus den Tonband-Studien des Professors ergeben, spielen sich zumindest anfänglich kaum minder unaufgeregt ab. Zum richtigen Genrefilm - und damit wohl auch zu dem, was ungeduldigere Zeitgenossen sich von dem Film womöglich früher erhofft hätten - avanciert Scavolinis Werk erst in der zweiten Hälfte, in der, nach einigem Beziehungs-Hin-und-Her endlich auch das kriminalistische Element zu Tage befördert wird: Manfredi dreht nach einer höhnisch dargebotenen Wahrheits-Offerte endgültig durch und fährt wie ein Racheengel mit Schwert und Pistole auf all jene nieder, die er mit seiner Enttäuschung unmittelbar in Verbindung sieht. Dennoch erweist sich die narrative Komposition von "Amore E Morte Nel Giardino Degli Dei" letzten Endes als sehr ausgewogen, da sie eine saubere Einteilung in vier Akte ermöglicht und dem Film eine verschachtelte und dennoch wohldurchdacht anmutende Struktur verleiht. Hat mir sehr gefallen.

8/10

Sauro Scavolini Romano Scavolini Rom Villa Garten Psychiatrie Giallo


Foto

SOLAMENTE NERO (Antonio Bido/I 1978)


Zitat entfällt.

Solamente Nero (Blutiger Schatten) ~ I 1978
Directed By: Antonio Bido

Nach Jahren kommt Stefano (Lino Capolicchio), mittlerweile als Universitätsprofessor tätig, auf seine kleine, Venedig vorgelagerte Heimatinsel zurück. sein älterer Bruder Paolo (Craig Hill) ist hier Pastor und von einigen Ortsansässigen wenig gut gelitten. Just mit Stefano Rückkehr beginnt auf dem Eiland eine Mordserie, die wundersamerweise vornehmlich Paolos Gegner betrifft wie den homosexuellen Lebemann Pedrazzi (Massimo Serato) oder den Arzt Aloisi (Sergio Mioni). Zusammen mit der hübschen Künstlerin Sandra (Stefania Casini) versucht Stefano, den Gewaltverbrechen auf den Grund zu gehen. Dabei wird er selbst immer wieder mit anfallartigen Flashbacks, die in seine Kindheit zurückzureichen scheinen, konfrontiert.

Der Giallo hatte seine Hochzeit bereits hinter sich und Argento sich unlängst dem Übersinnlichen zugewandt als "Solamente Nero" kam, eigentlich eine Art kleiner Nachklapp zum Subgenre. Dabei macht Bidos Film sich durchaus gut, nicht zuletzt aufgrund des pittoresken Drehortes, der viel herbstliches, venezianisches Flair bereithält und aufgrund der feinen Besetzung. Selbige hält ein Wiedersehen mit Lino Capolicchio aus Pupi Avatis feinem "La Casa Delle Finestre Che Ridono" bereit und bietet zudem eine wie meist zeigefreudige Stefania Casini (nebst Bauchkettchen - seufz - ) auf, mit Craig Hill einen gestandenen Hollywood-Grandseigneur und mit Massimo Serato ein weiteres, bereits klassisch zu nennendes Kino-Antlitz. Attribute, die nachgerade für sich sprechen und "Solamente Nero" zu einem gehobenen, wenngleich eben recht spät kredenztem Gattungsvertreter küren.

7/10

Antonio Bido Giallo Venedig Serienmord Brüder Madness


Foto

MIO CARO ASSASSINO (Tonino Valerii/I, E 1972)


Zitat entfällt.

Mio Caro Assassino (My Dear Killer) ~ I/E 1972
Directed By: Tonino Valerii

Ein Versicherungsangestellter (Francesco Di Federico) wird, von einem Bagger enthauptet, am Ufer eines Sumpfes vor der Stadt aufgefunden. Der zunächst rätselhaft anmutende Fall führt den ermittelnden Inspettore Peretti (George Hilton) bald zu weiteren Leichen, die, wie sich herausstellt, allesamt in Verbindung mit einem bereits als abgeschlossen geltenden Fall von Kindesentführung in Verbindung stehen: Damals wurde die kleine Stefania Moroni (Lara Wendel) von Unbekannten entführt und nebst ihrem Vater später tot aufgefunden...

Ein eher unspektakulär ausgefallener Giallo, der formale Extravaganzen weitgehend vermissen lässt und sich stattdessen ganz auf die Lösung des von George Hilton zu bearbeitenden, verworrenen Kriminalfalles konzentriert. Tonino Valerii, der beim Western begann und auf diesem Sektor auch seine bleibendsten Arbeiten sowie hauptsächliche Meriten eingefahren hat, liebäugelte nur dieses eine Mal mit dem italienischen Kriminalgenre und verlor sich später in immer selteneren Genrearbeiten, bis er sich Ende der Neunziger ganz vom Film zurückzog. Für seinen unikalen Œuvre-Status kann "Mio Caro Assassino", der sich zudem eines eindringlichen Morricone-Scores rühmt, allerdings von sich behaupten, einen gelungenen Exkurs zu repräsentieren, wenngleich er auf die psychedelischen Farb- und Kameraspiele der schönsten Gialli verzichtet. Unter dem Strich hinterlässt er, mit Ausnahme vielleicht der etwas albernen, an Agatha-Christie-Auflösungen gemahnenden Finalszene, in der Peretti alle Verdächtigen versammelt und den Schuldigen schließlich aus der Reserve lockt, ebenso schnörkelloses wie zufriedenstellendes, mediterranes Thrillerkino.

6/10

Tonino Valerii Giallo Rom Kidnapping Serienmord


Foto

THE LONG GOOD FRIDAY (John Mackenzie/UK 1980)


"It's Good Friday. Have a Bloody Mary."

The Long Good Friday (Rififi am Karfreitag) ~ UK 1980
Directed By: John Mackenzie

Harold Shand (Bob Hoskins) kontrolliert seit Jahren die Londoner Unterwelt. Macht und Reichtum lassen ihn mittlerweile mit sehr viel weitläufigeren Zielen liebäugeln; so sieht sein aktueller Plan eine umfassende, gewinnträchtige Modernisierung des maroden Hafenviertels voraus, unter Beteiligung amerikanischer Mafia-Investitionen. Daher lädt Harold einen Repräsentanten (Eddie Constantine) der Übersee-Konkurrenz pünktlich zum Karfreitag nach London ein, um ihn von seinen Plänen zu überzeugen. Doch jemand pfuscht Harold in die Karten: Sein bester Freund Colin (Paul Freeman) und weitere seiner langjährigen Angestellten werden auf spektakuläre Art ermordet, der von Harold geschmierte Stadtrat Harris (Bryan Marshall) benimmt sich sonderbar aufmüpfig. Seine eilends angestellten Recherchen veranschaulichen Harold bald den Grund für all die Unbill: Eine Racheaktion der IRA und Verrat in den eigenen Reihen durchkreuzen Harolds Absichten und lassen ihn lernen, dass auch er nicht allmächtig ist.

Einer der großen, britischen Gangsterfilme, in einer Phalanx stehend mit "Villain", "Get Carter" und "The Krays" und sie alle an Komplexität und realistischer Perspektive vielleicht noch übetreffend. "The Long Good Friday" ist nicht bloß das Portrait eines kurz vor seinem großen Scheitern stehenden, entmachteten Gangsterbosses, sondern zudem eine Bestandsaufnahme des London der Spätsiebziger, das weg will von seinem etwas muffigen Industrie-Image, sich der Welt öffnen und Internationalität beweisen will und als vordringlichen Repräsentanten für jene Ambitionen ausgerechnet einen aus proletarischen Verhältnissen stammenden Gangster bereithält. Harold Shand, von Bob Hoskins unnachahmlich perfekt interpretiert, ist das wunderbare Exempel eines Gernegroß, der es geschafft hat, sich aus der Gosse zur Unterwelt-Nummer-Eins hochzuarbeiten. Dass man dafür einen Killerinstinkt und extrem Gewaltbereitschaft benötigt, kann Harold auch im weißen Nadelstreifen-Anzug nicht verhehlen; zwar ist er heuer etwas vorsichtiger in der Wahl seiner Mittel, die Betätigung der entsprechenden Tasten kann ihn jedoch noch immer zum Berserker machen. Harold Shand ist und bleibt ein Gangster, so sehr er sich auch in der Rolle des progressiven, mondänen Geschäftsmannes gefällt. Und wie ein Gangster hat er am Ende abzutreten, zusammen mit den per Blitzstreich in Asche gelegten Resten seiner vormals mächtigen Organisation. Vor politischem Terror und Bomben muss selbst ein Harold Shand in die Knie gehen. Das Ende des Films, in dem er, auf der Rückbank eines ihn entführenden Wagens sitzend, mit der Ausweglosigkeit seiner Situation konfrontiert wird, in ihm die Wut brodelt und sich zugleich die Erkenntnis des endgültigen Versagens ihren Weg in seine Miene bahnt, derweil ihm ein kalt lächelnder, von Pierce Brosnan gespielter IRA-Killer die Pistole vors Gesicht hält und ihm Zeit gibt, sich auf sein baldiges Ableben einzustellen, wird wiederum getragen von Hoskins' großer Schauspielkunst.
Dazu das tolle, schmissige Titelthema von Francis Monkman und genussfertig ist a most delicious cinematic dish.

9/10

John Mackenzie London Mafia IRA


Foto

STEREO (Maximilian Erlenwein/D 2014)


"Du bist hier der Böse!"

Stereo ~ D 2014
Directed By: Maximilian Erlenwein

Dem auf dem Lande lebenden Motorrad-Mechaniker Erik (Jürgen Vogel) geht's eigentlich gut: Er hat eine nette Freundin (Petra Schmidt-Schaller) mitsamt süßer Tochter (Helena Schoenfelder) aus einer früheren Beziehung. Doch es ziehen dunkle Wolken auf: Ein Kapuze tragender Mann (Moritz Bleibtreu), den nur Erik sehen und hören kann und der sich als 'Henry' vorstellt, erscheint wie aus dem Nichts und weicht kaum mehr von Eriks Seite. Dieser ist sich nicht sicher, ob er von einer Psychose oder einem Geist heimgesucht wird, sicher ist jedoch, dass er Henry irgendwoher kennt. Als ein Osteuropäer (Mark Zak) auftaucht und Erik etwas von einem gewissen 'Keitel' vorfaselt, begreift dieser zunächst gar nichts. Ein Treffen in einem Berliner Untergrund-Club, zu dem Erik sich bereitwillig lotsen lässt, soll die Wahrheit ans Licht bringen...

So richtig Neues, Innovatives gibt's ja kaum mehr im Kino und daher kann sich selbst die im nationalen Kino grundsätzlich positive Ausnahmeerscheinung eines kernigen Genre-/Gangsterfilms kaum rühmen, eine gänzlich exklusive Geschichte zu erzählen. Ich möchte es vielleicht einmal so formulieren: Wer "A History Of Violence" und "Fight Club" noch halbwegs präsent hat, der wird in "Stereo" höchstwahrscheinlich nicht sein vielleicht lang herbeigesehntes Mindfuck-Heil finden. Wem es derweil genügt, eine nicht immer ganz geradlinige, etwas umständlich erzählte, nichtsdestotrotz jedoch straight abgefasste Gangster- und Rache-Story serviert zu bekommen, der sollte sich einigermaßen gut bedient finden. Freunden von Vogel und Bleibtreu sei "Stereo" darüberhinaus ausdrücklichst ans Herz gelegt, denn die beiden Herren durchdringen mit ihren allgegenwärtigen Personae förmlich den gesamten Film. Dennoch war zumindest für mich die positivste darstellerische Überraschung des Films der Wiener Georg Friedrich, der als gehandicapter Gangsterboss mit herrlichem Schmäh einem jeden Tarantino-Kosmos zur Ehre gereichte. Vielleicht nicht der ganz große Wurf, aber allemal ein Schritt in die richtige Richtung.

7/10

Maximilian Erlenwein Rache Madness Persönlichkeitsstörung Berlin Brüder


Foto

MISSING (Constantin Costa-Gavras/USA 1982)


"We're not involved, Mr Horman."

Missing (Vermisst) ~ USA 1982
Directed By: Constantin Costa-Gavras

Santiago de Chile, September 1973: Der für ein linkes Blatt tätige, US-amerikanische Journalist Charlie Horman (John Shea) verschwindet während des Militärputschs durch Pinochet spurlos. Zusammen mit Charlies Vater Ed (Jack Lemmon), einem einflussreichen New Yorker Geschäftsmann, sucht seine Frau Beth (Sissy Spacek) vor Ort nach Spuren Charlies, während die Junta ihr blutiges Schreckensregime weiter installiert. Im naiven Glauben, die US-Administration vor Ort sei bezüglich seiner Investigation hilfsbereit, muss sich Ed Horman bald vom Gegenteil überzeugen lassen: Charlie ist während eines zufälligen Kurzaufenthalts im Badeort Viña del Mar auf einen redseligen US-Militärberater (Richard Bradford) gestoßen, der keinen Zweifel an der US-Intervention bei Pinochets Staatsstreich ließ. Wie tausende andere Verdächtige wurde Charlie daraufhin in das als riesiges Konzentrationslager dienende Nationalstadion verschleppt, wo sich seine Spur - ebenso wie die Tausender anderer Exekutierter - verliert. Am Ende seines sein Weltbild geraderückenden Aufenthalts in Santiago begreift Ed die weitreichenden Verstrickungen der USA nicht nur in diesen lateinamerikanische Machtwechsel.

Costa-Gavras' erste US-Produktion macht glücklicherweise nur wenige Zugeständnisse an massengeschmäcklerische Erwartungshaltungen. Zwar gestaltet sich seine Inszenierung glatter und zugänglicher als zuvor und bietet mit Lemmon und Spacek zwei "unkomplizierte" Stars als Identifikationsfiguren auf; der politischen Brisanz und leidenschaftlichen Aufbereitung des Themas jedoch tut dies kaum Abbruch. "Missing" ist ein Werk, das Türen aufstieß: Die Involvierung der CIA nebst der von Polizei- und Militärberatern in die Politik lateinamerikanischen Länder wurde in keinem vorherigen Studiofilm so gnadenlos und präzise umrissen wie hier. Zu Beginn des Films wird erklärt, dass einige Namen der in die neun Jahre zuvor geschehenen Ereignisse Beteiligten "zum Schutz der Personen und des Films geändert" werden mussten. Die Begriffe 'Chile', 'Pinochet' und 'Allende' fallen nicht, von Nixon ist lediglich einmal ein Wandporträt zu sehen, ganz am Ende erklingt aus dem Off der Name Kissingers. Der vehement verharmlosende, lügende und leugnende US-Botschafter vor Ort bleibt ungetauft; sein reales Pendant Nathaniel Davis, mittlerweile a.D., dessen Nennung immerhin in der dem Film zugrunde liegenden Buchvorlage von Thomas Hauser auftaucht, verklagte die Universal bei Erscheinen des Films auf eine Multi-Millionen-Dollar-Summe und sorgte für die vorübergehende Absetzung des Films. Beide Maßnahmen erwiesen sich jedoch als von mittelfristiger Erfolglosigkeit gekrönt. Immerhin: Charles Hormans Name - ohnedies der wichtigste des Films - bleibt unverfälscht und stolzes Zentrum der traurigen Schilderungen. Bei aller Ehrenhaftigkeit des Projekts: Dass ausgerechnet das Verschwinden des Sohnes eines reichen, einflussreichen New Yorker Businessman solche Wellen schlug, ist sicherlich wichtig und richtig. Dass jedoch auch ein Costa-Gavras nur die Spitzen der Pinochets Putsch säumenden Leichenberge der zehntausenden von Toten und Vermissten zeigen kann, deren Verlust weitaus stiller und ungehörter betrauert werden musste denn der Charles Hormans, sollte zu keiner Sekunde vergessen werden.

9/10

Constantin Costa-Gavras Chile period piece Historie Vater & Sohn Südamerika CIA





Filmtagebuch von...

Funxton

    Avanti, Popolo

  • Supermoderator
  • PIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIP
  • 8.268 Beiträge

Neuste Kommentare