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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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DILLINGER (John Milius/USA 1973)


"I rob banks for a living, what do you do?"

Dillinger (Jagd auf Dillinger) ~ USA 1973
Directed By: John Milius

Während der Depressionszeit machen Bankräuber wie John Dillinger (Warren Oates) nebst seiner Gang, Pretty Boy Floyd (Steve Kanaly) oder Baby Face Nelson (Richard Dreyfuss) den Mittleren Westen unsicher. Das darbende Volk himmelt die Gentleman mit ihren bleispritzenden Thompsons als Rebellen an, die sich trotz der gestreckten Wirtschaftskrise ein schönes Leben machen, für das FBI, allen voran Agent Melvin Purvis (Ben Johnson), sind jene Gangster bloß Outlaw-Abschaum. Insbesondere der clevere Dillinger avanciert zu Purvis' erklärtem Todfeind, zumal es dem dreisten Gauner immer wieder gelingt, der Staatsgewalt zu entwischen.

Milius' erster Langfilm ist gleich ein Schmuckstück der gleich in Legionsstärke antretenden Depressions-Gangsterfilme der New-Hollywood-Jahre. Als ebenso luftiges wie hartes Pasticcio unterschiedlicher inhaltlicher und stilistischer Einflüsse hat Milius das Glück, mit Warren Oates, dessen Physiognomie tatsächlich der Dillingers ähnelte, einen herrlich charismatischen Titeldarsteller beschäftigen zu können, in seinem Gefolge um Harry Dean Stanton, Geoffrey Lewis und John P. Ryan (leider recht früh per Bauchschuss aus dem Szenario getilgt) kaum minder phantastische Akteure. Ben Johnson, der vier Jahre zuvor in Peckinpahs "The Wild Bunch" noch Oates' Bruder gespielt hatte, gibt hier den deklarierten Antagonisten. Da Dillingers und Purvis' Geschichten historisch und biographisch betrachtet untrennbar miteinander verwoben sind, erhält diese Paarung gleich noch einen zusätzlichen Reiz. Zeitsprünge und -raffungen über die erzählte Zeit zweier Jahre werden gern mit Überschriften und Leitartikeln aus Zeitungen überbrückt, derweil Purvis zusätzlich noch als Off-Erzähler fungiert. Den berühmten Banküberfall von Warsaw und die sich anschließende, endgültige Zersprengung der Dillinger-Bande inszenierte Milius als unglaublich dichtes, zudem technisch bravouröses Kabinettstück des Actiongenres. Spätere Belagerungs-, Shoot-Out- und Verfolgungsszenen werden sich hieran zu messen haben.

8/10

John Milius New Hollywood Great Depression Biopic FBI Duell Indiana Chicago Freundschaft Historie period piece


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INBRED (Alex Chandon/UK, D 2011)


"What 'bout a pint for everyone?"

Inbred ~ UK/D 2011
Directed By: Alex Chandon

Im Zuge eines Resozialisierungsprogramms nehmen die beiden Londoner Sozialpädagogen Jeff (James Doherty) und Kate (Jo Hartley) ein renitentes Quartett straf- oder auffällig gewordener Jugendlicher mit in die nordenglische Provinz: aus Dwight (Chris Waller), asozialer Junggangster, Tim (James Burrows), fehlgeleiteter Pyromane, Sam (Nadine Rose Mulkerrin), introvertierte Borderlinerin und der Einbrecher Zeb (Terry Haywood) besteht ihre handverlesene Truppe. Vor Ort machen sie rasch die unangenehme Bekanntschaft der Einheimischen, wildwüchsiger bis derangierter Typen, die einen unheimlichen Eindruck machen. Natürlich kommt es bald zu einem unangehmen Zusammenstoß, der den Großstädtern das wahre Gesicht der Landeier präsentiert: Es handelt sich bei diesen nämlich um geisteskranke, inzestuös geprägte Kannibalen, die im wahrsten Sinne des wortes keine Gefangenen machen.

Obgleich ich seinen "Cradle Of Fear" noch immer in unguter Erinnerung habe, entschloss ich mich, Chandons jüngstem Exzess "Inbred" eine Chance zu geben - nicht unbelohnt. Was auf dem seinerzeit noch im Amateurstil und auf Videomaterial gefilmten Grufti-Splatter auf eher peinliche Weise selbsträsonistisch und stupide wirkte, fällt zehn Jahre später deutlich versöhnlicher und offener aus. Nachdem die europäische Genre-Gemeinde ja bereits via "Calvaire" und "Frontière(s)" erfahren musste, dass missgestaltete, verrückte, u.U. kannibalisch geprägte Hillbillys und Bootlegger nicht nur in den Appalachen heimisch, sondern auch diesseits des Großen Teiches kontinental verankert sind, ergriff Chandon ergänzend zu der Franzkonkurrenz Partei für die Insel und führt uns ein paar besonders widerliche Beispiele für unkontollierten, hinterwäldlerischen Wildwuchs vor: Seine zwischen mehr und weniger verwachsen changierenden Freaks sind Typen übelster Sorte, denen man selbst bei schönstem Tageslicht nicht begegnen möchte. Und wie man Chandon kennt, lässt er auch in "Inbred" wieder so richtig die Sau raus - wobei einen allenthalben das Gefühl beschleicht, Chandon habe von der Widerstandsfähigkeit menschlicher Körper eine etwas seltsame Vorstellung. Wenn nämlich irgendwas passiert, dann richtig - Leiber und Köpfe platzen und explodieren, dass man sich vorkommt wie auf dem Rummel. Grand guignol eben, aber in Reinkultur. Ich hatte meinen Spaß dran, auch ohne Originalitätsbescheinigung.

6/10

Alex Chandon Splatter Backwood Teenager Kannibalismus Terrorfilm


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AUF DER REEPERBAHN NACHTS UM HALB EINS (Rolf Olsen/BRD 1969)


"Was denkst du dir bei diesem ungeheuerlichen Auftritt?"

Auf der Reeperbahn nachts um halb eins ~ BRD 1969
Directed By: Rolf Olsen

Nach acht Jahren wird der unschuldig wegen Mordes eingesessene Hannes Teversen (Curd Jürgens) aus dem Gefängnis entlassen. Für den eingefleischten Schifffahrtskapitän Hannes gilt nun zweierlei: Die Wiederherstellung seines guten namens durch einen nachträglich erbrachten Unschuldsbeweis, sowie die Abrechnung mit den damaligen Meineids-Zeugen, allen voran Hannes' früherer Kompagnon Lauritz (Fritz Tillmann), Ehemann der einst Ermordeten, der Hannes' Reederei-Anteile an sich gebracht hat. Lauritz indes pflegt noch immer halbseidene Kontakte zur Hafen-Unterwelt. Zudem erfährt Hannes von seinem besten Freund Pitter (Heinz Reincke) etwas für ihn schwer zu Verkraftendes über die junge Antje (Jutta D'Arcy)...

Mit diesem Remake des noch deutlich romantischer konnotierten, gleichnamigen Albers-Films von Wolfgang Liebeneiner legte Olsen einen weiteren Eintrag zu seinem Curd Jürgens/St.-Pauli/Crime-Zyklus vor. Wie immer in jenen Filmen ist der 'Normannische Kleiderschrank' als ebenso sonorer, besonnener wie trinkfester Herr der Lage zu sehen, der damit ja irgendwie auch in bester, nordischer Albers-Tradition steht. Ein paar Liedchen, darunter natürlich der titelgebende Akkordeon-Klassiker, müssen auch bemüht werden, klare Kiste. Widerfahrenes Unrecht wird bei Jürgens und durch ihn, wenn noch möglich, garantiert gut gemacht, damit von allem (halbwegs) ehrenhaften Mitmenschen am Ende Seeluft und Paulier Hafen-Stinkerei wieder reuelos eingesogen werden können. Im besten Falle stiftet der Gute dann noch ein bis zwei Liebesbeziehungen zwischen jungen Leuten und geht schlussendlich wieder in Ruhe seinem Patent nach, sei es als Arzt, Pfarrer oder eben Kapitän in schnieker Uniform. Heinz Reincke spielt einmal mehr den lustigen Adlatus, viele Darsteller mussten ihre Stimmen der damaligen Praxis der Nachsynchronisierung opfern: Darum klingt Fritz Wepper auch plötzlich wie Thomas Danneberg. Aber so war das damals, auf St. Pauli.

6/10

Hamburg Rolf Olsen Kiez St. Pauli Sleaze Remake Rocker Verschwörung Helgoland


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EL KÁRATE, EL COLT Y EL IMPOSTOR (Antonio Margheriti/E, I, HK, USA 1974)


Zitat entfällt.

El Kárate, El Colt Y El Impostor (In meiner Wut wieg' ich vier Zentner) ~ E/I/HK/USA 1974
Directed By: Antonio Margheriti

Bei dem Versuch, seinen Tresor zu sprengen, kann der Halunke Dakota (Lee Van Cleef) nicht verhindern, dass der wohlhabende chinesische Geschäftsmann Wang (Al Tung) ums Leben kommt. Als dessen Bruder (Pai-Chen Yang) in China davon erfährt, schickter den Kung-Fu-Kämpfer Ho Chiang (Lo Lieh), zugleich Wangs Neffe, nach Monterey in Amerika. Dort schließen sich Dakota und Ho zusammen, um Wangs Erbschaft ausfindig zu machen. Dafür müssen sie jedoch zunächst ein Rätsel lösen, dessen einzelne Bestandteile Wang dereinst auf vier weibliche Popos tätowierte. Eines davon gehört der frivolen Gattin (Erika Blanc) des verrückten Predigers Hobbitt (Julián Ugarte), der sich, als er davon erfährt, selbst Wangs Schatz unter den Nagel reißen will.

Dass es sich für den (Euro-)Western und fernöstliches Kampf-Procedere durchaus lohnt, eine fruchtbare Kurzehe einzugehen, hatte Bond-Regisseur Terence Young bereits drei Jahre zuvor mit "Soleil Rouge" bewiesen, in dem ein japanischer Samurai und ein amerikanischer Gunslinger sich notgedrungen zusammenraufen müssen, um ein begehrtes Objekt (in diesem Falle handelte es sich um ein Schwert) zu erringen. Für "El Kárate, El Colt Y El Impostor" gingen derweil die Hong Konger Shaw Brothers eine ihrer Ost-West-Kollaborationen ein, um zwei große Unterhaltungsmärkte zu bedienen. Inszeniert wurde der Spaß von dem in Crossover-Dingen keinesfalls unerfahrenen Genre-Ass Margheriti, der hierfür sein berühmtes Pseudonym 'Anthony M. Dawson' verwendete. "El Kárate, El Colt Y El Impostor" ist erwartungsgemäß witzig und bewegt sich bis zum knalligen Showdown etwa in den Breitengeraden eines Spencer-/Hill-Western; soll heißen, es wird mehr geprügelt denn geschossen und es gibt, nicht zuletzt aufgrund der pobackigen Story-Prämisse, mancherlei Gelegenheit für schlüpfrige Hintern-Witzchen. Wer derlei Kuriositäten mag und beispielsweise mit der Hofbauer/Kuei-Zusammenarbeit "Yang Chi" etwas anzufangen weiß, der wird ganz bestimmt auch bei Lee Van Cleef und Lo Lieh auf seine Kosten kommen.

6/10

Antonio Margheriti Shaw Bros. Crossover Martial Arts Italowestern Europloitation


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RUN FOR COVER (Nicholas Ray/USA 1955)


"It's the ones like you who cause all the trouble, everywhere."

Run For Cover (Im Schatten des Galgens) ~ USA 1955
Directed By: Nicholas Ray

Der Abenteurer Matt Dow (James Cagney) kommt auf der Suche nach settlement nach Colorado, wo er den jungen Davey Bishop (John Derek) trifft. Die beiden schließen sich zusammen und werden aufgrund eines dummen Zufalls unschuldig als Zugräuber verfolgt. Dabei wird Davey niedergeschossen. Matt pflegt ihn auf der Farm der gastfreundlichen, schwedischstämmigen Swensons gesund, kann damit jedoch nicht Daveys ungestümes Temperament zügeln. Schließlich machen die Einwohner der benachbarten Stadt Matt zum neuen Sheriff, der wiederum Davey zum Deputy ernennt - eine Aufgabe, der der zornige junge Mann nicht gewachsen ist. Als Matts frühere Kumpane um den Banditen Gentry (Grant Withers) die lokale Bank ausrauben, muss Matt während der sich anschließenden Verfolgung erkennen, dass Davey längst die Seiten gewechselt hat - er arbeitet mit dem Ganoven Morgan (Ernest Borgnine) zusammen.

Nick Rays zweiter Western, kurz nach "Johnny Guitar" entstanden, von dessen formaler Inbrunst und Flamboyanz jedoch ein gutes Stück weit entfernt. In "Run For Cover" widmet sich der Regisseur eher der straight erzählten Geschichte einer substituierten, und wohl nicht zuletzt deshalb zum Scheitern verurteilten Vater-Sohn-Beziehung. Spätestens mit seinem aufopfernden Anpeitschen Daveys, dem der Arzt prophezeit, dass er sein verletztes Bein nie wieder werde gebrauchen können, lässt der alternde Matt Dow seine wahren Gefühle für den jungen Mann durchblicken. Wie wir später erfahren werden, hatte Matt einst tatsächlich einen Sohn, der allzu früh das Zeitliche segnen musste. Immer wieder versucht Matt, einst selbst ein outlaw und späterer 'jailbird', den renitenten Davey, der über sein Dasein als Vollwaise nie hinweggekommen ist, zum Guten zu bekehren und sein mit Habsucht und Gewaltsucht liebäugelndes Naturell zu domestizieren - umsonst. Davey wird endgültig zum Verräter an seinem Ersatzvater und Mentor, nimmt sogar dessen wahrscheinlichen Tod in Kauf. Dennoch wartet am Ende die Erlösung auf ihn. Die thematische Verwandtschaft zum nachfolgenden "Rebel Without A Cause" ist unübersehbar: Trotz Perspektivchangierung von alt nach jung und ausgefeilterer (weil womöglich zeitgenössischerer) Charakterzeichnungen geht es um die Unvereinbarkeit zweier Generationen und den daraus erwachsenden Konflikt. Während "Rebel" diesen schlussendlich - unter Opfern - lösen kann, bleibt in "Run For Cover" am Ende nur das Weitermachen - und das Warten auf neue, bessere Tage.

8/10

Nicholas Ray Colorado Freundschaft


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KILLING BLUE (Peter Patzak/BRD 1988)


"Ein ganz natürlicher Reflex..."

Killing Blue ~ BRD 1988
Directed By: Peter Patzak

Den versoffenen Berliner Polizisten Alex Glass (Armin Mueller-Stahl) plagen Gewissensbisse, weil er bei einem Einsatz unvorsichtigerweise ein kleines Mädchen angeschossen hat. Umso verbissener hängt er sich in seinen neuen Fall, den Mord an einer jungen Frau (Constanze Saskia Rahn, die im Heroin-Milieu verkehrte. Die Spur führt zu der einschlägig bekannten Unterweltgröße Miskowski (Frank Stallone), mit dem neben der Toten auch die Tochter (Allegra Curtis) des Staatsanwalts Karstens (Michael York), zufällig ein guter Freund von Glass, verkehrt. Als Miskowski jedoch selbst gewaltsam ums Leben kommt, bleibt Glass nur ein letzter Schluss zur bitteren Wahrheit...

Seine kurze Liaison mit der Lisa-Film brachte nach "Der Joker" mit Peter Maffay als rollstuhlbewährtem Bullen diesen dem "Vorgänger" nicht ganz unähnlichen Versuch eines neo noir im Berliner statt im Hamburger Milieu. Michael York kehrte nochmal zurück, wiederum als gewalttätiger Psychopath (den er in diesen Jahren recht oft zu geben hatte) und brachte als internationale Verstärkung Stallone-Bruder Frank nebst TV-Sternchen Morgan Fairchild mit. Ansonsten ist "Killing Blue" vor allem als campige Ausnahmeerscheinung im identitätskriselnden deutschen Kino der Spätachtziger von Interesse. Patzak, der seinem Job von allen Beteiligten noch am ehesten professionell begegnet, inszeniert mit viel Elan gegen das stulle Drehbuch an, das sich vornehmlich von einer hanebüchnen Geschichte mit kausalitätsfernen Wendungen und seltsam unpassenden Stilisierungen der von Mueller-Stahl ordentlich gespielten, nichtsdestotrotz jedoch hoffnungslos fehlbesetzten Hauptfigur getragen findet. Aber angesichts des unterirdischen Spiels von Julia Kent (als Glass' Assistentin) muss man sich über ihre schreiberisches Untalent kaum weiter wundern. Alex Glass derweil ist der inkarnierte Stereotypus des Noir-Polizisten: Unangepasst, frech, in Dosenbier und Zigaretten badend, hobbymäßiger Jazz-Saxophonist, Weiberheld, schnell mit der Knarre bei der Hand und natürlich arschcool. Und eine solche Figur spielt - wohlgemerkt - Armin Mueller-Stahl. Kann sowas gutgehen...?

5/10

Peter Patzak film noir neo noir Berlin Lisa-Film


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NIGHT LIFE (David Acomba/USA 1989)


"Just kidding."

Night Life ~ USA 1989
Directed By: David Acomba

Teenager Archie Melville (Scott Grimes) wird von seinen Mitschülern fast durchweg höhnisch belächelt: Er arbeitet nämlich im Bestattungsunternehmen seines Onkels (John Astin) und empfindet den alltäglichen Umgang mit Leichen als ganz gewöhnliches Handwerk. Allein mit der KFZ-Mechanikerin Charly (Cheryl Pollak), wie er eine Außenseiterin, verbindet ihn eine unausgesprochene Romanze. Besonders die Football-Bullys Rog (Kenneth Ian Davies) und Allen (Mark Pellegrino) setzen Archie immer wieder zu - daher ist er auch nicht sonderlich erschüttert, als die Jungs mitsamt ihren Freundinnen (Darcy DeMoss, Lisa Fuller) eines Nachts bei einem Autounfall das Zeitliche segnen. Es kommt, wie es kommen muss, das pöbelnde Quartett landet durchweg auf Archies "Werkbank" - wird jedoch durch einen blitzeinschlag wieder zum Leben erweckt und stellt Archie und Charly toterdings weiter nach...

Außer in den ersten beiden "Critters"-Filmen und eben "Night Life" war von Scott Grimes in Leinwand-Breitengraden eher wenig zu sehen, er verschwand irgendwann in den Niederungen der TV-Serials und lugte daraus nur mal kurz als Will Scarlet für Scotts "Robin Hood" wieder hervor. Schade, denn jener ebenso augenzwinkernde wie sympathische Bursche war ehedem immer für einen Lacher gut - wie "Night Life", eine schelmische Mixtur aus Zombie-Splatter und Coming-of-Age-Comedy beweist. Im Prinzip fährt Acombas Film atmosphärisch natürlich gänzlich auf der Schiene ähnlich gelagerter Produktionen des Jahrzehnts rund um 'teenagers in heat' und könnte ebensogut auch als eine kammerspielartige Variation von "Return Of The Living Dead" bezeichnet werden, mit dem er sich einige Topoi teilt. "Night Life" allerdings verzichtet auch nicht auf baren Slapstick und schwarzen Humor beinahe klassischer Façon, etwa, wenn der linkische Archie unter Zeitdruck stehend die fachgerechte Präparierung einer Leiche vorlegen soll und dies unter einigem geschmacklosem Getöse völlig vermasselt. Im Finale werden die Schrauben dann nochmals mächtig angezogen, wenn es um die endgültige Entsorgung der bereits im Leben unsympathischen Zeitgenossen geht.
Hierzulande genießt der meines Erachtens sträflich vernachlässigte "Night Life" immerhin ein minimales Popularitätsniveau als einer der letzten §-131-Streifen, wobei es sich bei ihm vermutlich wirklich um den einen Film handelt, dessen Zwangsexilierung die lächerlichste, unangebrachteste und willkürlichste bundesdeutscher Zwangszensur markiert.
Right then: Eventually free "Night Life" and get'm on some fuckin' BR.

7/10

David Acomba Teenager Zombies Leichenbestatter Splatter Kleinstadt


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TORNADO (Antonio Margheriti/I 1983)


Zitat entfällt.

Tornado (Im Wendekreis des Söldners) ~ I 1983
Directed By: Antonio Margheriti

In den letzten Tagen des Vietnamkrieges hat der heldenhafte Sergeant Maggio (Giancarlo Prete) so seine liebe Not mit seinem vorgesetzten Offizier Harlow (Antonio Marsina). Bei diesem handelt es sich nämlich um einen ehernen Fanatiker, der glaubt, dass Politik nicht in den Hallen der Mächtigen geschrieben wird, sondern auf dem Schlachtfeld und der den Krieg noch lange nicht verloren wähnt. Um seine rücksichtslosen Ziele immer neuer erfolgreicher Einsätze zu erreichen, schickt er diverse G.I.s unnötig in den Tod, lässt sie im Stich oder nimmt in Kauf, dass sie zu Krüppeln werden. Nachdem Maggio Harlow attackiert und wegen einer erfolgenden Disziplinarstrafe in den Knast wandert, kann er fliehen. Er gerät jedoch in die Gefangenschaft des Vietcong und muss sich den Weg zurück in die Freiheit erkämpfen.

Margheritis Abschluss seiner inoffiziellen Vietnamkriegstrilogie, die er unter der Ägide des Produzenten Gianfranco Couyoumdjian inszenierte und die mit "L'Ultimo Cacciatore" und "Fuga Dall'Archipelago Maledetto", zwei Filmen mit David Warbeck ind der Hauptrolle, begonnen hatte Letzterer wies im Vergleich zum Vorgänger einige deutliche Schwächen auf, was befürchten ließ, das der noch folgende "Tornado", zumal mit Giancarlo Prete besetzt, einen nochmaligen Qualitätsabstieg bedeuten könne. Dem ist jedoch mitnichten so. Tatsächlich ist "Tornado" sogar einer der am versiertesten inszenierten Actionfilme Margheritis, von der ghanzen Könnerschaft des Regisseurs zeugend, spürbar ambitioniert, deutlich weniger albern als viele noch nachfolgende Vietnam-Italiener, knackig brutal und mit gigantischen Pyro-Einlagen versehen, schließlich mit Prete über einen überraschend aussagekräftigen Helden verfügend. Erwin C. Dietrich brachte "Tornado" in den deutschsprachigen Verleih und verpasste ihm in kommerzieller Erwägung den völlig schwachsinnigen Titel "Im Wendekreis des Söldners", der einen höchst farbenprächtigen Brückenschlag zwischen Henry Miller und James Glickenhaus suggerierte, jenes Versprechen allerdings leider nicht zu halten wusste. Von Söldnern oder auch nur einem davon natürlich keine Spur.
Der wie zumeist vorzüglichen Berliner Synchronisation tut dies allerdings keinen Abbruch und als Bindeglied zu der kurz darauf folgenden (diesmal tatsächlich als solche firmierenden) Söldner-Trilogie, die Margheriti für Dietrich inszenieren sollte, ein wirklich lohnender, kerniger Genrebeitrag.

7/10

Antonio Margheriti Europloitation Vietnam Vietnamkrieg period piece Militär


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GRAVITY (Alfonso Cuarón/USA 2013)


"Houston, I have a bad feeling about this mission."

Gravity ~ USA 2013
Directed By: Alfonso Cuarón

Die beiden Astronauten Kowalski (George Clooney) und Stone (Sandra Bullock) befinden sich auf einer Mission im Orbit mit Außeneinsatz. Da erreicht sie ein Warnruf von der Erde: Ein russischer Satellit ist gecrasht und seine Trümmerteile haben bereits andere Satelliten zerstört, was zur Folge hat, dass nun ein riesiges Trümmerfeld geradewegs auf sie zukommt. Ihr Space Shuttle wird zerstört und Kowalski und Stone können sich als einzige Überlende mit Mühe und Not retten. Sie gelangen frei treibend bis zur Raumstation ISS, wo Kowalski sich opfert, um Stones Leben zu retten. Auch die ISS ist bereits schwer mitgenommen. Stones letzter Ausweg ist eine chinesische Raumstation, in der es noch eine Rettungskapsel gibt. Die Frau muss allerdings zunächst ihre latente Todessehnsucht überwinden, um sich selbst retten zu können.

Das große Meisterwerk, das viele in "Gravity" ausgemacht haben wollen, konnte ich trotz eifriger Schaufelei und Graberei nicht vorfinden. Formal sicherlich von bemerkenswerter Könnerschaft und technischem Einfallsreichtum gekennzeichnet, hatte ich bei Cuaróns Werk dennoch das nicht abreißen wollende Gefühl, einen durch die Vorführung seiner Mittel etwas selbstherrlich duftenden Konzeptfilm vorgesetzt zu bekommen, der ein wenig wie ein unter Zeitnot geratener "Cast Away" daherkommt, aufgrund des All-Settings natürlich sehr viel spektakulärer ausschaut, mit Clooney und Bullock in ihren hoffungslos formelhaften Präsentationen jedoch stets innerhalb seiner eigenen Umlaufbahn kreist und nie Gefahr läuft, diese zu verlassen. Bei mir regte sich da nichts, ich habe allerdings, das fällt mir immer wieder auf, sowieso nicht so mörderisch viel übrig für um Realismus bemühte Weltraum-Szenarien.
Irgendwo bestimmt honorabel, mich hat er kalt gelassen.

5/10

Alfonso Cuarón Weltraum Freundschaft


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FILTH (Jon S. Baird/UK 2013)


"Same rules apply."

Filth (Drecksau) ~ UK 2013
Directed By: Jon S. Baird

Detective Bruce Robertson (James McAvoy) von der Polizei in Edinburgh steht als einer von fünf Kollegen auf der Stufe zur Beförderung. Dazu gilt es jedoch, den publicityträchtigen Mord an einem jungen Japaner (Zack Eisaku Niizato) aufzuklären. Nicht nur, dass Robertson damit aus unerfindlichen Gründen nicht fertig wird, er befindet sich auch sonst auf einem strk abschüssigen Ast: Seine Familie hat ihn verlassen, er ist sexuell frustriert und neigt zu entsprechenden Absonderlichkeiten, er trinkt, nimmt Kokain und Psychopharmaka in rauen Mengen, intrigiert gegen seine Kollegen und verrät sogar seinen Kumpel Bladesey (Eddie Marsan).

Ich habe Irvine Welshs dem Film zugrunde liegenden Roman nicht gelesen und weiß daher nicht, inwieweit Bairds Adaption geglückt ist. Als potenzieller, britisch konnotierter Nachklapp zu Abel Ferraras "Bad Lieutenant", als der sich "Filth" zwangsläufig identifizieren lässt, ist er jedoch wohlgeglückt. Der zwangsläufige Vergleich ergibt zwar erwartungsgemäß, dass Bairds mit viel schwarzem Humor arbeitendes Schurkenstück zwar nicht an Ferraras monolithischem Meisterwerk kratzen kann, als Fallstudie eines Staatsbediensteten jedoch, der seine ihm auferlegten Kompetenzen missbraucht, um sein ohnehin längst zerbrochenes Ego noch weiter in die Selbstzerstörung zu treiben, ist auch "Filth" ziemlich erstklassig. Nach der noch etwas humorig gefärbten ersten halben Stunde, die Robertsons Charakter in einer "Trainspotting"-ähnlichen Stilisierung vorstellt, macht Baird nämlich keine Gefangenen mehr: Mit dem Protagonisten geht es unaufhörlich bergab; Sucht, Niedertracht, Egozentrik und psychische Störungen multipler Kuleur bis hin zur Persönlichkeitsspaltung ergreifen nicht nur von Robertson Besitz, sondern werden auch dem Zuschauer stellvertretend für ihn kredenzt. Ein recht harter Einblick in einen von Schuldkomplexen zermarterten Geist muss man sich da gefallen lassen, mitsamt bösem Abschluss. Letzte Chance: vorbei.

8/10

Jon S. Baird Irvine Welsh Schottland Edinburgh Drogen Alkohol Madness Kokain Groteske Psychiatrie





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