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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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I QUATTRO DELL'AVE MARIA (Giuseppe Colizzi/I 1968)


Zitat entfällt.

I Quattro Dell'Ave Maria (Vier für ein Ave Maria) ~ I 1968
Directed By: Giuseppe Colizzi


Die beiden Halunken Hutch (Bud Spencer) und Cat (Terence Hill) stoßen auf den soeben aus dem Knast ausgebrochenen Cacopoulos (Eli Wallach), genannt 'Caco'. Jener will sich an seinen ehemaligen Kameraden (Kevin McCarthy, Steffen Zacharias, Livio Lorenzon) rächen, die ihn einst abserviert und die Beute aus einem großen Bruch unter sich aufgeteilt haben. Für die Umsetzung seiner umfassenden Pläne benötigt Caco jedoch die Hilfe von Hutch und Cat, weswegen er sie um ein just verdientes Vermögen erleichtert. später stößt noch der Seilartist Thomas (Brock Peters) zu dem Trio hinzu und Caco kann sämtlichen seiner Ex-Gefährten den Garaus machen.

Zweiter Teil der "Bessy/Stevens"-Trilogie von Giuseppe Colizzi und bereits um einiges ausgereifter und deutlich filigraner inszeniert als der Vorgänger "Dio Perdone... Io No!". Offenbar hat die zwischenzeitliche Sichtung von Leones "Il Buono, Il Brutto, Il Cattivo" tiefen Eindruck auf Colizzi gemacht, denn er setzt sein episches Gaunerstück gleichermaßen ausladend und episodenhaft in Szene; mit verschiedenen Interessengruppen, die sich mal gegenseitig übervorteilen und mal zusammenarbeiten, ganz so, wie es die opportunistische Gesinnung jeweils gerade zulässt. Der eigentliche Status des Protagonisten kommt dabei keinesfalls dem damals noch längst nicht so kultivierten Paar Spencer und Hill zu, sondern dem verschmitzten Eli Wallach, den Colizzi sich natürlich mit besten Empfehlungen von Leone importiert hat und der mit einer gleichwertigen Spielfreude wie im großen Vorbild zu glänzen weiß. Spencer und Hill warten hier bereits als herausragende Prügler auf - unter anderem hat letzterer ein hartes Boxduell zu bestehen - doch der Colt sitzt noch locker und Terence Hill darf sogar einmal mit einem Maschinengewehr ganze Horden mexikanischer Angreifer zur Hölle schicken. Für Freunde der späteren, familientauglicheren Schalkspiele des Duos also nur mit Vorsicht zu genießen.

7/10

Rache Giuseppe Colizzi Mexiko Freundschaft Italowestern


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EMANUELLE E GLI UMTIMI CANNIBALI (Joe D'Amato/I 1977)


Zitat entfällt.

Emanuelle E Gli Ultimi Cannibali (Nackt unter Kannibalen) ~ I 1977
Directed By: Joe D'Amato


Die New Yorker Fotojournalistin Emanuelle (Laura Gemser) stößt bei Recherchen in einer Irrenanstalt auf einen seltsamen Fall von Kannibalismus. Zusammen mit dem Anthropologen Mark Lester (Gabriele Tinti) reist sie an den Amazonas, um dem bizarren Ereignis nachzuspüren. Um die knackige, blonde Jungfer Isabelle (Mónica Zanchi) erweitert, stößt das Trio im Dschungel auf den vermeintlichen Jäger Donald McKenzie (Donald O'Brien) und dessen Frau Maggie (Susan Scott), die tatsächlich nichts Gutes im Sinn haben. Den bereits die Speere wetzenden Kannibalen ist das aber sowieso einerlei. Als sie Isabelle entführen und zu einem Opfer für ihre Flussgöttin machen wollen, hat die kluge Emanuelle eine rettende Idee...

Verhältnismäßig früh entstandener Beitrag zum Kannibalenfilm-Subgenre, der letzten Endes natürlich nur dazu dient, Signore Massaccesi eine weitere Alibivorlage zu liefern, die von jedwedem Brustvoyeur hochgeschätzte Aktrice Laura Gemser in den Clinch zu bringen. Bezüglich der "Erotik-Sequenzen" hält sich Massaccesi aka Joe D'Amato diesmal recht bedeckt, aber dafür gibt's ja die wie stets unangenehm drauflos schmatzenden Indios mit ihrem berühmten Hang zu rohem Gekröse. Insofern lässt sich mit Ausnahme der Titten-Gedärme-Kombi und Nico Fidencos wie immer ausnehmend feinen Klängen auch nur wenig über "Ultimi Cannibali" berichten. Eine explizitere Erörterung über die Rezeptions- und Funktionsweisen von Kannibalenfilmen mag später mal folgen.
Bekanntlich hat die ohnehin schon nicht sonderlich ergiebige Story um den in der Großstadt auftretenden Kanibalismus-Akt später sogar Schule gemacht und wurde, quasi "hausintern", nochmal in Girolamis "Zombi Holocaust" aufgefrischt. Netterweise erspart uns D'Amato zumindest gröberen Tiersnuff, wobei der Zigaretten qualmende Schimpanse, der, ohnehin der Atmosphäre stark abträglicherweise, mitten in eine Lesbenszene hineinmontiert wurde und wohl lustig sein soll, schon grenzwertig ist. Aber lassen wir das.

5/10

Joe D'Amato Kannibalismus Amazonas Dschungel Europloitation Splatter


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POLIZIOTTI VIOLENTI (Michele Massimo Tarantini/I 1976)


Zitat entfällt.

Poliziotti Violenti (Blutiger Schweiß) ~ I 1976
Directed By: Michele Massimo Tarantini

Nach seiner Versetzung lernt der Offizier Altieri (Henry Silva) Kommissar Tosi kennen (Antonio Sabato) kennen und nimmt zusammen mit diesem den Kampf gegen ein Syndikat auf, das die Mailänder Unterwelt mit vollautomatischen Waffen beliefert. Höchste Köpfe aus Wirtschaft und Militär stecken hinter den verbrecherischen Aktionen. Als Altieris Freundin (Silvia Dionisio) bei einem ihm und Tosi geltenden Bombenanschlag ums Leben kommt, greift er zur Selbstjustiz.

Recht spät entstandener und mit leichten Ermüdungserscheinungen behafteter Poliziottescho, den besonders Henry Silva und seine versteinerte Miene aufzuwerten wissen. Gegen die grell-brutalen Genrebeiträge von Di Leo, Castellari und Lenzi raucht der doch immerhin mit einem so vielversprechenden Titel ausgestattete Film aber ziemlich dünne Zigarren. Zwei, drei nette Verfolgungsjagden und selbst die flotte Musik der Brüder de Angelis können da nicht viel ausrichten. Der italienische Polizeifilm hatte anno 76 eben das Wichtigste längst erzählt und "Poliziotti Violenti" zeigt auch rein gar nichts, was einen angesichts dieses historischen Faktums wundern machte.

5/10

Michele Massimo Tarantini Mailand Rache Poliziottesco Europloitation


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WYATT EARP (Lawrence Kasdan/USA 1994)


"It happened that way."

Wyatt Earp ~ USA 1994
Directed By: Lawrence Kasdan


Der Werdegang einer der größten Figuren des alten Westens, des vor allem für seinen Ruf als legendärer Marshall bekannten Wyatt Earp (Kevin Costner).

Neun Jahre nach "Silverado" wagte sich Lawrence Kasdan erneut an einen Genrefilm, legte diesen allerdings als gewaltiges Epos um eine der Schlüsselcharaktere des historischen Westens an und schlug damit einen ganz anderen Weg ein als bei seinem ersten Gehversuch im Western. Mit qualitativ beständigem Resultat freilich; wenn "Wyatt Earp" in einem Punkt zur Gänze reüssiert, dann ist dies seine visuelle Sprache. Kasdan lässt ein solches Maß an Sorgfalt beim Bildaufbau walten, dass manch anderer, nicht minder ambitionierter Regisseur vor Neid erblassen dürfte. Ein durchaus prachtvoll zu nennender Film ist die Folge, wenn auch keiner, der den anderen Klassikern um seinen Protagonisten ("My Darling Clementine", "Gunfight At The O.K. Corral", "Hour Of The Gun") den Rang abzulaufen droht. Gegenüber diesen punktet er allerhöchstens mit etwas mehr Akribie bezügleich seiner permanent vorrangig betonten Historizität. Dass diese aber speziell im Western nur eine Form der Redundanz darstellt, ist filmhistorisch zu diesem Zeitpunkt ja längst abgehakt und wird von Kasdan am Ende dann auch nochmal verifiziert. Allerdings kommt man kaum umhin, "Wyatt Earp" mit George P. Cosmatos' fast parallel entstandener Konkurrenzproduktion "Tombstone" zu vergleichen. Ansätzlich zwei sehr gegensätzliche Werke - "Tombstone" präsentiert sich als deutlich flotter und aktionsorientierter gewichtet - möchte ich beide als auf ihre spezifische Art gleichermaßen gelungen bezeichnen, allerdings bin ich auch jemand, der monumentale Geschichtsporträts ebenso zu schätzen weiß wie kurzweilige Knallerei. Insofern würde ich tatsächlich keinem der beiden Filme den Vorzug geben. Jeder hat seine Zeit und gut ist.

8/10

Biopic period piece Freundschaft Familie Wyatt Earp Historie Lawrence Kasdan Alkohol


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SILVERADO (Lawrence Kasdan/USA 1985)


"That ain't right."

Silverado ~ USA 1985
Directed By: Lawrence Kasdan


Auf dem Weg zur Befreiung seines Bruders Jake (Kevin Costner), der ungerechterweise wegen einer dummen Sache gehängt werden soll, findet der Revolverheld Emmett (Scott Glenn) den halbverdursteten Paden (Kevin Kline) in der Wüste. Diesem wurden sein Pferd und seine übrige Habe gestohlen. Den beiden Männern schließt sich der farbige Mal (Danny Glover) an. Nachdem Jake befreit ist und Paden die Diebe stellen konnte, reitet das Quartett als Beschützer eines Siedlertreks nach dem Städtchen Silverado. Dort ziehen der Rancher McKendrick (Ray Baker) und Padens alter Freund Cobb (Brian Dennehy), nunmehr Sheriff in der Gegend, die Fäden. Als man feststellt, dass die vier Neuankömmlinge in jeder Hinsicht Unruhe bedeuten - Emmett und Jake stellen sich auf die Seite der verhassten Siedler, Mal will seine, von McKendrick ins Auge gefasste Familienfarm übernehmen, Paden stellt sich gegen Cobb - gibt es Krieg in Silverado.

Zeit für eine feiste Portion Neoklassizismus. Mit "Silverado" plante Kasdan nichts Geringeres als die Wiederauferstehung des klassischen, flamboyanten Spaßwesterns, wie er im Prinzip bereits seit den späten Sechzigern als passé galt. Die diversen, pessimistischen Genreendpunkte, die in der Folge von Regisseuren wie Peckinpah, Aldrich und Eastwood gestiftet worden waren, ignorierte Kasdan vorsätzlich und versuchte, den Western zu seinen Wurzeln zurückzuführen. Als Autor von zwei "Star Wars" - Filmen und "Raiders Of The Lost Ark" konnte er für sein Traumprojekt eine ordenliche Handvoll Patte verpulvern und entsprechend erlesen sieht das Resultat aus. "Silverado" strotzt nur so von knackig-kristallinen Bildern in den schönsten Farben; ein bonbonhafter Western, dessen Script viele der klassischen Genremotive in sich vereint. Diese Masse an Einflüssen sorgt zwar mitunter dafür, dass der mit Personal, Abenteuern und Ereignissen vollgepfropfte Plot seine Übersicht und damit sich selbst zu verlieren droht, aber irgendwie fängt Kasdan sich dann jedesmal doch wieder rechtzeitig und die ausladende visuelle Kommunikation des Films nimmt einen erneut gefangen. Leider machte das Beispiel "Silverado" mit einem weit unter den Erwartungen befindlichen Einspiel und viel Feuilletonistenschelte keine Schule, die erhoffte Zäsur blieb aus. Immerhin sorgte es jedoch dafür, dass mancher Filmschaffende wieder (mehr) Mut zum Western bekam.

8/10

Treck Siedler Freundschaft Lawrence Kasdan


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BIGGER THAN LIFE (Nicholas Ray/USA 1956)


"God was wrong!"

Bigger Than Life (Eine Handvoll Hoffnung) ~ USA 1956
Directed By: Nicholas Ray


Der wegen eines Nebenjobs hoffnungslos überarbeitete, aber gutherzige Lehrer und Familienvater Ed Avery (James Mason) erkrankt ernsthaft. Nach einer eingehenden Untersuchung legt ihm sein Arzt (Robert Simon) nahe, es mit dem neuen "Wunder-Medikament" Kortison zu versuchen. Tatsächlich verschwinden die Schmerzen nach wenigen Tagen, doch falsche und unvorsichtige Dosierungen sorgen für eine Veränderung von Eds Psyche: Zunächst durchlebt er manisch-depressive Episoden, die ihn auf der Arbeit unmöglich machen und seiner Frau (Barbara Rush) und seinem Jungen (Christophr Olsen) bereits große Angst machen. Schließlich wird er endgültig psychotisch und zu einer Gefahr für seine Familie.

Wie eine Vorstudie zu "The Shining" mutet Rays wundervoller "Bigger Than Life" manchmal an; Frau, Kind und ein mehr und mehr dem Wahnsinn verfallender Vater. Allerdings sind hier nicht Einsamkeit und ein mysteriöses Hotel die Ursachen für den psychischen Verfall, sondern Medikamentenmissbrauch, um die Mitte der Fünfziger ein heißes Eisen. Dass pharmakologische Innovationen stets mit Vorsicht zu genießen sein sollten, wissen heutzutage die meisten, die damit konfrontiert werden, für den Durschnittsbürger Ed Avery (= average) ist indes nur der erste Effekt maßgeblich. Von den Warnungen seines Arztes, die vorgeschriebene Dosis strikt einzuhalten, hält er nicht viel. Allerdings treten im Rauschradius des Kortison innere Dämonen zutage, deren Befreiung längst hätte stattfinden sollen: Eine tief verwurzelte Unzufriedenheit mit seinem Beruf und seiner finanziell gezwungenermaßen einfach gehaltenen Existenz sowie irre Aggressionen gegen seine Erziehungsobjekte, darunter auch seinen eigenen Sohn. Diese "Jekyll-&-Hyde"-Ausrichtung verleiht "Bigger Than Life" zusätzlich zu seiner repräsentativ für jede Form der Sucht und speziell des Drogen- und Alkoholmissbrauchs stehendem Impetus eine zusätzliche, tiefe Schwärze, von James Mason bravourös in Form gegossen.

9/10

Nicholas Ray Familie Lehrer Medikamente Drogen Sucht madness


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REBEL WITHOUT A CAUSE (Nicholas Ray/USA 1955)


"You're tearing me apart!"

Rebel Without A Cause (...denn sie wissen nicht, was sie tun) ~ USA 1955
Directed By: Nicholas Ray


Der junge Jim Stark (James Dean) kommt mit seinem Leben als Teenager nicht zurecht. Von den Eltern missverstanden, insbesondere vom Vater (Jim Backus), jener ein veritabler Pantoffelheld, schlittert er immer wieder in kleinere Delikte. Wieder einmal umgezogen, lernt Jim Judy (Natalie Wood) und Plato (Sal Mineo) kennen, die ähnliche Probleme haben wie er selbst. Die anderen Jugendlichen der Gegend triezen Jim indes und er nimmt an einer gefährlichen Mutprobe teil. Dabei kommt Jims Herausforderer Buzz (Corey Allen) ums Leben. Jim, Judy und Plato verschanzen sich, von Buzz' Freunden und von der Polizei gesucht, in einer leerstehenden Villa.

Vielschichtiges Coming-of-Age-Drama, das vor allem von seiner brillanten Farbdramaturgie und dem Scope-Format lebt. Zudem dürfte "Rebel Without A Cause" als die Mutter aller späteren "teenage delinquent" - Streifen gelten, trotz des bereits zuvor entstandenen "The Wild One" von Laslo Benedek. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass Benedeks Film eine ohnehin anrüchige, leicht als kriminell und renitent zu verurteilende Subkultur porträtiert. In "Rebel" hingegen sind es die mittelständischen WASP-Kids aus der Nachbarschaft, die sich urplötzlich unverstanden fühlen, eine no-future-attitude an den Tag legen und dummes Zeug anstellen. Rebellion gegen staatliche Autorität, Eltern und Lehrkörper, gegen all die steinalten Besserwisser treibt diese Jugendlichen um. Der Titel "Rebel Without A Cause", der Nick Ray von Warner aufgezwungen wurde und mit dem er zu Recht überhaupt nicht einverstanden war, stellt insofern ein vollkommenes Paradoxon dar. "Rebel" lag verdammt dicht am Puls seiner Zeit, wie der Film auch, deutlich mehr als "East Of Eden" und "Giant" für den späteren Personenkult um James Dean verantwortlich war. Ich persönlich mag andere von Rays Arbeiten um einiges lieber, weil ich mich von "Rebel" zugegebenermaßen stets eher ungerührt fühlte. Das ändert aber nichts daran, dass er aus rein cinematographischer Perspektive betrachtet großartig ist.

8/10

Nicholas Ray Coming of Age Teenager Familie Freundschaft


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FREEBIE AND THE BEAN (Richard Rush/USA 1974)


"How can you be a creep and an asshole at the same time?"

Freebie And The Bean (Die Superschnüffler) ~ USA 1974
Directed By: Richard Rush


Freebie (James Caan) und Bean (Alan Arkin), zwei San Franciscoer Detectives, sind wohl mit Fug und Recht das, was mam als 'unkonventionelle' Polizisten bezeichnen kann. Um den stadtbekannten Mobster Red Meyers (Jack Kruschen) dingfest zu machen, greifen die beiden zu den seltsamsten Methoden, sehen sich, als ein verfeindetes Syndikat auf Meyers losgeht, jedoch in der prekären Situation, ihn sogar beschützen zu müssen. Dabei kommt es zu allerlei Bruch und Kaputtem.

Dass Richard Rush kein besonderer Freund der staatstragenden Institution der Polizei ist, kann man anhand der zwei Vorgängerfilmen "The Savage Seven" und "Getting Straight", in dem die Cops jeweils die Rolle des autoritätsdienlichen Repressionssymbols, der "pigs" zu übernehmen hatten, eindrucksvoll nachvollziehen. Mit "Freebie And The Bean" nun lieferte Rush einen satirischen Gegenentwurf zu den Harry Callahans und Popeye Doyles der bisherigen Dekade: Zwei dämliche, grenzpsychotische, vor Gewalt in den unmöglichsten Situationen nicht zurückschreckende Soziopathen, die für ihre Verfolgungsekapaden Steuergelder en masse verschwenden, indem sie die halbe Innenstadt demolieren. Und das sind nur die Helden! Rush erweist sich derweil als feiner Actionregisseur, der sich jedoch nicht entblödet, dem Genre bloß einen weiteren beliebigen Beitrag zuzuschanzen, sondern seinem Sarkasmus Flügel verleiht. Herrlich.

9/10

Buddy Movie San Francisco New Hollywood Richard Rush Satire


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GETTING STRAIGHT (Richard Rush/USA 1970)


"The question isn't about what you do, it's about what you are."

Getting Straight ~ USA 1970
Directed By: Richard Rush


Harry Bailey (Elliot Gould), Vietnam-Veteran und Lehramtsstudent in Oregon, liegt in den letzten Zügen vor seiner Master-Prüfung. Da gerät er in ein gewaltiges Dilemma, ob er sich tatsächlich dem ihm verhassten Establishment anschließen, also seine Freundin Jan (Candice Bergen) heiraten und irgendein genormter, obrigkeitshöriger Lehrer werden soll, oder ob er sich und seine liberalen Ideale nicht verbiegen lässt, auf jegliche Autorität pfeift und die radikalen Proteste seiner Kommilitonen unterstützt. Sein Prüfer (Leonard Stone) gibt ihm die letzte noch nötige Antwort.

Um das Jahr 1970, New Hollywood etablierte sich soeben, waren selbst die großen Studios mutig genug, eindeutigen politischen Statements in Filmform den Weg zu ebnen. Diese waren, dem Zeitgeist geschuldet, regelmäßig von establishmentkritischem, humanistischem und sozialistischem Gedankengut vom linken Ende des Spektrums beseelt. Noch kurz zuvor realisierte Filme wie "The Green Berets" waren nach unzweideutig postulierten Leinwand-Statements wie "Harold And Maude", "M.A.S.H." oder "Catch-22" endgültig unmöglich geworden. Neben dem radikal formulierten "The Strawberry Statement" bildete "Getting Straight" nun den zweiten großen "Campus-Film" des Jahres, eine anfänglich noch als Satire eingekleidete, didaktische Emphase, für sich den richtigen Lebensweg zu finden, eben "straight" zu werden. Daraus, dass die einzig denkbar korrekte Haltung für jedermann nun darin besteht, der gesellschaftlichen Verkrustung rund um republikanische Politik, Vietnam, Rassismus, ungleich verteilten Bildungschancen, sexueller Repression und Armut den Mittelfinger entgegenzurecken, macht "Getting Straight" spätestens am Ende keinen Hehl mehr. Fuckin' alright with me.
Anstatt von jedem knautschigen B-Horrorfilm wäre hiervon vielleicht mal ein Remake anzuberaumen, aber auch hübsch attraktiv besetzt, damit möglichst viele Teenies reingehen und mal was Vernünftiges fürs Leben lernen können.

8/10

Oregon Richard Rush Satire New Hollywood Universitaet Lehrer Studenten


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GIANT (George Stevens/USA 1956)


"Money isn't everything, Jett." - "Not when you've got it."

Giant (Giganten) ~ USA 1956
Directed By: George Stevens


In der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts angesiedelte, generationenumfassende Chronik der texanischen Familie Benedict, die mit einer Rinderranch reich geworden ist, um dann mit Ölbohrungen noch reicher zu werden.

Jedesmal, da ich Stevens Mammutwerk wieder gesehen habe, denke ich mir, wie zwingend notwendig er eigentlich auf meine zugegebenermaßen nicht unkurze Lieblingsfilmliste gehörte. Aber da das mit den Listen ja sowieso alles Schmarren ist, lasse ich diesen Gedanken müßig sein. Ich bin ja ohnehin ein grundsätzlicher Intimus von Jahrzehnte umspannenden Familienchroniken, liegen sie nun in visualisierter oder in gedruckter Form vor. Da ich außerdem von Natur aus ein äußerst neugieriger Mensch bin und es mir ausnehmenden Spaß bereitet, anderen beim Zwietracht säen und Ränke spinnen zuzuschauen, darf das Ganze mitunter sogar etwas kitschig ausfallen. Am Schönsten ist es aber, wenn wohlhabende Kapitalisten auf die Schnauze fallen. Nun repräsentiert "Giant" eigentlich das ziemliche Gegenteil von alldem. Die Probleme und Schwierigkeiten der Benedicts differieren nicht sonderlich von denen einer jeden bürgerlichen Familie und der einzige, der am Ende das Nachsehen hat, ist der ohnehin stets eifersüchtige und neidische Emporkömmling Jett Rink (James Dean, klassisch). Eigentlich könnte man "Giant" auf den ersten Blick sogar widerlich finden, transportiert er sein liberales Gedankengut um Feminismus und Anti-Rassismus doch auf eine sehr betuliche Art und prononciert vordergründig Standesdünkel und Hochfinanz. Aber mit ein bisschen Röntgenblick findet man dann doch die wohlfeile Satire, das böse, hinterfotzige Augenzwinkern an diesem Ende und an jener Ecke und bemerkt, dass dieser epochale Film eigentlich mit keiner seiner Figuren hundertprozentig sympathisiert, außer vielleicht mit dem nahezu dialoglos auftretenden Angel Obrégon, der, aus einer Generation von Gastarbeitern stammend, im Zweiten Weltkrieg fürs falsche Vaterland fällt. Genau diese Satire ist es, die der Pracht von "Giant" erst ihren finalisierenden Schneid verleiht und genau darum ist Stevens' Meisterstück so einzigartig und grandios.

10/10

George Stevens Ranch Edna Ferber Familie Texas





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Funxton

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