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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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STARMAN (John Carpenter/USA 1984)


"You're not from around here, are you?"

Starman ~ USA 1984
Directed By: John Carpenter

Als Aliens interplanetarische Grüße von einer Voyager-II-Sonde abfangen, entsenden sie einen diplomatischen Vertreter zur Erde. Dieser landet in der Nähe des ländlich gelegenen Hauses der jungen Witwe Jenny Hayden (Karen Allen), die ihren Mann Scott (Jeff Bridges) erst vor kurzem verloren hat. Der Außerirdische nimmt die Gestalt einer exakten Kopie von Scott an und reist mit der zunächst völlig verdatterten Jenny per Auto nach Arizona, wo sein Volk ihn drei Tage später wieder abholen wird. Der "Starman" lernt zwar schnell, verhält sich gegenüber den normierten Amerikanern jedoch trotzdem höchst auffällig. Bald ist die Nationalgarde unter dem schießwütigen NSA-Obersten Fox (Richard Jaeckel) hinter dem Pärchen her, das derweil innige Gefühle füreinander zu entdecken beginnt.

Als eine Art ""E.T." for adults" lässt sich Carpenters bis dato glattester, angepasstester Film vielleicht am Ehesten umschreiben; und was Wunder, ist "Starman" mit wenigen Abstrichen doch tatsächlich ein beinahe exaktes Remake des spielbergschen Erfolgsfilms. Auch hier muss ein intelligentes außerirdisches Wesen permanent um seine Entdeckung fürchten, fraternisiert sich mit einem Erdenbewohner bis hin zur physischen Vereinigung, droht dann zu sterben, um sich am Ende auf ewig von unserem existenzfeindlichen Planeten zu verabschieden. Die reaganesken US-Militärs und -Forscher erweisen sich dabei jeweils als stark kurzsichtige Gesellen, die wahlweise aus xenophobischen Beweggründen oder für den Preis des technischen Fortschritts lieber den Tod des Fremden in Kauf nähmen als ihn einfach wieder ziehen zu lassen. Eine - wenn auch nicht unbedingt wesentliche- Änderung findet sich bei Carpenter lediglich in den Ursachen für die Ankunft des Aliens sowie in der Beziehungsnatur zu seiner irdischen Passform: Während E.T. praktisch versehentlich zurückgelassen wurde, ist der Starman als Friedensbotschafter unterwegs, der im Endeffekt bloß auf eine Audiobotschaft von Kurt Waldheim (!) hin zur Erde kommt. Schließlich blieb E.T. und Elliott die Freuden einer koitalen Verbindung versagt - für alle beide und die in moralischer Lauerstellung befindliche Zuschauerschaft vermutlich ein Segen. In "Starman" finden sich derweil zwei attraktive Erwachsene, die pikanterweise ohnehin eine, wenn auch fast vergessene, körperliche Anziehungskraft prägt. Fragt sich angesichts der furchteinflößenden Kommissköpfe bloß, was mit Karen Allens Alienfilius dereinst werden soll. Ein Fall für "Starman II", der dann, wenn schon nicht das Licht der Leinwand, so doch zumindest in Form einer kleinen TV-Serie das der Welt erblickte.

6/10

Road Movie Militaer Aliens John Carpenter Las Vegas


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CHRISTINE (John Carpenter/USA 1983)


"You better watch what you say about my car. She's really sensitive."

Christine ~ USA 1983
Directed By: John Carpenter

Der schüchterne Teenager Arnie (Keith Gordon) ist ein Außenseiter, wie er im Buche steht: Von den Eltern bevormundet, von den Mitschülern spöttisch belächelt, von den lokalen Bullys drangsaliert. Nur sein Kumpel Dennis (John Stockwell), eigentlich das komplette Gegenteil von Arnie, hält zu ihm. Als Arnie in der Nachbarschaft einen schrottreifen 58er Plymouth Fury entdeckt, ist er gleich Feuer und Flamme für den Wagen. Allerdings ändert sich parallel zu dem Erwerb und der fortschreitenden Restaurierung des Fahrzeugs auch Arnies Wesen. Zunächst wirkt er deutlich selbstbewusster und kommt mit Leigh (Alexandra Paul), dem hübschesten Mädchen der Schule zusammen, dann erscheint er zunehmend arrogant und schließlich neurotisch und sogar gefährlich. Als Dennis und Leigh feststellen, dass "Christine", wie bereits der Vorbesitzer des Plymouth ihn getauft hat, nicht nur ein höchst brisantes Eigenleben führt, sondern zudem mit Arnie eine mörderische Romanze pflegt, gilt es für sie buchstäblich, das Auto aus dem Verkehr zu ziehen...

Ich bin ja ein großer Freund all der King-Adaptionen, die so in den Achtzigern, besonders in den frühen, entstanden sind, obgleich etliche der Anhänger des Autors meinen, es handle sich dabei größenteils um eher schlechte Romanverfilmungen. Da Kings Prosa mir andererseits nie viel bedeutet hat, kam ich mit diesem Vorwurf stets gut zurecht, um nicht zu sagen: ich mag die Filme lieber als die ihnen zugrunde liegenden Romane. "Christine" bildet da keine ausgesprochene Ausnahme. Nachdem Carpenter für seine, respektive Rob Bottins Make-Up-Eskapaden in "The Thing" harsche Kritik einzustecken hatte, folgte eine eher softe Phase moderat gemachten Genrekinos, deren Startpunkt "Christine" markiert. Nachdem sich mit De Palma, Kubrick, Hooper und Cronenberg bereits einige namhafte Kollegen kingscher Stoffe angenommen hatten, hielt nun ein weiterer Filmemacher mit klangvollem Renommee Einzug in die entsprechende Phalanx, mit einem nach meinem Dafürhalten qualitativ brauchbarem Resultat. Zwar wurde der Besessenheitsfaktor der Vorlage zugunsten einer Art "regressiven Coming-of-Age-Story" fast völlig getilgt, in filmischer Hinsicht erweist sich diese Entscheidung jedoch als eine durchaus glückliche. Keith Gordon, der den teenage nerd bereits mehrfach interpretiert hatte, konnte seinem Rollenschema als Arnie Cunningham eine tiefgehende Schicht hinzusetzen. Die Wandlung vom klischiert gezeichneten Prügelknaben hin zum Psychopathen, der weit über das freundschaftliche Ziel der bloßen Defloration, das ihm sein Kumpel Dennis abzuverlangen sucht, hinausschießt, interpretiert er mit einer geradezu denwürdigen Intensität. Andererseits merkt man dem Film eine gewisse inszenatorische Zurückhaltung an - Carpenters Regiesignatur lässt sich nicht verleugnen, der Mut (oder die Freiheit, je nach Betrachtung) zu einer etwas krasseren, transzendenteren Regie hätte "Christine" allerdings keinesfalls geschadet. Was bleibt, ist ein stark zeitbezogener, guter, wenn auch nicht überragender Genrebeitrag.

7/10

John Carpenter Stephen King Auto Coming of Age Teenager Schule Freundschaft


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THE FOG (John Carpenter/USA 1980)


"11:55, almost midnight. Enough time for one more story."

The Fog ~ USA 1980
Directed By: John Carpenter

Am 21. April feiert das verträumte kalifornische Küstenstädtchen Antonio Bay seinen 100. Geburtstag. Dass die Stadtgründung ohne einen mehrfachen Raubmord nicht möglich gewesen wäre, erfährt der schockierte Pater Malone (Hal Holbrook) aus dem wiederentdeckten Tagebuch seines Großvaters: Einst lockte dieser, seines Zeichens ebenfalls Geistlicher, mitsamt fünf Kumpanen einen kleinen Küstenklipper mit Leprakranken an Bord per falschem Leuchtfeuer gegen die Felsen und stahl das darauf befindliche Gold. Ebenjene Bedauernswerten kehren nun, umgeben von einer gewaltigen Nebelbank, nach Antonio Bay zurück, um Rache für die ihnen damals widerfahrene Unbill zu nehmen.

Eine besonders formal bemerkenswerte Fingerübung Carpenters, in zwei Arbeitsgängen entstanden. Nachdem "The Fog" nach seiner "ersten Fertigstellung" weder die Produktion noch Carpenter selbst zu überzeugen vermochte, wurde er um einen neuen Score und einige zusätzliche Schauereffekte ergänzt. Heraus kam ein liebenswerter, naiver Gruselfilm mit einigen wenig durchdachten, rein der eigenräsonistischen Kreierung von Atmosphäre verpflichteten Facetten, der deutlich den klassischen E.C.-Comics zugetan ist und sich noch heute als guter Genreeinstieg für potenzielle künftige Liebhaber eignet.
Carpenter macht sich diverse klassische Pulp-Elemente der Gattung zunutze: den titelgebenden Nebel mitsamt gellenden Hörnern, modrige Untote mit Haken und Säbeln, die zur Geisterstunde an die Türen ihrer Opfer bumpern. Am Ende gibt es dann die wiederum traditionelle Hawks-Motivik der Belagerung, diesmal gleich in zwiefacher Form, wobei die finale Einstellung sich ganz dem Schockeffekt und der obligatorischen Flucherfüllung verschreibt. Wie erwähnt kann "The Fog" sich nicht ganz von kleineren Unebenheiten freisprechen, wobei gerade diese sicherlich einen Großteil seines umfassenden Charmes bestimmen. An anderen Stellen, etwa bezüglich der visuellen Einbeziehung der nordkalifornischen Küstenlandschaft oder Carpenters Meisterschaft im Umgang mit auditiver Spannungsschürung zeigt sich der Film dann wieder von einer Stilsicherheit und handwerklichen Perfektion, von der Nachzügler höchstens träumen können. Es sind diese ungeheuer dichten Momente, die "The Fog" seine Brillanz und Nachhaltigkeit verleihen.

9/10

Spuk Nebel Kalifornien John Carpenter Belagerung Leuchtturm Radio


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JASON AND THE ARGONAUTS (Don Chaffey/UK, USA 1963


"So that the gods may know them, and men may know themselves."

Jason And The Argonauts (Jason und die Argonauten) ~ UK/USA 1963
Directed By: Don Chaffey

Nachdem der Eroberer Pelias (Douglas Wilmer) sich den Thron von Thessalien unter den Nagel gerissen hat, fürchtet er sich vor der ihm prophezeiten Rache durch den geflohenen Königssohn Jason (Todd Armstrong). Als dieser nach einem Schicksalswink der Göttin Hera (Honor Blackman) Pelias das Leben rettet, gelingt es ihm, den unliebsamen Konkurrenten auf die Suche nach dem sagenumwobenen Goldenen Vlies und somit ans andere Ende der Welt zu schicken. Zusammen mit einer Besatzung aus heldenhaften Recken, dem Schiff Argo und der Unterstützung Heras gelingt Jason unter größten Entbehrungen schließlich das Unmögliche: Er findet das Vlies in Kolchis und jagt es mithilfe der Hohepriesterin Medea (Nancy Kovack) dem boshaften König Aietes (Jack Gwillim) ab.

Hiermit endet der Film und erspart uns die diversen, monsterlosen Ränke, die die Original-Sage noch für Neugierige bereithält. "Jason And The Argonauts" beinhaltet eine fast noch formvollendetere Trickpalette, als sie Ray Harryhausen bereits in "The 7th Voyage Of Sinbad" aufgefahren hatte. Der riesige Bronzegott Talos und dessen Animation gehört mit Sicherheit zu den absoluten Sahnestücken des Stop-Motion-Meisters, ferner lassen sich zwei sadistische Harpyen, die neunköpfige Hydra sowie eine kleine Skelett-Armee bewundern - allesamt echte Wunder aus Harryhausens Schatzruhe. Der dem Meeresgott Poseidon gewidmete Projektionstrick fällt demgegenüber eher ab, obschon auch dieser recht nett anzusehen ist.
Dem Vernehmen nach ist "Jason" Harryhausens persönlicher Lieblingsfilm unter all jenen, die er mit seinem Effektezauber zu bereichern wusste. Der Fairness halber sollte man diesbezüglich natürlich nicht anzuführen vergessen, dass selbst der größte Trickmagier kaum imstande ist, einem Film sein Unsterbliches einzubläuen. Dafür sind dann doch mehrere Faktoren nebst ihrer Verkettung verantwortlich. Andererseits passt wohl nur wenig scheinbar Eklektisches so hervorragend unter einen Deckel wie die altgriechische Sagenwelt und waschechte Stop-Motion-Monstrositäten.

9/10

Don Chaffey Ray Harryhausen Griechische Mythologie Monster Götter Olymp


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THE YOUNG LIONS (Edward Dmytryk/USA 1958)


"You're in a splendid constitution for a man of your age. Are you a vegetarian?" - "No, alcoholic."

The Young Lions (Die jungen Löwen) ~ USA 1958
Directed By: Edward Dmytryk

Drei sehr unterschiedliche Männer erleben den Zweiten Weltkrieg auf ebenso unterschiedliche Art: Der bayrische Skilehrer Christian Diestl (Marlon Brando) gibt sich betont unpolitisch, fällt jedoch auf die großen Reden der Nazis herein und lässt sich bereitwillig als Wehrmachtsoffizier instrumentalisieren. Der New Yorker Sänger und Showstar Michael Whiteacre (Dean Martin) zieht überhaupt nur in die Armee ein, um nicht vor seiner dräuenden Freundin (Barbara Rush) als Feigling dastehen zu müssen und für den stillen, sensiblen Verkäufer Noah Ackerman (Montgomery Clift), den Whiteacre zufällig bei der Musterung kennenlernt und mit dem er sich anfreundet, bedeutet der Krieg genau jene kleine Notwendigkeit, als die ihn die meisten alliierten Soldaten auffassen. Am Ende werden nur zwei von ihnen lebend zurückkehren, obwohl alle drei es verdient hätten.

Großatmiges Kriegsdrama des für pathetische Heldenstoffe alles andere als ungeeigneten Edward Dmytryk. Vorzüglich besetzt mit zumindest zwei der größten method actors ihrer Tage (Brando und Clift), dem ewigen Vorzeigeentertainer und charmanten Tunichtgut Dean Martin und nicht zuletzt dem großen Maximilian Schell gehört "The Young Lions" zu jenen Filmen, die ihr "angeborenes" inneres Strahlen bis heute bewahren konnten und die exemplarisch demonstrieren, welch versierte Handwerker und Könner einst in Hollywood tätig waren. Im Rahmen seiner Gattung unterscheidet sich Dmytryks Werk nicht wesentlich von den anderen teuren, zeitgenössischen Kriegsfilmen. Bemerkenswert vielleicht, dass hier ein Wehrmachtssoldat nicht allein zum Protagonisten ausgerufen wird, sondern ferner einen gewissen, tragischen Heldenstatus zugesprochen bekommt. Weiterhin wird gegen Ende unverblümt von den deutschen Vernichtungslagern und der "Effizienz" ihrer grauenhaften Zweckmäßigkeit gesprochen, sowie die Befreiung eines (fiktiven) KZ gezeigt. In diesen Punkten geht "The Young Lions" dann schon über das übliche inhaltliche und dramaturgische Genre-Einerlei hinaus. Dass der Film unterschwellig ein Hohelied auf den Heldenmut der G.I.s anstimmt, vermag er wegen seiner vollendeten Gesamtheit durchaus zu tragen.

8/10

Edward Dmytryk Irwin Shaw WWII Nationalsozialismus Nordafrika-Feldzug


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PEYTON PLACE (Mark Robson/USA 1957)


"We were just playing a game called Photography. You turn off the lights and see what develops."

Peyton Place (Glut unter der Asche) ~ USA 1957
Directed By: Mark Robson

Die Kleinstadt Peyton Place ist das unsympathische Abbild der wohl meisten amerikanischen Kleinstädte: Hinter bunt bepflanzten Vorgärten lauern in jedem zweiten der Einfamilienhäuser Bigotterie, Neid, Wollust, Nachbarshass und Lebenslügen. Besonders für die zwei jugendlichen Freundinnen Allison (Diane Varsi) und Selena (Hope Lange) gestaltet sich das zugeknöpfte Leben in Peyton Place als zunehmend unerträglich: Während Allison als Halbwaise nicht mit dem akuten männerhass und der Frigidität ihrer Mutter (Lana Turner) zurecht kommt, sieht sich Selena den immer forscheren Annäherungsversuchen ihres daueralkoholisierten Stiefvaters (Arthur Kennedy) ausgesetzt.

Basierend auf dem berühmten Skandalroman von John Michael Hayes schuf der mithin sehr unterschätzte Filmemacher Mark Robson mit "Peyton Place" sein wohl ausladenstes Werk. Die fast ein Jahrzehnt an erzählter Zeit umspannende Kleinstadtsaga, angesiedelt vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs, wäre im Grunde ein typischer Stoff für Douglas Sirk gewesen, der jedoch bei der Universal unter Vertrag stand und dann mit "Peyton Place" nicht zu unterschätzende Konkurrenz bekam. In feinem Technicolor und Scope berichtet der Film hinter seinem formal entzückenden Rahmen von den brodelnden Unwägbarkeiten amerikanischer Kleinstadtexistenz, jener bürgerlich-biederen Heimathölle, der zu entkommen der größte Wunsch jedes ihrer halbwegs aufgeklärten Einwohner sein muss. Es sei denn, man zählt zur idealistischen Hälfte der Menschheit wie der Jungrektor Mike Rossi (Lee Philips), dessen Ankunft in Peyton Place manche Änderung mit sich bringen wird und unter anderem sogar gut genug ist, den Gerechtigkeitssinn langjähriger Mitbürger wie den des sympathischen Dr. Swain (Lloyd Nolan) zu aktivieren. Am Ende, als Peyton Place endlich seine überfällige Katharsis durchgestanden hat, gibt es zumindest wieder einen Funken Hoffnung für die Stadt und für den Fortbestand der Traumfabrik.
Großer Hollywood-Kitsch für Gourmets.

8/10

Mark Robson Ensemblefilm Alkohol WWII


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NIGHT TIDE (Curtis Harrington/USA 1961)


"Good luck, my boy."

Night Tide ~ USA 1961
Directed By: Curtis Harrington

Der Navy-Matrose Johnny Drake (Dennis Hopper) verbringt seinen ersten Landurlaub im lebenslustigen Venice Beach. In einem Jazzkeller lernt er die geheimnisvolle Mora (Linda Lawson) kennen, die sich zunächst abweisend gibt, dann aber auf Johnnys zaghafte Annäherungsversuche eingeht. Wie Johnny erfährt, arbeitet Mora als "lebensechte Meerjungfrau" in einer Sideshow des alten Kapitäns Murdock (Gavin Muir), und auch sonst scheint sie sich über Gebühr mit jener Sagengestalt zu identifizieren. Als Johnny erfährt, dass Moras letzte beiden Freunde im Pazifik ertrunken sind und ihr Verhalten sich zunehmend seltsam gestaltet, beginnt er sich Sorgen zu machen, um Mora und um sich selbst...

Curtis Harringtons erster Langfilm, ein zauberhaftes, kleines Schauermärchen für Erwachsene in der Tradition der Lewton-Produktionen, das seinen Handlungsschauplatz Venice Beach ganz hervorragend porträtiert als eine Art westamerikanischen Ausläufer der Träume, Mysterien und Sonderbarkeiten. Das Küstenstädtchen firmiert hier als Ort der Gegenkultur; eine Combo gemischter Hautfarbe spielt pulsierenden Jazz, Percussionisten laden am Strand zum Tanzen ein, an der Promenade gibt's Kirmesangebote und Sideshows. Es ist ein Venice aller Zeiten, das Harrington hier beschwört, zugleich seine illustre Vergangenheit bewahrend als auch wegweisend Richtung Zukunft. Der junge, auf einer Art schmalem Grat zwischen Biederkeit und latenter Exzentrik zu balancieren scheinende Dennis Hopper passt wunderbar in dieses entrückte Ambiente in seiner Mischung aus Einzelgängertum, Einsamkeit und Sehnsucht. Der alte Kapitän Murdock hätte ursprünglich von Peter Lorre gespielt werden sollen. Nicht, dass Gavin Muir enttäuschend wäre, nur hätte Lorres Mitwirkung "Night Tide", zumindest was mich anbelangt, auf eine noch höhere Ebene gehievt. Glücklicherweise erspart Harrington uns erläuternde Eindeutigkeit am Ende. Für ein rationalitätsfixiertes Publikum liefert er eine plausible, "natürliche" Erklärung für die Geschehnisse, der zuvor konstruierte Mystizismus muss darunter jedoch nicht leiden. Sozusagen ein Abschluss zum Selbstentscheiden.

8/10

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THE 7TH VOYAGE OF SINBAD (Nathan Juran/USA 1958)


"I shall try."

The 7th Voyage Of Sinbad (Sindbads 7. Reise) ~ USA 1958
Directed By: Nathan Juran

Von einer seiner Fahrten bringt Sindbad (Kerwin Mathews) den Magier Sokurah (Torin Thatcher), den er auf der Insel Colossa vor dem Angriff eines Zyklopen gerettet hat, mit heim nach Bagdad. Sokurahs einziger Wunsch besteht darin, nach Colossa zurückzukehren, um dort die Zyklopen zu vernichten, die sein Schloss bedrohen und vor allem um eine magische Wunderlampe zu sichern. Als Sindbad ihm diesen Wunsch abschlägt, schrumpft der durchtriebene Sokurah Prinzessin Parisa (Kathryn Grant), die Verlobte des Seefahrers, auf Däumelinchengröße. Parisas aufgebrachter Vater (Alfred Brown) droht Bagdad mit Krieg, sollte seine Tochter nicht schnellstens wieder in ihren normalen Zustand zurückverwandelt werden. Sindbad gestattet Sokurah also dessen Wunsch, eidieweil es eines nur auf Colossa erhältlichen Stücks Eierschale des Vogels Roch bedarf, um das Antidot für Parisa zu brauen.

Ein klassisches Stück Kino, für das Superlativen gemacht scheinen: Hollywoods schönster Sindbad-Film, Nathan Jurans Hauptwerk, Ray Harryhausens formvollendetste Arbeit. Freilich war das Stop-Motion-Genie Harryhausen die treibende kreative Kraft hinter dem Projekt, bei dem es sich folglich vornehmlich darum drehte, des Meisters Schöpfungen auf die Leinwand zu bannen. So sind in "The 7th Voyage" denn auch einige der liebenswertesten und berühmtesten Figuren Harryhausens vertreten: eine tanzende Schlangenfrau, ein fechtendes Skelett, der doppelköpfige Vogel Roch und sein Küken, das fechtende Skelett, der feuerspeiende Drache und natürlich die mehrfach auftretenden Zyklopen. All diesen Schöpfungen hauchte der Animateur in minutiöser Kleinstarbeit verblüffendes Leben ein. "The 7th Voyage" anzuschauen besitzt somit ein ganz ähnliches Flair, wie einem von seinem Steckenpferd besessenen Modellbauer bei der Arbeit zuzuschauen. Was den Film letztlich über die meisten anderen Arbeiten erhebt, die mit Harryhausens Kunst kokettieren durften, ist sein herzlicher inhaltlicher Kontext. Der reizende Film wirkt eben nicht bloß wie eine Alibivehikel für Spezialeffekte; Visualität und Inhalt finden vielmehr zu einer beispielhaften Symbiose und ergänzen sich wechselseitig perfekt. Mein Herz schlug übrigens schon immer für Torin Thatcher, der ja gar nicht so böse ist, wie gern behauptet wird. Diverse Male fragt er ganz höflich, ob ihn nicht jemand heim zu seiner Insel bringen kann und als die muslimische Engstirnigkeit des Kalifen (Alec Mango) an ihre schmal gestreckten Grenzen getrieben wird, begegnet man ihm mit Drohung und Rauswurf. Schöne Herrschaften, denen gehört's gegeben. Dass der am Ende etwas nachtragende Kahlkopf dann von seinem Wachdrachen plattgewalzt wird, hat er sich allerdings selbst zuzuschreiben.
Ein echter Charmebolzen ist dieser Film, den man fast schon lieben muss, zumal seiner Drehorte (die Alhambra bei Granada, Mallorca) wegen und weil darin ein Fluss aus Wein lustig durchs Gelände plätschert.

10/10

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TROLLJEGEREN (NO 2010/André Øvredal)


Zitat entfällt.

Trolljegeren (Trollhunter) ~ NO 2010
Directed By: André Øvredal

Die drei Studierenden Thomas (Glenn Erland Tosterud), Kalle (Thomas Alf Larsen) und Johanna (Johanna Mørck) wollen den vermeintlichen Bärenwilderer Hans (Otto Jespersen) bei der Verrichtung seiner seltsamen Tätigkeit filmen. Der ihnen zunächst unwirsch begegnende, alternde Haudegen erlaubt ihnen jedoch schließlich, seine tatsächliche Arbeit zu dokuentieren: Hans ist ein staatlich geprüfter und im streng geheimen Auftrage der norwegischen Regierung tätiger Trolljäger. Von den teils gigantische Größe erreichenden Kreaturen, die seit Jahrtausenden in der undurchdringlichen Berg- und Waldwelt des Landes hausen, weiß die Öffentlichkeit nichts, weil sie in streng abgesteckten Revieren fernab jeder Zivilisation leben und jeder doch mal ausgebrochene Proband umgehend von Hans liquidiert wird. Eventuelle Übergriffe der Trolle werden als Untaten von Bären oder Unwetterfolgen deklariert. Doch die Trolle umgeben noch einige weitere, unerwartete Geheimnisse.

Jeder Rollenspieler und Fantasyfreund wird und muss mit "Trolljegeren" einen feuchten Kindheitstraum wahr werden sehen, schließlich bekleiden die unfreundlichen Gesellen speziell in der nordischen Sagenwelt seit jeher eine Schlüsselrolle. Für den noch relativ unbeschlagenen Filmemacher André Øvredal, der für die Umsetzung seiner Geschichte die in jüngerer Zeit relativ beliebte und keineswegs mehr innovative Form des 'embedded filming' wählte, also die Kamera selbst zum entscheidenden Inhaltssubjekt deklarierte und damit ein weiteres 'found footage piece' aufs Publikum losließ, war es wohl unerlässlich, der Mär um die Trolle einen einerseits ökologischen und andererseits verschwörerischen Subtext zuzudichten. Warum auch nicht, denn einerseits bedarf ein Monsterfilm der (zuminest impliziten) Sensation und sollte andererseits, wenn er sich schon nicht dem Horrorgenre zugehörig fühlt, Sympathie für seine zotteligen Titelfiguren evozieren können. "Trolljegeren" versichert uns nämlich, neben der mir nicht ganz einleuchten wollenden Tatsache, dass die Viecher gläubige Christen wittern können, dass die haarigen Jungs und Mädels durchaus nette Patrone sind, so sie nicht gerade unter der just grassierenden Tollwut leiden. Wirkliche Angst braucht man eigentlich bloß vor der, wie immer in ökologisch wertvollen Spielfilmgleichnissen, wahren Bedrohung der durchtriebenen Menschen, hier: der Regierung zu haben, in Øvredals Film personifiziert durch den unangenehm glatten Beamten Haugen (Hans Morten Hansen). Die Trolle haben nämlich einen mindestens ebenso festen Platz im Naturgefüge wie das Menschengeschlecht und somit Achtung und Respekt verdient. "Trolljegeren" erscheint also als ein durchaus versöhnlicher Film, nett, freundlich und in fast jeder Hinsicht gut zu seinem Publikum.

7/10

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SATSUJIN KEN 2 (Shigehiro Ozawa/J 1974)


Zitat entfällt.

Satsujin Ken 2 (Sonny Chiba - Der unerbittliche Vollstrecker) ~ J 1974
Directed By: Shigehiro Ozawa

Diesmal übernimmt der Auftragskiller Takuma Tsurugi (Sonny Chiba) eine Mission, die im selbst bald zu heikel wird: Im Auftrag des Mafia-Handlangers Otaguro (Hiroshi Tanaka) schaltet er einige von dessen unliebsamen Störfaktoren aus. Als er jedoch den weisen Karateexperten Masaoka (Masafumi Suzuki) aus dem Weg räumen soll, wirft Tsurugi das Handtuch. Ein schwerer Fehler, denn nun wird er selbst zur Zielscheibe des internationalen organisierten Verbrechens und einiger der härtesten Killer der Welt, darunter sein totgeglaubter Erzfeind Shikenbaru (Masashi Ishibashi).

Nicht mehr ganz so verrückt wie der erste "Street Fighter"-Film, aber immer noch verrückt genug. Das Null an Plot deckelt ausschließlich Sonny Chibas exponierte Kampfesauftritte, die wieder von schönster Infantilität beseelt sind. Gar königlich die Szene, in der der harte Meisterkiller unter schmerzverzerrtem Gesicht eine Flasche Weißwein über eine bandagierte Oberarmverletzung spuckt und kippt. Man hat aber zum Glück gar nicht die Zeit, sich oder den Film zu fragen, was dieser Schwachsinn überhaupt soll, denn schon geht's weiter mit dem bunten Handkanten-Allerlei. Wer nebenbei so naiv ist, zu glauben, Verhoeven sei in seinem "Total Recall" der Erste gewesen, der ein Augenpaar ein paar Millimieter weit aus den Höhlen ragen lässt, wird hier eines Besseren belehrt. Er ist eben unerbittlich, der Sonny.

6/10

Shigehiro Ozawa Japan Yakuza Martial Arts Mafia Exploitation





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Funxton

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