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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THOR (Kenneth Branagh/USA 2011)


"This mortal form grows weak. I require sustenance!"

Thor ~ USA 2011
Directed By: Kenneth Branagh

Nachdem der Donnergott Thor (Chris Hemsworth) seinen Vater Odin (Anthony Hopkins) durch einen unbedachten Angriff auf das Reich der Eisriesen erzürnt hat, verbannt dieser seinen hitzköpfigen Filius und potenziellen Thronfolger, freilich im heimlichen Glauben an dessen spätere Bewährung, nach Midgard - in unseren Kreisen als 'Erde' bekannt. Hier lernt der in einen gewöhlichen Sterblichen verwandelte Thor die Astronomin Jane Foster (Natalie Portman) kennen und leben und muss bald erfähren, dass er nur einem gewieften Plan seines eifersüchtelnden Bruders Loki (Tom Hiddleston) auf den Leim gegangen ist.

Marvel-Adaptionen anzuschauen werde ich nicht müde, und dass sie mir in der Regel auch noch gut gefallen, ist sozusagen das Tüpfelchen auf dem I. Für "Thor" gilt das in nicht minderem Maße als für die meisten anderen der jüngeren Leinwand-Comics aus dem "Hause der Ideen". Hierfür entdeckt die Gattung endlich eine bereits verloren geglaubte Leichtigkeit wieder; Branaghs Film geizt weder mit visueller Pracht (Asgard und die Regenbogenbrücke Bifröst sind absolute CGI-Augenweiden), noch mit Humor, wobei dieser nicht immer hundertprozentig zieht. Dass der Regisseur sein Renommee als Shakespeare-Profi nicht umsonst genießt, beweist er in "Thor" bezüglich der Inszenierung des nicht unkomplizierten, hochherrschaftlichen Vater-Brüder-Zwists, der in ähnlicher Form natürlich bereits antike Königshäuser in ihren Grundfesten erbeben ließ. Hemsworth geht die Aura des stolzen Kriegers zwar noch ein wenig ab, aber wenn er künftig noch ein bisschen an sich feilt und die Haare etwas länger trägt, ist er bestimmt der Richtige für die Rolle. Besser gefallen hat mir der bislang unbekannte Tom Hiddleston, der die wahre schauspielerische Herausforderung der Geschichte, nämlich die Dastellung des personifizierten Neidhammels Loki, durchaus bravourös stemmt. Für den Film wurde die klassische Origin des Comichelden recht stark modifiziert; die einstmals fragile, menschliche Gestalt des Donnergotts und sein hiesiges alter ego, der schwächliche New Yorker Chirurg Donald Blake, ist hier nurmehr per nomineller Reminiszenz vorhanden; Thor bleibt stets von derselben Gestalt und Identität. In der "Ultimate"-Version seiner Geschichte verhält es sich ganz ähnlich, allerdings ist der stolze Ase hier zu einem verlotterten, zynischen Hippie "verkommen", der es am Liebsten mit sich selbst hält. Eine solche Version wollte man dem sicherlich auch "klassisch" vorgeprägt-antizipierenden Publikum dann wohl auch nicht zumuten und hält die Waage zwischen Alt und Neu somit ziemlich sicher in der Schwebe.
Interessant für künftige "Avengers"-Archivare: Clint Barton (Jeremy Renner) hat seinen ersten kleinen Auftritt als S.H.I.E.L.D.-Handlanger (?!)

7/10

Kenneth Branagh Monster Comic Götter Marvel New Mexico Thor Superhelden


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GHOSTS OF MARS (John Carpenter/USA 2001)


"Tide's up. Time to stay alive."

Ghosts Of Mars ~ USA 2001
Directed By: John Carpenter

Auf dem kolonialisierten und industriell ausgebeuteten Mars gibt es seit jüngerer Zeit immer wieder seltsame "Zwischenfälle", die die politische Hoheit mit Besorgnis erfüllen. Als eine Polizeitruppe um die junge Lt. Melanie Ballard (Natasha Henstridge) den gesuchten Schwerverbrecher James "Desolation" Williams (Ice Cube) von einer Minenkolonie aus ins Gefängnis eskortieren soll, werden die Mars-Cops Zeuge eines jener Ereignisse: Sämtliche der Arbeiter sind entweder tot und verstümmelt oder haben sich in wilde, archaisch anmutende Krieger verwandelt, die denn auch sogleich auf alles losgehen, was sich bewegt. Wie Ballard von der Wissenschaftlerin Whitlock (Joanna Cassidy) erfährt steckt dahinter ein uraltes, auf dem Mars beheimatetes Geistergeschlecht, das, einem Inkubus gleich, als körperlose Wesen einen Wirt in Besitz nehmen und komplett beherrschen kann. Die Schlacht zwischen Menschen und Dämonen um die Vorherrschaft auf dem Planeten bricht los...

Eine trotz ihrer vermeintlich hintergründigen Imperialismus-Parabel ziemlich infantile Kiste sowie Carpenters letzter Film vor einer kürzlich beendeten, zehnjährigen (Leinwand-)Schaffenspause; ich weiß gar nicht ob selbst- oder zwangsverordnet - für beides hätte ich Verständnis. Von der früheren inszenatorischen Sensibiltät, die Carpenters Regie so auszeichnete, ist hier nichts mehr zu spüren. "Ghosts Of Mars" ist kaum mehr denn wenig innovatives ("Event Horizon" und besonders "Pitch Black" lassen grüßen) Holzhammerkino, das mit enervierend lautem Thrash-Metal auf der Soundspur und verworrenen Rückblenden beharrlich darum ringt, sein Publikum nicht dem Schlummer der Langeweile anheim fallen zu lassen. Hier und da rollen ein paar Häupter; die physiognomisch etwa zwischen Bantu und Bava Jr.s "Dämonen" einzuordnenden Besessenen sind nämlich Kopfjäger. Natasha Henstridge in der Hauptrolle fand ich überraschend angenehm, dafür chargieren so gut wie alle anderen Darsteller bloß wild herum und können ebensowenig atmosphärische Schwingungen evozieren, wie der Rest des an diesem selbsternannten Humbug beteiligten "Kreativ"-Teams.
Im Prinzip bietet "Ghosts Of Mars" einmal mehr exakt jene im Film unselten vorkommende Obskurität, lustig sein zu wollen und dabei doch kläglich auszusehen. Für Regisseur XYZ fiele das nicht weiter ins Gewicht, für Carpenter ist es ein weiterer, trauriger Schritt in eine mir unerfindliche Burn-Out-Richtung.

4/10

Kolonialismus Mars John Carpenter Drogen


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VAMPIRES (John Carpenter/USA 1998)


"You are truly a pile of dog shit, Cardinal." - "Yeah, that's right."

Vampires (Vampire) ~ USA 1998
Directed By: John Carpenter

Der abgebrühte Vampirjäger Jack Crow (James Woods) und seine Leute sind zwar nicht ganz im Auftrag des Herrn unterwegs, aber zumindest im Auftrag des Vatikan: Die katholische Kirche weiß nämlich bereits seit Jahrhunderten von der Existenz der Blutsauger und hat ein paar wenige Fanatiker auf dem Globus damit beauftragt, sie auszumerzen. Als Crow auf den Ahnherr aller Vampire, den slawischen Ex-Geistlichen Valek (Thomas Ian Griffith) stößt, fackelt dieser nicht lang und dezimiert Crows Team bis auf ihn selbst und seinen Kumpel Montoya (Daniel Baldwin) im Zuge einer feucht-fröhlichen Party. Zusammen mit dem neu hinzugestoßenen Padre Guiteau (Tim Guinee) und der bereits gebissenen Hure Katrina (Sheryl Lee) verfolgen Crow und Montoya Valek, der seinerseits einen finsteren Plan zur Potenzierung seiner Macht verfolgt.

"Vampires" hatte ich doch deutlich besser in Erinnerun, als er mir letzthin vorkam. Carpenter scheint für seinen ungewohnt vorlauten, comicesken Vampirwestern einiges von Tarantino abgeschöpft zu haben, möchte aber offenkundig zugleich, dass sein Epos den staubigen Gestus eines Walter Hill an den Gaumen seiner Genießer hinterlässt. Ob ihm dies gänzlich gelungen ist, halte ich zumindest für streitbar. Besonders der schmalschultrige James Woods in seiner Rockerkluft hat die undankbare Aufgabe, so arschcool und unantastbar rüberzukommen, dass sein Schicksal, geschweige denn seine christliche Aufgabe einen überhaupt nicht mehr tangieren. Da ist man schon wesentlich an Daniel Baldwin dran, dem die Erotik und demzufolge sein verquerer Todeswunsch einen paradoxen Strich durch die Rechnung machen. Auch Griffith als Vampirkönig ist gar nicht mal so übel, wobei er genau die Attribute in sich vereint, die der auffallend homophobe Crow ihm so gern abspräche: Jenes "schwuchtelige", gepflegte osteuropäisches Charisma, auf das die Damen seit Lugosi so fliegen und bereitwillig ihre Hälse (oder Schenkel) darbieten. Vielleicht ist das überhaupt der Ansatzpunkt, "Vampires" eine Metaebene zu unterstellen - der vermeintliche Held als peinliche Nummer und sein Gegner als heimlicher Gewinner der Herzen. Der Einzige, der wirklich Gefallen an seiner Beteiligung gefunden zu haben scheint, ist Maximilian Schell, von dem sich zumindest ahnen lässt, wie gebührend unwichtig er das Ganze genommen haben wird. Zwar ist "Vampires" beileibe kein Sackhauer wie "Escape From L.A."; dazu ist er dann doch zu sympathisch; eine veritable Rückkehr zu früherer Form jedoch verwehrt Carpenter auch dieser Film.

6/10

Road Movie Vampire Kirche Mexiko John Carpenter Splatter


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ESCAPE FROM L.A. (John Carpenter/USA 1996)


"Sad story. You got a smoke?"

Escape From L.A. (Flucht aus L.A.) ~ USA 1996
Directed By: John Carpenter

2013 weilt der Haudegen und Söldner Snake Plissken (Kurt Russell) noch immer unter den Lebenden, hat sich jedoch neuerlichen Ärger mit der Regierung eingehandelt, so dass er in die nach einem gewaltigen Beben vom Festland abgetrennte Enklave Los Angeles abgeschoben werden soll. Dort hält sich der gesammelte moralische Abschaum der Staaten auf. Der US-Präsident (Cliff Robertson) jedoch braucht Plissken: Seine aufmüpfige Teenie-Tochter Utopia (A.J. Langer) hat sich mitsamt einer Blackbox, mit deren Hilfe jedweder Stromfluss auf dem Globus angehalten werden kann, nach L.A. abgesetzt und sich mit einem rebellischen Pseudo-Che-Guevara namens Cuervo Jones (George Corraface) zusammengetan. Plissken soll die Blackbox zurückbringen und Utopia eliminieren. Weigert er sich, wird er zum Opfer eines rasch wirkenden Designervirus, das sich bereits in seiner Blutbahn befindet.

Schwer enttäuschender Wiederaufgriff des wunderbaren "Escape From New York", die weniger als Fortsetzung denn als schlampig modifiziertes Remake durchgeht. Bis in inhaltliche Details gleicht das Sequel dem Original, bedient sich jedoch einer seltsam-grellen Form des Humors und wandelt den bärbeißigen Zynismus des Vorläufers in durchsichtige und zudem flache Allerweltsironie. Ein paar nette Einfälle wie der auf einer gigantischen Abwasserwelle ("Tsunami!") surfende Peter Fonda retten den Film ebensowenig wie seine en gros betrachtet wirklich wunderbare Besetzung, die an allen Ecken und Enden mit sympathischer Prominenz aufwartet, diese jedoch letztlich bloß böse verheizt.
Carpenter, nunmehr deutlich auf dem absteigenden Ast befindlich, macht sich hier selbst zum Opfer eines kreativen Tiefs, bleibt inszenatorisch zwar auf routinierter Höhe, kann jedoch nicht verhehlen, dass desolate Ideenlosigkeit eine von mehreren treibenden, negativen Kräften dieses Projekts gewesen sein muss. Die einstmals tatsächlich vorhandene Coolness der Plissken-Figur weicht hier einer müden Selbstkarikatur; die mittlerweile zum Kino-Alltag gehörende Darstellung von Dystopien macht aus der einst gedankenspielerischen Story um das abgeschotteten Manhattan eine bloße Vorlage für Camp und hochbudgetierten Trash. Dann gibt es noch ein paar blamabel-unausgereifte CGI-Effekte und vorbei ist der wilde Ritt. Ist auch besser so. Bitte keine neuerliche Plissken-Reanimation mehr.

4/10

Mission Los Angeles John Carpenter Dystopie Zukunft Sequel


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VILLAGE OF THE DAMNED (John Carpenter/USA 1995)


"Emotion is irrelevant. It is not our nature."

Village Of The Damned (Das Dorf der Verdammten) ~ USA 1995
Directed By: John Carpenter

Eines schönen Sommertages fällt das kleine Städtchen Midwich in ein exakt sechsstündiges Koma. Sämtliche Lebewesen in der Umgebung werden abrupt bewusstlos und wachen hernach auch wieder auf, sofern sie nicht Opfer irgendwelcher Ohnmachts-Unfälle geworden sind. Kurz darauf werden bei zehn der in und um Midwich beheimateten Frauen Schwangerschaften festgestellt. Die für die Regierung tätige Wissenschaftlerin Dr. Verner (Kirstie Alley) ahnt sogleich: Die Befruchtungen haben etwas mit dem Blackout zu tun. Die schwangeren Frauen lassen sich gegen eine ordentliche Bestechungssumme überreden, die Babys auszutragen und sie später regelmäßig untersuchen zu lassen. Bis auf eine Totgeburt entwickeln die Kinder eine seltsame physiognomische Gleichförmigkeit, erweisen sich zudem als hochintelligent, bar jeder Emotion und mit telepathischen Suggestivkräften ausgestattet. Jeder, der sich ihnen nähert, bekommt diese zu schmecken und je mehr die Kinder sich ausgegrenzt fühlen, desto aggressiver reagieren sie...

Leider habe ich Wolf Rillas Originalversion der Geschichte, nachdem ich sie einmal vor etlichen Jahren im Fernsehen gehen habe, überhaupt nicht mehr präsent; ein Umstand, über den ich mich jetzt im Nachhinein etwas ärgere und dem ich alsbald mal Abhilfe schaffen werde. Carpenters als Auftragsarbeit inszeniertes Remake hat mir jedoch recht gut gefallen, wenngleich merklich weniger Herzblut darin steckt als in seinen früheren Regieleistungen und der Film hier und da wirkt wie eine der vielen Kabel-TV-Produktionen um Alien-Invasionen, die in den Achtzigern und Neunzigern aus den USA geschwappt kamen. Zumindest müht sich der Regisseur um eine halbwegs zeitgenössische Aufarbeitung des Plots um die merkwürdigen kleinen Wasserstoff-Blondies, deren Unheimlichkeit sich nicht nur in ihrem infantilen Heino-Look widerspiegelt, sondern vor allem in der scheinbaren Boshaftigkeit (die freilich nur aus menschlicher Perspektive als solche durchgeht, da die Alien-Hybriden lediglich den im Prinzip höchst rationalen Wesenszug, sich unangenehmer Gegner kurzerhand zu entledigen), mit der sie ihre humane Umwelt manipulieren. Ganz herrlich wird das gegen Ende, als eine kleine Armee anrückt, um die Horrorkinder von der Erde zu tilgen, sich dann jedoch restlos gegenseitig dezimiert. Ansonsten kann ich mir schon vorstellen, dass Rillas Film sich vor dem Hintergrund der politparanoiden Fünfziger um Einiges interessanter gestaltet.

6/10

John Carpenter Kleinstadt Aliens Kinder Invasion


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MEMOIRS OF AN INVISIBLE MAN (John Carpenter/USA 1992)


"It's lonely, isn't it, when you're a freak?"

Memoirs Of An Invisible Man (Jagd auf einen Unsichtbaren) ~ USA 1992
Directed By: John Carpenter

Als der Yuppie Nick Halloway (Chevy Chase) seinen furchtbaren Kater auf einer Tagung mit einem Schläfchen im Mini-Solarium der Firma auskurieren will, ahnt er nicht, dass ihn eine kurz darauf stattfindende Kettenreaktion unsichtbar macht. Um den Vorfall geheim zu halten, aber auch, um Nick untersuchen und gegebenenfalls als Geheimwaffe einsetzen zu können, setzt der rabiate Agent Jenkins (Sam Neill) alles daran, den fortan flüchtigen Unsichtbaren einzufangen.

Carpenters unmittelbarste Liebäugelei mit dem Mainstream - wenig charakteristisch für ihren Regisseur, sondern vielmehr ausgerichtet auf den trockenen Humor seines Hauptdarstellers, die Diabolik Sam Neills, die optischen Reize Daryl Hannahs und ganz besonders die teuren ILM-Effekte, hat Carpenter hier nach einer ersten längeren Inszenierungspause wenig mehr zu tun, als eine saubere, glatte Oberfläche zu kreieren, die dann von anderen Beteiligten mit Leben gefüllt wird. Vergessen die subtilen, satirischen Ansätze seiner letzten Arbeiten; die Originalität und Treffsicherheit der beiden kostengünstigen Alive-Produktionen "Prince Of Darkness" und "They Live". Stattdessen ein recht offensichtlicher Beweis dafür, dass Studios und Geld nicht selten ein schales Mittel für kreative Erstickungstode sind. Obgleich er schön aussieht und gutes Unterhaltungs-Routinement bietet, gestaltet sich "Memoirs Of An Invisible Man" vergleichsweise leer und banal. Dennoch ein Vertreter gehobener Mittelklasse.

6/10

John Carpenter San Francisco Kalifornien Unsichtbarkeit


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THEY LIVE (John Carpenter/USA 1988)


"The golden rule: he who has the gold, makes the rules."

They Live (Sie leben) ~ USA 1988
Directed By: John Carpenter

Der Ölfeldarbeiter George Nada (Roddy Piper) kommt nach L.A., um hier einen neuen Job zu bekommen. Guter Dinge findet er eine Stellung auf dem Bau und kommt auf einen Ratschlag seines neuen Kollegen Frank (Keith David) hin in einem Bedürftigencamp unter. In einer davon gegenüberliegenden Kirche wähnt Nada Seltsames: Einige Männer scheinen eine Art umstürzlerische Verschwörung zu planen, werden jedoch schon kurz darauf bei einer Polizeirazzia in die Enge gedrängt. In ihrem Versteck findet Nada Kartons mit Sonnenbrillen, die eine brisante Funktion erfüllen: Mit ihnen kann man nämlich nicht nur medial getarnte Imparative erkennen, sondern auch Aliens, die sich als Menschen getarnt in unserer Gesellschaft niedergelassen und längst Hochfinanz, Großbürgertum und Politik infiltriert haben. Nada fackelt nicht lang und geht harsch gegen die Fremden vor, schafft es, Frank von seiner Geschichte zu überzeugen und stellt sich schließlich in den Dienst einer menschlichen Stadtguerilla.

"Gehorche!" / "Konsumiere!" / "Sieh fern!" / "Schlafe!" / "Keine eigenen Gedanken!"
Carpenters exquisite, wenngleich wenig subtile Systemkritik trifft den sozialen Nagel auf den Kopf, wie es nur wenige andere Filme schaffen. "They Live" scheint heuer, trotz seiner Entstehungszeit während der späten Reaganomics, aktueller denn je: die Mittelschicht hört nicht auf, ihre langsam fortschreitende Extinktion zu sterben, die soziale Schere klafft immer weiter auseinander, das Fernsehen nebst seiner subliminalen Erziehung hin zu Trägheit, Illusion und Unmündigkeit ist noch omnipräsenter als damals schon. Und den ungebildeten Proletarier trifft der Blitz der Erkenntnis quasi beim Scheißen. Damit die unbequemen Wahrheiten, die der Film alle naselang in trfflichster Form formuliert, überhaupt in eine solche Form gegossen werden konnten, war die Einbettung in eine etwas campige Invasionsgeschichte mitsamt überlanger Wrestling-Prügelei vermutlich unumgänglich. Im letzten Drittel fällt "They Live" dann auch in ein kleines Loch, ähnlich dem seiner bösen Kapitalisten-Aliens, wird zur bloßen Actionmaschine und vernachlässigt die wirklich durchweg großartigen ersten sechzig Minuten etwas. Carpenter wandelt hier formal ein wenig auf den Spuren seines Kollegen Walter Hill, bringt harte Shoot-Outs, kernige Mannstypologien und einen Score, der mit seiner Mundharmonika und Westerngitarre wohl nicht von ungefähr stark nach Ry Cooder klingt. Ähnlich wie "Big Trouble In Little China" geriert sich auch "They Live" somit als ein sehr eklektizistischer Film, dessen eigentümlicher Ton wider Erwarten hervorragend funktioniert und der mit seinem großartigen, unverhohlen sozialistischen Populismus eigentlich zur poppolitischen Pflichtbildung zählt. Ich jedenfalls bin seit jeher einer seiner großen Fans.

9/10

Invasion John Carpenter Aliens Satire Los Angeles Buddy Movie


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BUSTING (Peter Hyams/USA 1974)


"The Lord's gonna smoke his ass."

Busting (Die Spur der Gewalt) ~ USA 1974
Directed By: Peter Hyams

Die beiden bei der Sitte tätigen L.A.-Cops Keneely (Elliott Gould) und Farrel (Robert Blake) ertragen ihre Sisyphos-Arbeit lediglich mittels eines unverhältnismäßigen beruflichen Fantismus' und per unerschütterlicher Zynik. Das System, für das sie tätig sind, ist entweder zu korrupt oder zu inkompetent um ihnen jemals die verdienten Lorbeeren zu kredenzen, und sei es auch nur in Form eines rundum effektiven Fahndungserfolgs. Als Keenely und Farrel auf den mächtigen Rotlichtgangster Rizzo (Allen Garfield) aufmerksam werden, der sich vordergründig als Clubbesitzer und Boxpromoter verkauft, sein Geld jedoch mit Prostitution und Drogen anhäuft, versuchen sie diesen mit allen Mitteln festzusetzen.

Als eine Art "Westcoast-French-Connection" geht Hyams ziemlich großartiger Polizeifilm "Busting" durch. Keenely und Farrel sind nichts anderes als die L.A.-Pendants von Popeye Doyle und Buddy Russo, zwei zynische Individualisten, die statt einer funktionalen Ehe ihren Berufspartner zum Vertrauensmenschen Nummer I auserkoren haben, untypische Polizisten mit exponiertem Äußeren, den unbestechlichen Jagdinstinkt permanent eingeschaltet. Die meiste Zeit verbringen sie damit, irgendwelche street hookers hochzunehmen, durch schummrige Stripbars, Massagesalons und Sexshops zu vagabundieren, stets auf der Suche nach dem dicken Hecht.
Bei Hyams sieht das sonnige Kalifornien recht unschön aus - verregnet und verwaschen, und passt somit hervorragend zum Gemüt der beiden Protagonisten, die, wenn sie einem ihrer Ziele gefährlich nahe kommen, umgehend zur Perversenpatrouille in die Stadtparktoiletten "versetzt" werden. Doch Keneely und Farrel sind auch Freizeit-Polizisten, um nicht zu sagen: Full-Time-Cops. Leider muss man ihnen bei aller Sympathie bescheinigen, dass ihr Gegner, der feiste (aber durchaus sympathische) Gangster Rizzo, am längeren Hebel sitzt. Letzten Endes braucht der den sich nach Leibeskräften abmühenden Bullen bloß ein höhnisches Lachen ins Gesicht zu bellen - sie können ihm auf lange Sicht einfach nichts anhaben, da er längst ein heimliches Mühlrad der Gesellschaft ist. Dieses für das im Zeichen New Hollywoods stehende US-Kino der Siebziger typische Weltbild ist zwar ein durchaus ernüchterndes, aber nicht minder realistisches und somit herrlich entromantisiert.
Throw away the badge, become a pool cleaner.

8/10

Peter Hyams Los Angeles Kiez Drogen New Hollywood


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PRINCE OF DARKNESS (John Carpenter/USA 1987)


"Say goodbye to classical reality, because our logic collapses on the subatomic level - into ghosts and shadows."

Prince Of Darkness (Die Fürsten der Dunkelheit) ~ USA 1987
Directed By: John Carpenter

Ein verstorbener Priester hinterlässt eine kleine Schatulle, in der sich ein Schlüssel befindet. Mit diesem erhält man Zugang zum Kellergewölbe einer alten Kirche in Downtown L.A., in dem sich ein transparenter Krug mit einer permanent rotierenden, grünen Flüssigkeit befindet. Der Kirchenmann scheint der letzte Repräsentant einer geheimnisvollen Sekte namens "Bruderschaft des Schlafs" gewesen zu sein. Pater Loomis (Donald Pleasence) ahnt nach einigen Recherchen um die Bedeutung jener Bruderschaft und auch um die der Substanz, zieht um ganz sicher zu sein jedoch einige Wissenschaftler der UCLA zu Rate. Zusammen soll die aus Professoren und Studenten u.a. der Quantenphysik, Theologie und Radiologie bestehende Gruppe ein Wochenende in der Kirche verbringen und die Flüssigkeit analysieren. Schon bald kristallisiert sich die schreckliche Gewissheit heraus: Hinter dem grünen Stoff verbirgt sich nichts anderes als das konzentrierte Böse, der Sohn Satans, der dereinst die Rückkehr seines Vaters auf die Erde vorbereiten soll. Schon bald fallen die ersten Studenten der unheilvollen Macht der Substanz zum Opfer, während die anderen Traumbotschaften aus der Zukunft erhalten.

Perfekter Horrorfilm, dem es an rein gar nichts mangelt und der nopchmal Carpenters ganze Meisterschaft bezüglich der Kreierung von beinahe physischer Atmosphäre demonstriert. Bemerkenswert auch, dass die grandios ersonnene Geschichte (unter dem Pseudonym Martin Quatermass) von ihm selbst stammt: Die Organisation Kirche nebst ihren gesamten Grundfesten stellt sich hier als eine Organisation dar, deren einziger Sinn und Zweck darin besteht, über die einst eingepferchte Höllenessenz zu wachen und deren Existenz geheimzuhalten. Über die Jahrhunderte ist jedoch lediglich die ominöse "Bruderschaft des Schlafes" als sakraler Ableger im Bilde über diese Wahrheit. Darüber, warum nun das jahrtausendealte Gebräu ausgerechnet in Los Angeles steht, sollte man ebensowenig nachdenken wie über zwei, drei andere als selbstverständlich vorgegebene Fakten, dann nämlich erlebt man ein gar vorzügliches Genrefest, das eine noch heute nach Ebenbürtigem suchende, zutiefst bedrohliche Stimmung kreiert. Diese resultiert primär aus der finalen Gewissheit, dass nicht etwa das Gute (Christus wird als außerirdischer Botschafter deklariert), sondern das Böse als Negation allen Seins real existent ist und "auf der anderen Seite", hinter den Spiegeln nämlich, beharrlich auf sein neuerliches Reüssieren wartet. Die Idee mit den im Traum übermittelten Unterbewusstseinsbotschaften aus der Zukunft ist supertoll und die entsprechenden Szenen, in denen man jeweils eine schwarz silhouettierte Gestalt aus dem Inneren der Kirche treten sieht, sind von wohliger Beklemmung. Schließlich die göttliche Finaleinstellung; vermutlich die tollste, die es bei Carpenter zu sehen gibt.
Nach wie vor einer meiner absoluten Lieblingsfilme des Regisseurs und das beste Indiz dafür, dass der Mann tatsächlich mal visionäres Kino machen konnte.

10/10

Apokalypse Kirche Los Angeles John Carpenter Satan Belagerung


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BIG TROUBLE IN LITTLE CHINA (John Carpenter/USA 1986)


"Ol' Jack always says... what the hell?"

Big Trouble In Little China ~ USA 1986
Directed By: John Carpenter

Der Trucker Jack Burton (Kurt Russell) transportiert werktags Koteletts nach Chinatown in Frisco. Als er zusammen mit seinem Freund, dem Restaurantbesitzer Wang (Dennis Dun), dessen Braut Mia Yin (Suzee Pai) aus China am Flughafen erwartet, wird man umgehend Zeugen der Entführung des Mädchens. Dahinter steckt niemand anderes als der böse Dämon Lo Pan (James Hong), der sich nach außen hin die Fassade des wohlhabenden Geschäftsmannes aufgebaut hat. Lo Pan muss ein grünäugiges Mädchen heiraten, um seine Jugend regenieren zu können und hat dafür nicht nur Miao Yin erwählt, sondern auch die Anwältin Gracie (Kim Cattrall), auf die Burton ein Auge geworfen hat. Zusammen begeben sich die Freunde wie einst Orpheus in die magische Zwischenwelt des Lo Pan...

Comiceskes, wildes Kasperltheater, das zwar formale Parallelen zu den früheren Regiearbeiten Carpenters erkennen lässt, ansonsten aber reichlich ungewohnte und innovative Kost bietet. "Big Trouble In Little Cina" oszilliert als völlig eklektischer Popfilm irgendwo zwischen den Buddykomödien der frühen bis mittleren Achtziger, der Pekingoper, Martial Arts und US-Fantasy, ist so vorzüglich getrickst, dass seine F/X noch heute frisch aussehen und scheint sich einen Dreck um jedwede Konvention zu scheren. Kurz darauf kam noch der ganz ähnlich angelegte "The Golden Child" von Michael Ritchie, ansonsten gibt es kaum einen vergleichbaren Hollywood-Stoff. Carpenter hat mit "Big Trouble" also einen immens originären Film geschaffen, der sich nach anfänglich eher skeptischer Rezeption wohl mittlerweile eine treue fan base erobert hat. Ich habe den Film - leider - noch viel zu selten gesehen, um mich gegenwärtig dazu rechnen können, ein Zustand, dem ich hoffentlich in den nächsten Jahren Abhilfe werde leisten können.

7/10

Magie ethnics San Francisco John Carpenter Martial Arts





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