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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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DINOSAURUS! (Irvin S. Yeaworth Jr./USA 1960)


"Come on, caveman!"

Dinosaurus! (Mördersaurier) ~ USA 1960
Directed By: Irvin S. Yeaworth Jr.

Der Ingenieur Bart Thompson (Ward Ramsey) soll auf einer kleinen Karibikinsel (nicht auf einer Pazifikinsel, wie in mancher Synopse fälschlicherweise behauptet wird) einen Hafen bauen, um das Eiland für den Tourismus attraktiver zu machen. Bei Sprengarbeiten vor der Küste entdeckt man dann zwei Dinosaurier, einen harmlosen Brontosaurier und einen umso gefährlicheren Tyrannosaurus Rex, sowie einen Höhlenmenschen (Gregg Martell), die dort aus unerklärlichen Ursachen Jahrmillionen überwintert haben. Die scheinbar toten Tiere werden an Land gehievt und bald darauf von einem Blitzschlag reanimiert, derweil der Troglodyt von ganz allein wieder erwacht. Nun laufen alle drei Amok und gefährden das Wohl der friedliebenden Inselbewohner.

"Dinosaurus!" beendete die inoffizielle, schöne kleine Sci-Fi-Trilogie, die Yeaworth Jr. für den Produzenten Jack H. Harris gemacht hatte. Nach "The Blob" und "4D Man" kam dieser eher für ein kindliches Publikum gemachte Abenteuerfilm, der mit einer gerüttelten Portion naiven Witzes ebensowenig geizt wie mit eher hausbackenen Effekten und allerlei schmarrenhaften inhaltlichen Idiotien, die das Nachgrübeln ganz bestimmt nicht lohnen. Tatsächlich ist die Haupt-Identifikationsfigur nicht nur ein kleiner Junge (Alan Roberts), der sich naturgemäß besser mit den Sauriern auskennt als die anwesenden Erwachsenen, das mit allen Wassern gewaschene Kerlchen bringt dem Höhlenmenschen auch noch - mehr weniger erfolgreich - bei, seinen Kuchen mit der Gabel zu essen und reitet, da schlägt's dann doch mal kurz 13, auf dem Rücken des Brontosauriers durch die Inselwälder. Die besten Szenen des Films gehören Gregg Martell, der als Neanderthaler den vollen Durchblick hat, in was auf einer Gaudi er da antreten muss und einen vorzüglichen Sinn für Humor beweist. Jene Sequenz, in der er durch Tante Erna ihr klein Häusken schleicht und alles, was ihm ungeheuerlich erscheint, mit der Feueraxt bearbeitet, sichert "Dinosaurus!" jedenfalls seinen garantierten Status als inoffizieller Klassiker der Klammer-, äh, Kammerkomödie!
Wat heb wi' lacht!

6/10

Irvin S. Yeaworth Jr. Dinosaurier Monster Höhlenmensch Trash Karibik Insel


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ZEROKA NO ONNA: AKAI WAPPA (Yukio Noda/J 1974)


Zitat entfällt.

Zeroka No Onna: Akai Wappa (Der Tiger von Osaka) ~ J 1974
Directed By: Yukio Noda

Die wegen ihrer gewalttätigen Methoden gescholtene Undercover-Polizistin Rei (Miki Sugimoto) gilt als Frau für besonders harte Fälle. Als die Tochter des einflussreichen Präsidentschaftskandidaten Nagumo (Tetsurô Tanba) von ein paar Kleingangstern entführt wird, heuert jener Rei an, um das Mädchen zu befreien und sämtliche der Verbrecher in den Tod zu schicken. Kaum, dass die Affäre publik zu werden droht, verlangt Nagumo zusätzlich den "Unfalltod" seiner eigenen Tochter, was Rei sich jedoch nicht gefallen lässt.

"Zeroka No Onna: Akai Wappa" gilt ja hierzuland als populäres Vorzeigebeispiel für den aus Japan kommenden Schmierfilm der Siebziger, nicht zuletzt, weil ihm in unseren Breitengeraden eine wahrhaft kostbare Synchronisation zuteil wurde. Auf welche Sublevel sich damals noch heuer populäre Sprecher in den Berliner und Münchener Studios herablassen und mit welchem Vokabular da aus wohlfeilen Mündern wie dem Thomas Dannebergs noch ganz unbeschwert um sich geschossen wurde, das ist heute kaum mehr vorstellbar. Doch soll dies die originären, unleugbaren Qualitäten des Films nicht in den Schatten stellen. Schick und durchaus geschmackvoll inszeniert ist er nämlich und mit einem flotten Score versehen. Die sehr ansehnliche Miki Sugimoto als feministischer Todesengel lebt darin in einer Welt, in der ausnahmslos jeder Mann sein unseliges Dasein wahlweise als ekelhafter Vergewaltiger oder als rücksichtsloser Karrierist zu begehen scheint und es daher für die mit roten Stacheldrahthandschellen bewaffnete Schönheit, die selbst ihren Sex als emotionslose Waffe einsetzt, massig zu tun gibt. Das Blut von Reis Opfern spritzt jeweils in sekundenlangen Fontänen, wie man es von Japanern gewohnt ist und am Ende sitzen die Finsterlinge samt und sonders in der Hölle oder zumindest auf dem sozialpolitischen Abstellgleis. Hat auch keiner von ihnen anders verdient. Man muss wohl wahrlich froh sein, wenn man dieser Rei niemals im wahren Leben begegnet. Auf Leinwand und Glotze indes immer wieder gern.

7/10

Yukio Noda Japan Sleaze Exploitation Kidnapping


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MOROCCO (Josef von Sternberg/USA 1930)


"Oh, what am I bid for my apple?"

Morocco (Marokko) ~ USA 1930
Directed By: Josef von Sternberg

Der amerikanische Fremdenlegionär Tom Brown (Gary Cooper) und die just per Schiff angekommene Nachtclubsängerin Amy Jolly (Marlene Dietrich) begegnen sich in Marokko und verlieben sich Hals über Kopf und auf Gedeih und Verderb ineinander. Beide wollen sich jedoch nicht eingestehen, dass ihre Herzen ganz und gar ihrem Gegenüber gehören. Erst Amy begreift, gelenkt und gedrängt durch die Avancen des reichen Lebemanns La Bessiere (Adolphe Menjou), wem sie wirklich gehört.

Vom "Blauen Engel" und von der Lola war's für die Dietrich und ihren Förderer von Sternberg nur ein Katzensprung weg aus der langsam erbraunenden Republik und nach Hollywood hin. Cooper schien fortan der einzige Star zu sein, dessen kantige Männlichkeit der kühlen, teutonischen Schönheit gewachsen war und der allein jene spezielle, stets von latenter Maskulinität gefährdete Weiblichkeit stets rechtzeitig umzulenken wusste. Ergo gab es noch eine weitere Zelluloid-Begegnung zwischen diesem großen Traumpaar des frühen Tonfilms. Seine erste in "Morocco" ist wohl zugleich die leidenschaftlichere und fiebrigere. Dietrich und Cooper liefern sich eine quälende Balz, eine bissige Brunft, die sie beide zu verzehren droht, bis sie irgendwann einsichtig genug ist, der Übermacht der Hormone stattzugeben und ihm - eines der symbolischsten Bilder der gesamten Kinogeschichte - bedingungslos in die Wüste folgt. Eine solch erzromantische, umfassende Hingabe aller weiblichen Vernunft zugunsten der Liebe eines Mannes, ein solches Waffestrecken, Sich-geschlagen-geben, vermochte in dieser geschlechtlich-naturellen Ordnung wohl nurmehr in der Übergangszeit zwischen Stummfilm und Talkie existieren. Heute würde stattdessen wohl ein verweichlichter, schmalschultriger Verlierer seiner geliebten US-Soldatin Richtung Taurus im Jeep hinterhereiern. Auch ein trauriges Indiz dafür, dass die einstige Traumfabrik in unserer von Alltagsfakten überrannten Zeit längst keine echten Träume mehr fabriziert.

8/10

Nachtclub Josef von Sternberg Afrika Fremdenlegion Marokko Militär


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CITIZEN KANE (Orson Welles/USA 1941)


"I don't think there's one word that can describe a man's life..."

Citizen Kane ~ USA 1941
Directed By: Orson Welles

Der Wochenschau-Reporter Jerry Thompson (William Alland) soll anlässlich des Todes von Amerikas großem Zeitungsmogul Charles Foster Kane (Orson Welles) herausfinden, was dessen letztes, auf dem Sterbebett gesprochenes Wort "Rosebud" für eine Bedeutung haben mag. Thompson interviewt Kanes noch lebende Weggefährten, seinen Bankier (Everett Sloane), seinen besten Freund (Joseph Cotten) und seine Ex-Frau (Dorothy Comingore). Dabei findet er manches an Mosaikteilchen über jenen mysteriösen Menschen heraus - nur die Bedeutung jenes einen Wortes bleibt ihm und der Welt bis zum Schluss verborgen.

Seltsame äußere Umstände bewirken oft, dass man längst auswendig gekannt geglaubte Filme urplötzlich in einem ganz anderen Licht sieht. "Citizen Kane", dem sein gewaltiger Ruf zwangsläufig vorauseilt und mir auch damals schon geläufig war, habe ich erstmals irgendwann in den frühen Neunzigern gesehen und nicht begriffen. Mir war schleierhaft, worin die angeblich ungeheuren Qualitäten liegen sollten, die offenbar jeder außer mir in diesem scheinbar so aktionsarmen und tempolosen Film zu finden glaubte und ich schob das alles auf eine von wenigen initiierte, hysterisch aufgenommene Massensuggestion. In den Folgejahren habe ich Welles' Film dann noch sehr oft gesehen, von einer zunehmend abgenudelten Videocassette, um, analog zu Lektüre und Filmbildung doch noch zu verstehen, was die Faszination dieses Werks ausmacht. Gut, die Parallelen zur Realität sowie die technisch fortschrittlichen Aspekte sind ja offensichtlich, ebenso der geschmackvolle Stil, dessen sich Welles befleißigt. Mehr sprang mir aber nie wirklich über. Es folgte eine wohl zehnjährige, jeweils zu gleichen Teilen bewusste und unbewusste Pause, die ich gestern Abend unversehens, gebeutelt von mehr oder weniger urplötzlich auftretendem Lumbago einerseits und starken Schmerzmitteln andererseits unterbrach. Plötzlich erstrahlt mir "Citizen Kane" nun in einem neuen, unbekannten Licht, erstmals habe ich den Eindruck, tatsächlich zur Seele des Films durchgedrungen zu sein und ihm im Wechselzug den Weg zu meiner Seele freigeräumt zu haben. Vermutlich muss man zuallererst mal trainiert sein, um ihn wirklich umfassend und befreit vom Ballast störender Außenfaktoren erschöpfend rezipieren zu können. Jetzt endlich jedenfalls konnte ich dieses wahrlich hochgepriesene Meisterwerk mitsamt all seinen Facetten wahrnehmen und finde mich nachhaltig illuminiert von seiner rundum monumentalen Gestalt. Insofern muss ich meinen angeknacksten Lenden wohl noch dankbar sein, fühle ich mich doch geradezu frisch beflügelt von der unverbrauchten Brillanz, Eleganz und Genialität dieser erhabenen Americana. Ab jetzt: Jedes Jahr mindestens einmal.

10*/10

Americana New York Journalismus Biopic Orson Welles


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FROM HERE TO ETERNITY (Fred Zinnemann/USA 1953)


"Nobody ever lies about being lonely."

From Here To Eternity (Verdammt in alle Ewigkeit) ~ USA 1953
Directed By: Fred Zinnemann

Hawaii, 1941: Private Prewitt (Montgomery Clift) lässt sich nach Oahu versetzen, weil er in seiner letzten Kompanie allzu sehr gemobbt wurde. Man hat dort versucht, ihn zum Boxen zu nötigen, obwohl Prewitt dem Faustkampf entsagt hat, seit er einem Gegner beim Sparring das Augenlicht nahm. Doch auch hier macht ihm aus denselben Gründen alle Welt das Leben schwer - bis auf den überaus fairen Sergeant Warden (Burt Lancaster) und Prewitts alten Kumpel Maggio (Frank Sinatra). Warden bändelt seinerseits mit der Frau (Deborah Kerr) des leichtlebigen Captain Holmes (Philip Ober) an und Maggio bekommt Ärger mit dem feisten Sergeant Judson (Ernest Borgnine). Da nehmen die japanischen Verbände Kurs auf Pearl Harbor...

Großes, legendäres Hollywoodkino, das vor allem mit seinem triumphal aufspielenden Ensemble protzen kann. Zinnemanns vergleichsweise zurückgenommene Inszenierung lässt sich kaum mehr mit der seines vorletzten Films "High Noon" vergleichen, so dass man nicht zwingend den Eindruck zurückbehält, dass beide Filme von ein- und demselben Regisseur stammen. Die sich hier abzeichnenden und zutragenden Konflikte sind deutlich romantischerer und weltlicherer Natur; es geht um Rache, Liebe, Leidenschaft, elementare dramatische Topoi also. Entsprechend weniger stilistischer Kniffe bedarf die Bebilderung der Geschichte. Stattdessen so weitschweifende wie kitschige Symbolismen; etwa um den klassischen, erotischen Clinch zwischen Lancaster und Kerr zu verbildlichen, zeigt die Kamera jene berühmten Bilder gewaltiger Meeresbrandung, die sich später so ikonographisch wie spöttisch betrachten ließen. Einen wirklich fiebrigen Hauch erhält "From Here To Eternity" dann gegen Ende, als der Angriff auf Pearl Harbor erfolgt. Die zuvor geschilderten, existenziellen Probleme der Protagonisten werden auf einen Schlag nichtig und klein. Jetzt geht es nurmehr ums nackte Überleben und die ängstlichen Spekulationen bezüglich weiterer Kriegsinvolvierung. Und unser Held, der wie immer Ehrfurcht gebietend traurige Monty Clift, fällt eher zufällig, ohne viel Aufhebens. Nur ein Unfallopfer, unter Vielen.

9/10

Freundschaft Militär James Jones Pazifikkrieg WWII Hawaii Pearl Harbor


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HIGH NOON (Fred Zinnemann/USA 1952)


"I've got to, that's the whole thing."

High Noon (12 Uhr Mittags) ~ USA 1952
Directed By: Fred Zinnemann

Marshal Will Kane (Gary Cooper) hat soeben seine bezaubernde Braut, die Quäkerin Amy (Grace Kelly) geehelicht, da erreicht ihn die Nachricht, dass sein alter Erzfeind Frank Miller (Ian MacDonald) aus dem Gefängnis entlassen wurde und sich im Mittagszug nach Hadleyville befindet. Kane hatte den gewissenlosen Miller einst dingfest gemacht und seine Bande zerschlagen. Um Punkt 12 wird der Zug einfahren, in 80 Minuten. Jedermann rät Will, mit seiner Frau das Weite zu suchen, doch für den Gerechtigkeitsfanatiker Kane kommt Flucht bloß purer Feigheit gleich und damit nicht in Frage. Andererseits findet er unter den Einwohnern der Stadt jedoch auch keinerlei Unterstützung; alle sind zu ängstlich oder haben andere, fadenscheinige Gründe, ihn im Stich zu lassen. Darüberhinaus gefällt der pazifistischen Amy Wills Verhalten überhaupt nicht. Schließlich steht Kane alleine gegen Miller, seinen Bruder (Sheb Wooley) und zwei weitere Ganoven (Lee Van Cleef, Robert Wilke).

"High Noon" ist ja irgendwann zu einem Meta- und Schulfilm geworden, der wohl nicht selten fast schon zu Tode analysiert worden wäre wegen seiner Montage, seiner crane shots und Leitmotivik umfassenden Kamerafahrten und blablabla. Joe Hembus konstatierte, Zinnemanns Film halte "zuallererst mal sehr viel von seinen eigenen Qualitäten", was nicht eben sonderlich charmant formuliert ist. Der tregisseur selbst frohlockte in einem von Charlotte Kerr geführten Filminterview, "High Noon" sei im Grunde gar kein Western, er könne sich im Prinzip vor jedem Milieu ereignen und trüge nur der äußeren Simplifikation halber dieses Gewand. Das ist natürlich völliger Mumpitz, ebenso wie die besonders gern von Laien vertretene Aussage, erst dieser Film habe die Psychologie und gesellschaftspolitische Implikationen in den Filmwestern gebracht.
Selbstverständlich ist diese kraftvolle, kernige Geschichte einzig und allein in dieser Form, nämlich als Western, denkbar, angesiedelt in einer staubigen Kleinstadt voller bigotter Kirch- und Saloongänger, in der irgendwo Pferde im Stall stehen, Stetsons und Heftsterne getragen werden und Patronengurts am Haken hängen; kurz: in der Gary Cooper Marshall ist, wenn auch - kein Wunder - nicht mehr lange. Man sollte wirklich auf nichts und niemanden hören betreffs "High Noon", es entginge einem die pure, unverderbbare Magie jenes Films, der mit Sicherheit nicht der beste und tollste Western aller Zeiten ist, aber zusammen mit vielen, vielen anderen trotzdem aufs Siegertreppchen gehört.

10/10

Fred Zinnemann Echtzeit Rache


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PIRATES OF THE CARRIBEAN: ON STRANGER TIDES (Rob Marshall/USA 2011)


"Did everyone see that? Because I will not be doing it again."

Pirates Of The Carribean: On Stranger Tides (Pirates Of The Caribbean - Fremde Gezeiten) ~ USA 2011
Directed By: Rob Marshall

Kurz nachdem Jack Sparrow (Johnny Depp) mittels einer grandiosen Eulenspiegelei das Volk von England um seine eigene Hinrichtung und die seines alten Freundes Gibbs (Kevin McNally) gebracht hat, findet er sich auch schon in seinem nächsten Abenteuer: Diesmal suchen gleich mehrere Parteien, darunter die spanische Armada, eine Delegation König Georges II (Richard Griffiths) der Royal Navy unter Sparrows altem Konkurrenten Barbossa (Geoffrey Rush) sowie der sinistre Voodoo-Magier und Piratenkapitän Edward "Blackbeard" Teach (Ian McShane) die "Quelle des Ewigen Lebens", einen in der Karibik befindlichen Jungbrunnen, der mittels eines komplizierten Rituals die Lebenszeit eines Individuums auf ein anderes übertragen kann. Dazu bedarf es unter anderem jedoch der Träne einer Meerjungfrau, und eine solche ist nicht eben einfach zu bekommen...

Mochte ich durchaus, diesen neuerlichen Aufguss von Disneys "Pirates"-Reihe, wenngleich es erwartungsgemäß wenig Neues zu entdecken gibt und der Größenwahn der letzten beiden Filme sich zugunsten etwas moderaterer Meeresschrecken wieder ein wenig gelegt zu haben scheint. Diese Entwicklung hin zur Bodenständigkeit indes kam mir sogar recht positiv vor, da die Reihe ja bereits drohte, sich von ihren an sich liebenswerten Seeräuber-Wurzeln zu irgendeiner x-beliebigen Fantasy-Reihe im Korsarengewand zu entwickeln.
Für den wie immer triumphalen Johnny Depp dürfte die Darstellung des linkischen Captain Sparrow mittlerweile zwar ein reiner Routine-Job sein; nichtsdestotrotz aber zählt sie noch immer zu seinen schönsten Rollen. Warum, das macht auch der vierte Teil des Franchise wieder sehr transparent: Wenn Sparrow seine stets angetrunken wirkenden, tuckigen Manöver vollzieht und mit leicht meschuggenem Gesichtsausdruck die jüngsten, gefährlichen Entwicklungen rund um seine Person quittiert, dann ist immer noch herzliches Lachen ambach und es wird vor allem eines ganz untrüglich deutlich: Ohne die Gauklerkünste eines Johnny Depp keine Disney-Piratennummern, mit Depp aber immer wieder gern.

7/10

Piraten Rob Marshall Jack Sparrow London Karibik period piece Meerjungfrauen Sequel


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THE ENFORCER (Bretaigne Windust/USA 1951)


"What's wrong with the law that we can't touch him?"

The Enforcer (Der Tiger) ~ USA 1951
Directed By: Bretaigne Windust

Staatsanwalt Martin Ferguson (Humphrey Bogart) sitzt in der Klemme: Am nächsten Morgen landet der einer Auftragsmord-Organisation vorstehende Mendoza (Everett Sloane) vor Gericht und ausgerechnet Fergusons Hauptbelastungszeuge Rico (Ted de Corsia) hat es mit der Angst bekommen und ist zu Tode gestürzt. Für Mendoza, dessen Unternehmungen Dutzende Menschen das Leben gekostet haben, bedeutet diese Fügung aller Wahrscheinlichkeit nach den Freispruch. Zusammen mit seinem Partner Nelson (Roy Roberts) geht Ferguson dieErmittlungsakten nochmal Stück für Stück durch - und entdeckt tatsächlich eine letzte, erfolgversprechende Lücke...

Spannender kleiner Thriller aus späteren Bogey-Tagen, der den Star in einer typischen Rolle als erbitterten Streiter gegen das Verbrechen zeigt, wo er noch fünfzehn Jahre zuvor auf der Gegenseite gestanden hätte. Zwar war "The Enforcer" zunächst Windusts Baby, der Broadway-Regisseur fiel jedoch wegen schwerer Krankheit aus, so dass der Film auf Bogarts Intervention hin von Raoul Walsh fertiggestellt wurde. Walsh verzichtete jedoch auf offizielle Nennung, da er seinen Job eher als Freundschaftsdienst empfand. Dennoch trägt das sehr konzentriert gefertigte und permanent unter Druck stehende Resultat viel von Walshs Handschrift.
"The Enforcer" verhandelt ein für seine Entstehungszeit äußerst finsteres Thema mit wenig zimperlichen Notenanschlägen - immerhin geht es um eine sich Mord als Geschäft widmende Verbrecherklitsche, deren Opferzahl ins Gros zu gehen scheint; eine entsprechende Szene, in der ein Leichensumpf ausgehoben wird, lässt jedenfalls darauf schließen. Ansonsten bietet "The Enforcer" mit Sloanes Albert Mendoza einen der großen Crime-Overlords des 20. Jahrhunderts auf; einen vollends skrupellosen Typen, der geradewegs aus der Hölle entsprungen scheint und dessen Mythos wesentlich größer gewachsen ist als seine physische Gestalt. Eine Art früher Urahn von Keyser Söze, sozusagen.

8/10

Bretaigne Windust Raoul Walsh film noir


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RICHARD III (Richard Loncraine/UK 1995)


"Plots have I laid..."

Richard III ~ UK 1995
Directed By: Richard Loncraine

Und regieren soll er im Zeichen des Keilers: In einem fiktiven Parallelengland des frühen bis mittleren 20. Jahrhunderts, in dem die konstitutionelle Monarchie sich durch diktatorische ersetzt findet, lebt der ebenso machthungrige wie skrupellose Richard III (Ian McKellen). Durch den bürgerkriegseingebundenen Sturz des amtierenden Herrschergeschlechts und die spätere Beseitigung sämtlicher potenzieller Nachfolger wird Richard selbst zum König Englands, dessen Schreckensherrschaft jedoch von Anbeginn auf wackligen Beinen steht.

Zeitgenössisch aufbereitete Shakespeare-Adaption, in der aus dem erbarmungslosen Emporkömmling Richard von York ein lupenreiner Faschist des vergangenen Centenniums wird; ein geradezu betörend verwerfliches Individuum in einer Studie des Bösen und des Machtmissbrauchs, dem samt und sonders die Eigenschaften des satanischen Despoten zukommen. Bucklig und linksseitig verkrüppelt, von einem natürlich-verschlagenen Gesichtsausdruck und ungepflegten Zähnen gebeutelt ist seine Physis; derweil sich hinter den Falten seiner Stirn Lug, Trug, Feigheit, Intriganz, Gier und gar Impotenz verbegen. Eine ganze Palette unangenehmer Eigenschaften entstellt also das Wesen der Titelgestalt, die von McKellen dennoch mit einer so verführerischen Diabolik personifiziert wird, dass man sie eigentlich nie zur verdienten Gänze verabscheuen lernt. Die Faszination des Bösen; auch sie kennzeichnet faschistische Systeme. Loncraines Inszenierung findet sich als geprägt von edelster Eleganz und dennoch stets in völliger Gleichmut mit der Seele des Stücks, dabei getragen von einer feinen ironischen Note, die besonders zum Tragen kommt, wenn Richard sich an uns, sein Publikum, wendet und uns hineinzuziehen sucht in seine humanen Abgründe.

9/10

William Shakespeare Richard Loncraine London England Biopic Dystopie


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THE GLORY GUYS (Arnold Laven/USA 1965)


"It's your turn now."

The Glory Guys (Die glorreichen Reiter) ~ USA 1965
Directed By: Arnold Laven

In Windeseile muss Captain Harrod (Tom Tryon) von der 3. Kavallerie ein Regiment zusammenstellen und für einen von seinem karrieresüchtigen Vorgesetzten General McCabe (Andrew Duggan) geplanten Feldzug gegen die Sioux ausbilden. Nicht nur, dass Harrods Männer fast durch die Bank undisziplinierte Amateure darstellen, die besonderen Schliffs bedürfen, hat er sich auch noch mit dem Scout Sol Rogers (Harve Presnell) um die Liebe der schönen Lou (Senta Berger) zu rivalisieren und unter dem Größenwahn des Generals zu leiden. Am Ende bekommen jedoch fast alle, was sie verdienen.

Verhältnismäßig wenig bekannter, dafür umso feinerer Kavallerie-Western in der Tradition der entsprechenden Filme Fords; versehen mit einem epischen Hauch, aufwändig inszeniert und mit großangelegten Massenszenen garniert. Viel Herzschmerz, Männerfreundschaft und Heldentum kennzeichnen die noch recht geordnete, weithin unschattierte Welt von "The Glory Guys". Das entsprechende Script dazu stammt von Peckinpah, der sich in Teilen bei der späten Biographie General Custers bediente. Abgesehen von der wohl bewusst unterschiedlich gehaltenen Physiognomie entspricht der Charakter General McCabes recht exakt dem historisch verbrieften von Custer und auch die finale Schlacht zwischen Indianern und Soldaten ähnelt stark den berühmten Ereignissen vom Little Big Horn.
Peckinpah soll wohl auch angefangen haben, den Film zu inszenieren, um dann später vom B-Film-Routinier Laven abgelöst zu werdeen; davon ist jedoch bestenfalls wenig zu spüren. Allerdings sprechen manche Details dann doch dafür, etwa die Besetzungsauswahl. Ansonsten finde ich bemerkenswert, dass ich die Gratwanderung zwischen Western und Kriegsfilm selten so zugespitzt vorgefunden habe, wie im Falle von "The Glory Guys". Die Indianerkriege dienen nämlich vor allem als geschichtliche Blaupause für ein mit allen Wassern gewaschenes Kriegsepos, was eine Klassifizierung des Films als letzteres denn auch umweglos ermöglicht.

8/10

Indianer Kavallerie Sam Peckinpah Arnold Laven Indianerkriege





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