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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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EARTH VS. THE FLYING SAUCERS (Fred F. Sears/USA 1956)


"Unidentified Flying Object reported flying due West, sir. Probably a buzzard."

Earth Vs. The Flying Saucers (Fliegende Untertassen greifen an) ~ USA 1956
Directed By: Fred F. Sears

Ohne es zu bemerken, erhält der frisch vermählte Dr. Russell Marvin (Hugh Marlowe) eine von einem Ufo abgestrahlte Botschaft. Dahinter stecken Aliens aus einem fremden Sonnensystem, die sich auf der Erde niederlassen wollen und im Gegensatz zu anderen Artgenossen scheinbar zu vertrauensselig sind, um einen Blitzkrieg mit uns Terranern vom Zaun zu brechen. Tatsächlich fordern sie Verhandlungen nach einer ausgedehnten Bedenkfrist, die Dr. Marvin, nachdem er die zerstörerische Kraft ihrer Raumschiffe erlebt hat, wohlweislich nutzt, um eine wirksame Schallwellenwaffe gegen die Außerirdischen zu entwickeln.

"Earth Vs. The Flying Saucers" gilt als der letzte der maßgeblichen Invasions- und Alienfilme der fünfziger Jahre, was nicht weiter verwunderlich scheint angesichts der zunehmenden Ausreizung des Themas. Erstmals scheinen ferner die (von Ray Harryhausen wie gewohnt überaus sorgfältig gefertigten) Effekte im Vordergrund zu stehen und weniger das blanke Entsetzen, das die außerirdischen Antagonisten üblicherweise evozieren. Tatsächlich wackeln die Aliens, so sie ihre Schiffe mal verlassen, permanent in irgendwelchen albernen Raumanzügen durch die Gegend, die etwas über ihre evolutionär verkümmerten Sinnesorgane verraten und sie gleich viel weniger fürchterlich erscheinen lassen. Kein Vergleich zu den Hardlinern vom Mars in "The War Of The Worlds", die ohne zu fragen alles kurz und klein ballern und jedwede Verhandlung von vornherein ablehnen. Selbst die glubschäugigen Wabbelmonster aus "It Came From Outer Space" ließen noch einiges mehr an Respekt aufflammen. Tatsächlich erweisen sich die hier angreifenden Extraterrestrier darüber hinaus noch als ungemein schlechte Strategen, die am Ende zwar noch flugs einige schöne Washingtoner Denkmäler demolieren, ansonsten jedoch eher wenig Eindruck hinterlassen. Eine eher possierliche Mini-Invasion.

6/10

Fred F. Sears Ray Harryhausen Aliens Invasion Washington D.C.


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IT CAME FROM OUTER SPACE (Jack Arnold/USA 1953)


"They'll be back."

It Came From Outer Space (Gefahr aus dem Weltall) ~ USA 1953
Directed By: Jack Arnold

In der Nähe des Wüstenstädtchens Sand Rock geht ein außerirdisches Raumschiff nieder und wird kurz darauf durch einen Erdrutsch verschüttet. Während der Hobby-Astronom und Schriftsteller John Putnam (Richard Carlson) ganz genau um die Existenz des Ufos weiß (er hat es noch rechtzeitig sehen können), glaubt ihm sonst nur noch seine Freundin Ellen (Barbara Rush); der Rest der Einwohner von Sand Rock, allen voran der bodenständige Sheriff (Charles Drake), hält seine Berichte für Phantastereien. Als die Piloten des Raumschiffs sich zu zeigen beginnen und mittels formwandlerischer Kräfte die Gestalt von Menschen annehmen, fühlt Putnam sich bedroht - nicht ganz zu Recht, denn die Außerirdischen wollen eigentlich bloß ihr Schiff wieder flott machen.

Wer sind hier eigentlich die Bösen? Dieser Frage ging das "It Came From Outer Space" zugrunde liegende Treatment von Ray Bradbury nach, das der suggestionsempfänglichen Bürgerschaft der USA einen recht unangenehmen Spiegel vorhielt: Weil die lediglich aus Versehen gecrashten Aliens nicht unseren ästhetischen Maßstäben genügen und außerdem aus dem Weltraum kommen, wollen der ganz offensichtlich halbgescheite Sheriff und die übrigen Landeier sie prompt über den Haufen schießen. Gut - die Strategie der Außerirdischen, einige Einwohner von Sand Rock als Geiseln zu nehmen, um für die Zeit ihres Aufenthalts in Ruhe gelassen zu werden, mag vielleicht nicht eben die cleverste sein - dass der schießwütige Polizist und seine Vasallen durch ihre maßlose Aggression jedoch eine Invasion durch die offenbar technisch viel höher entwickelten Aliens provozieren könnten, leuchtet niemandem ein. Außer dem als Bildungsbürger (und damit Sonderling) exponierten John Putnam natürlich, der am Ende noch so gerade eben die Kastanien aus dem Feuer holen kann.
"It Came From Outer Space", der sogar noch kurz vor dem ungleich aufwändigeren "The War Of The Worlds" die Leinwände enterte, bildete Jack Arnolds ersten Ausflug ins Areal des Phantastischen, dem die Universal ja noch einige bekannte Arbeiten folgen ließ. Dabei vermochte Arnold es stets, für die meisten seiner Kreaturen, Monstren und mad scientists zumindest teilweise Verständnis und Mitgefühl zu evozieren - eine Qualität, die er vielen Kollegen voraushatte. Das vorliegende Beispiel ist dafür, speziell inmitten all der zeitgenössischen, unumwunden bösen Invasoren, als ganz besonders vordringlich zu werten.

8/10

Jack Arnold Aliens Ray Bradbury Kalifornien


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THE WAR OF THE WORLDS (Byron Haskin/USA 1953)


"They seem to murder everything that moves!"

The War Of The Worlds (Kampf der Welten) ~ USA 1953
Directed By: Byron Haskin

Außerirdische vom Mars starten aus Gründen des Ressourcenschwunds eine Invasion auf der Erde. Mit zahllosen, mit tödlichen Strahlern ausgestatteten Raumjägern greifen sie praktisch sämtliche strategisch wichtigen Punkte der Erde an und machen diverse Metropolen und Stäte dem Erdboden gleich. Sämtliche der gegen sie eingesetzten Waffen, darunter selbst Atombomben, erweisen sich als wirkungslos; erst eine Epidemie rafft die Invasoren dahin.

Nach Orson Welles' berühmtem Radio-Hörspiel, das bei seiner Ausstrahlung anno 1938 - so zumindest will es die Legende - Massenpaniken verursachte, weil die Hörer es für authentisch hielten, bildete Haskins Filmversion die nächste nennenswerte Adaption von H.G. Wells' berühmter Invasionsstory. "The War Of The Worlds" bietet denn auch die volle Breitseite dessen, was im Nachhinein als 'Paranoiakino' in der Geschichte des Sci-Fi-Films einen festen Platz bekleiden sollte: Symbolisch formulierte Ängste vor einer kommunistischen Machtübernahme, die Furcht vor dem Totalitarismus, der, so die landläufigen Vorstellungen im Westen, sämtliche roten Systeme unbarmherzig beherrscht. Wahlweise bekam man es in den phantastischen Filmen, die jene Panikhaltung verbildlichten, mit sämtlichen mehr oder weniger perfiden Methoden des offenen Angriffs und/oder Unterwanderung zu tun: Schläferangriffe ("The Thing"), Assimilation und Gleichmacherei ("Invasion Of The Body Snatchers") oder erbarmungslose Frontalattacke ("The War Of The Worlds") - den Menschen musste gegen Ende der fünfziger Jahre zwangsläufig eines sonnenklar geworden sein: Sollte es irgendwo da draußen intelligentes Leben geben, dann ganz gewiss keinen Klaatu, der mit freundlichem Human-Antlitz vor der Massenvernichtung warnt. Nein, vielarmige Zyklopen, Krakenwesen, riesige Augen, Sporen oder gar körperlose Wesen warteten nur darauf, uns, jener roten Seuche gleich, einzugemeinden oder gleich ganz auszulöschen. In Haskins Film geschieht dies in prächtigem Technicolor und mit einer zwingenden Effektivität. Noch fast sechzig Jahre später beeindruckenden die Einstellungen der zerstörten Stadtkulisse von Los Angeles, wobei der Film eines ganz besonders richtig macht: Am Nachhaltigsten fräsen sich die Bilder der bevölkerungsinternen Rücksichtslosigkeit in den Rezipientenkopf; kurz vor dem Ende denkt jeder mal wieder nur noch an sich selbst, es wird geplündert und geprügelt, was das Zeug hält. So bleibt schließlich jener unbequeme Fingerzeig bestehen, nach dessen Positionierung fraglich ist, ob solch eine Menschheit überhaupt noch eine Chance verdient...

8/10

Mars Los Angeles Kalifornien Aliens Invasion H.G. Wells George Pal Byron Haskin Atombombe Apokalypse


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THE DAY THE EARTH STOOD STILL (Robert Wise/USA 1951)


"The decision rests with you."

The Day The Earth Stood Still (Der Tag, an dem die Erde stillstand) ~ USA 1951
Directed By: Robert Wise

Der Außerirdische Klaatu (Michael Rennie) kommt in bedrohlicher Mission zur Erde. Seine Aufgabe besteht darin, den führenden Menschheitsköpfen ein Ultimatium zu stellen: Sollten die Erdenbewohner sich nicht entschließen, künftig in Frieden zu leben oder es gar wagen, ihre kriegerischen Aggressiuonen auf den interstellaren Bereich auszuweiten, so müsse die Erde mit der Zerstörung rechnen. Bevor Klaatu seine Botschaft mitteilen kann, wird er von den tumben Militärs in Washington D.C. verfolgt, gehetzt und in blinder Furcht fast getötet.

Gleich zu Beginn der später von Paranoia und Hetzparolen gezeichneten Sci-Fi-Welle der fünfziger Jahre stand deren wahrscheinlich besonnenster und klügster Beitrag: Die Aliens sind hier keine wild zusammenphantasierten Tentakelwesen mit einem Auge und Fletschzähnen (dazu gibt es sogar ein, zwei durchaus komische Gags während des Films), sondern von uns nicht zu unterscheidende Humanoide. Sie haben sich eine Art Polizeistaat geschaffen, der jedwede kriegerische Aggression bereits im Keim erstickt - wie Klaatu einräumt, nicht die beste denkbare Lösung, aber doch eine höchst wirkungsvolle. Und ein höchst reizvolles Gedankenspiel noch dazu: Ist der einzige Weg, den Krieg abzuschaffen, der, jedweden Aggressor sofort und öhne zu zögern aus der Welt zu tilgen? Und ließe sich diese "Methode" überhaupt bis zur letzten Konsequenz durchspielen? Wie dem auch sei, die naiven Antworten, die "The Day The Earth Stood Still" bereithält, sind von einer unbestreitbaren, manchmal gar bestechenden, wenn auch infantilen Logik. In jedem Fall verrät der Film viel über die Sensationsgier und die pardoxe Art der Menschen, mit Urängsten umzugehen bzw. ihnen stattzugeben. Im Vergleich zu den deutlich fortgeschritteneren Außenweltlern sehen wir da verdammt blass aus mit unserer weitaus niedrigeren Lebenserwartung und unseren zuweilen impulsiv gefällten Entscheidungen. Zumindest haben wir dafür aber auch guten, schmutzigen Spaß...

9/10

Robert Wise Aliens Roboter Washington D.C. Kalter Krieg


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OCEAN'S ELEVEN (Lewis Milestone/USA 1960)


"Don't you like drinkin'?"

Ocean's Eleven (Frankie und seine Spießgesellen) ~ USA 1960
Directed By: Lewis Milestone

Der Fallschirmjägerveteran Danny Ocean (Frank Sinatra) aktiviert zehn seiner alten Divisionskumpel für einen gewaltigen Coup: Die fünf größten Casinos in Vegas sollen zeitgleich in der Silvesternacht leergeräumt werden. Auch wenn der Bruch selbst infolge minutiöser Planung noch reibungslos über die Bühne geht, lässt sich der Zufall weder in die Karten sehen noch spielen.

Wie gewonnen, so zerronnen: Eine Steilvorlage bildete "Ocean's Eleven" für das Rat Pack um Sinatra und Dino Martin, die hier sozusagen eine reine Stammtischaktion vor Ort auszuführen hatten. Was während "Ocean's Eleven" an Hochprozentigem die Sängerkehlen heruntergeronnen ist, lässt sich nur schwer mutmaßen, angesichts Martins permanent verklärtem Blick dürfte es sich jedoch um nicht eben knappe Mengen gehandelt haben. Aber der Alkohol gehört ja unweigerlich dazu, zum Mythos und zur Mythoskreierung um die alten Vegas-Helden, genau wie die Mafia und die Frauen. "Ocean's Eleven" geriert sich als Event Movie von heutzutage undenkbarem Internhumor; ein Geschenk, dass die Rat-Pack-Jungs nicht nur dem Publikum, sondern vor allem sich selbst und der Wüstenstadt gemacht haben dürften und das schon allein deshalb nie vor seinen späteren Sockelsägern, nämlich dem Soderbergh-Remake und dessen Sequels, zu zittern brauchte.
Like the fella once said - "Ain't that a kick in the head?"

7/10

Freundschaft Rat Pack Lewis Milestone Las Vegas Heist Casino Beverly Hills


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STAKE LAND (Jim Mickle/USA 2010)


"I hate those damn vampires!"

Stake Land (Vampire Nation) ~ USA 2010
Directed By: Jim Mickle

Irgendwann in naher Zukunft wird die Welt von einer Vampirseuche überrannt. Jeder, der gebissen oder gar ausgesaugt wird, verwandelt sich selbst in eines der untoten Monster, die bis auf ihre Fähigkeiten jedoch als tumbe, der Sprache nicht mehr mächtige Bestien durchs Land vegitieren, die mit dem klassisch-literarischen Vampir nichts mehr gemein haben. Zugleich macht eine wachsende Gruppe kannibalischer Sektierer, die sich "Bruderschaft" nennt und über zahlreiche technologische Ressourcen verfügt, das Land unsicher. In dieser apokalyptischen Welt begegnet der junge, verwaiste Martin (Connor Paolo) dem abgeklärten Mister (Nick Damici). Zusammen begeben sich die Beiden, jeweils in wechselnder Begleitung Mitpilgernder, nach Norden, in Richtung kanadischer Grenze. Dort gibt es eine angeblich sichere Enklave namens 'New Eden'.

Vielleicht der Film, der "Zombieland" hätte sein können und für mich persönlich damit zugleich eine Art Reparationsleistung für selbigen. Ganz ohne den verfehlten Flachhumor, aus dem Fleischers enervierender Film sein gesamtes Wesen bezieht, erzählen Jim Mickle und Nick Damici eine leise, poetische Endzeitgeschichte, die sich ganz bewusst kaum von den vielen ähnlich gearteten Filmen speziell der jüngeren Welle dieser Gattung abhebt, sondern einfach nur ihr betont uninnovatives Ding durchzieht. "Stake Land" benötigt weder eine rasante Montage noch einen aufdringlichen Score; mit in unseren hektischen Genretagen beneidenswerter Ruhe erzählt er seine Geschichte von Verlust und Wiederfinden vor der Kulisse des systemischen Zusammenbruchs und entwickelt seine Charaktere fast unmerklich im Hintergrund. Damit ähnelt er mehr einem Film wie "Into The Wild" als thematisch Anverwandtem wie "Daybreakers". Immer wieder durchziehen ausgesucht schöne Naturpanoramen als formaleklektische Aufhänger die Szenerie und holen das Publikum sozusagen wieder zurück auf den Boden des Irdischen. Es scheint fast, als setze sich in diesem Falle die Natur selbst gegen den "Virus Mensch" zur Wehr.

8/10

Jim Mickle Vampire Sekte Apokalypse Dystopie Road Movie Coming of Age Virus


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MODESTY BLAISE (Joseph Losey/UK 1966)


"I'm the one and only scoundrel in this drama!"

Modesty Blaise ~ UK 1966
Directed By: Joseph Losey

Die englische Superagentin Modesty Blaise (Monica Vitti) hat sich eigentlich zur Ruhe gesetzt, doch ihreem früheren Chef Sir Gerald (Harry Andrews) gelingt es, sie für einen weiteren Auftrag zu gewinnen: Modesty soll, zusammen mit ihrem Lieblingspartner Willie Garvin (Terence Stamp) den sicheren Transport einer wertvollen Diamantenladung in den Nahen Osten sichern. Jenen hat nämlich zugleich der exzentrische Supergangster Gabriel (Dirk Bogarde) auf dem Kieker...

Rein inhaltlich und dramaturgisch kommt "Modesty Blaise" beinahe einer Tortur gleich; es geschieht im Prinzip nichts von Belang, alles reine Genre-Etikette, Parodie, Geschwätz, Schall und Rauch. Hauptsache, es ist schön grell und möglichst ausgeflippt. Als Artefakt für Popkulturforscher wäre "Modesty Blaise" indes unverzichtbar und er dürfte am Schönsten anzuschauen sein, wenn er in irgendeinem Soul-&-Easy-Listening-Club parallel zum Liquid Wheel läuft. Visuell ist Loseys Film nämlich ein wahrter Gedichtband psychedelischer Sechziger-Kunst, auch wenn er an einen "Danger: Diabolik" nicht heranreicht. Die Stars um "Nasenfrau" Monica Vitti werden vermutlich auch ihren bekifften Spaß gehabt haben - kein Wunder angesichts solch beknackter Dialoge wie denen im Script, die vom Rezipienten annähernd Decodierungsfähigkeiten einfordern. Spaßig und anstrengend zugleich - das gibt's nicht oft.

6/10

Joseph Losey Bond-Spoof Amsterdam Diamanten


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SUBURBIA (Penelope Spheeris/USA 1983)


"I hate buses."

Suburbia ~ USA 1983
Directed By: Penelope Spheeris

Ein kleiner besetzter Bungalow in irgendeiner südkalifornischen Vorstadt bildet für eine Gruppe junger Punks die letzte Zuflucht aus gewalttätigen, verspießten oder schlicht desinteressierten Elternhäusern. Von der bürgerlichen Gesellschaft gemieden und verabscheut, steigert sich das Verhalten der Jugendlichen ins zunehmend Rebellische - bis zwei vordergründig um die Sicherheit ihrer Familien besorgte Vietnamveteranen (Lee Frederick, Jeff Prettyman) eine Katastrophe herbeiführen.

Ausgerechnet Roger Corman, dessen filmische Konnexion mit amerikanischen Subkulturen vor allem durch die Produktion diverser, teils sensationalistischer Biker-Filme in den späten Sechzigern und frühen Siebzigern bestimmt ist, produzierte dieses sensible Porträt der Punkkultur - einen der bis heute maßgeblichen, weil raren Filme zum Thema. Penelope Spheeris, die mit "The Decline Of The Western Civilzation" einen bis dato dreiteiligen, fast zwei Dekaden umfassenden Abriss über alternative Bereiche der US-Musikszene, bereits geraumes Interesse an und für Jugendbewegungen beweist, tat jedoch offensichtlich wohl daran, sich Corman als Finanzverwalter für ihr Werk zu halten. So konnte der Film seine ehrliche, authentische Erscheinung beibehalten und bleibt, insbesondere für die Verhältnisse seines Produzenten, stets in einem moderaten Rahmen. Dennoch bewegt sich "Suburbia" in bedrückenden emotionalen Breitengraden: Als narrative Klammer wählt Spheeris jeweils den gewaltsamen Tod eines Kleinkindes, jeweils herbeigeführt durch einen tragischen Unfall infolge erwachsener Unachtsamkeit. Ihre Punks, zudem symbolisch analogisiert mit verwilderten Straßenkötern, stammen aus der Post-Vietnam-Generation - traumatisiert durch traumatisierte Eltern bleibt ihnen nurmehr der offensive Widerstand gegen das Establishment, hier: Die Hölle der Vorstädte. Dass am Ende dieser Westentaschenrevolution nichts anderes wartet als Verlust und Unterlegenheit, liegt in der sozialen Natur der Dinge und ist die härteste zu lernende Lebenslektion.

9/10

Teenager Subkultur Musik Penelope Spheeris Punk Kalifornien Roger Corman Coming of Age Hund


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MENG LONG GUO JIANG (Bruce Lee/HK 1972)


Zitat entfällt.

Meng Long Guo Jiang (Die Todeskralle schlägt wieder zu) ~ HK 1972
Directed By: Bruce Lee

Tang Lung (Bruce Lee) kommt aus Hong Kong nach Rom, um dort der mit seinem Onkel befreundeten Restauranterbin Chen (Nora Miao) zu helfen. Diese wird von einem Mafiaboss (Jon T. Benn) bedroht, der scharf auf das Grundstück ist, auf welchem sich das Restaurant befindet. Nachdem Tang Lung sämtlichen Schlägern der Gangsterseite eingebläut hat, dass sie sich besser um andere Angelegenheiten kümmern sollten, heuern die Schurken den amerikanischen Karatechampion Colt (Chuck Norris) an, der von Tang Lung in einem denkwürdigen Duell im Colosseum besiegt wird.

Der deutsche Titel suggeriert eine Fortsetzung zu "Enter The Dragon", tatsächlich entstand diese erste nominelle Regiearbeit von Bruce Lee jedoch noch vorher und hat inhaltlich auch nichts mit dem späten Meisterwerk des "Kleinen Drachen" zu tun. "Meng Long Guo Jiang" ist denn auch etwas harmloser und ansatzweise familienfreundlicher als die beiden Vorgänger von Lo Wei. Nach einem recht komischen Präludium, dem fast den ganzen Film hindurch eine permanente, sanfthumorige Note folgt, weitet sich der Konflikt zwischen Gangstern und Restaurantbetreibern sukzessive aus. Diverse Anklänge an die italienischen Western der vorvergangenen Dekade (die im Übrigen in noch etwas subtilerer Art und Weise bereits in Weis Filmen zu finden sind) spiegeln sich somit nicht nur in einem musikalischen Morricone-Zitat wider (das Chuck Norris' Ankunft am Flughafen begleitet). Veritable Klimax des wie immer atemberaubend choreographierten Prügelgeschehens ist natürlich der Fight zwischen Lee und Norris, wobei sich hier schon eindeutig zeigt, wer auch im Ernstfall den Kürzeren gezogen hätte. Norris' unglaublich hässliche Frisur und seine - geflissentlich ausgedrückt - unvorteilhaft rasierte Körperbehaarung tragen ein Übriges zur Sympathieorientierung bei. Umso rührender die Geste, im Zuge derer Lee den geschätzten Gegner, dessen Tod unter Kämpferehren unausweichlich bleibt, mittels einer fast zärtlichen Geste unter seinem Kampfanzug bestattet zurücklasst.
Ich mag die beiden Wei-Filme vor ihrer unbarmherzigen Kompromisslosigkeit etwas lieber, aber das sind bloß rein persönliche Präferenzen. Als Abschluss von Lees Hong-Kong-"Trilogie" ist "Meng Long Guo Jiang" noch immer erste Wahl.

8/10

Restaurant Bruce Lee Rom Mafia Martial Arts


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JING WU MEN (Lo Wei/HK 1972)


Zitat entfällt.

Jing Wu Men (Todesgrüße aus Shanghai) ~ HK 1972
Directed By: Lo Wei

Shanghai zur Zeit der japanischen Okkupation: Eine chinesische und eine japanische Kampfschule stehen in harter Konkurrenz zueinander. Als Suzuki (Riki Hashimoto), der Sensei der japanischen Karateka, den Meister der chiensischen Schule vergiften lässt, schwört dessen bester Schüler Chen (Bruce Lee), dem die Repressionen durch die Japaner ohnehin mächtig auf den Wecker fallen, grausame Rache. Ein harter Konflikt mit den Besatzern beginnt, der mit zahlreichen Todesopfern auf beiden Seiten verläuft.

Noch um einiges entschlossener als in "Tang Shan Da Xiong" schlägt Bruce Lee hierin in denkbar elegantester Weise alles kurz und klein, was sich ihm in den Weg zu stellen getraut - immerhin geht es diesmal nicht bloß gegen ein paar ordinäre Kriminelle, sondern um die Ehre und den Stolz einer ganzen Nation, die retrospektiv schon genug erdulden musste, um nicht auch selbst mal mit vollster Wucht nachzutreten. So musste "Jing Wu Men" sich einige Rassismus-Vorwürfe betreffs seines unfeinen Umgangs mit den Japanern gefallen lassen, die, zumindest was meine Perspektive anbelangt, heuer allerdings kaum mehr greifen wollen. Lees Charakter bildet hier ferner weniger die Unschuld vom Lande, die zu ihren Kampfkünsten gelangt ist, wie die Jungfrau zum Kinde, sondern einen wild entschlossenen Fanatiker, gelenkt von blinden Rachegelüsten.
Der Showdown, in dem er seine Gegner mit bloßen Händen gleich reihenweise zur Hölle schickt, bietet nichts Minderes als unvergesslichen Genreklassizismus.

8/10

period piece Shanghai Martial Arts Golden Harvest Bruce Lee Lo Wei Historie





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