Zum Inhalt wechseln


In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


Foto

A PERSONAL JOURNEY WITH MARTIN SCORSESE THROUGH AMERICAN MOVIES (Martin Scorsese, Michael Henry Wilson/USA, UK 1995)


"The camera lies 24 times a second."

A Personal Journey With Martin Scorsese Through American Movies (Martin Scorseses Reise durch den amerikanischen Film) ~ USA/UK 1995
Directed By: Martin Scorsese/Michael Henry Wilson

In seiner dreiteiligen, grob den Zeitraum von 1910 bis 1970 abdeckenden Mammut-Dokumentation über die amerikanische Filmgeschichte berichtet Scorsese in erfreulich subjektiver Weise von dem, was ihn im und am Kino am Meisten berührt und angetan hat, schildert biographische Ereignisse, von denen sich viele im jeweils zeitgenössischen Film widerspiegeln oder die mit irgendwelchen Kinobesuchen in Verbindung stehen. Als Vierjähriger habe er King Vidors von David O. Seznick produzierten "Duel In The Sun" auf der großen Leinwand gesehen, erzählt er, und man glaubt ihm gern, wenn er daraufhin inbrünstig weiterberichtet, dass damit ab 1946 sein weiterer Lebensweg zwangsläufig vorgeprägt worden sei. Nicht minder interessant, wie noch zahlreiche weitere der großen Regiemagier die Wege des jungen Kinofanatikers Scorsese gekreuzt haben und per nachträglicher Szenenanalyse von ihm honoriert werden, darunter auch einige guilty pleasures wie DeMilles "The Ten Commandments" in der Farbversion von 1956, dem wahrlich eine kulturgeschichtliche Lanze gebrochen gehört, Hawks' "The Land Of The Pharaos", den der Regisseur ganz unverblümt mit dem von ihm alles andere als inflationär verwendeten Prädikat 'Meisterwerk' tituliert, die RKO-/Lewton-Produktionen, kleine (und große) films noirs und schließlich den Beginn des Aufbruchs durch Arthur Penns "Bonnie & Clyde". Neben den Großen und Obligatorischen von Ford bis Wilder kommen vor allem die Rebellen und Guerilleros der Hollywood-Regie per Archivmaterial zu Wort, darunter Welles, Ray, Fuller und Cassavetes und man ist erstaunt, wie viele von ihnen eine Augenklappe zu tragen pflegten. Scorsese bezeichnet seine Kollegen (und damit auch sich selbst) liebevoll als 'Bilderstürmer' und 'Schmuggler', durch deren Herzen im Laufe der Jahre Zelluloid statt Blut gepumpt wurde.
"Personal Journey" symbolisiert in mehrerlei Hinsicht ein Manifest - für den Hollywood-Film und vor allem seine Schattenseiten und all seine ungehobenen Schätze, für die Technik und den Stil, für Stummfilm und Lichtmalerei im Schwarzeißfilm ebenso wie für Scope und Technicolor, für das alte Studiosystem genauso wie für sein Zerbrechen. Und nicht zuletzt für den Regisseur Scorsese und seine kopf- und seeleninterne, beneidenswerte Videothek.

9/10

Film Michael Henry Wilson Martin Scorsese Kino Biographie


Foto

X2 (Bryan Singer/USA, CA 2003)


"Have you ever tried... not being a mutant?"

X2 ~ USA/CA 2003
Directed By: Bryan Singer

Der Militärwissenschaftler und Mutantenhasser Stryker (Brian Cox), der Wolverine (Hugh Jackman) einst in einem furchtbaren Experiment sein Adamantium-Skelett verabreicht hat, fädelt eine großkalibrige Verschwörung ein, an deren Ende die Verunglimpfung und der Tod aller Mutanten der Erde stehen sollen. Dazu baut er Professor Xaviers (Patrick Stewart) Psychocomputer 'Cerebro' nach und kidnappt den Kopf der X-Men für seine Zwecke. Um Strykers irrsinige Pläne zu durchkreuzen und den Professor zu befreien, gehen Logan (Hugh Jackman), Jean Grey (Famke Janssen) und die anderen sogar eine kurzfristige Allianz mit Magneto (Ian McKellen) und Mystique (Rebecca Romijn-Stamos) ein, die ersterer jedoch für seine sinistren Zwecke auszunutzen weiß.

Die Figuren und ihre alternierende Realität etabliert, die Storyprämisse gesetzt - beste Voraussetzungen für ein Sequel, das das Original an Tempo und Gewandtheit sogar in den Schatten stellt. "X2" ist eine der bislang erfreulichsten Comic-Adaptionen, da sie den überaus gewinnbringenden Vorteil des Sequels genießt, sich nicht erst mit langwierigen Origins herumschlagen und dadurch Dramaturgie und Narration blocken zu müssen. Im Gegenteil zieht Singers Film aus ebendieser Prämisse seinen größte Rendite, kann daher gleich zu Beginn in die Vollen gehen und sein dichtes, verzweigtes Storygeflecht so konzentriert wie ökonomisch abwickeln. Es werden weitere beliebte Charaktere aus den Comics etabliert, wie der deutsche Teleporter Kurt Wagner (Alan Cumming) alias Nightcrawler, oder der leider nur in einem Kurzauftritt zu sehende Peter Rasputin (Daniel Cudman) alias Colossus, der seine Haut bei Bedarf in Stahl verwandeln kann. Bobby Drake (Shawn Ashmore) alias Iceman, der im Comic ohnehin zur ersten Originalbesetzung der X-Men zählt, kommt zu einer deutlich umfassenderen appearance und Wolverine darf endlich seinen von den Fans so geschätzten Killerinstinkt ausleben und feindliche Agenten mithilfe seiner imposanten Krallen gleich en gros zerschnetzeln, freilich in den Bahnen jugendverträglicher Ästhetik. Eine durchweg hervorragende Leinwand-Fortschreibung des X-Franchise gibt es somit zu genießen, lose basierend auf einer seiner besten Comic-Storys, nämlich der klassischen Graphic Novel "God Loves, Man Kills" von Chris Claremont.

9/10

Bryan Singer X-Men Mutanten Marvel Superhelden Sequel Verschwörung Comic


Foto

X-MEN (Bryan Singer/USA 2000)


"Welcome to Mutant High!"

X-Men ~ USA 2000
Directed By: Bryan Singer

Die beiden in Kanada umherstreifenden Mutanten Logan (Hugh Jackman) alias Wolverine und Marie (Anna Paquin) alias Rogue geraten an den mächtigen Telepathen Professor Xavier (Patrick Stewart) und dessen Schule für Mutantenkinder. Dem Professor gelingt es mithilfe seiner Leute nur knapp, Rogue vor dem Zugriff seines Erzfeindes Magneto (Ian McKellen) zu schützen, der die Kräfte des Mädchens für einen gewaltigen Coup gegen die politischen Führungspersönlichkeiten der Welt benötigt. Magneto plant, ebenjene im Zuge einer Versammlung selbst in Mutanten zu verwandeln, um die zunehmend brisante Debatte um die globale Meldepflicht für Mutanten im Keim zu ersticken.

Das Prequel "X-Men: First Class" war eine gute und vor allem appetitanregende Gelegenheit, die alte "X-Trilogie" zum wiederholten Male zu besehen. Dieser erste, invasive Film sorgte vor gut zehn Jahren für eine mittlere Sensation, immerhin markierte er mit Ausnahme von "Blade" den ersten großbudgetierten und vor allem ausnehmend gelungenen Versuch, die Adaption eines Marvel Comics für die Kinoleinwände flott zu machen. Zuvor hatte es lediglich diverse TV-Formate und B-Pictures wie Goldblatts erste "Punisher"-Verfilmung oder Pyuns "Captain America" gegeben, die wahlweise für beinharte Fans oder "Kenntnislose" entstanden waren und denen zu Recht kein kommerzielles Potenzial zugetraut worden war. Nun jedoch nicht nur ein elaborierter, beseelter Probelauf mit hinreichend eigenem Verstand, sondern zudem das erste Mal, dass gleich ein ganzes Heldenteam im Kino aufkreuzte. Umso erfreulicher, wie die der Vorlage eigene, stets an den McCarthyismus angelehnte, öffentliche Ablehnung der Mutanten auch ihren Weg in das Filmscript fand und wie aus dem zu dieser Zeit bereits an reichhaltiger Komplexität kaum mehr überschaubaren X-Universum eine sinnige und vor allem sich selbst hinreichend ernst nehmende Essenz destilliert werden konnte.
Da Qualität sich glücklicherweise doch noch manchmal auszahlt, dauerte es nur noch gute zweieinhalb bis drei Jahre, bis die erste große Welle von Marvel-Filmen ihre Kino-Invasion antreten und praktisch über Nacht ein neues Subgenre begründen konnte: Das des Superhelden-Films.

8/10

Bryan Singer X-Men Mutanten Marvel Superhelden WWII Holocaust Comic


Foto

X-MEN: FIRST CLASS (Matthew Vaughn/USA 2011)


"They're just kids..."

X-Men: First Class (X-Men: Erste Entscheidung) ~ USA 2011
Directed By: Matthew Vaughn

1962 lernen sich die beiden Mutanten kennen, die später zu den Mächtigsten ihrer Art und zu erbitterten Widersachern werden sollen: Charles Xavier (James McAvoy) alias Professor X und Erik Lehnsherr (Michael Fassbender) alias Magneto. Mithilfe der engagierten Regierungsagentin Moira MacTaggert (Rose Byrne), die eine Verschwörung böser Mutanten unter dem skrupellosen Sebastian Shaw (Kevin Bacon) ausgemacht hat, gründen die beiden Freunde die "School for Gifted Youngsters", aus der die berühmten X-Men hervorgehen. Gemeinsam bekämpft man Shaw und seine Mitstreiter, wobei Magneto noch eine höchst persönliche Rechnung mit dem früheren Faschisten Shaw offen hat und seinem Fanatismus alsbald freien Lauf lässt...

Abgesehen von einigen inhaltlichen Ungereimtheiten und Unpässlichkeiten, die in den X-Filmen jedoch spätestens seit "Wolverine" zur Grundausstattung zählen, ist Vaughn ein sehr gelungenes Prequel geglückt, an dem im Großen und Ganzen das Meiste stimmt und stimmig ist. Die Idee, eine in die frühen Sechziger verlegte Vorgeschichte zu erstellen (basierend auf den Miniserien "Children Of The Atom" von Joe Casey bzw. "First Class" von Jeff Parker), erweist sich als Glücksfall für die Kreation einer für das Superhelden-Genre ungewohnten Atmosphäre, die zwar die klugen Subtexte und ästhetischen Vorgaben der ursprünglichen Trilogie wieder aufgreift, ansonsten jedoch ihr ganz eigenes Süppchen kocht, und das wahrhaft nicht schlecht. Mit MacAvoy und Fassbender hat man optimale Jung-Pendants für die beiden englischen Gentlemen Patrick Stewart und Ian McKellen ausfindig machen können, wobei ich bereits gespannt bin, wie MacAvoys bereits mehrfach angedeuteter Haupthaarverlust den Jungakteur künftig zieren wird. Ohne In-Jokes geht es nicht und so gibt es derer mehr als genug. Schade bloß, dass, besonders angesichts des "Cold War"-Plots nicht mal Samuel L. Jackson als Nick Fury vorbeigeschaut hat, aber ein solcher Gag hätte sich wohl studiointern zu kompliziert, zu teuer und vielleicht auch zu verwirrend gestaltet.
Wie dem auch sei, ich bin auch so rundum zufrieden mit dem Film.

8/10

Matthew Vaughn Bryan Singer X-Men Mutanten Marvel Superhelden Kalter Krieg period piece Militär WWII Holocaust Prequel Kuba-Krise Comic


Foto

THE BEDROOM WINDOW (Curtis Hanson/USA 1987)


"Thank you for telling the truth."

The Bedroom Window (Das Schlafzimmerfenster) ~ USA 1987
Directed By: Curtis Hanson

Bei einem nächtlichen Tete-à-Tete mit Sylvia (Isabelle Huppert), der Frau seines Chefs Wentworth (Paul Shenar), muss der Yuppie Terry Lambert (Steve Guttenberg) erleben, wie sie Zeuge einer versuchten, sich auf der Straße vor dem Schlafzimmerfenster abspielenden Vergewaltigung wird, die . Kurz darauf wird noch ein Mord in der Nachbarschaft verübt, für den wahrscheinlich derselbe Täter verantwortlich ist. Da niemand wissen darf, dass Sylvia in Terrys Wohnung war, gibt er sich für den Zeugen aus und versucht so, der Gerechtigkeit genüge zu tun. Doch weit gefehlt: Die Geschichte spitzt sich nach einigen Wendungen so zu, dass schließlich Terry für den gesuchten Frauenmörder gehalten wird und nunmehr seine eigene Unschuld beweisen muss.

Nach einer anfänglich sogar ungemein plausibel erzählten Kriminalgeschichte, in der es um die Brisanz willkürlich willkürlich vertauschter Zeugenaussagen geht und die etwa die erste Hälfte von Hansons Film einkleidet, wird es zunehmend abenteuerlich - um nicht zu sagen albern. Die Hollywoodkrimis aus der zweiten Dekadenhälfte der Achtziger weisen ja alle ähnliche Ingredienzien auf: Ein bisschen Sex, verbotene Liebesaffären, falsche oder manipulierte Zeugenaussagen, eine tapfere weibliche Protagonistin (hier: Elizabeth McGovern), ohne die der zu Beginn noch so selbstsicher scheinende Held aufgeschmissen wäre. Die Romanvorlage ist mir nicht bekannt, aber Hansons Script verfängt sich zunehmend in der Überkandidelei, bis es am Ende in regelrecht blöden Situation kulminiert, um noch verzweifelt den letzten Rest Spannung aus seinen breiten Maschen herauszuquetschen. Das genügt für ein durchschnittliches Filmerlebnis - darauf, als legitimer Hitchcock-Epigone abgefeiert zu werden, wie Hanson es sich möglicherweise im Zuge von "The Bedroom Window" erträumte, kann der Gute jedoch lange warten.

6/10

Curtis Hanson Serienmord Anne Holden Baltimore neo noir


Foto

BLADE: TRINITY (David S. Goyer/USA 2004)


"Coochie-coo."

Blade: Trinity ~ USA 2004
Directed By: David S. Goyer

Der Vampirjäger Blade (Wesley Snipes) gerät in Konflikt mit dem FBI, das ihn als wahnsinnigen Massenmörder zu verunglimpfen trachtet. Natürlich stecken hinter dieser Intrige seine Leib- und Magen-Feinde, allen voran die garstige Danica (Parker Posey), die just den Urvater aller Blutsauger, namentlich Dracula (Dominic Purcell) aus seinem Wüstengrab befreit hat. Nachdem Blades alter Freund Whistler (Kris Kristofferson) tapfer das Zeitliche gesegnet hat, trifft der in der Patsche Sitzende auf neue Verbündete: Die Nightstalkers, eine Gruppe von Nachwuchs-Vampirjägern um Whistlers Tochter Abby (Jessica Biel) befreien Blade aus dem Polizeigewahrsam und unterstützen ihm im Kampf gegen Dracula, der sich jetzt ganz neumodisch "Drake" nennt.

Anno 2004 braucht der Vampirjäger von Welt vor allem eines für die erfolgreiche Pirsch: Einen proper aufgeladenen, mit Gigabytes von Drum'n Bass bestückten iPod. Klar. Vor allem infolge seiner ziemlich stumpfhumorigen Art, für die neben derlei pubertären Flapsereien primär ein unentwegt prollige Sprüche kloppender Ryan Reynolds als personifiziertes comic relief zuständig ist, fällt das Zweitsequel gegenüber seinen beiden Vorgängern doch merklich stark ab. Ferner ist der Storylieferant David Goyer schlicht kein Regisseur, der Norrington oder gar del Toro das Wasser reichen könnte; sein Gespür für Visualität ist im Vergleich zu der seiner Vorgänger auswechselbar und medioker. Hinzu kommt die flache Alibi-Geschichte, die sich mit halbgaren Einfällen knapp über Wasser hält und alle paar Minuten abzusaufen droht, ausgerechnet mit einem der miesesten Draculas der Filmgeschichte überhaupt als Flaggschiff. Trotz ihres hölzernen Musikgeschmacks kann dennoch die von Jessica Biel ansprechend interpretierte Figur der Anti-Dracula-Amazone Abby Whistler als eine der wenigen positiven Neuerungen im "Blade"-Kosmos gewertet werden, denn die junge Dame bringt im Gegensatz zum Großteil des Restpersonals eine gehörige Portion Verve mit und präsentiert durchaus Ausbaufähiges. Ansonsten sollte man das Franchise vielleicht besser ruhen lassen, denn eine Fortsetzung der von "Trinity" vorgelegten Tendenz könnte sich als verdrblich erweisen...

5/10

David S. Goyer Superhelden Dracula Vampire Sequel Marvel Comic Martial Arts Blade


Foto

BLADE II (Guillermo del Toro/USA, D 2002


"You're human." - "Barely. I'm a lawyer."

Blade II ~ USA/D 2002
Directed By: Guillermo del Toro

Nachdem der Vampirjäger Blade (Wesley Snipes) seinen mitnichten toten Adoptivvater Whistler (Kris Kristofferson) aus der Gewalt des Feindes befreit hat, wartet in Prag sein nächstes Abenteuer auf ihn: Der Blutsaugerfürst Damaskinos (Thomas Kretschmann) kommt mit einer weißen Fahne zu ihm und bittet Blade, ihn im Krieg gegen die 'Reapers' zu unterstützen; mutierte Vampire, die wesentlich widerstandsfähiger, blutrünstiger und dämonischer auftreten als ihre Stammväter. Zudem saugen sie genauso gern Vampiren das Blut aus wie gewöhnlichen Menschen. Blade und Whistler stimmen der vorübergehenden Waffenruhe zu und jagen zusammen mit dem 'Blood Pack', einer achtköpfigen Gruppe Vampire, die eigentlich für den Kampf gegen Blade trainiert wurde, die Reapers unter deren Anführer Nomak (Luke Goss), den ein höchst unerwartetes Geheimnis umgibt...

"Blade II" kann dem Original in qualitativer Hinsicht durchweg das Wasser reichen; was die Konsequenz seiner formalästhetischen Erscheinung anbelangt, ist er diesem sogar noch überlegen. Lediglich die Story nimmt sich in ihrer Substanzlosigkeit allzu wichtig. Dass der Superheld Blade seine Gegner schlagen kann, ohne allzu großen Aufwand zu betreiben, hat der Vorgänger bereits deutlich bewiesen, der Plot um die Reapers erweist sich also als eine Art Notflucht. Es muss dem Gesetz der Serie zufolge eben immer noch etwas monströser und gefährlicher werden, was ein im Vampirmilieu spielendes Franchise zwangsläufig nur schwerlich bewerkstelligen kann. Zum Ausgleich gibt es jedoch del Toros traumwandlerische, das Auge mehr als verwöhnende Inszenierung; in Primärfarben, vornehmlich in giftigem Gelb, schwelgen seine nächtlichen Ansichten der Ostblock-Drehorte, die zahlreichen Kämpfe wirken sogar noch dynamischer als im Erstling und der bravourös getrickste Look der Reapers ist ein typisches Merkmal des Konstrukteurs. Dazwischen findet del Toro immer wieder ein heimliches Plätzchen für sanfte, visuelle Poesie im strukturierten Chaos, etwa wenn Blades heimlich von ihm umschwärmte Vampirprinzessin Nyssa (Leonor Varela) sich am Ende im Licht und Wind der Morgendämmerung in einen tanzenden Funkensturm verwandelt.

8/10

Guillermo del Toro David S. Goyer Superhelden Prag Vampire Sequel Marvel Comic Martial Arts Blade


Foto

BLADE (Stephen Norrington/USA 1998)


"Keep your eyes open. They're everywhere."

Blade ~ USA 1998
Directed By: Stephen Norrington

Der als "Daywalker" unter seinen Feinden bekannte Vampir-/Mensch-Hybrid Blade (Wesley Snipes) hat es sich zur Aufgabe gemacht, alle auf Erden wandelnden Vampire zur Hölle zu schicken. Einst wurde seine Mutter (Sanaa Lathan), als sie mit ihm schwanger war, von einem der Blutsauger gebissen und Blade damit selbst zu einem Halbwesen. Adoptiert von dem alternden Abe Whistler (Kris Kristofferson) besitzt Blade die Fähigkeiten seiner Gegner, kann sich jedoch ungehindert bei Tag bewegen und seinen Blutdurst mit einem speziellen Serum im Zaum halten. Als der rebellische Vampir Deacon Frost (Stephen Dorff) sich anschickt, die Weltherrschaft zu übernehmen und sich zu diesem Zwecke selbst in den Blutgott 'La Magra' zu verwandeln, steht Blade sein bis dato härtester Kampf bevor.

Dieser stilprägende Actionfilm läutete die bis heute andauernde und demnächst mit "The Avengers" ihren wohl vorläufigen Höhepunkt anstrebende Welle der hoch budgetierten Marvel-Adaptionen ein.
Stan Lee und Avi Arad, die hier als zwei von diversen Produzenten genannt werden, konnten mit "Blade" nach den diversen, zunehmend aufwändig gestalteten TV-Serien im Trick- und Realfach endlich ihr erstes großes Kino-Ei und die Saat für ihre eigene, einetragene Leinwandproduktion legen. Eine vortreffliche Wahl im Übrigen, denn der Daywalker Blade lässt sich auch hervorragend intermedial verarbeiten, ohne gleich seine Comic- und Superhelden-Herkunft verraten zu müssen wie etwa der bis auf Weiteres noch im Schatten lauernde "Spider-Man". Doch nicht nur für die Gattung der Comic-Verfilmungen erwies sich "Blade" als maßgeblich, auch seine Stakkato-Action nebst der Transponierung des Vampirmotivs in die Postmoderne, in der die klassisch-gotischen, viktorianischstämmigen Reißzähne mit Hochleistungs-Feuerwaffen und asiatischer Kampfkunst kombiniert werden, zog Kreise - schlag nach bei "Underworld", "Van Helsing" etc. pp.. Der ansonsten recht spärlich und vornehmlich als F/X-Supervisor arbeitende Norrington präsentiert sich dahinter als Regisseur, der sowohl hypnotische als auch knallgrelle Inszenierungstechniken beherrscht und legt einen durchaus elegant gemachten Genre-Hybriden vor, der im Nachhinein deutlich mehr zu sagen hat, als man ihm vielleicht auf den ersten Blick abzunehmen bereit ist.

8/10

Vampire Marvel Comic David S. Goyer Stephen Norrington Superhelden Martial Arts Blade


Foto

FOUR LIONS (Chris Morris/UK 2010)


"That's what jihad's really about!"

Four Lions ~ UK 2010
Directed By: Chris Morris

Mit diesem Quartett auf seiner Seite ist der Jihad von vornherein im Arsch: Die vier selbsternannten, in Sheffield beheimateten Islamritter und Weltenretter Omar (Riz Ahmed), Waj (Kayvan Novak), Barry (Nigel Lindsay) und Faisal (Adeel Akhtar) sind nämlich dämlicher als die Polizei erlaubt. Omar, Vater einer netten, kleinen Familie (Preeya Kalidas, Mohammad Aqil), ist vom Fanatismus so geblendet, dass er die wesentliche Zufriedenheit, die sein Leben ihm bietet, glatt übersieht. Waj ist ein imbeziler Kindskopf, der ohne "Bro' Omar" noch nichtmal den Gang zur nächsten Toilette meistern kann. Barry ist ein eingeborener Soziopath und Paranoiiker, der sich für den islamischen Terrorismus entschieden hat, weil er anderswo nicht Fuß fassen kann und Faisal ist, nun ja, eben Faisal. Ergänzt durch den nicht minder belämmerten Rapper Hassan (Arsher Ali), den Barry bei einer Islam-Debatte aufreißt, planen die "vier Löwen" einen (nicht autorisierten!) terroristischen Anschlag auf irgendein verdientes imperialistisches Ziel. Als dieses wählt man schließlich den London-Marathon...

Brillante Satire, die den Topos "blinder Fundamentalismus und seine Folgen" in einer Weise verhandelt, die ich als die denkbar adäquateste bezeichnen möchte. (Nicht allein im Zeichen der Religiosität auftretenden) Gewaltverbrechern den Spiegel vorzuhalten, sie lächerlich zu machen und ihnen und der Welt zu demonstrieren, dass sie, zumindest in der Dimension des Irdischen, weder als Helden noch als Märtyrer verdienen, abgefeiert zu werden, sondern bloß als geistig beschiedene Dummköpfe bedauert werden können, scheint mir bei jeder weiteren Reflexion als eine grandios-wirkungsvolle Methode. Seinen an sich sehr sensiblen, höchst tragischen Themenkomplex versieht Chris Morris mit einer Gagdichte von Allahs höchsten Gnaden. An die alten "Flying Circus"-Sketche reicht die erfrischende Komik zuweilen heran und selbst, wenn sich am Ende die bittere Konsequenz aller Himmelskrieger einlöst, kann man das irgendwie noch als tiefschwarzen Brithumor verbuchen. Grandios, wie der Film seine Antihelden zugleich als "Opfer" okzidentaler Kultur auf der einen und Opfer ihres Fanatismus' auf der anderen Seite charakterisiert. Ausgerechnet was sie verachten (oder zu verachten glauben), bestimmt nämlich ihre Persönlichkeiten: modische Klamotten und Frisuren, iPhones, X-Box, Counterstrike, Tupac Shakur, Walt Disney, Coverversionen von Seventies-Schnulzen, cockney accent etc.pp. Sie können nicht mit - aber ohne genauso wenig.
Einzig um Omars Familie tut es einem am Ende wirklich leid, speziell um sein putziges Söhnchen, das künftig als Halbwaise aufwachsen muss, nachdem sein Märtyrerpapi sich in einer Woge tückischer Emotionalität für die dunkle Seite entschieden, dem Filius die Saat des Verderbens zuvor per geflissentlich umgedichteter "Lion King"-Gutenachtgeschichte allerdings noch (mutmaßlich) erfolgreich eingeimpft hat. Der Hass stirbt nie - die höchst bittere Konsequenz des wahrscheinlich witzigsten Films des letzten Jahres.

10/10

Sheffield Terrorismus Pakistan Chris Morris Satire Groteske London


Foto

DETROIT 9000 (Arthur Marks/USA 1973)


"She even has a university exam..." - "What in? Screwin'?"

Detroit 9000 ~ USA 1973
Directed By: Arthur Marks

Nachdem eine Wahlkampfveranstaltung des farbigen Detroiter Politikers Clayton (Rudy Challenger) überfallen wurde, raufen sich das schwarzweiße Cop-Duo Bassett (Alex Rocco) und Williams (Hari Rhodes) zusammen, um den mehr und mehr zum Politikum hochkochenden Fall aufzuklären. Tatsächlich ist die Lösung weitaus weniger spektakulär als sich manch einer erhofft...

Frühe, superlässige Variation rund fünfzehn Jahre später ganz normativer Buddy Movies, in dem die Zeit für eine echte gemischtrassige Partner- und Freundschaft, wie sie etwa später in der "Lethal Weapon"-Serie für alltäglich erklärt werden sollte, noch nicht reif war. Bassett und Williams schaffen es - vor allem aufgrund des unüberwindlichen Misstrauens von Bassetts Seite - nicht, sich gänzlich zusammenzuraufen und den gemeinsamen Fall auch zu einem gemeinsamen Ende zu bringen. Überhaupt scheint Marks, der zu dieser Zeit mehrere Blaxploiter inszenierte, den hellhäutigen Part des Duos lediglich als den großen, tragischen Verlierer mit einzubeziehen. Bassett leider unter mangelhaftem Selbstwertgefühl und sozialen Ängsten, seine behinderte, rassistische Ehefrau treibt ihn fast zum Wahnsinn. Williams derweil kann es sich ganz bequem machen auf dem Zelluloid-Diwan des farbigen Supermachos - in jeder Hinsicht omnipotent und rein äußerlich kaum von den pimps zu unterscheiden, denen er Löcher in die Samtanzüge pustet.
In jedem Falle halte ich "Detroit 9000" für einen der sehenswerteren Vertreter seiner Art; atmosphärisch so unaufgeregt wie knochentrocken herausgeputzt, sowie mit einer absolut sympathischen Besetzung und vor allem einer erstklassigen Synchronisation ausgestattet.

8/10

Arthur Marks Detroit Blaxploitation Buddy Movie





Filmtagebuch von...

Funxton

    Avanti, Popolo

  • Supermoderator
  • PIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIP
  • 8.268 Beiträge

Neuste Kommentare